EEG-Novelle 2021: SPD verkündet Durchbruch – Enttäuschung bei Solarbranche

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Der SPD-Energiepolitiker Timon Gremmels verkündete nach den Verhandlungen im Koalitionsausschuss am Montag mit der Union den „Durchbruch beim EEG 2021“. „Das Verhandlungsergebnis ist ein starkes Signal für Klimaschutz und Beschäftigung. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Solarenergie kann weiter Fahrt aufnehmen“, sagte er am Montag. Die Vertreter von CDU, CSU und SPD hatten sich zuvor auf eine Anhebung der Ausbaupfade für Photovoltaik und Windkraft geeinigt, um dem EU Green Deal Rechnung zu tragen. Auch für Betreiber von Post-EEG-Anlagen hat er gute Nachrichten: „Altanlagen, deren EEG-Vergütung ab dem 1. Januar 2021 nach dann 20 Jahren Förderung ausläuft, können ohne unverhältnismäßige Anforderungen an die Messtechnik und ohne EEG-Umlage wirtschaftlich weiterbetrieben werden.“

Im Segment der Photovoltaik-Dachanlagen sind etliche Änderungen zum EEG-Entwurf vorgesehen. „Mit einer auskömmlichen Vergütung, einer spürbaren Entbürokratisierung und der Verankerung des Mieterstroms im Quartier wird das zarte Pflänzchen Mieterstrom endlich zum Blühen gebracht“, so Gremmels weiter. Nach pv magazine Informationen ist eine Befreiung von der Gewerbesteuer geplant und es sollen auch Quartierslösungen möglich werden.

Zudem hätten sich Union und SPD auf Verbesserungen beim „atmenden Deckel“ verständigt, womit auch neue Photovoltaik-Dachanlagen künftig wirtschaftlich attraktiv blieben. Bei den Ausschreibungen für die Dachanlage soll nun die Bagatellgrenze von 750 Kilowatt greifen, bisher waren 500 Kilowatt im EEG-Referentenentwurf vorgesehen. Allerdings äußerte sich Gremmels nicht zu dem geplanten neuen Modell mit einer Wahlmöglichkeit für die Betreiber von Photovoltaik-Dachanlagen.

„Last but not least runden spürbare Erleichterungen beim solaren Eigenverbrauch, der unter 30 Kilowatt künftig vollständig von der EEG-Umlage befreit werden wird, das durchweg positive Bild bei der Solarenergie ab“, sagte Gremmels weiter. Bisher sollte die Grenze nur bei 20 Kilowatt Leistung liegen, die EU-Erneuerbaren-Richtlinie sieht jedoch eine Befreiung von Eigenverbrauch bis 30 Kilowatt vor und muss bis Mitte 2021 eh in deutsches Recht übertragen werden.

„Nach zähen parlamentarischen Beratungen mit unserem Koalitionspartner können wir in jeder Hinsicht Erfolg vermelden: Das EEG 2021 steht nun ganz im Zeichen einer bürgernahen und dezentralen Energiewende. Mit der Verabschiedung 2021 am kommenden Donnerstag und der bereits erfolgten Abschaffung des Solardeckels und den Verbesserungen der Anrechenbarkeit von Solarstrom im Gebäudeenergie-Gesetz ist das Jahr 2020 ein gutes Jahr für die Solarenergie“, so Gremmels abschließend.

Die Grünen sind eher skeptisch und erwarten durch die „kleinen Verbesserungen“ nicht, dass es einen dynamischen Ausbau der erneuerbaren Energien geben wird. „Der Wirtschaftsminister hat diverse bürokratische Gemeinheiten in den Gesetzentwurf geschrieben, die die SPD jetzt rausverhandelt hat. Dafür haben sie Zugeständnisse bei großen Industriekonzernen gemacht, die jetzt keine hohen Nachzahlungen zur Finanzierung der Energiewende leisten müssen“, kommentierte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer die bekanntgewordenen Ergebnisse. Die Zugeständnisse betreffen hunderte Unternehmen wie Evonik, Henkel, BASF oder Bayer, die nun keine EEG-Umlage in Milliardenhöhe zahlen müssen. Diese Kosten werden jetzt wohl von der Allgemeinheit übernommen werden und die Klagen der Übertragungsnetzbetreiber auf Nachzahlung ins Leere laufen.

