Die Energiewende stottert in Deutschland nicht nur aufgrund hoher Preise oder fehlender Standortattraktivität. Wir hinken Vorreitern wie Schweden und Norwegen auch deshalb hinterher, weil die deutsche Energiewirtschaft deutlich zu wenig auf das Internet of Things (IoT) setzt. Dies gilt für die Stromproduktion ebenso wie für die Alltagsanwendung im Verbraucherumfeld. Doch wie kann IoT-Technologie konkret dazu beitragen, die Energiewende zu beschleunigen?
Digitalisierung bietet enorme Chancen für die Lösung von Energieproblemen
Aufgrund immer knapper werdender fossiler Ressourcen und einer zunehmenden Umweltproblematik steht die viel diskutierte Energiewende verstärkt unter Zeitdruck. Die Frage nach dem „Wie“ lässt sich mitunter jedoch nur schwierig beantworten. Alleine durch das Ersetzen von fossilen Brennstoffen und Atomenergie durch regenerative Quellen wird die Wende hierzulande jedenfalls nicht zu schaffen sein – zumindest nicht in einem angemessenen, konkurrenzfähigen Tempo.
Wenn wir den vorhandenen Wettbewerbsrückstand zu Ländern wie Schweden und Norwegen aufholen und die Energiewende in Deutschland beschleunigen möchten, benötigen wir also einen weiteren Hebel. Dies kann aus aktueller Sicht nur der konsequente Einsatz neuer, digitaler Technologien sein. Insbesondere ist in diesem Kontext das Internet of Things, kurz IoT, zu nennen. Einerseits hilft es Energieerzeugern, ihre Anlagen und Netze besser und effizienter zu managen. Auf der anderen Seite unterstützt es Privathaushalte dabei, Energie intelligent zu nutzen und einzusparen. Betrachten wir diese beiden Bereiche im Folgenden etwas genauer.
Das IoT in der Energieerzeugung
Die Energieerzeugung wird volatiler und dezentraler. Große Kraftwerke werden durch eine Vielzahl kleinerer Anlagen ersetzt. Die Installation und der Betrieb dieser Anlagen ist jedoch nicht die Herausforderung, sondern vielmehr ihre effiziente Verknüpfung und Steuerung. An dieser Stelle kommt das Internet of Things ins Spiel.
Zunächst müssen möglichst viele Komponenten der Energieversorgungskette digital vernetzt werden. Betroffen sind etwa Anlagen, Stromspeicher, Leitungen, Transformatoren und auch die Verbrauchsstellen selbst. Im zweiten Schritt gilt es, die entstehenden Daten in Echtzeit zu nutzen, um den Betrieb der Komponenten abhängig von der aktuellen Situation zu optimieren. Entsprechende Applikationen, die durchaus auch Algorithmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz beinhalten können, müssen im Übrigen nicht selbst entwickelt und in einer eigenen IT-Umgebung betrieben werden. Auch die Nutzung einer IoT-Plattform wie unsere von Conrad Connect, welche im Platform-as-a-Service-Modell angeboten wird, ist möglich.
Konkrete Anwendungsfälle für IoT-basierte Anwendungen in der Energiewirtschaft sind etwa der automatische Ausgleich schwankender Stromerzeugung aus Wind und Sonne, die Fernüberwachung von Anlagen für die vorausschauende Wartung, das sofortige Erkennen von Störungen und das datengestützte Anpassen von Betriebsparametern für eine optimierte Anlagenleistung. Ebenso können die entstehenden Daten in Summe genutzt werden, um (KI-basierte) Vorhersagen zum Verbrauch und der Erzeugung von Strom zu realisieren. Dies wiederum stellt eine wertvolle Planungsbasis für die bevorstehende Stromproduktion und -verteilung dar.
Das IoT in Verbraucherhaushalten
Auch aufseiten der Stromabnehmer ist das Internet of Things von höchster Bedeutung für die Energiewende. Das Ziel muss es in diesem Bereich sein, den Energieverbrauch zu minimieren und Kosten zu senken, ohne dass die Verbraucher jedoch Komforteinbußen hinnehmen müssen. Hierfür sind bedienerfreundliche Applikationen erforderlich, mit denen sich der Energieverbrauch vernetzter Haushaltsgeräte und Gebäudesysteme visualisieren, überwachen, steuern und optimieren lässt. Auch die zunehmende Verbreitung von Elektroautos darf hierbei nicht vergessen werden. Hier könnten es intelligente Apps beispielsweise ermöglichen, die Fahrzeuge bevorzugt in Zeiträumen zu laden, in denen ein Überangebot an Strom – aus eigener Erzeugung oder im öffentlichen Netz – vorhanden ist. Ebenso lässt sich die Energieaufnahme und -abgabe von Stromspeichern mithilfe einer IoT-Verknüpfung intelligenter steuern.
