Nur eine Woche nach dem Spatenstich für den 8,75-Megawatt-Elektrolyseur in Wunsiedel zur Erzeugung von grünem Wasserstoff verkündet Siemens Pläne, im Ort einen 100 Megawatt-Batteriespeicher bauen zu wollen. Siemens Smart Infrastructure und die Zukunftsenergie Nordostbayern GmbH (ZENOB) hätten eine entsprechende Absichtserklärung zur Errichtung des Speicherkraftwerks mit einer Kapazität von 200 Megawattstunden unterzeichnet, teilte der Münchner Konzern am Montag mit. Es solle genutzt werden um überschüssige Energie aus erneuerbaren Energien zwischenzuspeichern und Bedarfsspitzen im Netz abdecken. Der Lithium-Ionen-Speicher soll dabei von Siemens schlüsselfertig geliefert und übergeben werden und vom Hersteller Fluence stammen, einem Joint Venture von Siemens und AES. Der Münchner Konzern übernehme nach den Plänen die Projektleitung inklusive eines technischen Umsetzungskonzepts, sowie den Bau einer Mittelspannungsschaltanlage und die Hochspannungsnetzanbindung. Zudem solle von den Vertragspartnern ein Finanzierungskonzept erarbeitet werden.
Das geplante Speicherkraftwerk würde sich über eine Fläche von 5000 Quadratmetern erstrecken. Rechnerisch könnten 20.000 Durchschnittshaushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden. „. Durch die intelligente Speichertechnik wird die lokale und überregionale Bereitstellung von Ökostrom erhöht. Deshalb bauen wir die Kapazitäten schrittweise aus“, sagte Marco Krasser, Geschäftsführer der SWW Wunsiedel GmbH, einem der beteiligten Partner in der Zukunftsenergie Nordostbayern GmbH. Damit könne die Abregelung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen minimiert werden sowie teure Spitzenlasten würden vermieden. „Davon profitiert auch der vorgelagerte Netzbetreiber, weil er dadurch mehr Flexibilität zum Ausgleich von Spannungsschwankungen erhält, die durch den Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung vermehrt auftreten“, sagte Bernd Koch, Cheftechnologe Energy Performance Services bei Siemens Smart Infrastructure. Die bislang notwendigen Reserven müssten durch die Netzbetreiber dann nicht mehr vorgehalten werden.
Wunsiedels Bürgermeister Nicolas Lahovnik kommentierte die Unterzeichnung der Absichtserklärung wie folgt: „Anfang Juli haben wir die Weichen gestellt und heute haben wir bereits den Zug aufs Gleis gebracht. Mit Siemens als Partner nehmen wir sicher auch schnell Fahrt auf. Weiter so!“ Er war auch beim Spatenstich für den Bau des Elektrolyseurs dabei. Dessen Inbetriebnahme ist für den Sommer 2022 geplant. Mit den jährlich bis zu 1350 Tonnen grünen Wasserstoffs sollen dann vor allem industrielle Abnehmer in Nordbayern, Thüringen und Tschechien versorgt werden.
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8.75 MW und 1350 t H2 pro Jahr, das ergibt grob abgeschätzt etwa 8000 Betriebstunden. Da wir keine 8000 h im Jahr grünen und gleichzeitig überschüssigen Strom haben (wahrscheinlich in Wunsiedel noch nicht einmal 8 h), ist der Wasserstoff *nicht* „grün“. Schlimmer noch, für diesen Strom werden fossile Kraftwerke laufen, wahrscheinlich als Grenzlast meist Erdgas, die auf dem Umweg über Strom wieder in Wasserstoffgas zurückgewandelt werden.
Als Pilotanlage lass ich mir das ja noch gefallen, aber sicher nicht als „Zukunftsenergie“.
Hallo Frank,
ich denke du urteilst in diesem Fall zu negativ.
1) in der Meldung über den Elektrolyseur heisst es „bis zu 1350 Tonnen“, und das klingt nicht nach erzwungener 90% Jahresauslastung des Elektrolyseurs.
2) du vergisst die Batterie: 200MWh + 100MW. D.h. selbst bei gewünschter 100%-Auslastung des 8,75 MW Elektrolyseurs könnte sich die (100MW-)Batterie täglich die 126 Minuten mit dem billigsten = grünsten Strom zum Aufladen als Elektrolyseur-Puffer aussuchen. Und abhängig von der Elastizität des Elektrolyseurs und Stromverbrauchs- und Stromerzeugungsprognosen und aktuellen Strompreisen (hoch, tief, negativ) kann und soll die Batterie ja auch als Netz-Puffer für den Grünstrom dienen – Ich denke das kann ein sehr interessantes Experiment für die Zukunft sein (d.h. wenn dann die EE-Kapazität einamal massiv ausgebaut ist).
Und wieso ist das Experiment gleich so gross/teuer? Vielleicht ist das eine Spezialbatterie, die die KWh hoffentlich wesentlich günstiger puffert als z.B. viele kleine (Second-Life-)Autobatterien; oder andere Teile der Experiment-Infrastruktur verlangen einen Test in zumindest dieser Grösse.
