Die Energiewende ist längst geschafft

Solarpark der Aream Group in Silizien

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Erneuerbare Energien liefern mehr als die Hälfte des in Deutschland benötigten Stroms. Das Jahr 2020 mit seinem pandemiebedingt niedrigeren Verbrauch war das erste, in dem die Erneuerbaren alle anderen Energieträger überholten. Das heißt: Erneuerbare Energien sind jetzt das Rückgrat der Stromversorgung, alle anderen arbeiten in den passenden Nischen zu.

In den kommenden Jahren wird die grüne Energiegewinnung ihren Vorsprung noch ausbauen. Wenn der politische Wille da ist, kann das so weit gehen wie in Schottland: Dort liefern die erneuerbaren Energien 97,4 Prozent der Nachfrage, eine Verdreifachung in den vergangenen zehn Jahren. Die Auslauftechnologien Kohle, Gas oder Kernkraft dagegen verlieren weiter an Bedeutung. Sie federn Verbrauchsspitzen ab, sie springen in die Bresche, wenn es Netzschwierigkeiten geben sollte, oder erfüllen bestehende Lieferverpflichtungen. Sie erbringen noch übergangsweise die Speicher- und Pufferfunktion für die Netze.

Gerade bei den Netzen war ja lange argumentiert worden, dass die erneuerbaren Energien zu unstet, zu volatil seien und die Netze an ihre Belastungsgrenzen bringen würden oder sogar darüber hinaus. Weit gefehlt. Obwohl 2020 kein ungewöhnlich ruhiges Wind- und Sonnenjahr war, blieb der Netzkollaps aus. Kein Wunder, denn durch die mittlerweile aufgebaute Vielzahl der Anlagen fallen einzelne Spitzen gar nicht mehr so ins Gewicht.

Im Rahmen eines Portfolios aus vielen Standorten, mehreren Energiearten und der Ertüchtigung der Netze sind solche Netzschwierigkeiten auch nicht zu erwarten, wenn der Anteil der Erneuerbaren noch weiter steigt. Dabei ist nicht einmal einkalkuliert, dass sowohl die Netze wie auch die Verbrauchsstellen immer intelligenter werden. Ob Elektroautos wirklich einen nennenswerten Beitrag zur Speicherung von Energie leisten werden: abwarten. Ob es schnell Speicherkapazitäten in großem Stil geben wird: unwahrscheinlich.

Und trotzdem wird durch die Mischung der Erneuerbaren, durch den Ausbau der sehr regelmäßig liefernden Offshore-Windanlagen und die technologische Entwicklung das Stromaufkommen immer weiter geglättet, berechenbar ist es heute schon. So entwickelt sich eine Vielzahl kleiner, junger Start-ups rund um den Bereich Clean Energy, die genau an solchen Lösungen arbeiten.

Die Energiewende ist also Tatsache. Nur die Politik hat das noch nicht wahrgenommen. Statt die Erneuerbaren eher restriktiv zu behandeln, wäre eine deutlich größere Offenheit notwendig. Bürokratische Hürden gehören schneller abgebaut, die Förderung von der Erzeugung hin zur Verteilung und zur Effizienzsteigerung der Netze umgelenkt. Nicht nur, dass hier ein gewaltiges Potenzial auch für den Standort Deutschland schlummert und gehoben werden könnte. Auch für den steigenden Stromverbrauch durch den Umstieg anderer Energienutzer auf Strom bedarf es dieser politischen Unterstützung. Es geht nicht mehr um eine Anschubförderung, es geht jetzt darum, Deutschland und Europa auf dem Weg in die Klimaneutralität zu beschleunigen. Das ist die wichtigste Aufgabe der Energie- und Umwelt-, aber auch der Wirtschaftspolitik.

— Der Autor Markus Voigt ist Gründer und CEO der Aream Group, einem Investment- und Asset-Manager mit Fokus auf nachhaltige Infrastruktur im Sektor erneuerbare Energien. Davor war der studierte Betriebswirt CEO und Mitgründer der Ideenkapital AG, einem mehrheitlich der Ergo Versicherungsgruppe gehörenden Asset-Manager für Alternative Investments. —

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