Das Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) entwickelt einen Prototyp eines leichten Nutzfahrzeugs, das mit fahrzeugintegrierter Photovoltaik (VIPV) ausgestattet ist. Die VIPV-Anlage wird an das Hochvolt-Bordnetz des Fahrzeugs angeschlossen und soll dessen Reichweite erhöhen. Die Forscher haben den Prototyp auf Basis des Kleinlasters „Work L“ des deutschen Herstellers Streetscooter GmbH gebaut. Die Fahrzeuge verfügen über eine Gesamtfläche von 15 Quadratmetern, auf der zehn Solarmodule eingesetzt werden können.
„Die Module wurden von a2-solar hergestellt, einem Unternehmen mit langjähriger Erfahrung im Bereich VIPV“, sagt Robby Peibst, ISFH-Professor und Forschungskoordinator. „Bisher sind die Module auf Glasbasis, was die Erfahrung von a2-solar im PKW-Bereich widerspiegelt.“ Peibst sagte auf Anfrage von pv magazine, dass die Glasabdeckung die erforderliche Oberflächenqualität für Photovoltaik-Anwendungen hat. Sie hält auch Belastungen durch Hagel und extreme Temperaturschwankungen stand. Allerdings könnte das Gewicht der glasbasierten Module die zulässigen Nutzlasten für Lieferfahrzeuge und Lkw reduzieren, räumte er ein.
„Entwicklungsziel von a2-solar im Projekt 'street‘ ist es daher, eine zweite, folienbasierte und damit deutlich leichtere Modulgeneration auf dem Nutzfahrzeug zu integrieren“, erklärte Peibst. Er fügte hinzu, dass die aktuelle glasbasierte Modulgeneration als Referenz diene und bis Juni ein Upgrade erfolgen soll. In den Modulen kommen Heterojunction-Solarzellen des Schweizer Herstellers Meyer Burger zum Einsatz. „Die Zellen wurden mit der Smart-Wire-Technologie am ISFH verschaltet“, so Peibst. „Wir denken, dass diese Technologie für VIPV einige Vorteile hat, da SHJ-Zellen neben einem hohen Wirkungsgrad einen niedrigen Temperaturkoeffizienten von nur -0,2 Prozent pro Kelvin aufweisen und dünn und damit teilweise flexibel sein können.“
Das Verschaltungssystem Smart Wire soll sicherstellen, dass alle Teile der Zelle auch bei Rissen und mechanischen Vibrationen noch elektrisch verbunden sind. Die zehn Module auf dem Fahrzeug haben eine Gesamtleistung von 2,18 Kilowatt, wobei allein auf dem Dach rund 875 Watt zum Einsatz kommen. Peibst zufolge ist die Notwendigkeit, die Module an die Abmessungen des Fahrzeugs anzupassen, ein Hemmschuh für die Effizienz. „Man sieht viele weiße Flächen, die nur von der Rückwand und nicht von den Siliziumzellen abgedeckt werden“, sagte er. „Wenn wir zu Halb- oder sogar Schindelzellen übergehen, haben wir mehr Flexibilität, die Bereiche mit Silizium zu füllen, was die Effizienz des Moduls stark verbessern wird.“
Zum Konsortium hinter dem Projekt gehören das Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung, das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und das MBE-Institut der Leibniz Universität Hannover sowie der deutsche Automobilzulieferer Vitesco Technologies. Ihr Prototyp-Fahrzeug hat mit rund 19 Kilowattstunden auf 100 Kilometern einen ähnlichen Energiebedarf wie ein Pkw.
Die Forschungsgruppe untersuchte die Einstrahlung auf das Fahrzeug anhand von im Auto montierten Pyranometern, um das Verhältnis von Seite zu Dach sowie den Einfluss der dynamischen Abschattung zu bestimmen. „Bei einer angenommenen jährlichen Gesamtfahrleistung von 20.000 Kilometern läge der solare Deckungsanteil bei über 25 Prozent“, so Piebst. „Wir versuchen derzeit, diese Vorhersage durch umfangreiche Testfahrten zu verifizieren.“ Das Konsortium erwartet eine höhere jährliche Reichweitenerweiterung in südlicheren Regionen. „Unsere Ergebnisse werden die Attraktivität der fahrzeugintegrierten Photovoltaik zunächst für solche leichten Nutzfahrzeuge belegen“, sagte Peibst. „Darüber hinaus werden sie aber auch wichtige Erkenntnisse für die Übertragung von VIPV auf andere Fahrzeugklassen liefern.“
Der ISFH-Forscher sagte, dass es schwierig ist, ein rein wirtschaftliches Argument für VIPV zu finden, da die Abschreibungszeiten für diese Fahrzeuge viel kürzer sein werden als die von stationären Photovoltaik-Anlagen. „Wenn man dann noch einen sehr niedrigen Preis für Netzstrom zahlt, zum Beispiel als Betreiber einer großen Fahrzeugflotte, ist es wirklich schwer, allein mit Energieeinsparungen zu argumentieren“, räumte er ein.
Diese Schwierigkeiten schließen nicht aus, dass VIPV mittelfristig zu einer größeren Marktmöglichkeit wird, denn Peibst wies auf eine Reihe potenzieller Faktoren hin, die das zukünftige Wachstum erleichtern könnten. Er merkte an, dass Hersteller von Kühlfahrzeugen ihren CO2-Emissions-Fußabdruck reduzieren könnten, wenn sie beispielsweise Photovoltaik integrieren. Generell könnte eine sichtbare grüne Kennzeichnung“ bei Flottenbetreibern an Bedeutung gewinnen, insbesondere bei kommunalen Betreibern von Busflotten und Entsorgungsfahrzeugen. Für umweltbewusste Fahrer könne VIPV auch einfach ein Ausdruck persönlicher Werte sein. „Meine sehr optimistische Prognose für den globalen VIPV-Markt im Jahr 2030 würde bei 5 Gigawatt liegen“, schloss Peibst.
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Dieser im Bild gezeigte Prototyp hat allerdings Platz für 15 Module, nicht nur für 10, wie im Text steht.