Es wird mir zu wenig über die Notwendig- und Sinnhaftigkeit von Agri-Photovoltaik in Deutschland gestritten. Ich finde es wichtig, nicht alle Formen der erneuerbaren Energien gut zu finden, sondern klar zwischen besseren und schlechteren Formen zu unterscheiden. Um die ambitionierten Ziele der Energiewende zu erreichen, sollten wir uns auf die Besseren konzentrieren.
Um einen fruchtbaren Streit zu starten, hier meine Thesen, warum Agri-Photovoltaik – also Photovoltaik-Anlagen auf Agrarland mit Hauptnutzen in der Produktion von landwirtschaftlichen Produkten nach DIN SPEC 91434:2021-05 – sehr fragwürdig ist:
- Flächenkonkurrenz oder Flächenknappheit – eine der zentralen Begründungen für die Agri-Photovoltaik – gibt es in Deutschland nicht.
- Agri-Photovoltaik ist ökologisch kontraproduktiv.
- Agri-Photovoltaik ist ökonomisch sinnlos.
1. Flächenkonkurrenz
Es gibt mindestens drei gute Gründe, warum es ausreichend Flächen für Solarparks in der Agrarlandschaft gibt:
1.1 Biodiversitätsanforderungen
Mit der neuesten gemeinsamen Veröffentlichung von IPBES und IPCC zur Klima- und Biodiversitätskrise bekommt die Forderung nach einem radikalen Umsteuern in der Landwirtschaft im Sinne des Erhaltes und der Förderung der Biodiversität weitere gute Argumente. Das Bundesamt für Naturschutz empfiehlt mindestens 2,5 bis 3,3 Millionen Hektar hochwertiger ökologischer Vorrangfläche in der Agrarlandschaft zum Schutz und zur Förderung der Biodiversität. Hochwertige ökologische Vorrangfläche meint gewiss nicht intensive Landwirtschaft unter Solarmodulen. Wie wäre es mit extensivem Dauergrünland im Biodiv-Solarpark?
Biodiv-Solarpark meint einen Solarpark, in dem die Belange der Biodiversität bei Planung, Bau und Betrieb im Vordergrund stehen. Aufgrund seiner Größe benötigt er keine Förderung nach dem EEG, sondern vermarktet seinen Grünstrom über Stromabnahmeverträge (PPA).
Nun mögen Befürworter der Agri-Photovoltaik einwenden, dass man auch in Agri-Photovoltaik-Anlagen Biodiversität fördern kann. Das mag möglich sein, aber in viel geringerem Umfang als in Biodiv-Solarparks. Unfein wird es aus Sicht der Biodiversität, wenn Agri-Photovoltaik es ermöglicht, dass Windschutzhecken verschwinden und so noch mehr Monokultur möglich wird.
1.2 Bioenergieflächen
Etwa 2,3 Millionen Hektar Ackerland werden für den Anbau von Energiepflanzen verwendet. Die energetische Verwertung von Biomasse ist höchst ineffizient und verbraucht für dieselbe Energiemenge die 40 bis 80-fache Fläche eines Solarparks. Der Anbau von Energiepflanzen ist nicht nur ineffizient, sondern erzeugt zum Beispiel auf den etwa einer Million Hektar Anbaufläche von Silomais für Biogasanlagen, eine ökologische Wüste. Schlussfolgerung: Bitte so schnell wie möglich – zum Beispiel nach dem Ende der EEG-Förderung für Biogasanlagen – den Anbau von Pflanzen für die energetische Nutzung einstellen.
1.3 Ernährung
Etwa sechs Millionen Hektar werden in Deutschland für den Anbau von Futterpflanzen genutzt. Die Erzeugung tierischer Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milch und Milchprodukte – insbesondere von Wiederkäuern wie Rind, Schaf und Ziege – für den Eigenverbrauch und den Export sorgt für hohe Treibhausgasemissionen und benötigt viel mehr Fläche als für den Anbau pflanzlicher Lebensmittel mit entsprechenden Nährwerten. Nicht nur ernährungs-, gesundheits- und klimapolitisch wäre es also sinnvoll, statt tierischer möglichst pflanzliche Lebensmittel zu verwenden. Auch dies sind gute Gründe, die Landwirtschaft radikal umzustellen und auch so dafür zu sorgen, dass es gar keine Knappheit an Acker- und auch Grünland gibt.
