pv magazine: Bereits bevor die EU-Kommission ihr „Fit for 55“-Paket vorgestellt hat, sind die CO2-Preise in den vergangenen Monaten deutlich nach oben gegangenen. Woran lag das Ihrer Meinung nach?
Lukas Bunsen (Foto): Betrachtet man nur die aktuelle Lage, gibt es eigentlich keinen Grund für den Anstieg der CO2-Preise: Es werden jedes Jahr immer noch mehr Zertifikate ausgegeben als für die tatsächlichen Emissionen nötig wären und zudem sind 1,5 Milliarden freie Zertifikate im Umlauf – allein damit wären schon die dem Europäischen Emissionshandel ETS unterliegenden Emissionen von über einem Jahr abgedeckt. Doch die Zertifikate haben kein Verfallsdatum und können somit auch erst in einigen Jahren genutzt werden. Damit kommt bei der heutigen Preisfindung die Erwartung an die zukünftige Entwicklung ins Spiel. Und hier gehen inzwischen praktisch alle Marktteilnehmer davon aus, dass es zu einer weiteren Verknappung kommt: Die im April beschlossene Verschärfung des europäischen Klimaschutzziels von 40 auf 55 Prozent Einsparung bis 2030 wurde bereits seit über einem Jahr diskutiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass das tatsächlich so kommt, stieg immer weiter an – und der CO2-Preis logischerweise ebenfalls. Immerhin bedeutet das neue Ziel eine zusätzliche Reduktion der Emissionen um 633 Millionen Tonnen in nur neun Jahren, und da das ETS das wichtigste Werkzeug der EU zur Emissionssenkung ist, dürfte die Zahl der Zertifikate entsprechend stark und schnell sinken.
Nun sind die Entwürfe für das Gesetzespaket bekannt, wie wird sich dies auf die weitere CO2-Preisentwickung in den nächsten Jahren auswirken?
Kurzfristig erwarten wir keine starken Auswirkungen, denn der Vorschlag entspricht den Erwartungen, die bereits in den vergangenen Wochen durch Leaks zunehmend bestätigt wurden, und ist somit schon eingepreist. Dazu kommt, dass die Europäische Kommission auch mit Blick auf den starken Preisanstieg, vorsichtig agiert und zum Beispiel die Marktstabilitätsreserve nicht deutlich verschärft. Mittelfristig wird der CO2-Preis aber weiter steigen: Die EU rechnet für 2030 mit 50 bis 80 Euro pro Tonne, was auch nach unseren Analysen realistisch erscheint.
Und nach 2030?
Für die Zeit nach 2030 sehen wir noch erhebliche Unsicherheiten: Es gibt bisher keine Pläne der EU, wie es auf dem Weg zur für 2050 angepeilten Klimaneutralität weitergehen soll, ja, es ist nicht einmal klar, wie ernst es die Mitgliedsstaaten mit diesem Ziel meinen. Davon hängt aber ab, wie knapp die CO2-Zertifikate sein werden, und wie wertvoll sie dadurch schon jetzt sind. Dazu kommt, dass im „Fit for 55“-Paket ein separates ETS für Transport und Verkehr angekündigt wurde, in dem die CO2-Preise höher sein werden, weil in diesen Sektoren die Vermeidungskosten höher sind. Noch ist offen, ob die beiden ETS in Zukunft verschmolzen werden, aber allein die vage Möglichkeit könnte bereits zu einem Preisanstieg im bestehenden ETS führen.
Welche Auswirkungen der hohen CO2-Preise im Europäischen Emissionshandel erwarten Sie auf den deutschen Strommarkt?
Die Börsenstrompreise sind schon seit Anfang 2021 stark gestiegen und liegen aktuell zwei- bis dreimal so hoch wie noch vor einem Jahr. Das liegt zum Teil an den gestiegenen Kohle- und Gaspreisen, doch der wichtigste Treiber dafür ist im Moment tatsächlich der CO2-Preis. Und wenn dieser weiter steigt, wird sich das auch zukünftig an der Strombörse auswirken.
