pv magazine: Bei unserem pv magazine Roundtable im vergangenen Jahr haben Sie Ihre geplante grüne Wasserstoffproduktion in Portugal vorgestellt, bei der ein Photovoltaik-Großkraftwerk mit einem Elektrolyseur gekoppelt werden soll. Wie ist der Stand der Dinge?
Christian Pho Duc: Wir haben das Projekt in vollem Tempo weiterentwickelt, obwohl die gesetzlichen und genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen für solche Projekte noch nicht vollständig gegeben sind. Unser Vorhaben ist im portugiesischen IPCEI-Auswahlverfahren, also für Important Projects of Common European Interest, in die engere Wahl gekommen, und wir gehören bei den verschiedenen Stellen für die Registrierung und Genehmigung des Projekts zu den Top-Kandidaten.
Was die regulatorische Seite betrifft, gibt es noch viel zu tun. Gleichzeitig sagen Sie, dass sich die Vorschriften dynamisch weiterentwickeln. Was meinen Sie damit und welche Aspekte fehlen noch?
Nach dem Start der EU-Wasserstoffstrategie und der Verschärfung der Klimaschutzziele wird erwartet, dass die EU-Kommission noch in diesem Jahr einen Vorschlag für einen vollständigen Rechtsrahmen für Wasserstoff vorlegen wird. Heiße Diskussionen gibt es unter anderem im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie II, der Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, dem EU-Emissionshandelssystem in Verbindung mit dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus und der EU-Taxonomie.
Wenn Sie tiefer in diese Diskussion einsteigen: Was ist für Sie als Projektentwickler und Investor im Bereich Photovoltaik und Wasserstoff besonders wichtig?
Die Einführung des Zusätzlichkeitsprinzips, wonach Wasserstoffprojekte nur mit Strom aus zusätzlichen erneuerbaren Energien betrieben werden dürfen, sollte schrittweise erfolgen. Die Auferlegung zu anspruchsvoller Restriktionen in Bezug auf den zeitlichen und geografischen Zusammenhang gleich zu Beginn der Enabler-Projekte könnte die notwendige Anfangsdynamik ausbremsen.
Mit Blick auf die EU-Taxonomie sollte der Schwellenwert für den CO2-Ausstoß bei der Wasserstofferzeugung so niedrig angesetzt werden, dass die Förderungen an auf erneuerbaren Energien basierenden Wasserstoff gehen – der Wert von 2,256 Tonnen CO2-Äquivalente pro Tonne Wasserstoff sollte nicht weiter erhöht werden.
Das Jahr 2021 wird entscheidend für die Entwicklung des Rechtsrahmens für Wasserstoff auf der gesamten EU-Ebene sein, aber dann müssen nationale Regelungen folgen. Um die Entwicklung von grünen Wasserstoff-Projekten zu ermöglichen, brauchen wir dringend klare Definitionen für erneuerbaren Wasserstoff. Außerdem brauchen wir weniger Komplexität bei den Genehmigungsverfahren, Definitionen für technische Vorschriften für den Zugang zum Gasnetz und geeignete Landnutzungs-Instrumente, welche die Produktion von grünem Wasserstoff außerhalb von Industriegebieten ermöglichen, um Photovoltaik oder Windenergie am gleichen Standort wie Elektrolyseure bauen zu können. Das Jahr 2030 ist nur noch einen Investitionszyklus entfernt. Daher könnte die mit dem regulatorischen Rahmen verbundene Unsicherheit trotz des starken Engagements der Industrie für eine Energiewende in Europa rechtzeitige Investitionen in grüne Wasserstoffprojekte gefährden.
Christian Pho Duc, CTO und Managing Director H2 Projects bei Smartenergy, wird beim pv magazine Roundtable am 10. Juni zum Thema „How solar generated H2 becomes competitive“ sprechen (Online-Veranstaltung).
Daran schließt sich eine Podiumsdiskussion an mit:
- Aurélie Beauvais, Deputy CEO, SolarPower Europe
- Jorgo Chatzimarkakis, Secretary General, Hydrogen Europe
- Christian Pho Duc, CTO & Managing Director H2 Projects, Smartenergy
- Jan-Justus Schmidt, Co-Founder, Enapter
Wir haben bereits über Projekte berichtet, die behaupten, in Südeuropa bald grünen Wasserstoff für 1,50 Euro pro Kilogramm produzieren zu können. Ist das möglich? Wie sind Ihre Kostenerwartungen und welche Kosten müssen bei einem seriösen Vergleich berücksichtigt werden?
Die entscheidendsten Faktoren für die Wasserstoffgestehungskosten (LCOH) sind die Stromgestehungskosten (LCOE), die Auslastung der Anlage und die Kosten des Elektrolyseurs. Bei optimalen Bedingungen ist ein Niveau von 1,50 Euro pro Kilogramm ab Werk ehrgeizig, aber bis 2030 oder sogar schon früher für Großprojekte erreichbar. Allerdings berücksichtigen die aktuellen Business Cases sehr oft nicht die alle Aspekte und sind zu optimistisch. Zum Beispiel können Sie in Ihrem Projekt nicht nur die Investitionskosten für den Elektrolyseur ansetzen – was ist mit dem lokalen EPC-Unternehmen, Nebenanlagen und anderen Anlagenkomponenten? Das alles kann in kleineren Projekten teurer sein als der Elektrolyseur!
