Wasserstoff: Blau ist nicht das neue Grün

Teilen

von pv magazine International

Befürworter von blauem Wasserstoff, der mit fossilen Brennstoffen und Technologien zur Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) hergestellt wird, stellen ihn oft als sauberere Alternative zu Wasserstoff dar, der mit dem Verfahren der Methan-Dampfreformierung (SMR) oder dem so genannten „grauen“ Wasserstoff hergestellt wird, der heute weltweit die vorherrschende Erzeugungsquelle ist. Befürworter des blauen Wasserstoffs sehen diesen auch als potenziellen Ergänzung für grünen Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien hergestellt wird, um eine emissionsfreie Energiewende zu ermöglichen.

Nach einer neuen Studie der Stanford University und der Cornell University ist der blaue Wasserstoff jedoch nicht so grün, wie er gern beschrieben wird. Die britischen Forscher kommen zu dem Schluss, dass der CO2-Fußabdruck von mit fossilen Brennstoffen hergestelltem Wasserstoff um mehr als 20 Prozent höher ist als der von mit Erdgas oder Kohle erzeugter Wärme und um etwa 60 Prozent größer, wenn Dieselöl zur Wärmeerzeugung genutzt wird. Die Ergebnisse ihrer Studie „How green is blue hydrogen?“ veröffentlichten die Forscher kürzlich in dem Fachmagazin „Energy Science & Engineering“.

„Wir betonen, dass unsere Analyse in diesem Papier ein Best-Case-Szenario für blauen Wasserstoff darstellt“, so die Wissenschaftler. „Sie geht davon aus, dass das abgeschiedene Kohlendioxid tatsächlich für Jahrzehnte und Jahrhunderte in der Zukunft gespeichert werden kann.“ Zu den Emissionen von blauem Wasserstoff gehören Kohlendioxid und unverbranntes, flüchtiges Methan.

Bei der Modellierung haben die Forscher die mit dem Abbau, dem Transport, der Speicherung und der Nutzung von Methan verbundenen Lebenszyklusemissionen berücksichtigt. Es wurden mehrere CCUS-Techniken für blauen Wasserstoff in Betracht gezogen, darunter das durch den SMR-Prozess freigesetzte Kohlendioxid und die Entfernung von zusätzlichem Kohlendioxid aus den Gasen, die bei der Verbrennung von Methan entstehen, um die für den SMR-Prozess erforderliche Wärme und den hohen Druck zu erzeugen. Auch das Kohlendioxid und Methan aus der Energie, die zur Erzeugung von Strom für die Kohlenstoffabscheidungsanlage verwendet wird, wurde untersucht.

Den Modellrechnungen zufolge sind die Kohlendioxidemissionen von blauem Wasserstoff nur um 9 bis 12 Prozent geringer als die von grauem Wasserstoff. „Während die Kohlendioxidemissionen geringer sind, sind die flüchtigen Methanemissionen bei blauem Wasserstoff höher als bei grauem Wasserstoff, da für die Kohlenstoffabscheidung mehr Erdgas verwendet wird“, erklärte die britische Forschungsgruppe.

Die flüchtigen Methanemissionen schätzen sie auf 43 Gramm CO2-Äquivalent pro Megajoule erzeugten Wasserstoffs. Die Forscher bezeichneten die jüngste Welle vieler Unternehmen, die auf blauen Wasserstoff setzen, als „Ablenkung“. Aus Sicht der Forscher könnte dies die dringend benötigte Dekarbonisierung der Weltwirtschaft nur verzögern. „Wir stellen außerdem fest, dass ein Großteil des Vorstoßes für die Nutzung von Wasserstoff zur Energieerzeugung seit 2017 vom Hydrogen Council ausgeht, einer Gruppe, die von der Öl- und Gasindustrie speziell zur Förderung von Wasserstoff gegründet wurde, mit einem Schwerpunkt auf blauem Wasserstoff“, so die Forscher.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Bayern will 0,3 Cent/kWh Abgabe für große Solarparks verbindlich machen
19 Dezember 2024 Photovoltaik-Freiflächenanlagen ab fünf Megawatt sowie Windkraftanlagen sollen unter die heute vom bayrischen Kabinett verabschiedete Regelung fallen...