Die Meyer Burger Technology AG ist am Freitag wohl noch kalt erwischt worden. Versteckt in einer Pressemitteilung, die Oxford PV anlässlich seines vollendeten Ausbaus der Fabrik in Brandenburg an der Havel zur Massenfertigung seiner Perowskit-Tandemsolarzellen verschickt, kündigte es zugleich die Beendigung der exklusiven Partnerschaft mit dem Schweizer Turnkey-Anlagenlieferanten auf. Dies erstaunt einerseits umso mehr, da der CTO von Oxford PV, Chris Case, auf Nachfrage von pv magazine einräumte, dass noch Maschinen zur Herstellung der Perowskit-Solarzellen fehlen würden. Andererseits ist Meyer Burger mit 19,76 Prozent auch größer Einzelaktionär von Oxford PV und Gunter Erfurt sitzt als CEO von Meyer Burger im Verwaltungsrat des Photovoltaik-Herstellers – doch über diesen Weg scheint sich die einseitige Aufkündigung der Kooperationsvereinbarung nicht angebahnt zu haben.
Dies lässt sich auch aus der Reaktion des Schweizer Konzerns am Montag ableiten. Er habe über die Medien und ein Schreiben von Oxford PV davon erfahren. „Angesichts der unerwarteten Ankündigung von Oxford PV prüft Meyer Burger juristische Optionen zur Durchsetzung ihrer Rechte“, heißt es von Meyer Burger weiter. Zur Begründung für die Auflösung des Kooperationsvertrags habe Oxford PV „eigene strategische Gründe“ angegeben. Auf Anfrage von pv magazine erklärte Oxford PV die Kündigung damit, dass Meyer Burger mittlweile sein Geschäftsmodell geändert habe, was mit den eigenen Zukunftsplänen nicht vereinbar sei.
2019 schlossen die beiden Photovoltaik-Unternehmen eine exklusive Partnerschaft ab. Ihr Ziel dabei, die Massenfertigung von Perowskit-Tandemsolarzellen auf Basis der Heterojunction-Technologie von Meyer Burger markreif zu machen. Dazu entwickelte Meyer Burger das Produktionsequipment und hielt auch an der Partnerschaft fest, als es seinen strategischen Wandel vom Anlagenbauer zum Zell- und Modulhersteller verkündete. Mittlerweile sind die Produktionen von Meyer Burger in Bitterfeld und Freiberg in Werken mit jeweils 400 Megawatt Jahreskapazität angelaufen. Oxford PV, was in Brandenburg an der Havel zunächst eine Fertigung mit 100 Megawatt für seine Tandemzellen aufbaut, ist trotz anderer Pläne noch nicht soweit. Ursprünglich sollte die Produktion in diesem Sommer anlaufen, in der Mitteilung vom Freitag heißt es nun, dies werde für 2022 angestrebt. Der Grund für die Verzögerungen lägen auf der Equipment-Seite und an den Auswirkungen der Corona-Pandemie, heißt es von Oxford PV auf Nachfrage von pv magazine.
Bei Meyer Burger herrscht eher Skepsis, was einen baldigen Produktionsstart angeht: „Meyer Burgers Einschätzung war und ist, dass die Perowskit-Tandemtechnologie erst in einigen Jahren die für eine wettbewerbsfähige Massenfertigung notwendige Technologie- und Produktionsreife, Produktzuverlässigkeit sowie Kostenstruktur erreichen wird.“ Dennoch blieben die Perowskit-Tandemsolarzellen fester Bestandteil der Technologie-Roadmap des Schweizer Herstellers. Zumal Meyer Burger auf Basis eigener Entwicklungen und Know-hows ein großes Portfolio an Prozessen, Technologien und Produktionstechniken für eine eigene potenzielle Massenfertigung von Tandemsolarzellen und -modulen besitze. „Dies umfasst die wesentlichen Fertigungsprozesse und -maschinen für Perowskit-Tandemsolarzellen und entsprechende Solarmodule mit Meyer Burgers proprietärer Smartwire-Verbindungstechnologie“, hieß es weiter. Diese seien wesentlich für eine kosteneffiziente Massenfertigung zuverlässiger Produkte.
Oxford PV wiederum zählt zu den Vorreitern bei der Entwicklung der Perowskit-Technologie, die deutlich höhere Wirkungsgrade ermöglicht als kristalline Photovoltaik-Produkte. So stellte das Unternehmen im Dezember 2020 einen neuen zertifizierten Weltrekord-Wirkungsgrad für seine Perowskit-Solarzellen von 29,52 Prozent auf. Allerdings ist die Überführung der Erfolge aus dem Labor in die Massenfertigung bislang noch keinem Photovoltaik-Hersteller weltweit gelungen. Auch diesbezüglich will Oxford PV mit seinem Werk in Brandenburg an der Havel Vorreiter sein. „Seit 2017 betreiben wir vor Ort eine kleine Volumenlinie, mit der wir unser Produkt optimieren und überprüfen konnten, ob wir unsere langfristigen Stabilitäts- und Herstellbarkeitsziele erreichen“, erklärte CEO Frank Averdung nach der Mitteilung vom Freitag. „Jetzt, da die Technologie einsatzbereit ist und der Aufbau der Fabrik abgeschlossen ist, freuen wir uns auf die vor uns liegende Reise, um unsere Mission zu verwirklichen, Perowskit-Photovoltaik zur Mainstream-Solartechnologie zu machen.“ Und direkt im Satz danach dann die Ankündigung, die über das Wochenende für einigen Wirbel – zumindest auf Schweizer Seite – sorgte: „Mit dem Erreichen dieses Fabrik-Meilensteins hat Oxford PV seine exklusive Beziehung zu Meyer Burger beendet.“
Trotz der Aufkündigung des Kooperationsvertrags geht Oxford PV nach eigenem Bekunden davon aus, dass dies keine Auswirkungen auf die Lieferung der noch fehlenden Maschinen haben werde und Meyer Burger seine vertraglichen Verpflichtungen erfülle. Mit Blick auf die angestrebte Skalierung verweist der Hersteller auf weitere Produktionsausrüster für Heterojunction-Solarzellen. Zudem werde für die Perowskit-Topzelle auf branchenübliches Equipment für die Dünnschicht-Produktion zurückgegriffen. Auch dafür gebe es viele alternative Lieferanten, so Oxford PV. Daher werde man auf Basis der eigenen Wachstumpläne künftig das Equipment von anderen Anbietern beziehen.
Anmerkung der Redaktion: Der Artikel ist mittlerweile mit Rückmeldungen von Oxford PV ergänzt worden.
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