Und zu den Stromgestehungskosten: Wenn Sie planen, das Stromnetz mit einem speziellen PPA zu nutzen, mal abgesehen von einem möglichen direkten Anschluss an eine erneuerbare Energiequelle, fallen Netzgebühren an, die Ihren Business Case zunichte machen können. In Anbetracht des Zusätzlichkeitsprinzips ist zudem nicht sicher, dass der PPA Ihre Stromversorgung vollständig abdecken kann – und Sie könnten am Ende eine niedrigere Auslastung haben als erwartet. Und natürlich muss Ihr Business Case die Logistik- und Transportkosten berücksichtigen, die sehr wichtig sind, bis für Wasserstoff ein eigenes Pipelinenetz zur Verfügung steht.
In den Projekten in Portugal und Spanien, die wir gerade entwickeln, kalkulieren wir – abhängig von den spezifischen Parametern – LCOH ab Werk zwischen drei und fünf Euro pro Kilogramm. Diese Art von Projekten wird die Skalierung der Industrie ermöglichen, um den angestrebten Kostenbereich von unter zwei Euro pro Kilogramm für Projekte im Jahr 2030 zu erreichen.
Ein Kostenfaktor für die grüne Wasserstoffproduktion sind die beim Betrieb der Elektrolyseure möglichen Volllaststunden. Die Photovoltaik erreicht in den nördlichen Breitengraden weniger Volllaststunden als beispielsweise in Afrika oder Südeuropa. Die Windenergie kommt generell auf mehr Volllaststunden als die Photovoltaik, hat aber höhere Erzeugungskosten. Was ist Ihre Strategie, wenn es um die Geografie der grünen Wasserstoffproduktion geht? Denken Sie, dass die Kombination von Photovoltaik und Elektrolyseur in Nordeuropa eine Möglichkeit ist? Und wie wettbewerbsfähig ist das in Südeuropa?
Smartenergy hat einen starken Fokus auf die Photovoltaik und konzentriert sich auf günstige Standorte in Südeuropa wie Portugal, Spanien und Italien. Obwohl die Auslastung ein wichtiger Parameter ist, kann bei der zu erwartenden Reduzierung der Elektrolyseurkosten die Photovoltaik mit nur 30 Prozent Auslastung die beste Wahl für die niedrigsten LCOE und niedrigsten LCOH sein. Wo eine Kombination mit anderen erneuerbaren Energien möglich ist, insbesondere mit Windenergie mit einer kombinierten Auslastung von über 50 Prozent, sollte diese unbedingt für die Wasserstofferzeugung entwickelt werden.
Da der Transport von Wasserstoff kostspielig bleiben wird, bis wir in gut zehn Jahren über ein reines Wasserstoff-Pipelinesystem verfügen, können dezentrale Wasserstoff-Projekte im Bereich Industrie oder Mobilität auch in Nordeuropa wirtschaftlicher sein als der Wasserstoff-Import aus dem Süden. Andererseits können die besseren Bedingungen für die Wasserstoff-Erzeugung in Südeuropa auch dafür sorgen, dass sich entsprechende Industrien mit der Zeit umsiedeln. Die Produktion von Ammoniak könnte ein Beispiel dafür sein.
Ist es sinnvoll, eine solare Wasserstoffproduktion mit einem Batteriespeicher zu erweitern?
Die weiter sinkenden Kosten im nächsten Jahrzehnt können Batteriespeicher zu einer wertvollen Ergänzung machen, ebenso wie die Langzeitspeicherung auf der Wasserstoffseite, um die Herausforderung der Saisonalität zu überwinden. Bei den derzeitigen Kosten können nur Batteriespeicher rentabel sein, die für eine Stunde Speicherdauer ausgelegt sind, um Schwankungen bei der Energieverfügbarkeit auszugleichen. Mehr Speicher erhöhen die LCOH vorerst erheblich.
Investoren sind bereits daran interessiert, in die Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Photovoltaik-Anlagen zu investieren. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Für Smartenergy bedeutet die Erweiterung des Erneuerbaren-Portfolios um Wasserstoff sowohl eine Investitionsmöglichkeit als auch ein Absicherungsmechanismus, um das Risiko von reinen Photovoltaik- und Windinvestitionen zu reduzieren. Es wird erwartet, dass sich die Photovoltaik-Handelspreise weiter von den anderen Energiequellen abkoppeln werden, da die Photovoltaik je nach Standort den bei weitem billigsten Strom auf einem Niveau von unter 25 Euro pro Megawattstunde liefert. Diese Entwicklung mit Wasserstoffprojekten zu kombinieren, ist eine große Chance für neue Photovoltaikvorhaben. Bis sich ein eigener Markt für Wasserstoff entwickelt, ist jedoch die gezielte Anwendung und die mit dem Projekt abgestimmte Abnahme entscheidend.
Die Fragen stellte Michael Fuhs. Sie wurden schriftlich beantwortet.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Mit dem Absenden dieses Formulars stimmen Sie zu, dass das pv magazine Ihre Daten für die Veröffentlichung Ihres Kommentars verwendet.
Ihre persönlichen Daten werden nur zum Zwecke der Spam-Filterung an Dritte weitergegeben oder wenn dies für die technische Wartung der Website notwendig ist. Eine darüber hinausgehende Weitergabe an Dritte findet nicht statt, es sei denn, dies ist aufgrund anwendbarer Datenschutzbestimmungen gerechtfertigt oder ist die pv magazine gesetzlich dazu verpflichtet.
Sie können diese Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. In diesem Fall werden Ihre personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht. Andernfalls werden Ihre Daten gelöscht, wenn das pv magazine Ihre Anfrage bearbeitet oder der Zweck der Datenspeicherung erfüllt ist.
Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.