Im Februar ist auf den Gebäuden einer Bibliothek und des Archivs der Berliner Humboldt-Universität (HU) eine Photovoltaik-Anlage mit 81 Kiowatt in Betrieb genommen worden. Die HU gab bekannt: „Die Technik wurde so bemessen, dass der Ökostrom vom eigenen Gründach zu über 90 Prozent im Gebäude selbst verbraucht wird und damit etwa 22 Prozent des Energiebedarfs deckt.“ Das legt die Vermutung nahe, dass nicht die gesamte zur Verfügung stehende Dachfläche ausgenutzt wurde.
Diese Vermutung wird von weiteren Mitteilungen der Berliner Stadtwerke genährt, die die HU-Anlage installiert haben und betreiben. So wurde im November bekanntgegeben, dass auf einem Dach der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) eine Anlage mit 97 Kilowatt installiert worden sei, und auch dort findet sich der Zusatz, dass die Anlage „so bemessen wird, dass die maximale Menge des erzeugten Stroms auch im jeweiligen Gebäude verbraucht wird“.
Schon im Juni waren zwei Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 280 Kilowatt auf Dächern der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Betrieb genommen worden. Auch da teilten die Berliner Stadtwerke mit, dass „die Anlagen so bemessen werden, dass die maximale Menge des erzeugten Stroms auch im jeweiligen Gebäude verbraucht wird“. Weiter heißt es: „Der Ertrag dient ausschließlich dem Eigenverbrauch.“
Hätten all diese Photovoltaik-Anlagen also größer sein können, wodurch sie nicht fast nur dem Eigenverbrauch dienen würden? Die Stadtwerke teilen dazu mit: Auf dem Dach der ASH wären weitere 15 bis 20 Kilowatt möglich gewesen, bei den anderen Hochschulen hingegen sei die gesamte mögliche Fläche ausgenutzt worden. Dass nicht immer so viel gebaut wird, wie möglich wäre, liegt an der Gesetzgebung. „Bis 100 Kilowatt bekommen wir die feste Vergütung für Überschüsse gemäß EEG“, erklärt Stephan Mitzka, Projektleiter bei den Stadtwerken. Bei größeren Anlagen muss der Strom, der nicht selbst verbraucht wird, eigens vermarktet werden. Aber „einen Direktvermarkter finden Sie nur bei nennenswerten Überschüssen“, erklärt Mitzka. Die wären bei der erweiterten ASH-Anlage nicht groß genug, also hat sie nur 97 Kilowatt Leistung.
Den jahrelangen Kampf der Bundesregierung gegen eine starke Ausbreitung der Solarenergie bekommen die Berliner Stadtwerke immer wieder zu spüren. Mitzka hält fest: „Bei vielen Anlagen auf öffentlichen Gebäuden belegen wir die Dächer überwiegend nicht voll, da wir aufgrund der aktuellen Rahmenbedienungen und der Zielvorgabe der Landeshaushaltsordnung – Solarstrom darf nicht teurer sei als Bezugsstrom – die Anlagen eigenverbrauchsoptimiert auslegen. Die durchschnittliche Anlagengröße beträgt da um die 50 Kilowatt.“ Wären die Anlagen größer und müssten Überschüsse extra vermarktet werden, würde der zusätzliche Aufwand die Projekte verteuern.
Mitzka fügt hinzu: „Die 100-Kilowatt-Grenze stört uns oft bei Mieterstromanlagen. Hier ist das Problem die Anlagenzusammenfassung bei mehreren Gebäuden auf einem Grundstück.“ Der Eigenverbrauch ist nämlich so definiert, dass er im selben Gebäude stattfinden muss, auf dem die Anlage steht. Das behindert den Bau einer großen Dachanlage, die dann auch ein Nachbargebäude versorgen soll. Falls die Anlage mehr als 100 Kilowatt hat, darf die Nachbarschaft nicht den Solarstrom zu den günstigen Konditionen nutzen, sondern die Überschüsse müssen gesondert vermarktet werden.
Der Ausbau der Photovoltaik ist in Deutschlands Städten nach wie vor skandalös niedrig. Dennoch werden viele Menschen, die mit dem Bau von Photovoltaik-Anlagen etwas für die Energiewende tun wollen, von der Bundesregierung ausgebremst und müssen Dachflächen ungenutzt lassen. (Ralf Hutter)
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Analyse ist schon mal richtig. Und jetzt noch etwas weiter denken: Die Konzentration auf den Eigenverbauch ist zwar aus der Graswurzelperspektive unvermeidlich, denn dorthin hat die Politik der vergangenen Jahre gelenkt. Politisch aber sollte man für auskömmliche Einspeisevergütungen kämpfen, denn das würde allen nützen, und nicht nur den Eigenheimbesitzern. Aber „Eigennutz vor Gemeinnutz“ ist ja das Motto der Unionsparteien schon immer gewesen. Im Augenblick schwimmen gerade mehrere Beispiele an der Oberfläche, aber die Tiefe des Sumpfs kennen wahrscheinlich nicht mal die Insider.
