Die Ausbauziele für Photovoltaik, Windkraft und Co. sind weltweit zu niedrig, um das für die Pariser Klimaziele notwendige exponentielle Wachstum zu erreichen. Auch der zunehmende Einsatz von Ausschreibungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien schaffe erhebliche zusätzliche Hindernisse speziell für kleine und mittlere Projekte, so das Ergebnis einer Studie im Auftrag der Think Tanks Energy Watch Group (EWG), World Future Council (WFC)/ Global Renewables Congress (GRC) und der Haleakala Stiftung, die am Freitag veröffentlicht wurde. Sie haben die politischen Rahmenbedingungen in mehr als 20 Ländern basierend auf empirischen Beobachtungen analysieren lassen.
Insgesamt sechs „Kernprobleme“ seien gefunden worden, die auf die verstärkte Nutzung von Ausschreibungen für Photovoltaik und Windkraft zurückgehen. Diese würden keinen fairen Marktzugang für alle Akteure bieten und schreckten vor allem kleinere Betreiber ab. Hinzu komme, dass kleine und mittlere Projekte in den Ausschreibungen oft wenig Chancen auf Zuschläge hätten. Damit förderten die Auktionen eine Marktkonzentration zugunsten finanzstarker und großer Akteure und beeinträchtigten die allgemeine Akzeptanz für Erneuerbare. Zudem sei festgestellt worden, dass Ausschreibungen häufig unterzeichnet seien oder Projekte nicht oder nur verzögert realisiert würden. „Ausschreibungen garantieren weder ein niedriges Vergütungsniveau, noch haben sie die jüngsten Kostensenkungen der erneuerbaren Energien verursacht“, so das sechste Kernproblem.
Als passenden politischen Mix empfehlen die Think Tanks, dass Ausschreibungen nur für große Photovoltaik- und Windkraftprojekte weiter genutzt werden sollten. Für kleine und mittlere Anlagengrößen solle es dagegen Einspeisetarife oder -prämien geben. Bei sehr kleinen Projekten empfehlen die Studienautoren die Nutzung von Eigenversorgungsmodellen.
„Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass Ausschreibungen entscheidend dazu beitragen, das exponentielle Wachstum der erneuerbaren Energien zu behindern“, sagte EWG-Präsident Hans-Josef Fell. Dieser alarmierende Trend gefährdet die Einhaltung der Pariser Klimaziele durch die internationalen Regierungen, da der Wechsel zu kostengünstigen und technologisch ausgereiften erneuerbaren Technologien der Schlüssel dazu ist, die Emissionen auf null zu senken.“ Gleichzeitig würden ihre sozioökonomischen Vorteile der Erneuerbaren nicht ausreichend ausgeschöpft und die Investitionen stagnierten. Dies zeigten Daten von IRENA. Demnach sich die Investitionen in erneuerbare Energien seit 2017 rückläufig. Der Trend werde sich wegen der weltweiten Corona-Pandemie wohl auch 2021 und 2022 fortsetzen.
IRENA habe auch die Stärken und Schwächen von Ausschreibungen ausgiebig untersucht und analysiere weiterhin innovative Modelle, die die vielfältigen Ziele der Bereitstellung von Strom aus erneuerbaren Energien zu den niedrigsten Preisen, Maximierung der sozioökonomischen Vorteile, Sicherstellung der rechtzeitigen Fertigstellung von Projekten und der Unterstützung der Integration von höheren Anteilen variabler erneuerbarer Energien in das System erreichen können. „Die Ergebnisse der neuen Studie liefern wertvolle Erkenntnisse für die weitere Analyse der Wirksamkeit der Politikgestaltung für diese Ziele“, kommentierte Francesco La Camera, IRENA-Generaldirektor.
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Das von H.-J. Fell geforderte exponentielle Wachstum ist mittelfristig nicht aufrecht zu erhalten. Das sollte Fell bewußt sein.
Unter der Annahme eines jährlichen Wachstums von 13%, was einer Zunahme der installierten PV Leistung um 7 GWp im Jahr 2021 entspricht, würde eine exponentielles Wachstum zu einer installierten PV-Kapazität von 620 GWp im Jahr 2040 führen.
Ein logistisches Wachstum mit ebenfalls 13% im Jahr 2021 würde dagegen unter der Annahme einer erforderlichen PV Kapazität von 300 GWp zu einem anfangs ansteigenden jährlichen Zubau auf 11 GWp im Jahr 2030 und danach zu einem leichten Rückgang des jährlichen Zubaus auf ca. 7 GWp in Jahr 2040 führen.
Wer sich dafür interessiert, hier die logistische Funktion:
y(t) = a/(1+1/exp(b+c*t))
mit t=Kalenderjahr minus 2020
und folgenden Werten für die Parameter; die ich in meiner Rechnung verwendet habe:
a=300 GW, b=-1.516, c=0.151.
Der Parameter b errechnet sich aus der Anfangskapazität (hier 54 GWp) und dem Zielwert (300 GWp) zu b = – ln(300/54-1).
Der Parameter c bestimmt die Geschwindigkeit des Ausbaus, also den jährlichen prozentualen Zuwachs der PV-Kapazität.
Auch ich habe mich an dem Begriff exponentielles Wachstum gestört, aber ich vermute, dass Herr Fell das Wort eher unüberlegt verwendet hat. Ein logistisches Wachstum zu fordern und anzustreben, ist sicherlich sinnvoller. Aber die Verwendung von ‚expon.‘ liegt in Coronazeiten richtiggehend in der Luft, und es kann ja nicht jeder Mathelehrer oder Techniker sein.
@Bechert
War Herr Fell nicht Lehrer am Gymnasium? Vielleicht sogar Physiklehrer?
Ein exponentielles Wachstum als notwendig zu benennen, ist ja vermutlich nur deshalb erfolgt, weil man seitens der Politik seit mindestens 10 Jahren beim EE Ausbau auf der Bremse steht. Die Menge an CO2, welches noch durch fossile Energieerzeugung ausgestoßen werde darf, um die Auswirkungen des Klimawandels auf weniger als 1,5°C durchschnittliche Temperaturerhöhung zu begrenzen, steht aber schon lange fest. Da verschiebt sich nichts nach hinten. Je länger man also wartet, desto schneller muss der Wechsel zu EE erfolgen (wenn überhaupt noch möglich, denn wer soll denn die ganzen Anlagen in der Kürze der Zeit und unter den Bedingungen EEG2021 noch bauen!). Da darf man IMHO durchaus auch mal übersteigerte Begriffe verwenden, um auszudrücken, dass es pressiert.