Wäre mit der von Ihnen prognostizierten Entwicklung auf dem deutschen Strommarkt auch denkbar, dass wir einen marktgetriebenen frühen Ausstieg aus der Kohleverstromung sehen und gleichzeitig einen deutlichen Anstieg bei den Installationszahlen von Photovoltaik und Windkraft? Weil vielleicht auch einfach mehr Großprojekte über PPAs finanziert werden können?
Die Wirtschaftlichkeit der deutschen Kohlekraftwerke hat sich tatsächlich drastisch verschlechtert. Bei der Braunkohle reichen die Einnahmen aus dem Stromverkauf nicht mehr, um die hohen Fixkosten der Tagebaue zu decken, und auch bei der Steinkohle sind nach 2030 nur noch die modernsten Kraftwerke wirtschaftlich. Damit wird die Kohleverstromung sehr wahrscheinlich deutlich früher enden als regulatorisch vorgesehen: Wir gehen davon aus, dass bis 2030 die meisten Kohlekraftwerke den Markt verlassen, also fast eine Dekade früher als im Kohlekompromiss anvisiert. Damit kommt der Stromsektor seinem Klimaziel für 2030 schon sehr nahe – obwohl die Bundesregierung dieses erst im Mai mit dem nachgebesserten Klimaschutzgesetz verschärft hat. Bei den Erneuerbaren macht der höhere Strompreis einen marktgetriebenen Ausbau und Betrieb attraktiver. Das gilt vor allem für neue große Photovoltaik-Anlagen, aber auch für Windkraftanlagen, deren EEG-Subventionen auslaufen. Allerdings sind in Deutschland die Ausbauziele für geförderte Projekte so hoch, dass ein unsubventionierter Ausbau nur in Einzelfällen attraktiver ist.
Gehen Sie von ähnlichen Auswirkungen auch in den übrigen EU-Mitgliedsstaaten aus?
Auswirkungen gibt es überall, aber sie sind je nach Land unterschiedlich. Ein Faktor ist zum Beispiel der nationale Strommix: Ein hoher Kohleanteil treibt die Großhandelsstrompreise nach oben, wie zum Beispiel in Polen, aber auch anderen zentral- und osteuropäischen Staaten. Ähnlich wie in Deutschland verliert die Kohleverstromung auch in diesen Ländern mit steigenden CO2-Preisen an Wettbewerbsfähigkeit. Allein in Polen werden deshalb in den kommenden Jahren 23 Gigawatt an Kohlekraftwerken den Markt verlassen und müssen ersetzt werden. Ein anderer Faktor ist das Subventionssystem für Erneuerbare: In Ländern ohne starke Förderung sorgen höhere CO2- und Strompreise dafür, dass der marktgetriebene Ausbau von Erneuerbaren deutlich attraktiver wird und die Installationszahlen steigen. Neben Polen betrifft dies zum Beispiel auch die nordeuropäischen Länder und Italien.
Was wäre aus ihrer Sicht wichtig als Unterstützungsmaßnahmen der EU hinsichtlich ihres Ziels der Klimaneutralität?
Der Stromsektor ist bereits auf einem guten Weg. Entscheidend ist daher, auch den anderen Sektoren die Dekarbonisierung zu ermöglichen. Das gilt vor allem für die Industrie, die im internationalen Wettbewerb steht und entsprechend geschützt werden muss, damit sie nicht abwandert und die Emissionen nur verlagert werden. Hier ist die anvisierte CO2-Grenzsteuer (CBAM – carbon border adjustment mechanism) ein wichtiger Schritt. Auch Carbon Contracts for Difference (CCfDs) werden eine wichtige Rolle spielen: Denn bei den langen Amortisationszeiten in der Industrie reicht ein hoher CO2-Preis alleine nicht, um Investitionen in emissionsarme Technologien wirtschaftlich zu machen, zumal wenn man befürchten muss, dass der Preis auch wieder fallen könnte. Mit CCfDs lässt sich der Preis quasi vertraglich festlegen und so Investitionssicherheit schaffen. Wie in der Anfangszeit der erneuerbaren Energie werden dadurch frühzeitig Lerneffekte geschaffen. Außerdem werden anstehende Reinvestitionen in eine klimafreundliche Richtung gelenkt – das ist angesichts von Anlagen, die 30 bis 50 Jahre laufen werden, sehr wichtig, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Die Erweiterung des Innovation Fund der EU ist daher richtig. Neben der Industrie gilt es, auch die Sektoren Verkehr und Wärme zu dekarbonisieren, in denen die Emissionen bisher kaum gesunken sind. Das ist eine Herausforderung, denn einerseits geht es hier um viele individuelle Entscheidungen und andererseits rechnen sich Investitionen zum Beispiel in Renovierungsmaßnahmen erst nach längerer Zeit. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen hier auch soziale Effekte, die der von der EU-Kommission vorgeschlagene Sozialfonds für Klimaschutz abfedern soll.