BSW-Solar: Einzelne Bremsen etwas gelockert und gleichzeitig neue Barrieren geschaffen

Weit weniger euphorisch als die SPD zeigte sich auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) in einer ersten Reaktion auf die im Koalitionsausschuss erzielte Einigung zwischen Union und SPD. Es handele sich um „klimapolitisch vollkommen unzureichende und unausgegorene Formelkompromisse“. Zwar würden einzelne Marktbremsen etwas gelockert, zugleich jedoch neue Marktbarrieren geschaffen und in den Vertrauensschutz der Unternehmer eingegriffen. Dies gelte besonders für das Segment der gewerblichen Photovoltaik-Dachanlagen, wo der BSW-Solar weiterhin wegen der erheblichen geplanten Einschnitte von einem deutlichen Marktrückgang ausgehe. Eine große Marktbremse seien jüngste Pläne, Projektierer größerer Photovoltaik-Dächer ab 300 Kilowatt Leistung nur noch dann eine Marktprämie für jede ins öffentliche Stromnetz eingespeiste Kilowattstunde Solarstrom zu gewähren, wenn diese zuvor erfolgreich an einer Auktion teilgenommen haben. Zwar solle es für Betreiber bis zu einer Leistungsobergrenze von 750 Kilowatt auch die Alternative geben, maximal 50 Prozent des erzeugten Solarstroms ohne Auktionsteilnahme vergütet zu bekommen. Für viele Betreiber von Lagerhallen mit geringen Stromverbräuchen käme dies aber einer Halbierung der Förderung gleich. Eine Auktionsteilnahme kommt für die Mehrzahl von ihnen nicht in Betracht, kritisiert der Verband. Für einen solch umfassenden Systemwechsel brauche es eine Übergangsfrist von mindestens zwei Jahren.

Als Schritt in die richtige Richtung sieht der BSW-Solar dagegen die Anhebung der Eigenverbrauchsbefreiung für Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt. Nicht vermittelbar bleibe jedoch, dass höhere solare Eigenverbräuche weiterhin mit der anteiligen EEG-Umlage belastet werden. Es sei auch zu begrüßen, dass Betreiber von bestehenden Photovoltaik-Anlagen bis 7 Kilowatt Leistung weiter vom Zwangseinbau intelligenter Messsysteme ausgenommen bleiben sollen. Zudem ist wohl eine Verlängerung der Übergangsfrist bis Dezember 2021 vorgesehen.

Dennoch das Fazit: „Die Bundesregierung muss dringend nachbessern, ansonsten steuern wir weiterhin in hohem Tempo auf eine Klimaschutz- und Stromerzeugungslücke. Die Kompromissvorlage ist viel zu verzagt, gleichzeitig werden zu viele wichtige Punkte vertagt. Unzumutbar sind die geplanten Einschränkungen bei der Förderung neuer größerer Solardächer“, erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar.

Weitere geplante Änderungen

Aus dem politischen Berlin sickerten zudem weitere geplante Änderungen aus dem Entwurf durch. So sollen künftig Agro- und Floating-Photovoltaik-Anlagen in den Innovationsausschreibungen erprobt werden. Auch bei den negativen Strompreisen gab es Nachbesserungen. So sollen die Betreiber in der verpflichtenden Direktvermarktung nicht bereits ab der ersten Stunde mit negativen Strompreisen keine Vergütung mehr erhalten, sondern nach vier aufeinanderfolgenden Stunden. Das bisherige EEG sieht den Vergütungsausfall erst nach sechs Stunden vor. Das Volumen der Ausschreibungen für Dachanlagen soll zudem um 50 Megawatt aufgestockt werden, die bei den Freiflächenanlagen abgezogen werden.

Ferner ist zu vernehmen, dass es noch einen Entschließungsantrag geben soll, der parallel zur EEG-Novelle 2021 verabschiedet werden soll. Dort sollen die Themen Erhöhung der Ausbaupfade und Auslaufen der EEG-Förderung aufgegriffen werden. Die Verhandlungen darüber zwischen SPD und Union scheinen noch nicht abgeschlossen.

