Bidirektionales Laden als Zukunft der Elektromobilität – So zumindest lassen sich jüngste Meldungen aus der Automobil- und Energiebranche interpretieren. In Elektroautos sind gewaltige Mengen an Batterien verbaut, deren Nutzung für das Eigenheim oder das Stromnetz aus ökonomischer und ökologischer Sicht absolut sinnvoll ist. Aber was bedeuten diese Entwicklungen konkret?
Bidirektionale Elektrofahrzeuge sind technisch keine Zukunftsvision: Generell sind viele Modelle mit CHAdeMO-Ladestecker bereits seit langem zu bidirektionalem Laden in der Lage. Allerdings fehlte bislang die passende Ladeinfrastruktur. Dies soll sich unter anderem durch neue Angebote spätestens 2022 ändern. So hat Volkswagen angekündigt, dass alle Fahrzeuge der MEB-Plattform ab 2022 rückspeisefähig sein sollen. Der erste Schritt für die Integration ist dabei ein intelligentes Haus, welches im Laufe des Tages überschüssigen Solarstrom im Fahrzeug speichert und insbesondere in den Abend- und Nachtstunden wieder bereitstellt. In einem zweiten Schritt können dann Fluktuationen im Stromnetz ausgeglichen werden.
In beiden Einsatzgebieten werden derzeit bereits stationäre Speicher eingesetzt. Bis Ende 2020 wurden für die Erhöhung des Eigenverbrauchs 285.000 Batteriespeicher in Privathaushalten installiert. Zusätzlich waren im September 2020 auch im stationären Bereich 450 Megawatt an Batteriespeicherkapazität für die Primärregelleistung (FCR) präqualifiziert. Doch schon heute ist in Elektroautos ein Vielfaches dieser Kapazität verbaut – allein die Neuzulassungen in 2020 hatten geschätzte 9 Gigawattstunden, Tendenz steigend. Bis 2030 könnte so ein steuerbares Potenzial von dutzenden bis hunderten Gigawatt entstehen, das die Spitzenlast im Stromsystem übersteigen dürfte. Da die Batterien für die Fahrzeuge ohnehin produziert werden müssen, ist die Erschließung dieses Potentials ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Den aktuellen Stand dieser Entwicklung haben wir in diesem Artikel und in Abbildung 1 zusammengefasst.
Wie funktioniert bidirektionales Laden?
Bei bidirektionalem Laden wird ein Fahrzeug nicht nur nachgeladen, sondern kann auch elektrische Energie zurückspeisen. Grundsätzlich wird zwischen folgenden Konzepten unterschieden:
- Smart Charging (auch „V1G“): Fahrzeuge laden, wenn zum Beispiel das Netz wenig belastet ist, lokaler Ökostrom (häufig der eigenen Solaranlage) verfügbar ist oder der Strompreis niedrig ist. Hier findet keine Rückspeisung statt und es handelt sich dementsprechend nicht um bidirektionales Laden. Die positiven Auswirkungen sind aber zum Teil vergleichbar und vor allem zur Vermeidung von hohen Netzbelastungen durch gleichzeitiges Laden vieler Fahrzeuge in einem Netzsegment unverzichtbar.
- Vehicle-to-home / Vehicle-to-building (V2H, V2B): Das Fahrzeug ist wie bei V2G rückspeisefähig, liefert aber keine Energie ins Stromnetz. Stattdessen agiert es wie ein PV-Heimspeicher oder ein Notstromaggregat und speist nur in ein Gebäudenetz ein (Betrieb „behind the meter“).
- Vehicle-to-grid (V2G): Ähnlich wie V1G, aber mit Rückspeisung von Energie ins Stromnetz. Dadurch kann Regelleistung bereitgestellt werden oder Strom zwischengespeichert werden. Das Ladegerät braucht ein anderes Leistungselektronikkonzept und muss Leistung entsprechend der Normen und Sicherheitsstandards des Stromnetzes rückspeisen können.
Smart Charging ist dabei mit heutiger Technologie bereits möglich und wird aktuell in die Serienreife überführt. Für die Rückspeisung der Energie setzen die meisten Konzepte auf eine DC-Ladestation. Die Ladestation wird dabei über die Gleichstrom-Ladestandards CCS oder CHAdeMO direkt an die Fahrzeugbatterie angeschlossen. Noch ist die Rückspeisefähigkeit aber sehr teuer – eine Wallbox kostet etwa 5.000 Euro, eine Ladesäule ist auf dem freien Markt kaum erhältlich. Mit zunehmender Verbreitung der Technologie ist hier aber mit deutlichen Preisnachlässen zu rechnen.
