In einem bundesländerübergreifenden Bericht für Ostdeutschland haben die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI sowie das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS das Potenzial einer ostdeutschen Wasserstoffwirtschaft skizziert. Die Forscher haben dabei mehr als 660 Akteure in verschiedenen Bereichen der Wertschöpfungskette identifiziert und für jedes Bundesland detaillierte Stärken- und Schwächenprofile entwickelt. Der Bericht zeigt den Autoren zufolge zudem mit konkreten Fallstudien Nachfrage- und Wertschöpfungspotenziale auf, die bereits bis 2030 und darüber hinaus realisiert werden könnten.
Als besonders wertvolles Potenzial in den neuen Bundesländern identifiziert der „Wasserstoff-Masterplan“ der Fraunhofer-Institute die erneuerbaren Energien, allen voran Photovoltaik und Windenergie. „Werden die Potenziale ins Verhältnis zum heutigen Stromverbrauch gesetzt, so weist Mecklenburg-Vorpommern das etwa zwölffache an Potenzial zur Deckung der eigenen Stromnachfrage durch erneuerbare Energien auf“, heißt es im Masterplan. Dadurch ergebe sich ein hohes Potenzial zum Stromexport beziehungsweise zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Auch Brandenburg hat demnach mit knapp dem vierfachen Erneuerbare-Energien-Potenzial im Verhältnis zur heutigen Stromnachfrage bedeutsame Vorkommen. In den drei anderen neuen Bundesländern liege das Verhältnis zwischen 1,4 und 2,3.
Der Bericht weist darüber hinaus noch weitere spezifische Standortvorteile auf. In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gebe es fundierte Erfahrungen im Bereich der Kraftwerkstechnik. In Sachsen-Anhalt existiere eine breite Expertise in der chemischen Industrie und eine hervorragend ausgebaute Gasspeicherinfrastruktur. In Sachsen finde sich eine hohe Kompetenz im Bereich Anlagen- und Maschinenbau und in Thüringen im Bereich Sicherheits- sowie Mess-, Steuer- und Regelungstechnik.
Auf Basis des ostdeutschen Akteursnetzwerks, der Stärken- und Schwächenprofile und eines Simulationsmodells des Fraunhofer ISI hat der Masterplan zudem länderübergreifend das Nachfragepotenzial für Wasserstoff ermittelt. Kurz- bis mittelfristig wird demnach in der ostdeutschen Industrie ein Nachfragepotenzial von rund 15 Terawattstunden insbesondere bei Raffinerien, der Basischemie und der Stahlproduktion gesehen. Weitere 2,3 Terawattstunden könnten durch den Einsatz im Verkehrsbereich erschlossen werden. Bis 2050 wird für den Verkehrsbereich ein Gesamtpotenzial von 12 Terawattstunden und für den Einsatz in der Industrie ein Bedarf von 37 Terawattstunden prognostiziert. Zum Vergleich: Für das Jahr 2030 erwartet die Bundesregierung auf Basis der nationalen Wasserstoffstrategie einen Wasserstoffbedarf von etwa 90 bis 110 Terawattstunden deutschlandweit.
Um die Wertschöpfungs- und Nachfragepotenziale schnellstmöglich anzureizen und auch erfolgreich auszuschöpfen, wird den ostdeutschen Landesregierungen die Umsetzung von mehr als 50 konkreten Maßnahmen empfohlen. Diese reichen von der Entwicklung spezifischer Genehmigungs- und Zulassungsverfahren, über die Veränderung von Beschaffungsrichtlinien bis zur Entwicklung konkreter Bildungsangebote. Zudem wird die Gründung einer ostdeutschen Wasserstoffagentur vorgeschlagen. Diese könnte alle ostdeutschen Wasserstoff-Interessen bündeln, Unternehmen bei Investitionsvorhaben begleitet und der Region beim Thema Wasserstoff eine starke Stimme geben.
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