Na immerhin kommt PV auf öffentliche Gebäude.
Schade, dass Regularien die Maximierung von PV erschweren. Die Direktvermartung indes kann aber so schwierig nicht sein. Eine BürgerEnergieGenossenschaft könnte den Strom abnehmen und im Quartier vermarkten.
Insgesamt ist der Unsinn mit der EinspeiseVergütung via ÖkoStromUmlage hinderlich. Wenn man etwas regulieren will, könnte das der Strompreis selbst sein.
– KohleStrom bringt x ct pro kWh
– Atomstrom bringt y ct
– Gas
– Wind z ct.
– PV ebenso.
Das hat bei der Telekommunikation geklappt. Die Telekom muss die Leitung für etwa 10€ an andere Provider vermieten, die wiederum können fest mit dem Preis rechnen und ihre Tarifmodelle darauf entwickeln…
Just my two cents
Eine garantierte Einspeisevergütung ist nicht notwendigerweise mit einer EEG-Umlage verknüpft. Das war nur so lange eine pragmatische Lösung, wie die Einspeisevergütungen höher waren, als der am Markt erzielbare Verkaufspreis. Wenn hier Parität erreicht ist (ist noch nicht ganz, und wird vielleicht für kleinteilige Dachanlagen auch nicht so bald erreichbar sein), dann werden die garantierten Einspeisevergütungen (auf die die Betreiber angewiesen sind, um das Risiko zu begrenzen) über einen Fonds mit den Erlösen verrechnet, und die Rahmenbedingungen des Strommarktes (u.a. der CO2-Preis) werden so angepasst, dass der Fonds im Mittel nicht auf Zusatzeinnahmen aus einer EEG-Umlage angewiesen ist. Bisher ist es allerdings so, dass Betreiber in der Direktvermarktung Erlöse, die über die garantierte Einspeisevergütung hinausgehen (kommt inzwischen öfter vor) in die eigene Tasche stecken können, statt dass sie dem EEG-Ausgleichsfonds zu Gute kommen. Solange das so bleibt, wird der oben beschriebene Ausgleich nicht funktionieren können. Da wird man sich entscheiden müssen: Für große Anlagen kann es dann attraktiver sein, sich vollständig dem freien Markt auszusetzen (wie dies die in zunehmendem Maße gebauten PPA-Anlagen jetzt schon tun), die kleinen Anlagen werden die Zusatzkosten der Direktvermarktung scheuen, und aufgrund der höheren Stromgestehungskosten eher auf Unterstützung aus einem Fonds angewiesen sein, der dann vielleicht auch staatliche Mittel benötigt, um die gesellschaftlich erwünschte Vollbelegung von Dächern zu fördern. Staatliche Fördermittel sind berechtigt, wenn es sich um einen gesamtgesellschaftlichen Wunsch handelt, den Flächenverbrauch durch die Zweitnutzung von versiegelten Flächen zu begrenzen. Aber auch eine Flächennutzungsabgabe für Freiflächenanlagen könnte eine Parität zwischen Klein- und Großanlagen bewirken. Das wäre Abwägungssache, ob eine neue Abgabe volkswirtschaftlich schädlicher ist, als eine staatliche Dauersubvention.
Im Prinzip ist schon ein hoher Eigenverbrauch anzustreben. In der Schweiz wird das z.B. über die Einspeisevergütung des PV-Stroms geregelt, die oft unter dem Gestehungspreis ist. Man plant eine Anlage nicht in maximaler Grösse, sondern in Hinblick auf eine akzeptable Gesamtrendite. Ich habe meine Anlage in einem Mehrfamilienhaus so geplant, dass der gesamte Strom im Jahr selbst produziert werden kann. Also ein 0-Energiehaus. Wenn auch der Strom nicht dann produzier wird, wenn er am meisten gebraucht wird (Winter).
Habe ich das jetzt richtig aufgenommen:
Da entscheidet ein MA der Grundstücksverwaltung über die Gestaltung der maximale Größe einer PV, wohlwissend, daß er dem Beamtenrecht verpflichtet ist?
Folgend, daß er sich von der Gewinnmaximierung für die öffentliche Hand leiten läßt, war es offensichtlich die richtige Entscheidung; ABER
Energiewende geht anderst!