Wann kommt die Marktreife?
Die Entwicklung im Bereich des bidirektionalen Ladens ist hochdynamisch. Entsprechend kann jede Aussage zur Marktreife nur einen Schnappschuss darstellen. In Abbildung 2 haben wir einen solchen Schnappschuss gewagt.
Smart Charging kann prinzipiell mit heutiger Technik bereits umgesetzt werden. Allerdings nutzen die meisten Ladestationen noch das ältere Open Charge Point Protocol (OCPP) der Version 1.6 mit dem IEC-61851 Kommunikationsprotokoll zwischen Fahrzeug und Ladestation. Eine Übertragung selbst einfacher Parameter wie Ladezustand des Fahrzeugs ist so kaum möglich. Die neuere Version 2.0 (in Kombination mit ISO 15118-20) erlaubt eine deutlich bessere Planung, da viele relevante Parameter gemeldet werden können. Dieser neue Stand wird aktuell ausgerollt und von vielen Akteuren bereits oder in naher Zukunft unterstützt.
Vehicle-to-home wird vermutlich innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre den Sprung in den Serienmarkt schaffen, da die Voraussetzungen dafür im Laufe des Jahres 2021 geschaffen werden. Der Standard ISO 15118-20 als notwendiger Kommunikationsstandard für die europäische Gleichstromschnittstelle CCS wird voraussichtlich Mitte dieses Jahres veröffentlicht. Basierend darauf sollen alle Modelle der MEB-Plattform von Volkswagen und damit auch Audi, Skoda und Seat-Cupra ab 2022 fähig sein, bidirektional zu laden. Auch bei anderen Herstellern steht dieses Thema weit oben auf der Agenda, auch wenn von Seiten Teslas zuletzt gemischte Signale zu hören waren. Gleichzeitig machen die sinkende Einspeisevergütung für Solarstrom und das Ende der Förderung über das EEG die lokale Speicherung von Strom für Hausbesitzer attraktiver und erhöhen so den Marktdruck.
Vehicle-to-grid ist technisch mit vehicle-to-home vergleichbar, allerdings ist die Regulatorik noch nicht ausreichend entwickelt. Um zum Beispiel Regelleistung anbieten zu können, muss die Leistung garantiert verfügbar sein. Deswegen müssen Fahrzeuge entweder mit anderen Anlagen teuer abgesichert werden oder es muss garantiert sein, dass das Fahrzeug dauerhaft an die Ladestation angeschlossen ist. Gerade bei Privatfahrzeugen gibt es aber keine solche Garantie auf Fahrzeugebene. Für die Teilnahme am Regelleistungsmarkt müsste daher die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit verfügbare Leistung betrachtet werden, was im aktuellen regulatorischen Rahmen noch nicht möglich ist. Dies wird unter anderem vom Verbund der europäischen Übertragungsnetzbetreiber durchaus gewünscht. Eine weitere Herausforderung besteht in der möglicherweise auftretenden Rückspeisung von EEG-Strom ins Netz via der Fahrzeugbatterie, was bei Photovoltaik-Heimspeichern eine Hürde darstellt.
Was sind Erlöspotenziale?
Bei Smart Charging liegen die Erlöspotenziale heutzutage typischerweise bei maximal wenigen 100 Euro pro Fahrzeug. Jedlix berichtet zum Beispiel von 21 Euro als höchsten monatlichen Erlös pro Fahrzeug vor allem aus Regelleistung. Besonders bei größeren Flotten ist zusätzlich die Reduktion der Leistungsspitze ein großer Hebel, da Verteilnetzbetreiber 100 Euro und mehr pro Kilowatt der Jahreshöchstlast berechnen. Noch kann allerdings auch die volle Flexibilität der Fahrzeuge nicht genutzt werden, da wie oben beschrieben die Intelligenz in der Ladeinfrastruktur nicht serienmäßig vorhanden ist.
Bei Vehicle-to-home lassen sich die Erlöse am ehesten über den Vergleich zum Photovoltaik-Heimspeicher abschätzen. Diese liegen typischerweise bei einigen 100 Euro pro Jahr. Ein vielgefahrener Erstwagen wird allerdings vermutlich deutlich geringere Erlöse erzielen. Ein seltener gefahrener Zweitwagen wird durch die hohe Batteriekapazität und Ladeleistung wiederum einen noch größeren Teil des im Haus benötigten Stroms abdecken könnte.