2. Ökologie
Agri-Photovoltaik stellt die landwirtschaftliche Nutzung in den Vordergrund. Daher ist von einer mehr oder weniger intensiven Landwirtschaft mit dem damit einhergehenden Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln und den zur Saat, Pflege und Ernte verbundenen Einsätzen von Mensch und Maschinen auszugehen. Das ist mit der dringend notwendigen Schaffung von ökologisch hochwertigen Vorrangflächen nicht vereinbar.
3. Ökonomie
Die Deckungsbeiträge landwirtschaftlicher Nutzung sind im Vergleich zu den Deckungsbeiträgen aus der Nutzung mit einem Solarpark verschwindend gering. Die wirtschaftlichen Betrachtungen zur Agri-Photovoltaik sind eindeutig: Es ist unwirtschaftlich, die maximal mögliche Leistung eines Solarparks auch nur um 10 Prozent zugunsten der landwirtschaftlichen Nutzung zur reduzieren.Aufgrund der möglichen Vielfalt an Formen der Agri-Photovoltaik sind Kostensenkungspotenziale bei Bau-, Betrieb, Wartung und Demontage geringer als bei standardisierten Solarparks. Strom aus Agri-Photovoltaik wird dauerhaft teurer als Strom aus „normalen“ Solarparks und ohne Förderung unrentabel sein.
4. Fragen
Wenn es offenbar ist, dass Agri-Photovoltaik aus oben genannten Gründen nicht notwendig und sinnvoll ist, stellt sich die Frage, warum Agri-Photovoltaik derzeit viel Aufmerksamkeit bekommt, hoch gelobt wird und auch noch Fördermittel haben möchte?
Wem nutzt Agri-Photovoltaik? Nutzt sie den Interessen der Agrarindustrie und des Deutschen Bauernverbandes, die keinen radikalen Wandel in der Landwirtschaft wollen, um weiterhin gute Umsätze mit intensiver Landbewirtschaftung auf möglichst viel Fläche zu machen?
Warum veröffentlicht der Deutsche Bauernverband im Verein mit dem Fraunhofer ISE ein Positionspapier für die Agri-Photovoltaik? Vielleicht, weil der Präsident des Deutschen Bauernverbands im Aufsichtsrat von Baywa AG – einem der größten europäischen Player in der Agrarindustrie – sitzt?
Welche Verbindungen hat das Fraunhofer ISE – ein starker Befürworter der Agri-Photovoltaik – mit der Baywa AG und deren Energie-Tochter Baywa re in Sachen Agri-Photovoltaik? Von 2010 bis 2019 leitete Stephan Schindele die Agri-Photovoltaik-Forschung beim Fraunhofer ISE. In diese Zeit fiel auch das Agri-Photovoltaik-Resola-Projekt , an dem unter anderem. die Baywa re mitgewirkt hat. Seit Anfang 2020 ist er Head of Agri-PV bei der Baywa re.
Ist Agri-Photovoltaik ein strategisches Manöver der Agrarindustrie, um mögliche Umsatzverluste mit dem Sektor Landwirtschaft zu vermeiden, die sich ergeben könnten, wenn die Energiewende mit großen Solarparks auf Agrarland richtig Fahrt aufnähme?
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Als kritischem Beobachter der Agrarpolitik und mit Kenntnis der Studie zu Verflechtungen und Interessen des Deutschen Bauernverbandes (Universität Bremen, iaw im Auftrag des Nabu) fällt es schwer, solche Fragen nicht zu stellen.
5. Zukünfte
Für den dringend notwendigen ökologischen Umbau der Landwirtschaft braucht es viel Energie und Geld. Wie wäre es, wenn sich Landwirtschaft und Naturschutz verbünden und die Energiewende dafür nutzen?
Mein Vorschlag: Power to the Bauer!
Mit „Power to the Bauer“ meine ich, dass die Landwirtschaft vor Ort gemeinsam mit Naturschutz, Bürgerschaft, Kommunen, Stadt- und Gemeindewerken (gerne auch virtuell) Biodiv-Solarparks plant, finanziert und so lange betreibt wie sie sich lohnen. Betriebszeiten von mehr als 50 Jahren sind dabei realistisch und je länger diese dauert, desto preiswerter wird der dort erzeugte Strom werden.
