pv magazine: Sie haben als CEO von REC übernommen. Was sehen Sie als ihre wichtigste Aufgabe für die erste Zeit an?
Jan Bicker: RECs wichtigstes Asset – und das seit nun 25 Jahren – sind unsere Innovationen. Damit bleibt unser aller Fokus auf dem Ausbau der erfolgreichen REC Alpha-Serie. Wir werden daher eine neue Generation von unserem Alpha-Modul auf den Markt bringen, das nicht nur deutlich mehr Leistung bietet, sondern sogar wesentlich umweltfreundlicher in der Herstellung ist. Generell begrüßen wir, dass das Thema „Environmental Footprint“ zunehmend an Fahrt gewinnt. Für unsere Siliziumproduktion in Norwegen haben wir schon den weltweit niedrigsten CO2-Fußabdruck. Darauf werden wir uns aber nicht ausruhen.Wir haben aber auch unseren „Klassikern“ TwinPeak und N-Peak ein „Facelift“ verpasst und werden hier neue Generationen an Modulen anbieten. Die Erweiterung unserer Kapazität bleibt ein wichtiges Thema, nicht nur durch eine potenzielle neue Fabrik in Frankreich, sondern auch an unserem Standort Singapur.
Sie waren bisher Finanzvorstand von REC. Wie ist das Geschäftsjahr 2020 für das Unternehmen gelaufen?
Wie für viele Unternehmen war 2020 aufgrund der Pandemie auch für REC gemischt. Wir hatten im ersten Halbjahr zu kämpfen mit Corona-Maßnahmen, mit dem Einfluß auf die Lieferketten und der kurzfristigen Verunsicherung der globalen Märkte. Speziell für REC war die Herausforderung, dass wir Alpha quasi direkt vor die Pandemie im Markt eingeführt haben. Das ist natürlich ein ungünstiges Timing. Dennoch haben wir im zweiten Halbjahr das Ruder sehr schnell und sehr gut herum gerissen und einen starken Markterfolg für REC und Alpha, insbesondere in den USA, verzeichnet.
Wie hat Corona generell die Solarindustrie und speziell REC Ihrer Meinung nach verändert?
Corona hat generell den Fokus auf Nachhaltigkeit deutlich bestärkt, und das auf allen Ebenen, der Politik, der Wirtschaft aber auch der Verbraucher. Das zeigt sich durch die zahlreichen neuen politischen Programme, beispielsweise der Green Deal in Europa, durch große Unternehmen die massiv in Solarenergie investieren und Verbraucher die durch Corona und Homeoffice Solar als die einfache Lösung für sich entdecken, mehr unabhängig zu sein und Stromkosten zu sparen aber auch den eigenen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Durch den Einfluß der Pandemie auf Lieferketten ist aber auch auf Länderebene ein stärkerer Drang zu mehr Unabhängigkeit von „Made in China“-Produkten zu verzeichnen. Das betrifft natürlich massiv die Solarindustrie, wo rund Dreiviertel der Modulfertigung in China erfolgt – und ist für REC mit unseren Produktionsstandorten Singapur, Norwegen und vielleicht auch künftig Frankreich ein zunehmender Vorteil.Was mich persönlich sehr erfreut hat, war zu sehen wie gut REC für das Remote Working aufgestellt ist. Ich beobachte, dass die Kooperation zwischen unseren weltweiten Teams sogar besser funktioniert als vor Corona. Homeoffice wird daher für uns stellenweise auch nach Corona weitergehen.
Sie wollen in Frankreich eine neue Fabrik aufbauen. Wie weit sind die Pläne jetzt gediehen?