Bei Vehicle-to-grid hängen die Erlöspotentiale der vorgestellten Konzepte stark von der Anwendung und den Annahmen zur Regulatorik ab. Realistisch sind Erlöse im mittleren dreistelligen Bereich pro Fahrzeug und Jahr. Nicht zuletzt ist dies ein Ergebnis davon, dass private Fahrzeuge 95 Prozent der Zeit stehen und selbst zu Stoßzeiten immer nur ein Teil der Fahrzeuge genutzt wird. Auch Flottenfahrzeuge eignen sich aufgrund der sehr planbaren Verfügbarkeit besonders gut.
Bei sämtlichen Betrachtungen zu Erlöspotenzialen ist es wichtig mitzurechnen, dass beim geplanten Wachstum der Elektromobilität es durchaus zu Kannibalisierungseffekten durch das hohe Angebot kommen kann. Gerade bei den volumentechnisch begrenzten Regelleistungsprodukten ist es wahrscheinlich, dass sich der bisherige Preisverfall fortsetzen wird.
Was sind die Auswirkungen auf die Batteriealterung?
Vorweg: Im Vergleich zum jetzigen Status quo (Vollladung der Fahrzeuge nach Ankunft) profitiert die Fahrzeugbatterie von einer intelligenten Ladung – mit und ohne Zusatzaktivität der Batterie. Der Grund dafür liegt in einer Besonderheit der verwendeten Lithium-Ionen-Batterien, die sowohl kalendarisch (Alterung durch Existenz) als auch zyklisch (Alterung durch Arbeit) altern. Die kalendarische Lebensdauer ist am kürzesten, wenn die Batterie vollgeladen ist. Smart Charging, Vehicle-to-home und Vehicle-to-grid verringern den mittleren Ladezustand und verlängern so die Lebensdauer. Aber auch zusätzliche Zyklen führen kaum zu einer beschleunigten Alterung, wenn bis zu maximal 20 Prozent der Energie der Batterie in einem Zyklus entnommen wird. Umfangreiche Laboruntersuchungen der RWTH Aachen und anderen Institutionen zeigen, dass die Lebensdauer damit kaum beeinflusst wird. Dabei ist zu beachten, dass bei einem Fahrzeug mit 50 Kilowattstunden Batteriekapazität 20 Prozent schon mehr sind, als die meisten Photovoltaik-Heimspeicher haben. Zudem sind die Zyklen der Batterien oftmals für einige 100.000 Kilometer ausgelegt, die durchschnittliche jährliche Distanz liegt aber nur bei etwa 15.000 Kilometer. Bei einer Lebensdauer von beispielsweise 10 Jahren und den damit gefahrenen 150.000 Kilometer bleiben noch tausende Zyklen ungenutzt.
Fazit
Elektroautos sind bereits ein Massenprodukt und werden in den nächsten Jahren eine hohe Durchdringung erreichen. In diesen Fahrzeugen sind potenziell steuerbare Batteriekapazitäten in einer neuen Größenordnung verbaut. Eine Nutzung dieses Potentials ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll. Die technischen Voraussetzungen dafür werden aktuell unter Hochdruck von verschiedenen Akteuren entwickelt. Eine Integration des Fahrzeugs in ein intelligentes Haus dürfte in ein bis zwei Jahren verfügbar sein. Damit das volle Potenzial dieser Innovation ausgeschöpft werden kann, ist aus unserer Sicht darüber hinaus folgendes notwendig:
- Offene Protokolle: Mit Solaranlagen, Heimspeichern, Fahrzeugen, Wärmepumpen, Entertainmentsystemen und vielen anderen drängt immer mehr Technik ins Haus. Damit alle Geräte interoperabel bleiben, müssen hier offene Protokolle und Schnittstellen genutzt werden. Ansonsten drohen technische Inseln großer Marktakteure und die Innovationskraft junger Start-ups bleibt ungenutzt.
- Anpassung der Regulatorik: Im aktuellen regulatorischen Rahmen können Fahrzeuge nur sehr schwer für Regelleistung und Netzgeschäfte genutzt werden. Parallel zu Bemühungen im Heimspeicherbereich muss auch hier die Regulatorik angepasst werden, damit auch Privat-PKWs das Stromnetz stabilisieren können. Dies fordert auch die ENTSO-E in ihrem jüngsten Positionspapier.