Welche Maßnahmen könnten gegebenenfalls auch von der Bundesregierung kommen, um die Energiewende und die Klimaneutralität zu unterstützen?
Mit der Anpassung des Klimaschutzgesetzes nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat die große Koalition ja das Ziel der Klimaneutralität auf 2045 vorgezogen – ohne allerdings festzulegen, wie es erreicht werden soll. Eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Regierung wird es daher sein, hier die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Ein zentraler Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität ist dabei ganz klar die Energiewende: Der Erneuerbaren-Ausbau muss im Vergleich zu den derzeitigen EEG-Zielen verdoppelt werden, vor allem bei der Photovoltaik, auch um die steigende Stromnachfrage durch die zunehmende Elektrifizierung von Verkehr, Wärme und Industrieprozessen zu decken. Dazu müssen vor allem Hindernisse beseitigt werden, die schon das Erreichen der aktuellen Ausbauziele verunmöglichen, zum Beispiel die jüngst erst wieder verschärften Abstandsregeln für Windkraftanlagen in Nordrhein-Westfalen oder auch der schleppende Ausbau des Stromnetzes.
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Wenn es eintrifft, dass die CO2 Preise so nach oben gehen, bekommt die Volksverdummung mit der EEG Umlage eine neue Dimension, die man vertuschen muss.
Seither ist das „Paradoxon“ so konzipiert, dass bei ..„sinkenden“.. Börsenpreisen die EEG Umlage steigt. Wenn nun die Börsenpreise wegen der Zertifikate kontinuierlich.. „steigen“.., müsste im Umkehrschluss die EEG Umlage sinken. Denn bei steigenden Börsenpreisen werden ja auch die Erlöse für die EE höher, wodurch weniger zu den Vergütungen ausgeglichen werden muss.
Man darf gespannt sein, was sich die „Zauberer“ an den maßgebenden Stellen da wieder einfallen lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Verbraucher weniger für Strom bezahlen, wenn für die Versorger die Beschaffungskosten teurer werden.
Natürlich wird die EEG-Umlage nicht sinken, denn die Anlagen erzeugen alle gemeinsam Strom oder gar keinen.
Das bedeutet, die Börsenpreise werden eine immer größere Schwankung bekommen und genau dann, wenn EEG-Strom erzeugt wird, in den Keller rauschen (sprich: hohe Differenz, die zu vergüten ist).
Wenn kein EEG-Strom erzeugt wird, dann werden die Börsenpreise durch die Decke gehen, aber dann muss man auch nichts vergüten.
Und Anlagen, die noch nach EEG geförderte werden, verdrängen die Anlagen, die bereits aus der Förderung gefallen sind, aus dem Markt, weil sie genau dann kein Geld an der Börse bekommen, wenn sie Strom erzeugen.
Ökonomie und Physik schlägt grüne Idelogie.
Michael Schimpf sagt:
Ökonomie und Physik schlägt grüne Idelogie.
@ Michael Schimpf.
Wenn die Börsenpreise sinken, sind auch die Erlöse für EEG Strom geringer, der Abstand zu den Vergütungen wird größer , es muss mehr ausgeglichen werden, deshalb steigt die Umlage Wenn nun die Börsenpreise steigen, werden die Erlöse für den EEG Strom höher, der Abstand zu den Vergütungen wird geringer, es muss weniger ausgeglichen werden. Nun erklären Sie mal warum dann die Umlage nicht sinken soll.
Aber bitte nicht mit schwankenden Phasen, das ist in den Daten alles berücksichtigt, auf deren Grundlage am 31 Oktober eines Jahres, die Umlage für das kommende Jahr bekannt gegeben wird.
Ich würde sagen Taschenspielertricks schlagen die Thesen von Adam Riese.
