pv magazine highlight top innovation für Phaesun: Salzige Angelegenheit, dezentrale Lösung

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Nun sind Entsalzungsanlagen zur Trinkwassergewinnung eigentlich nichts Neues. Auch Anlagen, die durch Photovoltaik betrieben werden, gibt es bereits. Diese Projekte befinden sich aber immer am Meer, sind in der Regel recht teuer, verbrauchen größere Mengen Energie und müssen durch geschultes Personal bedient und gewartet werden. Das sind ziemlich hohe Anforderungen, die dazu führen, dass die Technologie nicht ohne Weiteres überall dort einsetzbar ist, wo Wasser aufbereitet werden müsste. Mittels Photovoltaik und einer Technologie, die von einem Hersteller von Fotofilmen bereitgestellt wird, könnten bald vielleicht deutlich mehr Menschen von salzfreiem Wasser profitieren als bisher.

Im Landesinneren, bei geringer Populationsdichte und ohne Zugang zu Elektrizität, führen viele Brunnen leicht salzhaltiges Grundwasser. Das kann passieren, wenn Meerwasser durch die Bodenschichten in den Grundwasserleiter drückt oder wenn die Wasserschicht von löslichen Mineralien umgeben ist. „Wer dort wohnt, nutzt das Wasser meist trotzdem“, sagt Géraldine Quelle, Projektmanagerin bei Phaesun. Doch das sei ein medizinisches Risiko für die 189 Millionen Menschen, die weltweit von solchen Wasserquellen abhängig seien.

Entsalzung mit Photovoltaik-Anlagen in Tansania, Indien und Somaliland

Seit 2018 erfreuen sich schon einmal die Menschen, die in acht Dörfern in Tansania, Indien und dem Somaliland leben, an frischem Trinkwasser – dank Photovoltaik, lokal, günstig entsalzt und aufbereitet. „Zuerst hatten wir Angst, dass den Menschen, die das salzige Wasser gewohnt waren, das Wasser nicht schmeckt, aber es wurde sofort rund um die Uhr gezapft“, berichtet Quelle. Phaesun ist ein schwäbischer Spezialist für netzferne Stromversorgung, der die Anlagen mit einem Konsortium entwickelt hat. Nicht zuletzt die Relevanz hat die Jury davon überzeugt, die Entwicklung als pv magazine highlight top innovation auszuzeichnen.

highlights und spotlights

Preis für gute Ideen:

In der Juni-Runde zeichnet pv magazine zwei Einreichungen aus. Eine als highlight, eine als spotlight.

Das sagt die Jury:

Phaesun – Autarke, dezentrale und kostengünstige Entsalzungsanlage

Einer größeren Gruppe Menschen steht auch fernab der Küsten nur leicht salzhaltiges Wasser zur Verfügung. Damit kann man Leben, aber nicht gut. Phaesun hat mit einem Konsortium nun ein mit Solarstrom betriebenes System entwickelt, mit dem dieses Wasser entsalzt werden kann. Das ist eine Innovation, da jemand die Initiative übernehmen musste, eine bekannte Technologie wiederzubeleben und mit einem Offgrid-Photovoltaik-System so zu kombinieren, dass es günstig umgesetzt werden kann und robust ist. Phaesun, das dazu die Solartechnik und Steuerung beisteuert, und die anderen Konsortialmitglieder werden dafür mit einem „pv magazine highlight top innovation“ ausgezeichnet.

Die Juroren

Volker Quaschning ist Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Hans Urban, Experte für Photovoltaik, Speicher und E-Mobilität, berät Schletter, Maxsolar und Smart Power. Winfried Wahl leitet das Produktmanagement bei Longi Solar in Deutschland.

Mehr Infos, bisherige Preisträger und alles zur Bewerbung unter: www.pv-magazine.de/highlights
Einsendeschluss für die nächste Runde: 4. August 2021

Europäisches Forschungsprojekt RevivED nutzt Elektrodialyse

Das Besondere an dem Projekt ist, dass es sich bei den Entsalzungsanlagen um ein autonomes und dezentrales System handelt, das auf der Elektrodialyse basiert. Anders als die Umkehrosmose, die bei den großen Meerwasserentsalzungsanlagen zum Einsatz kommt, ist dieses Verfahren um einiges günstiger und weniger wartungsbedürftig, so Quelle. Im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts namens RevivED, bemühte sich Fujifilm darum, die Technologie, die es eigentlich schon seit den 50er-Jahren gibt, wiederzubeleben. „So ist Fujifilm auf uns zugekommen“, berichtet Quelle. Bei dem Verfahren wird das Wasser über eine Ionenaustauschmembran, die von Fujifilm bereitgestellt wird, geleitet. So können mittels eines elektrischen Feldes Ionen wie Salz aus einer Lösung abgeleitet werden.

Das Projektkonsortium, bestehend aus Phaesun, Deukum, Trunz Water Systems und der Universität Gent, entwickelte die Anlagen weiter. Heute besitzt jedes dieser Systeme eine Erzeugungskapazität von 1.500 bis 2.000 Litern Trinkwasser am Tag und kann so eine Gemeinde von 300 Mitgliedern versorgen. Da das Elektrodialyseverfahren äußerst energiesparsam ist, reicht für den Betrieb eine Photovoltaik-Anlage mit gerade einmal 600 Watt Erzeugungsleistung. Damit es auch unterbrechungsfrei funktioniert, kommt noch eine Blei-Säure-Batterie mit 240 Amperestunden hinzu.

Weniger Magen-Darm-Erkrankungen

Die schwäbischen Offgrid-Experten haben auch ein System zur Fernanlagenüberwachung und Steuerung entwickelt, das sich nach den Bedürfnissen der Menschen richten kann. „Zum Beispiel erhält man aus 100 Litern Brackwasser später 80 Liter Trinkwasser“, so Quelle. Wenn etwa Nomaden vorbeikommen, um die Tiere zu tränken, ist eine Entsalzung nicht nötig. „Den Kamelen macht das Salz nichts aus“, sagt Quelle. Und zur Trockenzeit würden auch die Menschen lieber leicht salzhaltiges Wasser trinken, statt den Verlust zu akzeptieren. Daher könne man die Entsalzung auch abschalten. Auf lange Sicht sei das aber gesundheitlich schädlich.

Dass die Menschen im Dorf nun salzärmeres Wasser bekommen als zuvor, mache sich gesundheitlich bemerkbar, so Quelle. In den Dörfern, die bereits so eine Anlage besitzen, ließe sich schon jetzt eine Verminderung an Magen-Darm-Erkrankungen feststellen. Und die Tiere freue es auch, denn die konzentrierte Salzlake, die als Nebenprodukt entsteht, kann in Verdunstungsbecken zu Lecksteinen weiterverarbeitet werden. Das Konsortium richtet sich mit dem Produkt an Hilfsorganisationen, die selber über Wertschöpfungsstrukturen entscheiden sollen. Zwar habe man schon über ein Wasser-Kiosk-Modell nachgedacht, aber die Vermarktung von Wasser als Gut sei immer „eine schwierige Angelegenheit“, gibt die Projektmanagerin zu bedenken. Bis 2024 soll die Marktreife erreicht sein. Bis dahin soll die Leistung der Anlagen auf 4.500 Liter am Tag erhöht werden. Bei so einem Volumen käme man auf einen Preis von 0,5 Cent pro Liter und läge deutlich unter dem Preis der Umkehrosmose.

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