Die mögliche neue Modulproduktion in Frankreich wäre ein sehr gutes Projekt für REC, aber auch für den Standort Frankreich und Europa insgesamt. Es ist aber auch ein komlexes Projekt. Es reicht sicherlich nicht aus zu überlegen, welches Equipment brauche ich, wie sehen die Fertigungslinien aus und welche Produktionskosten habe ich. Sondern, man muss auch sehr genau eruieren, wie sieht der Markt für ein „Made in France“-Modul aus und insbesondere habe ich den richtigen Vertriebskanal, um nicht zu sagen ein Netzwerk. Das stampft man nicht über Nacht aus dem Boden heraus, hierfür braucht man langjährige Erfahrung und Kontakte. Und die haben wir als REC mit unserer langen Historie natürlich. Wir haben gerade den Prozess der Öffentlichen Anhörung in Frankreich abgeschlossen. Dennoch müssen noch einige wichtige Schritte unternommen werden, bevor eine endgültige Entscheidung voraussichtlich bis Juni getroffen werden kann.
Haben Sie noch weitere Pläne zum Ausbau der Produktion?
Wir würden gerne die Produktion an unserem Hauptstandort in Singapur weiter ausbauen, möglich wäre das auf jeden Fall. Das haben wir auch schon in der Vergangenheit gemacht und erfolgreich gezeigt, dass REC-Solarmodule „Made in Singapur“ im Markt sehr gut angenommen werden, insbesondere in den USA, wo wir tatsächlich alles absetzen, was wir liefern.
Was werden die Hauptabsatzmärkte von REC in diesem Jahr voraussichtlich sein?
USA ist aktuell unser wichtigster Markt, gefolgt von Australien und Europa, und hier insbesondere die Benelux-Region.
Die chinesischen Wettbewerber überbieten sich mit Ankündigungen von immer leistungsstärkeren Modulen. Wie hält REC hier dagegen und sind weitere Neuentwicklung für dieses Jahr zu erwarten?
Höhere Leistung mit einem deutlich größeren Modul zu erreichen, ist keine Kunst und bereitet uns auch keine Sorgen. Was für uns und Kunden insbesondere im Dachsegment eher zählt, ist die Effizienz oder Leistung pro Quadratmeter. Hier sind wir mit Alpha und 217 Wattpeak pro Quadratmeter vorne dabei und werden uns mit der neuen Alpha-Serie sogar noch weiter steigern. Größer ist nun mal nicht immer besser und hat auch seine Grenzen bei der Marktakzeptanz. Wir sehen das Limit bei M6 bei privaten Haushalten und M10 bei gewerblichen Solaranlagen.
Wie sehen Sie die Rolle der Solarenergie im Kampf gegen den Klimawandel und was erwarten Sie für COP26?
Ich bin überzeugt davon, dass Solarenergie einer der zentralen Hebel im Kampf gegen den Klimawandel ist. Sie ist kostengünstig, benötigt nicht extra Fläche und keine Abstandsregelungen, ist schnell umsetzbar und eine Anlage läuft 25 Jahre lang und mehr. Das Potenzial unserer Branche wird seit Jahren unterschätzt. Ich erwarte daher von COP26, dass die Nationen feststellen werden, dass sie ihre Ausbauziele für Solar deutlich hochsetzen müssen. In unserer Klimastudie nach dem Pariser Abkommen haben wir genau errechnet, welchen Beitrag Solar leisten kann und wie ein zukunftsweisender Energiemix zum Beispiel für Deutschland aussehen kann. Dafür hätte Deutschland aber im Schnitt rund das Vierfache der tatsächlichen Installationen der letzten Jahre realisieren müssen. Das ist möglich, das haben wir 2010 bis 2012 gesehen, aber nur mit einem dafür offenen EEG ohne „lobbyistische“ Deckelungen irgendeiner Art.
Was denken Sie, wo werden wir im Jahr 2050 stehen?
Bis 2050 wird Solar die absolut dominierende Energiequelle sein, und zwar in einem bis dahin erheblich gewachsenen Strommarkt. Dank technologischer Innovationen bei Solarmodulen und Speichern, insbesondere Großspeichern, wird Strom sehr kostengünstig sein. Im Transportwesen werden fossile Verbrennungsmotoren bis dahin verschwunden sein – es wird deutlich leiser auf den Straßen werden. Die noch offene Frage ist: elektrisch oder Wasserstoff – wer wird hier das Rennen machen.
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