- Aggregatoren: Einzelne Fahrzeuge sind nicht planbar verfügbar. Nur durch die Aggregation vieler Fahrzeuge in virtuelle Fahrzeugpools kann eine planbare statistische Verteilung erzeugt werden. Hier sind neue Geschäftsmodelle von Flottenbetreibern, Energieunternehmen, Ladeinfrastrukturanbietern, Backendbetreibern und vielen mehr gefragt.
- Digitale Resilienz: Zur Reduzierung von Risikos durch Angriffe von Cyberkriminellen oder Kaskadenfehlern sollten Marktakteure aktiv in Strategien zur Resilienzsicherung einbezogen werden. So könnten Netzbetreiber die digitalen Schnittstellen zwischen Strom- und IKT-Systemen bei verdächtigem Verhalten stabilisieren. Weiterhin sollten Möglichkeiten geschaffen werden, als vulnerable erkannte Systeme softwareseitig mit hinreichenden Updates zu versorgen.
Über die Autoren
Christopher Hecht ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen. Seine Forschung konzentriert sich auf die Interaktion von Elektrofahrzeugen und dem Stromnetz mit besonderem Fokus auf die Nutzung von öffentlicher Ladeinfrastruktur.
Jan Figgener ist Abteilungsleiter am Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Markt- und Technologieentwicklung, die Netzintegration und die Alterung von Batteriespeichern.
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Technisch, bzw. rechnerisch alles okay. Trotzdem glaube ich, dass die Sache aus psychologischen Gründen nicht zum Laufen kommt. Wenn ich schon ein teures BEV mit einer bestimmten Grösse von teurer Batterie kaufe, dann will ich diese Reichweite auch garantiert haben, und zwar immer. Sonst kaufe ich eine kleinere Batterie und spare damit viel Geld.
Selbst heute schon ist mir nicht wohl, wenn das Auto in der Garage steht und der Tankt nicht mindestens halb voll ist. Obwohl das über 400km bedeutet und ich überall rasch ’nachladen‘ kann.
Vielleicht opfere ich unter gewissen Bedingungen in klein wenig der Reichweite zur Optimierung meiner PV-Anlage, sicher aber nicht für den Grid. Da muss es im grösseren Massstab bessere Lösungen geben.
Ich würde sehr gern jederzeit unser laternenparkendes BEV netzdienlich einsetzen und werde fast verrückt bei der Vorstellung, dass die Batterie fast genauso altert, während sie rumsteht im Vergleich zu netzdienlicher Aktivität, während gleichzeitig PV und Wind abgeregelt bzw. auf 70%max. Einspeisung limitiert sind und fossile und atomare Anlagen dafür laufen. Selbst wenn ich keine Vergütung für Netzdienlichkeit kriegen sollte, würde ich das unseren Kindern zuliebe sehr gern tun. Und ja: als Laternenparker wäre ich auch ohne weiteres bereit bis zu 2km zu unserem Auto zu laufen, wenn es dort beispielsweise in einem Parkhaus mit entsprechender Ladeinfrastruktur stehen sollte.
V2G: wenn viele Autos im Netz hängen, bilden sie zusammen einen großen Speicher, auch wenn sie relativ wenig Kapazität dem „grid“ überlassen.
Solche Speicher-„Clouds“ für Heimspeicher zur Bereitstellung von Regelenergie gibt es z.B. schon von E3DC oder auch Sonnen. Hier reserviert man z.B. von seinem 10 kWh – Heimspeicher lediglich z.B. 2 kWh für die Regelreserve. Das sind immerhin 20%, aber im Normalfall kommt man im Haus auch mit den restlichen 8 kWh gut zurecht. Zumal die Teilnahme am Regelenergiemarkt ein ganz anderes Geschäftsmodell ist und die Amortisation so eines Heimspeichers signifikant verkürzen kann.
Jetzt habe ich z.B. einen KIA eSoul mit 64 kWH Kapazität. 2 kWh wären gerade ein wenig mehr als 3%. Jetzt lade ich aber im Winter nie mehr als 90% voll, und im Sommer nie mehr als 80% voll (außer, es steht eine Langstreckenfahrt an, das ist aber sehr selten). Hier habe ich also mehr als genug Regelreserve zur Verfügung, die mir nicht „weh“ tut.
V2H: da bräuchte man schon einmal eher 10 kWh . Diese kosten im Auto nur einen Bruchteil eines Heimspeichers gleicher Kapazität. Aber generell gilt das gleiche: wer nicht jeden Tag Langstrecke hat, und nicht den kleinsten aller Akkus, dem tun auch die 10 kWh nicht weh, und das Auto (bzw. der Akku) wird hier zur Einnahmequelle.