Wesentliches Ziel von Biodiv-Solarparks sollte dabei die regionale Wertschöpfung sein. Schon aufgrund ihrer Eigenschaft als Flächeneigentümerin wird die Landwirtschaft beteiligt. Beweidung, Mahd und Heuernte bringen der Landwirtschaft zusätzliche Einkünfte.
Es mag Kulturpflanzen geben, bei denen Agri-Photovoltaik die heute verwendeten Gewächshäuser, Hagelschutznetze, Folientunnel oder Ähnliches ergänzen und ersetzen kann. In diesen Fällen kann Agri-Photovoltaik zum Einsatz kommen. Agri-Photovoltaik ist demnach für einen sehr kleinen Teil der Landwirtschaft relevant.
Für den ökologischen Wandel der Landwirtschaft sind Biodiv-Solarparks mit hoher lokaler und landwirtschaftlicher Wertschöpfung die bessere Idee. Sie sind Teil der Lösung für die Biodiversitätskrise, liefern sehr preiswerten Strom für die Energiewende, schaffen sehr viele zukunftssichere Arbeitsplätze und finanzieren der Umbau der Landwirtschaft ohne Einsatz von Fördermitteln aus dem EU-Agrarhaushalt. Biodiv-Solarparks können als „Eco-scheme“-Maßnahme anerkannt werden und dadurch freiwerdende EU-Agrarhaushaltsmittel für mehr integrierten Naturschutz in der Landwirtschaft eingesetzt werden.
Wenn Physik (Stichworte: „Kupferplatte“, Regionalität, Speicherung, Umwandlung, Abwärmenutzung), Kosten- und Umweltaspekte (Strompreis, Ressourceneinsatz, Klimakrise und Biodiversität) sowie lokale Wertschöpfungspotenziale zusammen gedacht werden, dann sollten Biodiv-Solarparks in der Zukunft eine Hauptrolle bei der Stromerzeugung übernehmen.
Damit das funktioniert, gilt es jedoch auch die Herausforderung der Integration von volatilem Sonnenstrom in das Energienetz der Zukunft zu meisten, damit zu jeder Sekunde des Jahres alle Energiebedarfe befriedigt werden können.
— Der Autor Ralf Schnitzler ist studierter Landwirt und war von 2009 bis 2012 bei Juwi Solar Teamleiter Deutschland für das EPC-Business im Segment der Freifläche. Die letzten beiden Jahre arbeitete er bei der Bejulo GmbH in Mainz. Dabei lernte er die von Bejulo errichteten Biodiv-Solarparks in der Nähe von Cottbus kennen und bekam die Idee zum bundesweiten Biotopverbundnetz aus Biodiv-Solarparks. Seit April 2021 entwickelt er als freier Berater diese Idee weiter. Mehr über seine Arbeit und Biodiv-Solarparks finden sie unter www.gemeinsameinfachmachen.de. —
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Volltreffer Herr Schnitzler, Ihrer umfassenden und scharfsinnigen Analyse + Bewertung ist nichts hinzuzufügen!
Ich ergänze: Wenn konventionell bewirtschaftet wird, darf sehr bezweifelt werden, ob Agri-Photovoltaik eine gute Idee ist. Dazu eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zur Pestizidbelastung in Agrarlandschaften: https://www.ufz.de/index.php?de=36336&webc_pm=33/2021
Eine journalistische Meisterleistung ist der Artikel nicht; dennoch bin ich inhaltlich bei Herrn Schnitzler. Agri-PV ist in meinen Augen weder sinnvoll noch notwendig – sowohl aus energetischer als auch aus Umweltsicht. Ich bin der größte Befürworter von PV – aber eben nur dort, wo sie auch nachhaltig ist.
Nun, wie wäre es, Biodiv-Solarparks als Ausgleichsflächen zu definieren und für diverse Bauvorhaben zuzulassen?