Korrektur:
Mit der Kapazität des SpeicherKWs (200 MWh = 200K KWh) könnte man natürlich nicht 20K Durchschnittshaushalte ein Jahr lang mit Strom versorgen; sondern z.B. 70 Haushalte mit einem Verbrauch von je 2875 KWh.
Aber mit dem Brennwert von 1350 t H2 (1350000 kg*40 KWh/kg = 54 Mio KWh), oder mit der für die Herstellung von 1350 t H2 benötigten Energie (ca 65 Mio KWh) käme man rechnerisch auf den Jahresstromverbrauch von ca 20K Haushalten.
Ich denke nicht, dass ich zu negativ urteile. Was hat der Speicher damit zu tun? Der kann auch völlig unabhängig vom Elektrolyseur arbeiten. Und da wir einfach keinen überschüssigen Grünstrom haben, kann der auch nicht damit geladen werden. Und selbst wenn, dann ist der Strom ja nicht mehr überflüssig und könnte auch im Netz genutzt werden. Man kann es drehen und wenden wie man will, ohne EE-Überschüsse im Netz zu mindestens 4000 h/a kann man einfach keinen grünen Wasserstoff erzeugen, und dann darf man ihn auch nicht so bezeichnen.
Das Ganze ist entweder ein Forschungsobjekt, und wenn das nicht der Fall ist, einfach eine Energievernichtungsmaschine und damit ein Klimawandelbeschleuniger. Damit macht man den dritten Schritt vor dem ersten, nämlich endlich und massiv die Erzeugungskapazitäten auszubauen.
F: „Was hat der Speicher damit zu tun?“
A: Dank des 100MW-Speichers braucht der 8.75MW-Elektrolyseur nicht 8000h „überschüssigen Grünstrom“ und auch nicht 4000h sondern nur 620h (für 1350 Tonnen H2).
Ich bin selbst im Bereich Energietechnik und Speicher tätig. Dieses große Batteriespeichersystem müsste eigentlich durch den öffentlichen Auftraggeber Stadtwerke Wunsiedel per EU tendering (EU weit) ausgeschrieben werden. Komischerweise habe ich genau von diesem Projekt keine Ausschreibung gesehen. Gibt es Informationen darüber wie die Vergabe bzw die Absichtserklärung zustande gekommen ist? Ein Unternehmen gewinnt anscheinend jede größere Ausschreibung in dieser Metropole.
Etwas mehr Details zum Projekt und den beteiligten Firmen und Behörden gibts auf https://www.erneuerbareenergien.de/technik/techniktrends/baustart-fuer-die-groesste-bayerische-anlage-zur-erzeugung-von-gruenem-wasserstoff.
@Frank, bitte lass die Argumentation von Marcus noch ein wenig wirken.
Ja, mit deiner Betrachtung der Betriebsstunden hast du sicherlich Recht, jedoch bring bitte den Gedanken mit ein, wie die Energie der Erneuerbaren bei „Vollast“ in Moment noch neben den Kraftwerken stiefmütterlich behandelt letztendlich verscherbelt wird.
Da kann ein Megaspeicher und ein laufender, regelbarer Elektoseur durchaus Sinn machen; auch negative Strompreise zu verhindern..
Du hast vollkommen recht; ein Elektroseur dieser Größenordnung darf sich nur „grün“ nennen bei ausreichendem Überschuss an realem Grünstrom.
Ein Speicher dieser Größenordnung könnte auch als Regelenergie für negativ energie wirtschaftlich noch mehr Sinn machen!
Ein anderer Gedanke treibt mich in dem Zusammenhang um:
Im Text heißt es: „Mit den jährlich bis zu 1350 Tonnen grünen Wasserstoffs sollen dann vor allem industrielle Abnehmer in Nordbayern, Thüringen und Tschechien versorgt werden.“
Tschechien gehört mit zur EU; hoffenlich werden da keinerlei Subventionen der BRD verwandt!
Ansonsten hätten wir da einen Interessenskonflikt.
Für den Betrieb und dessen Abrechnung wird vollkommene Transparenz und ein großes Argusauge aller der im Hintergrund befindlichen Akteuere als Kontrolleure gefragt sein.
Wenn wir alles Schritt für Schritt (Erzeuger, Kurzzeitspeicher, Langzeitspeicher) nacheinander machen, dann werden wir zu lange brauchen. Wir haben jetzt schon Abregelungen von Erneuerbaren Erzeugern in der Größenordnung von 3%. Und das wird rasant zunehmen, wenn dank verbesserter Rahmenbedingungen der Zubau von Stromerzeugungsanlagen Fahrt aufnimmt. Und dann möchte ich nicht den Aufschrei in B., Welt, Spiegel und ähnlichen Qualitätsmedien hören, dass der Aufbau von Kapazitäten zur sinnvollen Verwertung verschlafen worden ist. Es ist sehr kleinlich, an solchen Minianlagen rumzumäkeln. In den Niederlanden verschiebt man für Pilotanlagen das Komma zwei Stellen nach rechts – das bräuchten wir hier auch.