Das sollten eigentlich genug psychologische Gegengründe sein, nicht wahr ?
Korrektur: „Smart Charging“ mit mehr als 50% der genannten Vorteile (verringerte Batteriealterung und Netzbelastung) ist/war eigentlich schon seit dem ersten BEV für jeden möglich, nicht erst seit 2021 … einfach die täglich verfahrernen 10kWh mit möglichst geringer Ladeleistung in den 20h Stehzeit zuhause und oder am Firmenparkplatz einspeisen.
Wieso aber seit gefühlten Jahrzehnten von Fachjournalisten und Experten (Auto, EE), Fachlaien, Politikern und Stromversorungsunternehmen immer nur die Notwendigkeit und der Nutzen möglichst hoher Ladeleistung betont und dann gekauft wird (Harald Lesch auf http://www.youtube.com/watch?v=TswNLBnAPjU: sinngemäß „nehmen wir einmal an dass nur 1Mio von 50Mio PKWs in D BEVs sind, und die wollen dann um 18 Uhr laden, mit 350kW per E-PKW, das wäre die Netz-Katastrophe, und deswegen, für unsere Gemeinschaft, wären H2-Zellen-PKWs besser“) und entsprechende Wallboxen angepriesen und „gezwungenermassen“ (ja ja, der liebe Sachzwang in der Politik) gefördert werden (offensichtlich ohne die Intelligenz eines 20 Jahre alten Backrohrs, Garzeit und -Temperatur vorzugeben), und entsprechend leistungsstarke Netzanschlüsse gesetzlich gefordert und gefördert werden, ist aber leicht erklärt: bei jedem einzelnen eine individuelle Mischung aus domainspezifischer Dummheit + angeborener und gut eingeübter Herdentrieb + Profitgier.
Danke für die gute Zusammenfassung und Übersicht über den aktuellen Stand des bidirektionellen Ladens.
Allerdings ist mir ein Thema zu kurz gekommen: DC vs. AC bidirektional.
Mit den V2L – Möglichkeiten des Hyundai INONIQ5 bzw. des KIA EV6 wurde ja wieder die Phantasie beflügelt, noch verstärkt durch das originelle Experiment von NextMove ( https://youtu.be/mDPYHOvcqXI ). Natürlich stellt so ein Auto mit V2L nichts anderes als ein Notstromaggregat dar, das ist weit weg von V2H oder V2G.
Würde das Auto einen 3-phasigen Wechselrichter haben und auf die bestehende Netzfrequenz aufsnchronisieren können, wäre „nur“ das Problem der Kommunikation (über Typ2) zu lösen. Dann hätte man aber eine Reihe von Vorteilen:
– Wenn der Wechselrichter im Auto ist, dann ist er überall dabei, wo das Auto steht, die Wallbox braucht nicht aufwändig erweitert werden (nur Kommunikation und evtl. Strommessung), und damit sind Investitionskosten an allen potentiellen Stehplätzen (Arbeitsplatz, Einkaufszentrum) weitaus geringer und können als netzdienlich benutzt werden.
– Auch in der Garage wären die Mehrkosten für eine bidirektionale AC-Wallbox viel geringer, im Vergleich zu einer DC-Wallbox
– Weder im Haus noch im Regelenergiemarkt sind Leistungen notwendig, die höher sind, als mit AC (und haushaltsüblichen 16 A) möglich (11 kW), DC ist hier eigentlich ein „overkill“.
Nachdem die Stadt Utrecht in Zusammenarbeit mit Hyundai das bidirektionale Laden ausrollen will ( https://www.electrive.net/2021/04/29/e-carsharing-mit-bidirektionalem-laden-in-utrecht/ ), stelle ich mir natürlich die Frage, ob dies auf AC – V2L basieren wird, oder ob Hyunday/KIA auch schon fleißig am implementieren des CCS – (Vorab-)Standards arbeitet, und es sich hier ohnedies um DC – bidirectional handeln wird. Zumindest ein weiteres Video von NextMove ( https://youtu.be/MOrR4eERm1k?t=482 ) lässt hier eher AC – bidirektional assoziieren.
Könnten Sie dazu hier kurz Stellung nehmen ?