Das ist in der Mache und sogenannte „Ökopunkte“ sind die Währung, mit der man das sehr gut machen könnte. Bin gespannt, wann der erste Solarpark offiziell Ökopunkte gutgeschrieben bekommt. Im „Handlungsleitfaden Freiflächensolaranlagen“ (Okt. 2019, Ministerium für Umwelt, Baden-Württemberg) wird das sehr konkret beschrieben und es spricht eigentlich nichts dagegen, es einfach zu tun.
Genau die richtigen Aussagen, Agri PV bringt keine Vorteile sondern mehr Nachteile. Es geht wohl nur um mehr Fördergelder. Wenn bis 2030 25 % Biogasanlagen stillgelegt werden (lt. Fachverband Biogas), werden in Deutschland 500.000 ha Ackerland frei. Davon würden 100.000 ha für Freiland PV genügen um 100 GW zu bauen.
Als Schweizer bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich auch alles richtig verstanden habe, aber aus Prinzip gegen Agri-PV zu sein macht doch einfach keinen Sinn!
Die Überlegungen des Autors dünken mich richtig und nachvollziehbar, einfach teilweise etwas zu viel Wissen voraussetzend.
Konkret: eine jetzige Maiswüste wird mit senkrechten Bifaszialmodulen in Reihen im Abstand von 10 m strukturiert, die Fläche dient der extensiven Landwirtschaft, abwechselnd mähen und weiden, so dass mit der Zeit eine ökologisch wertvolle Halbmager- bis Magerwiese entsteht. Das gäbe pro ha ca. 1000 Panels resp. einen Jahresertrag konservativ gerechnet von 350 MWh, d.h. für ca. 300 Personen ausreichend. D.h. eine kleine Stadt mit 2000 Einwohnern könnte mit 7 ha versorgt werden, und die restlichen 25 oder 50 ha kann der Landwirt intensiv und ökologisch sinnleer weiterbewirtschaften wie bisher.
Und was an einer solchen Lösung nicht nachhaltig sein soll muss man mir zuerst erklären.
Die Aussage des Artikels ist, dass Agri-PV i.d.R. einen faulen Kompromiss darstellt. Es wäre sinnvoller, die heute für Energiemais genutzten Flächen in reine Solarparks und reine Landwirtschaftsflächen und oder stillgelegte Flächen aufzuteilen. Eine Kombination als Agri-PV bringt zuviele Einbußen.
les2005 hat es genau richtig erkannt, dass Agri-PV dort ein fauler Kompromiss ist, wo ein normaler Biodiv-Solarpark erheblich mehr Energie / Hektar incl. Umweltbonus ernten kann. Sinnvoll kann Agriphotovoltaik in Sonderkulturen wie Kernobst, Wein, Beeren und Waldfrüchten sein. Dort als Ersatz der vorhandenen Schutztechniken wie Hagelschutznetze, Folienschutzsysteme oder Folientunnel.
Unfassbar,
Klar er kommt aus der Freiflächenbranche, was will ma erwarten.
Aber seine Ideen sind suche nichts belegt …
Agripv ist die Zukunft und zwar aus mehr Gründen als er anführt
Einfach mal bei jemanden informieren der fachlich etwas mehr Hintergrund hat
https://www.vee-sachsen.de/artikel/videomitschnitt-agriphotovoltaik-doppelte-landnutzung-dreifacher-effekt-prof-dr-kerstin-wydra
Lieber Herr Homeister,
Vielen Dank für Ihren Einwand, den ich gerne aufgreife. Vorweg: habe Agrarwissenschaft wirklich mit Erfolg studiert und eine Ausbildung als Landwirtschaftsgehilfe absolviert. Bin also nicht nur aus der Freiflächenbranche.
Es geht mir vor allem um die Widerlegung der Mär, dass es eine Flächenknappheit für „normale“ Freiflächenanlagen gäbe. Neben den dringenden Wünschen der Biodiversitätsexperten spricht spricht die erheblich bessere Flächeneffizienz von Solar, welche Frau Wydra auf dieser Folie „Effizienz der Energieerzeugung pro Fläche“ darstellt und im Videomitschnitt bei 1:25:15 erläutert.