Der unmündige Bürger sollte jetzt die Notbremse ziehen und bei der nächsten Wahl nicht die CDU/CSU wählen, die gesagt haben:
„Wir werden verhindern dass die Wirtschaft den CO2-Preis bezahlen muss“!
Wer dennoch die CDU/CSU/SPD/FDP wählt, wird wohl tief in die Tasche greifen müssen.
Denn in den letzten 16 Jahren sind, dank Hilfe des Wirtschaftsrates der CDU:
– alle Energien für den Bürger teurer geworden,
– alle Energien für die Neandertal-Industrien billiger geworden,
– die Automobilindustrie unterstützt (38 Milliarden Kurzarbeitergeld) worden, obwohl sie Gewinne (10 Milliarden) machen,
– die Mietkosten gestiegen,
– die Grundsteuern gestiegen
– die Förderung der Neandertal-Industrie mit Subventionen gestiegen,
– die Großbauern mit Subventionen gefördert,
– die Kleinbauern zerstört,
– usw…
Hauptsache die Nebeneinkommen steigen, die Bürger werden dumm gehalten.
Noch schlimmer ist das neue Verfahren für Photovoltaik.
Ich bin dafür dass die Autobauer die Erlaubnis zur Einfuhr ihre Ersatzteile aus Asien, China kommend, aus denen sie dann Autos mit osteuropäischen Zeitarbeitern zusammen bauen, zukünftig in in gleicher Art und Weise in Form von Lizenzen vorher bezahlen, damit wir die Schäden, die dadurch entstehen, ausgleichen können.
Kompensation für Kapital, das nicht der Wertschöpfungskette für Deutschland zur Verfügung steht.
Damit könnte man die entgangenen Krankenkassenbeiträge, Rentenbeiträge und die nicht vorhandenen Facharbeitsplätze für unsere Nachkommen generieren.
Nicht bezahlen kann man damit das Leid der unterdrückten Völker, die diese Einzelteile der deutschen Autoindustrie für gewissenlose Menschen bauen müssen.
Ach ja, je eher wir aus der Planeten zerstörenden Öl- und Gasindustrie aussteigen, desto weniger betrifft uns das Ganze.
Die Politiker reden ja erst seit dreißig Jahren über den Klimawandel und dessen Folgen.
Dann kam die Klimakrise, man hat weiter geredet.
Jetzt haben wir die Klimakatastrophe und es wird immer noch rumgejammert, obwohl schon sämtliche Industrien auf Kontinenten abgewandert sind, die das Pendeln unserer Kinder dorthin zum Arbeiten unmöglich machen.
Das hat alles nichts mit Nachhaltigkeit und einem Willen etwas zu verändern zu tun.
Hier wird wie bei deutschen Neandertal-Industrien immer wieder nur präsentiert, visioniert, publiziert und Prototypen gebaut. Armes Deutschland.
Die CO2 bepreisung durch CO2 Zertifikate und CO2 Steuer sind ein hochwirksames Mittel im Kampf gegen Treibhausgase.
Wie in der Medizin haben diese aber auch immense Nebenwirkungen, die mit Sicherheit auftreten.
Zum einen treiben diese die Inflation an. Ein Bäcker wird steigende Energiekosten immer auf seine Brötchen umrechnen. Sinkende Energiekosten schlagen sich kaum auf den Warenpreis nieder. Das werden wir noch sehr stark in unserer Rente zu spüren bekommen.
Zum anderen werden CO2 Zertifikate als Spekulationsobjekte genutzt. Den erwirtschaftete Spekulationsgewinn zahlen letztlich die Verbraucher. Das verstärkt nochmals die Inflation.
Schade dass man hier nicht Schaden vom deutschen Volk und der Weltbevölkerung abgewendet hat, indem man die bestehenden Zubauangebote genutzt hat, vor dem Hintergrund, dass der Börsenppreis momentan bei 8 Cent / kWh liegt. Diese Lücke hätte man außerplanmäßig zum Gewinn aller Beteiligten auffüllen können.
Es sollte doch dem Bundeswirtschaftsministerium nicht entgangen sein, dass sich in diesem Jahr einiges an der Börse geändert hat und man auch die Strategie für ein optimales Ergebniss anpassen muss.