Hallo Herr Kass,
Sie haben Recht, dass man sich im Zweifelsfall einiges an Bauteilen spart, da im Fahrzeug ohnehin ein Gleichrichter verbaut ist. Da liegt es nahe zu fragen, warum der nicht direkt bidirektional gebaut wird. Eine richtig gute Antwort darauf habe auch ich nicht, aber vielleicht findet sich jemand mit mehr Hintergrundwissen in der Leserschaft.
Meine Vermutung ist folgende: Bidirektionale Ladegeräte haben eine erhöhte Komplexität, da Anschlussnormen als Stromerzeuger erfüllt werden müssen. In den meisten Fällen wird das Fahrzeug aber ohnehin nur an einem (zu Hause) oder maximal zwei (Arbeitgeber) Standorten bidirektional laden. Bei öffentlicher Ladeinfrastruktur geht es meistens darum, möglichst viele Fahrzeuge zu bedienen, damit das Invest über mehr Ladevorgänge verteilt werden kann. Wenn ich aber ohnehin nur an einem Ort die bidirektionalität brauche, dann kann ich das auch außerhalb des Fahrzeugs realisieren, weil ich außerhalb weniger Probleme mit Bauraum, Kühlung, Belastung durch Erschütterung etc. im Fahrbetrieb, usw. habe. Vielleicht überwiegen diese Vorteile gegenüber den möglichen Einsparungen, die Sie benannt haben. Aber das ist nur meine Theorie und ich freue mich, wenn jemand mit besserem Blick auf die Automobilherstellung mich da korrigiert.
Über andere Meinungen/Anregungen freue ich mich auch!
@Markus M.
zu „das wäre die Netz-Katastrophe“
genau – und deswegen dürfen die Nutzer NICHT selbst entscheiden – wann sie laden ( oder sie bezahlen seeehr viel Geld ).
Wenn ALLE PKWs gleichzeitig an alle Tankstellen fahren …..
Wir sind doch nicht im Mittelalter; wir verfügen über die Hardware, können die SW erzeugen, können sie adaptive gestalten, etc.
BotU Frage:
Haben die im Moment, von der KfW bezuschussten Wallboxen, schon das neue Protokoll, oder das oben erwähnte ( Open Charge Point Protocol (OCPP) der Version 1.6 )?
Wenn sie das „ALTE“ haben, STOP mit dem Zuschuß ( man verschiebt wieder Geld in die falschen Kanäle ), sofort die Firmware ändern, ausliefern, neu installieren und weiter gehts.
Ansonsten – so wie bisher auch – SPRÜCHE ( die Wallboxen sind netzdienlich !!!! WANN ???? )
Hallo BotU,
OCPP 2.0 dürfte auf quasi keiner Wallbox verfügbar sein. Insgesamt wird OCPP auch nur benötigt, wenn die Wallbox mit einem Backend kommunizieren soll, was aktuell nicht standardmäßig passiert. Wann eine Integration in die privaten Wallboxen Standard wird, kann man nur schwer voraussagen. Im Bereich Vehicle-to-home wird sich da aber sicherlich einiges tun, wie auch im Artikel beschrieben.
Viele Grüße,
Christopher Hecht
@Christopher Hecht
ne technische Lösung wäre ganz einfach seitens des Fahrzeuges. Ein extra Stecker auf dem direkt, (gesichert mit all sensitive FI Schalter ) die DC der Batterie liegt – aus. In der eigenen Garage dann ein Batterie-Wechselrichter mit geeignetem, steuerbaren Energiemanagement. Fertig
Also meine WB ist zumindest indirekt netzdienlich: Ich lade, wenn immer möglich, nur und ausschließlich meinen PV-Strom. Somit entfallen schonmal ca. 50% der benötigten Strommenge und müssen nicht erst erzeugt werden.
Noch besser sieht das Ganze aus, wenn man den Energieverbrauch ansieht:
– alter Benziner = 5L/100km = 50kWh/100km
– neues BEV = 15kWh/100km
Davon decke ich ca. 50% aus PV = 7,5kWh/100km = 85% Reduktion.
Im Verbund-Förderprojekt „Bidirektionales Lademanagement“ (BDL) werden alle die oben adressierten Fragen behandelt. Das Projekt unter der Führung von BMW hat Anfang Juli einen Pilotbetrieb mit den ersten 20 BMW i3 gestartet. Über die Lösungen und Erfahrungen werden wir sukzessive auf unserer Homepage https://www.bdl-projekt.de/ berichten.
Der Stromtourismus aus BEV’s ist völliger Blödsinn!
Nie werde ich meine Kapa aus dem Auto ins Netz einspeisen!