Meine wirtschaftlichen Betrachtungen stammen aus dem Bericht Nr. 73 des Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ), Straubing. Das ist eine Einrichtung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und die dort speziell in Kapitel 5 gemachten Aussagen sind eindeutig. Zitat: „Aus rein wirtschaftlicher Betrachtung wäre nach diesem Vergleich die Wahl des Szenarios 2 optimal.“ Szenario 2 ist: herkömmliche, nach Süden ausgerichtet Photovoltaik-Freiflächenanlage.
Das TFZ hat gewiß fachlich mehr Hintergrund als ich, darum vertraue ich denen auch mehr als mir. Jedoch halte ich mir zugute, dass mein fachlicher Hintergrund ganz ordentlich ist. Ich möchte Sie einladen, sich etwas intensiver mit meiner Website auseinander zu setzen. Dort gehe ich mit meinen Ideen erheblich weiter, als in diesem kurzen Meinungsartikel.
Les 2005 hat es kurz und treffend beschrieben.
Alles andere ist zu lang und kompliziert.
Flächen sind genug da, wenn die jetzigen Maisflächen 2% in PV umgewandelt würden,
wäre der Stromertrag verdoppelt.
Agri-PV samt und sonderns als Sekond-Best zu verurteilen und die eigentlichen Vorteile nicht mal zu erwähnen (Schutz vor Bodenersosion, Erhöhung der Bodenfeuchte, Schutz vor Wetterschäden, Einnahmepotentiale für die Umstellung auf Bioanbau, etc.) macht stutzig. Stutzig macht auch die Nennung des TFZ (für nachwachsende Rohstoffe . . . .) als belastbare Quelle für PV-Flächenanlagen. Dazu dann noch einen Lobbyismus auf Seiten der Befürworter zu vermuten klingt nach „haltet den Dieb“. . . Dann doch lieber Fraunhofer, IEA etc..
Unlogisch auch die Argumente, ökologische Flächen würden zugunsten Agri -PV reduziert. Der Ertrag durch Landwirtschaft spielt keine Rolle mehr im Vergleich zur PV, was der Autor bestätigt. Es besteht also gerade kein Anreiz für einen Landwirt, zwischen den PV-Modulen noch jedes Stück Fläche mit industrieller Landwirtschaft zu verwerten. usw.
Sehr geehrter Herr Bretzke,
die Vorteile der AGRI-PV liegen auf der Hand und müssen nicht besonders erwähnt werden. Die Vorteile der Biodiv-PV sind mindestens diesselben plus gewaltigem ökologischem Nutzen und ökonomischem Vorsprung. Das TFZ ist gerade deswegen eine gute Quelle, weil man es von denen nicht vermutet hätte, so klare Worte und Fakten zu finden. Das kann aber jeder auch selber ausrechnen, der sich Deckungsbeiträge gängiger Ackerfrüchte und von Solarparks kennt. Vollkommen logisch ist die Reduzierung der 10 % Hecke im genannten Himbeerbeispiel, weil die Agrar-Photovoltaik die Windschutzhecken überflüssig gemacht hat und der Himberbauer das auch noch getan hat. Also Hecke weg und Himbeerpflanzen hin! Ihren Worten kann ich also nicht so richtig folgen. Aber ich wollte ja streiten, darum meine Meinung.
Joule
Es ist selbstverständlich richtig die Verschwendung und biologische Verarmung von Millionen ha Ackerfläche durch den Anbau von extrem ineffizienten Energiepflanzen zu kritisieren, bzw. klar zu machen, dass auf 2 – 3% dieser Flächen durch PV gleich viel Energie gewonnen werden kann.
Es ist aber falsch, deshalb das Konzept Agrophotovoltaik (APV = Doppelnutzung des Bodens durch hochgestellte Module) als nicht sinnvoll hinzustellen.
Dass auch bei teilweisem Verzicht auf Energiepflanzen genügend landwirtschaftliche Fläche vorhanden wäre um jede benötigte PV Kapazität zu realisieren, interessiert den einzelnen Landwirt wenig.
Für ihn ist von Bedeutung ob z.B. seine 1 ha Apfelplantage zusammen mit APV möglich ist oder nicht.
