„Rolling Solar“: Feldversuche mit unterschiedlichen Photovoltaik-Straßen starten

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Im November 2020 ist es soweit: Für das Innovationsprojekt „Rolling Solar“ wird das erste Pilot gebaut. Auf einem Straßenabschnitt des „Brightlands Chemelot“-Campus werden kristalline Solarmodule der Firma Solaroad installiert. Die Tests zu Temperatur, Stromproduktion und Robustheit können beginnen. Im August dieses Jahres soll nun ein weiterer Abschnitt des Campus für eine Solarstraße genutzt und diesmal mit Dünnschichtmodulen ausgestattet werden. „In Zusammenarbeit mit zahlreichen renommierten Wissensinstituten arbeiten wir daran, die heutige Technologie zu optimieren und gleichzeitig die Technologie von morgen zu entwickeln“, so Arian de Bondt, Direktor von Solaroad. Dabei ist das niederländische Unternehmen bereits dabei, seine Photovoltaik-Straßen zu kommerzialisieren. Derzeit entsteht auch ein 300 Meter langer Radweg zwischen Utrecht und Hilversum. „Unser Produkt hat einen Ertrag von 120 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr“, sagt De Bondt. Es habe sich dort bewährt, wo die Verkehrsbelastung nicht extrem ist, also beispielsweise auf Radwegen, Einfahrten, Gehwegen und Plätzen. Die Gesamtfläche dieser Art von Infrastruktur für Photovoltaik-Anlagen in den Niederlanden sei enorm.

Zugleich steckt die Anwendung dieser Technologie noch in den Kinderschuhen, wie Solaroad einräumt. Die Weiterentwicklung sei wichtig, um sie robuster und kostengünstiger zu machen, weshalb sich das Unternehmen an dem Projekt „Rolling Solar“ beteilige. In dem Konsortium arbeiten Wissenschaftler und Unternehmen aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland zusammen. Ihr Ziel ist es, die Kommerzialisierung dieser Technologie zu beschleunigen. Dafür haben sie verschiedene Demonstrationsprojekte umgesetzt oder in Planung. Auf dem Brightland Chemelot-Campus wird nach den Angaben eine 60 Quadratmeter große Solarstraße realisiert, die aus aus zwei Abschnitten von 10 Quadratmetern mit integrierten monokristallinen Silizium-Solarzellenmodulen und zwei weiteren Abschnitten gleicher Größe mit integrierter Dünnschichttechnologie basierend auf TNO-Solliance CIGS-Solarzellenmodulen bestehe. Darüber hinaus gibt es „Rolling Solar“ zufolge einen Referenzstreifen mit beiden Technologien, der vom Verkehr nicht genutzt wird.

Für die monokristalline Photovoltaik-Straße liegen auch bereits erste Messergebnisse der Fachhochschule Zuyd vor. „Wir hatten in den letzten Monaten sowohl richtig kalte als auch heiße Tage. Diese Temperaturschwankungen führen zu Ausdehnung und Zusammenziehen und natürlich auch zur Entwicklung von Feuchtigkeit“, erklärt De Bondt. „Mit Hilfe der Messtechnik von UHasselt werden die Auswirkungen dieser Effekte im Laufe der Jahreszeiten genau untersucht. Aber schon ein erster Blick zeigt, dass es um den Faktor Klima gut bestellt ist und dass alles funktioniert.“ Die Stunde der Wahrheit für die Solarstraße kommt aber erst noch. Während der Sommerferien werde damit begonnen, Autos über die Straße fahren zu lassen. „Die Tatsache, dass sich die Solarstraße in einer Kurve befindet, bietet eine schöne zusätzliche Dimension in Bezug auf die Belastung“, so De Bondt.

Die monokristallinen Solarstraßen der zweiten Generation bestehen Solaroad zufolge aus 21 Zentimeter dicken Photovoltaik-Teilen. Diese beinhalten 6 Kunststoff-Modulen von 360 mal 300 Zentimetern, die mit 60 monokristallinen Solarzellen bestückt sind. Diese seien in einem Stahlrahmen zusammengefügt und dann in einer Betonplatte in einem transparenten Epoxidharz eingebettet, das die Solarmodule einen Zentimeter überdecke. Zusätzlich werde eine Schicht aus kleinen Glaskugeln aufgebracht, um den richtigen Oberflächenwiderstand unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Hauptsächliches Verbesserungspotenzial seiner kommerziellen Produkte sieht Solaroad dabei in der Klebeschicht zwischen Rahmen und Beton, dem Rahmen selbst sowie dem Produktionsprozess.

