Wer einmal in Indien war, weiß, dass sich das Leben auf den Dachterrassen der Häuser abspielt. Denn eine Dachterrasse hat dort so ziemlich jedes Haus. Um die Dachflächen dennoch für Photovoltaik zu nutzen hat die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) eine eigens für den indischen Markt konfektionierte Aufdachanlage entwickelt.
Das „PV Port & Store“ ist ein steckerfertiges Photovoltaik-System, was sich laut GIZ binnen zweier Tage kaufen, installieren und in Betrieb nehmen lässt. Dabei handelt es sich um eine Art Pavillon mit zwei Sitzbänken und einem Dach aus Solarmodulen, die angenehmen Schatten spenden. Die Sitzbänke sind hohle Plastikschalen, die mit Wasser gefüllt werden. Das ermöglicht gleich drei Funktionen. Zum einen liegt das Gewicht der beiden mit Wasser gefüllten Bänke bei 1,5 Tonnen. So soll das System auch bei Windgeschwindigkeiten von 200 Kilometern pro Stunde nicht davonfliegen, ohne dabei fest auf dem Dach montiert werden zu müssen. Außerdem kann das dazu genutzt werden, um die Module mittels einer Sprinkleranlage zu reinigen. Zuletzt werden auch eine Batterie und der Hybridwechselrichter in den Sitzbänken in vom Wasser umgebenen Schubladen verstaut. Dort bleiben die Geräte vor der direkten Sonne geschützt und kühl.
An die Gegebenheiten des indischen Marktes angepasst, ist dieses System zu 100 Prozent für den solaren Eigenverbrauch ausgelegt. Darin liegt auch eine der wesentlichen Produktinnovationen. Durch eine eigene dynamischen Energiemessung der Verbraucher im Haus ermittelt der Wechselrichter, ob und wie viel in den Haushaltsstrom eingespeist werden soll, um zu vermeiden, dass Strom ins Netz fließt. Der Hintergrund ist, dass kleinere Anlagen, die nur den Haushaltsstrom abdecken nicht vom Energieversorger abgenommen werden müssen. Das reduziert den bürokratischen Aufwand.
Ein auch in Deutschland bekanntes Problem solcher Systeme ist, dass die Endstromkreislast dadurch zu hoch sein kann, was zu Störfällen in der Hausverkabelung führt. Der vom Dach ins Hausnetz eingespeiste Strom addiert sich zum Netzbezug, was dazu führt, dass die Kabel sich erhitzen. Um das zu verhindern, besitzt der Wechselrichter hierfür eine spezielle Schutzsicherung und Messsensoren im Haus. Eine weitere Fähigkeit des „PV Port & Store“ ist die Notstromfähigkeit. Besonders in Indien komm es häufig zu Stromausfällen. Außerdem können die Netzbetreiber auf die Batterien zugreifen, um den gespeicherten Strom für netzdienliche Aufgaben zu nutzen.
Die Preise variieren in Abhängigkeit der Ausschreibungsmengen der Bundesstaaten und in Abhängigkeit der Größe der Anlage. Ein Sprecher der GIZ gab jedoch als Richtpreis für eine Zwei-Kilowatt-Anlage mit einer kleinen Bleibatterie 2500 Euro an. Mit einer großen Lithium-Eisenphosphat Batterie würde das System 5500 Euro kosten. Die Geräte sollen in fünf Ausführungen erhältlich sein. Die Photovoltaik-Leistung beträgt immer zwei Kilowatt. Bei der Speicherkapazität können die Kunden zwischen 2,4 und 4,8 Kilowattstunden auswählen. Außerdem können sich Kunden auch zwischen Bleisäure-Batterien, deren Lebensdauer auf etwa drei Jahre geschätzt wird und Lithium-Eisenphosphat Batterien mit zehn Jahren Laufzeit auswählen. Überdies gibt es noch eine Ausführung mit 1,6 Kilowatt Photovoltaik-Leistung ohne Speicher.
Zwar kann so eine Anlage auch von mehreren Mietparteien in einem Apartmenthaus genutzt werden, allerdings würde selbst die Ausführung mit der größeren Batterie schon von einem Haushalt verbraucht werden können, sofern nur ein einziges Zimmer durch eine Klimaanlage gekühlt würde. Das wäre aber in sehr vielen indischen Haushalten der Fall.
Für die Finanzierung gibt der Bundesstaat ein Ausbauziel vor. Dabei soll ein Teil der Ausschreibungsmenge für den „PV Port& Store“ vorgehalten werden. Die Regierung bezuschusst die Photovoltaik-Anlage, aber nicht den Speicher, dann mit 40 Prozent. Den Rest der Kosten müssen die Endverbraucher an die Energieversorger zahlen.
Zurzeit gibt es schon einige hundert solcher Anlagen auf den Dächern Neu-Delhis und im Bundesstaat Gujarat. Denn dort können die Pavillons schon über die Energieversorger erworben werden. Ein umfangreicher Testbericht wird durch die RTWH Aachen und das National Institute of Solar Energy für Ende des Jahres erwartet. Innerhalb dieses Testberichts wird geprüft, wie viel Strom direkt verbraucht wird und wie viel über die Batterien gespeichert wird. Außerdem soll auch geprüft werden, wie viel überschüssiger Strom den Netzbetreibern für Netzdienstleistungen zur Verfügung steht.
Das Unternehmen home-pv, was die Lösung herstellt, oder die Herstellung in Auftrag gibt, liegt in den Händen indischen Staates, wobei das Ministerium für Neue und Erneuerbare Energien federführend ist. Zurzeit gebe es drei Unternehmen, mit Sitz in Indien, Servotech, Kosol und Enphase die eine nennenswerte Produktion für diese Anlagen aufgebaut haben. Ein Vertrieb des Systems auf dem deutschen Markt ist bisher nicht geplant.
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