Falsch ist es auch so zu tun als wäre es in Stein gemeiselt, dass APV Strom wesentlich teurer sein muss als bei Bodenanlagen. Die Strukturen spielen bei den Investitionskosten nur eine untergeordnete Rolle und es ist nur eine Frage der technischen Entwicklung bis diesbezüglich annähernd Kostenparität erreicht wird. Warum sollte man daher nur bodengebundene Anlagen gelten lassen?
Lieber Herr Czaloun,
Agriphotovoltaik ist genau wegen der Aufständerung, die mit jedem Zentimeter mehr Höhe über dem Boden höheren statischen Anforderungen genügen muss, teurer, als bodennähere „normale“ Solarparks. Das betrifft aber nicht nur die einmaligen Installations- und Materialkosten, sondern auch die Pflege und Wartungskosten. Wesentlich teurer wird das also bleiben, wenn wesentlich heißt: Doppelt so teuer. Langfristig werden die Stromgestehungskosten von großen Solarparks bei ungefähr 2 Cent je Kilowattstunde liegen. Wenn es gilt, jährlich 3.000 Terawattstunden erneuerbaren Strom zu erzeugen um Deutschland vollständig auf erneuerbaren Strom für alle Sektoren umzustellen, geht es jährlich um 60 Milliarden Euro.
Weil das kein Pappenstiel ist, schaue ich extrem auf jeden Cent, den am Ende der Verbraucher zahlt.
Sinnvoll kann Agriphotovoltaik in Sonderkulturen wie Kernobst, Wein, Beeren und Waldfrüchten sein. Dort als Ersatz der vorhandenen Schutztechniken wie Hagelschutznetze, Folienschutzsysteme oder Folientunnel.
Bin Ornithologe, beachte seit Jahren auch Photovoltaikparks. Für viele Kleinvogelarten stellen solche Inseln doch bessere Nahrungsquellen dar als ein Feld, als der agrarische Bereich. Solche Inseln bieten tendenziell mehr Nahrung als Äcker, Felder. Begünstigt werden viele Vögel in solchen Parks durch die Solarplatten selbst und den Zäunen im Randbereich. Sie sind Ansitzwarten. Insekten, Spinnen, anderes Kleingetier finden sie hier. Kleinvögel vermehrter von März bis Oktober. Greifvögel auch über den Winter, denn auch Kleinsäuger u. a. Wirbeltiere leben in diesen Bereichen. Auch Hühnervögel wie Fasan und Rebhuhn können unterstützt werden.
Danke erstmal für den anregenden Artikel und die damit verbundene Diskussionsmöglichkeit!
Außer Acht gelassen werden, sollte hier auf keinen Fall die notwendige Vielschichtigkeit der deutschen Energiewende! Keineswegs kann diese nur mit einem „Super“-Energiekonzept erfolgen. Wir brauchen viele verschiedene Konzepte, um wirklich nachhaltig zu handeln.
Ich empfinde die APV-Anlagen spielen besonders als Stärkungsfaktor der Resilienz von Pflanzen ggü. Dürre, Starkregenereignisse, Stürme, etc. eine wichtige Rolle. Und derartige Aspekte sollten doch dagegen sprechen, APV grundsätzlich abzulehnen.
LG
„Das Geheimnis des Bauernpräsidenten“ ist der ARD eine Meldung wert, die ich im Rahmen der Diskussion um die Sinnhaftigkeit von AgriPV ergänzen möchte: https://www.tagesschau.de/investigativ/monitor/praesidium-bauernverband-101.html
Stand: 20.07.2021 06:00 Uhr „Bauernpräsident Rukwied sitzt in vielen Gremien und Aufsichtsräten. Welche und wie viele Ämter er insgesamt bekleidet und was er dafür erhält, darüber verweigert der Bauernverband jede Auskunft.“ usw.
Wie man auf viel weniger Fläche viel mehr Nahrungsmittel erzeugen kann, beleuchtet dieser Artikel im PV-Magazine vom 3.08.2021: https://www.pv-magazine.de/2021/08/03/agro-photovoltaik-mal-anders/
Das oft gehörte Argument gegen Freiflächen-Solarparks auf Agrarland, sie entzögen der Nahrungsmittelproduktion Fläche, trifft offenbar nicht zu, wenn man den Solarstrom so benutzt, wie dier Forschenden das andeuten. Das ist dann auch viel effektiver als Agri-Photovoltaik!