Wasserstoff mit Wumms – Markteinführung „Made in Germany“

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Wasserstoff verschafft der Energiewende neuen Schwung. Es wird groß gedacht, es werden Visionen und langfristige Strategien entwickelt – etwas, das uns im Klein-Klein der Energiewende-Debatten abhandengekommen zu sein schien. Jetzt geht es vor allem um Eines: Die Kosten für die Elektrolyse müssen runter. Viele sagen, dass die 2020er Jahre für die Marktreife grünen Wasserstoffs das werden müssen, was die 1990er Jahre für die Photovoltaik waren. Mit Blick auf die Klimakrise sollten wir noch eine Schippe drauflegen. Bis 2030 müssen wir zur Wettbewerbsfähigkeit kommen, der Zielwert für die Herstellung von grünem Wasserstoff ist ein Euro pro Kilogramm. Aktuell schwankt der Hydex Green-Index zwischen drei bis vier Euro pro Kilogramm Wasserstoff, die Irena geht für die Golfregion bereits von Produktionskosten unter zwei US-Dollar aus. Das ist bemerkenswert, wurde im Jahr 2017 auf Messen noch ein Produktionswert von zehn Euro pro Kilogramm Wasserstoff in kleineren Elektrolyseuren genannt. Wir sind also auf gutem Wege.

Nur zur Erinnerung: Bei Inkrafttreten des EEG im April 2000 lag die Einspeisevergütung für Photovoltaik-Strom bei 51 Eurocent pro Kilowattstunde. In der letzten Photovoltaik-Ausschreibungsrunde im März 2021 lag der durchschnittliche Zuschlagswert bei 5 Eurocent pro Kilowattstunde. Vor allem in den Nullerjahren hat die garantierte Einspeisevergütung in Deutschland aber auch in Japan, Spanien, Italien und anderen Vorreiterländern attraktive Absatzmärkte für Photovoltaik-Komponenten geschaffen. Diese ermöglichten die Skaleneffekte bei der Produktion von Solarmodulen. Und wenn die EEG-Umlage in den kommenden Jahren sinkt, profitieren wir gleich doppelt: von (hoffentlich) sinkenden Strompreisen und sauberer Energieversorgung.

Hinzu kommt, und das sollten wir als Exportland nicht vergessen: Energiewende-Produkte tragen zu unserer Wirtschaftskraft bei. Vielleicht nur noch wenig bei der margenschwachen Produktion von Solarmodulen, bei Photovoltaik-Projektierung hingegen, Netz- und Steuerungstechnik, Prognosesoftware, virtuelle Kraftwerke, Speichertechnologien, innovative Geschäftsmodelle… das alles verkauft sich bestens weltweit. Dies schlägt sich auch auf die Energieaußenpolitik nieder. Deutschlands Softpower in der Welt beruht mittlerweile nicht mehr nur auf dem guten Image von Fußball, Bier und Autos – die Idee der Energiewende ist als Exportschlager hinzugekommen. Daran knüpfen auch die bilateralen Energiepartnerschaften des Bundeswirtschaftsministeriums an, die mittlerweile einen energiepolitischen Austausch mit über zwanzig Ländern etabliert haben.

In pandemielosen Zeiten geben sich internationale Delegationen die Klinke in die Hand in der Energiegemeinde Wildpoldsried, besuchen die The Smarter E in München und den Hamburger Kraftwerksstandort Moorburg. Dort soll ab 2025 in großem Stil Wasserstoff produziert werden, nach aktueller Planung mit einem sehr interessanten Technologiemix. Hochtemperaturspeicher, Elektrolyseur und Gasturbine sollen Windstrommengen thermisch speichern und bedarfsgerecht Prozessdampf, Wasserstoff und Strom für die Hamburger Industrie bereitstellen.

Zwei Milliarden Euro für internationalen Projekte

Auch um solche Projekte zu fördern, sieht die Nationale Wasserstoffstrategie Mittel in Höhe von rund neun Milliarden Euro für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff vor. Davon sind zwei Milliarden Euro für internationale Projekte vorgesehen. Große Zahlen, in der Tat. Wie seinerzeit bei der Einführung des EEGs geht es heute darum, Absatzmärkte für noch nicht marktreife Technologien zu schaffen – aus einer Gemeinwohlperspektive. Der Markt allein wird es nicht richten. Dies haben auch andere Vorreiterländer erkannt, so haben Frankreich, die Niederlande, Japan und Australien ambitionierte Wasserstoffstrategien verkündet.

Im Fall der deutschen Wasserstoffstrategie fällt auf, dass einiges anders gemacht wird als beim EEG: Die heutigen „Wumszahlen“ wurden von Anfang an im Rahmen des Konjunkturpakets kommuniziert. Dagegen hat sich die EEG-Umlagefinanzierung über die Jahre unbemerkt gesteigert. Bis sie ein Niveau von fünf bis sechs Eurocent pro Kilowattstunde erreichte und als politischer Boomerang die Energiewende-Debatte bis heute belastet. Da ist die Nationale Wasserstoffstrategie transparenter.

Förderrichtlinie für Sommer geplant

Im Laufe des Sommers soll vom Bundeswirtschaftsministerium die Förderrichtlinie für den Aufbau von Wasserstoff-Anlagen außerhalb der Europäischen Union veröffentlicht werden. Es sollen Zuschüsse bis zu 15 Millionen Euro pro Antragsteller und Projekt gewährt werden. Ein guter Moment für deutsche Unternehmen, Konsortien zu bilden und Projektskizzen für Wasserstoffprojekte in Regionen mit gutem Solar- und Windkraft-Potenzial zu entwickeln!

Wichtig ist, dass die Anlagen zur Erneuerbaren-Erzeugung bei den zukünftigen Lieferländern zusätzlich zum eigenen Ausbaupfad installiert werden. Sonst wird der lokal produzierte Grünstrom in Wasserstoffderivate umgewandelt und nach Deutschland verschifft – und die lokalen Kohlekraftwerke laufen in Volllast für den wachsenden Strombedarf vor Ort. Der Zubau in Regionen mit gutem Erneuerbaren-Potenzial wird also wachsen, was interessante Geschäftsmöglichkeiten auch für europäische Projektierer bietet.

Es ist klar, dass der Wasserstoff-Boom nicht zu Lasten der lokalen, dezentralen Energiewende in Deutschland gehen darf. In den letzten Jahren ist jedoch deutlich geworden, dass wir hierzulande große Akzeptanzprobleme bei der Flächennutzung für Windkraft und Photovoltaik haben. Eine sektorenübergreifende Vollversorgung aus lokalen Erneuerbaren ist erst einmal unrealistisch. Nicht, weil wir zu wenig Ressourcen haben, sondern weil wir zu dicht besiedelt sind. So werden wir auf absehbare Zeit auf Energieimporte angewiesen sein.

Mit der beginnenden Wasserstoffwirtschaft haben wir nun die Chance, diese Handelsstrukturen fair und nachhaltig zu gestalten. Startpunkt ist dabei eine Diversifizierung der Akteure und Herkunftsländer – sowie die Anschubfinanzierung, um die Elektrolysekosten zu senken. Damit kommen wir auf einen guten Weg zur vollständigen Dekarbonisierung.

— Der Autor Stephan Franz ist Berater bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Er arbeitet im Vorhaben „Bilaterale Energiepartnerschaften“, welches das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) berät. —

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