„Es ist kein Geheimnis, dass wir in der jüngsten Vergangenheit Probleme mit Pilotprojekten in Nord- und Südholland hatten“, sagt De Bondt. So hätten sich bei der Installation einer Photovoltaik-Busspur kurz nach der Eröffnung einige Teile der Epoxidschicht gelöst. Dieses Problem sei auch bei einem Testabschnitt in Schiphol aufgetreten. „Die Arbeit an der Robustheit hat weiterhin Priorität, nicht nur in Bezug auf das Design, sondern auch auf den Montageprozess“, so De Bondt. Erste Lerneffekt habe es aus dem Versuch auf dem Brightlands Chemelot Campus bereits gegeben. Solaroad habe viel über die optimale Verbindung der Photovoltaik-Straßenteile gelernt, etwa bezüglich der Verwendung von Steckern und Kabeln.

Beim Einsatz von Photovoltaik-Straßen für den schweren Verkehrt sieht De Bondt großes Potenzial in den Dünnschichtmodulen. Sie seien zwar weniger effizient als monokristalline Solarmodule, allerdings ließen sie sich einfacher und kostengünstiger in neue vorgefertigte oder bestehende Straßenbeläge integrieren, da man sie einfach auf die Oberfläche kleben könne. „Wir werden diese Dünnschicht-Straßenabschnitte bald produzieren“, erklärte De Bondt. Im August würden auf dem Brightlands Chemelot-Campus direkt nach der Installation dann die Temperaturprofile, Stromerzeugung und Robustheit getestet.

Im zweiten Pilotprojekt von „Rolling Solar“ geht es den niederländischen, belgischen und deutschen Instituten darum, den gesamten Prozess der Unterstützung und Überprüfung der Konstruktion, der Produktion und Installation sowie der Überwachung abzudecken. So sei TNO für die Herstellung und Prüfung der Photovoltaik-Laminate verantwortlich, UHasselt und Imec arbeiten an deren Modellierung und der Integration von Sensoren, die Fachhochschule Zuyd ist an der Lebensdauerprüfung in kleinen Straßenelementen beteiligt und das Forschungszentrum Jülich konzentriert sich auf die Simulation des elektrischen Designs.

Das Institut für Straßenwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) ist ebenfalls an „Rolling Solar“ beteiligt und kümmert sich um die Integration in Straßenabschnitte und die mechanische Leistung. Die RWTH Aachen werde verschiedene Simulationstests an den Dünnschichtbelägen durchführen, die sie von TNO erhält. Dabei werde insbesondere die Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischer Belastung und Belastung durch Wärmeentwicklung untersucht. So werde bei einen sogenannten Raveling-Test zudem ermittelt, wie die Deckschicht aus kleinen Glaskügelchen, die für die richtige Rauheit der Fahrbahnoberfläche sorgen soll, unter verschiedenen Bedingungen haftet. Der „Pull Off“-Test wiederum soll die Qualität der Verbindungen zwischen den Schichten im Photovoltaik-Laminat und der Betonoberfläche ermitteln.

„Unsere Aufgabe ist es, die Entwicklung und Anwendung von Straßenteilen zu unterstützen, die mit den Dünnschicht-CIGS-Solarzellenmodulen von TNO Solliance integriert werden“, sagt Nicolas Carreño, Bauingenieur an der RWTH Aachen. „Wir testen verschiedene Konfigurationen für verschiedene Aspekte, geben Feedback und machen Vorschläge, um ein optimales Testprodukt innerhalb dieses Pilotprojekts zu realisieren.“ Dies sei umso wichtiger, da die primäre Funktion einer Straße niemals beeinträchtigt werden dürfe. „Nach dem Bau müssen die Straßenbeläge 10 Jahre oder länger halten, ohne dass sie zu sehr gewartet werden müssen. Wenn man PV hinzufügt, schafft man eine schöne Doppelfunktion. Sie sollte jedoch nicht von der Hauptfunktion ablenken. Außerdem müssen auch die Solarzellenmodule eine lange Lebensdauer haben, um sich zu amortisieren“, so Carreño.

Das Projekt „Rolling Solar“ ist Teil des Interreg-Programms „Euregio Maas-Rhein“. Das Projekt wird aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert und von den Provinzen Nordbrabant, Flämisch-Brabant, Limburg und Lüttich sowie dem niederländischen Ministerium für Wirtschaft und Klima unterstützt.

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