Kritik von allen Seiten

Letzteres wertete Greenpeace als „Armutszeugnis der Koalition“. „Mit diesen Vorschlägen wird Deutschland noch nicht einmal das schwache Ausbauziel von 65 Prozent Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch bis 2030 erreichen können“, sagte Klimaexperte Andree Böhling. „Nur der SPD ist zu verdanken, dass es einzelne, wichtige Verbesserungen an dem zu schwachen Entwurf von Minister Peter Altmaier gibt. Zu nennen sind hier die Lösungen für Windanlagen, die aus der Förderung fallen, eine unbürokratische Mieterstrom-Regelung und die verstärkte Nutzung von Solarstrom beim Eigenbedarf.”

Ebenfalls eher enttäuscht von dem Ergebnisse der EEG-Verhandlungen der Koalition ist man bei Lichtblick. „Das neue EEG ist der energiepolitische Abgesang der Koalition. Der Reform fehlen Vision und Mut. Was bleibt, ist ein Bürokratiemonster ohne Durchschlagskraft“, sagt Ralf Schmidt Pleschka, Koordinator Energie- und Klimapolitik bei dem Ökoststromanbieter. Wegweisende Reformen, wie die Abschaffung der EEG-Umlage, seien nicht einmal diskutiert worden. „„Die Koalition hat die Chance vertan, den Übergang der erneuerbaren Energien in den Markt voranzubringen.“

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) spricht von „kleinteiligen Verbesserungen, aber nicht der große Wurf“. Es gebe weiterhin bestehende Leerstellen. . „Auf den letzten Metern ist es der Koalition gelungen, viele kleine Punkte noch zu klären. Völlig unverständlich ist allerdings, dass die Erhöhung der Ausbauziele auf das kommende Jahr verschoben wird. Damit fehlt die entscheidende Grundlage, um Erneuerbare-Ausbau-Ziele und Klimaziele zu erreichen“, bemängelte BEE-Präsidentin Simone Peter. Mit Blick auf die Koalitionseinigung bei der Photovoltaik sehe sie „nur wenig Licht und viel Schatten“. Gerade die Neuregelung bei großen Photovoltaik-Dachanlagen stößt beim BEE auf scharfe Kritik. Der Verband will eine Ausschreibungspflicht für Dachanlagen erst ab einer Schwelle von einem Megawatt Leistung.

Der BEE hatte von der Bundesregierung in den vergangenen Monaten immer wieder Nachbesserung bei der Regelung zu negativen Strompreisen gefordert. Der jetzige Kompromissvorschlag sei unzureichend. „Eine Aussetzung der EEG-Vergütung nach vier Stunden negativer Strompreise ist eine Verschärfung, nachdem schon die bisherige Grenze von 6 Stunden ihre Wirkung verfehlt hat. Außerdem tragen verstärkt fossile Kraftwerke zu negativen Preisen bei. Daher ist der § 51 völlig kontraproduktiv und gehört abgeschafft“, so Peter.

Auch Ländervertreter zeigten sich wenig begeistert. Niedersachens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies sprach von einem „Feigenblatt für den Klimaschutz“. Zwar habe sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in einigen Punkten bewegt, doch er hätte sich „mehr Mut gewünscht“, sagte Lies. „„Wir wollen 2040 unseren Energiebedarf komplett aus Erneuerbaren decken. Darum ist diese Reform des EEG für mich kein wirklicher Schritt nach vorne.“ Es sei dennoch richtig, die Novelle jetzt zu machen. „Wir werden jetzt damit arbeiten. Uns allen muss klar sein, dass die nächste Novelle mindestens zwei Jahre lang auf sich warten lassen wird. Jetzt müssen wir unsere Kräfte bündeln und gemeinsam etwas auf den Weg bringen: Dieses EEG dann nochmal zu novellieren, geht in die falsche Richtung. Wir brauchen jetzt konsequent für die Zukunft einen Weg, um die EEG-Umlage auf 0 Cent zu bringen und gleichzeitig die Sicherheit beim Ausbau der Erneuerbaren mit einer gesetzlich abgesicherten Finanzierung zu gewährleisten“, sagte Lies.

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wird fortlaufend mit Reaktionen ergänzt.

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