Was für Privathaushalte gilt, ist selbstverständlich auch auf gewerbliche Stromabnehmer übertragbar. Gerade bei energieintensiven Wirtschaftszweigen ist das Potenzial enorm.
Fazit: Internet of Things ist ein zentraler Baustein der Energiewende
Insgesamt wird deutlich, dass das Internet of Things zwei tragende Säulen der Energiewende maßgeblich unterstützt: die intelligente dezentrale Energieerzeugung und die datengetriebene Reduzierung des Energieverbrauchs. Sinnvoll ist die IoT-gestützte Energiewende im Übrigen nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit. Auch Stromerzeuger und Verbraucher können profitieren – unter anderem von hoher Transparenz, besserer Planbarkeit und deutlichen Kostensenkungen.
— Der Autor Andreas Bös ist Vice President von Conrad Connect, eine der führenden IoT-Projektplattformen in Europa. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der IT- und Elektrobranche, im Smart Home- und IoT-Bereich sowie im Innovationsmanagement. Vor seiner Zeit bei Conrad Connect war Andreas Bös unter anderem Head of New Business & Innovations bei der Conrad Electronics SE. Unter seiner Leitung entstand 2016 das Spin-Off Conrad Connect, dessen Team Bös führt. Conrad Connect hilft Unternehmen unterschiedlicher Branchen (u.a. Energiewirtschaft, Versicherungen, Handel und Produzenten von IOT-Hardware) neue, digitale Geschäftsmodelle für ihre Kunden zu entwickeln. —
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Auf Sicht stimme ich dem Autoren zu, das Vernetzung und intelligente Steuerung erforderlich sein werden.
Stand heute Verbrauchern Kostenersparnisse in Aussicht zu stellen, halte ich dagegen für Utopie. Zunächst mal muß man viele hundert Euro für diverse Komponenten ausgeben (und noch viel mehr Zeit investieren), deren funktionierendes Zusammenspiel ein Wunschtraum aber selten Realität ist (ich wäre schon froh, wenn unser WLAN im Haus einmal stabil liefe), und handelt sich im Gegenzug bekanntlich ein Sicherheitsproblem ein, weil viele Hersteller unzureichende Cybersecurity bieten und schon gar keine Updates, die nach Kauf erforderlich wären.
Vor allem aber sehe ich das große Einsparpotential dabei nicht, solange Strompreise nicht lastabhängig/zeitabhängig variieren. Die meisten Stromverbraucher (Herd, Licht, Unterhaltungselektronik/PCs, Heizungspumpen) im Haushalt benutzt man dann, wenn man sie braucht, nicht dann wenn der Strom billig ist. Das einzige was flexibel planbar ist, sind Waschmaschinen/Trockner und in Grenzen Spülmaschine. Wer sein Geld in eine PV investiert, lässt diese Maschinen zweckmäßig tagsüber laufen, der Rest vielleicht abends/nachts wenn es mal günstigeren Nachtstrom für Normalverbraucher (ohne zweiten Zähler) gibt.
Dafür muß ich aber nicht das gesamt Haus ’smart‘ machen. Wer so etwas als Elektronik-Hobby betreiben will, dem sei es gegönnt. Aber für Otto Normalverbraucher sehe ich die Sinnhaftigkeit Stand heute noch nicht.
IoT kann eine Hilfe bei der Energiewende sein, aber es ist kein Heilsbringer, wie es in diesem Artikel, wie in vielen anderen auch, dargestellt wird.
Man sollte sich hier mal Gedanken um Aufwand und Nutzen machen. Wozu braucht ein Kühlschrank einen Internetanschluss? Hat jemand schon einmal die erreichbare Energieeinsparung dem Aufwand (Herstellung des notwendigen Mikroprozessors, Verkabelung und auch den Betriebsstrom inkl. der dahinter liegenden Steuerungskomponenten etc. )dagegen gerechnet. Wenn wir uns überlegen, welchen Stromverbrauch wir in der Zwischenzeit mit all den schönen Errungenschaften wie Alexa und Co, Streamingdiensten etc. verursachen, sehen wir, dass da nicht nur eine Welle sondern ein Tsunami auf uns zurollt, wenn wir den Einsatz von IoT unreflektiert weiterhin für alle Geräte propagieren.