Erst vor wenigen Tagen hat die EU-Kommission den Ausschreibungsmechanismus für die Stilllegung der Steinkohlekraftwerke beihilferechtlich genehmigt. Damit konnte die Bundesnetzagentur die Ergebnisse der ersten Runde veröffentlichen. Demnach erteilte sie elf Zuschläge für eine Gesamtmenge von 4788 Megawatt. Anders als bei Photovoltaik oder Windkraft sichern die Zuschläge nicht den Bau neuer Anlagen, sondern sind als Stilllegungsprämien für die Betreiber gedacht. Ab dem 1. Januar 2021 dürfen die Anlagen keine erzeugte Leistung oder Arbeit mehr am Strommarkt vermarkten. Dies bedeutet im Umkehrschluss: Sie werden in diesem Jahr noch stillgelegt.
Die ausgeschriebenen vier Gigawatt seien deutlich überzeichnet gewesen, hieß es von der Bonner Behörde am Mittwoch. Die bezuschlagten Gebote bewegten sich zwischen 800 und 3,6 Megawatt. Die Zuschlagswerte reichten von 6047 bis 150.000 Euro pro Megawatt. Genau wie bei den Photovoltaik-Ausschreibungen erhalten die Bieter ihren individuellen Gebotswert. Den mengengewichteten durchschnittlichen Zuschlagswert gibt die Bundesnetzagentur mit 66.259 Euro pro Megawatt an und betont, er liegt „deutlich“ unter dem Höchstpreis von 165.000 Euro pro Megawatt, was auf den hohen Wettbewerb zurückzuführen ist. Die Gesamtsumme der Zuschläge belaufe sich auf rund 317 Millionen Euro.
Bei der Auktion ist nicht allein der Gebotswert entscheidend. Die Zuschläge werden vielmehr nach dem Verhältnis der verlangten Zahlung zu der voraussichtlich bewirkten CO2-Reduzierung bewertet. „Die Kennziffer ergibt sich aus dem Gebotswert, geteilt durch die durchschnittlichen jährlichen historischen Kohlendioxidemissionen pro Megawatt Nettonennleistung der Steinkohleanlage“, heißt es von der Bundesnetzagentur zur Erklärung. Die Kennziffer ist dann entscheidend für die Zuschlagserteilung, wobei Steinkohlekraftwerke mit hohem CO2-Ausstoß bei gleicher Gebotshöhe den Vorzug erhalten. Der Zuschlagsmechanismus führe dazu, dass vereinzelt Bieter keinen Zuschlag erhalten, obwohl sie ein niedrigeres Gebot pro Megawatt abgegeben haben als den höchsten bezuschlagten Gebotswert. Die nächste Ausschreibungsrunde ist für den 4. Januar terminiert.
Die Übertragungsnetzbetreiber prüfen nun die bezuschlagten Kraftwerke für die Stilllegung noch auf ihre Systemrelevanz. Sie können dann entsprechende Anträge stellen und sofern die Bundesnetzagentur die Systemrelevanzausweisung einer Anlage genehmigt, steht diese der Netzreserve zur Verfügung, wie es weiter hieß. Auch dann dürfe sie keinen Strom mehr am Strommarkt verkaufen, stünde aber in kritischen Situationen noch zur Absicherung des Netzes zur Verfügung.
Reaktionen
Der Kommentar von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lautete wie folgt: „Es ist erfreulich, dass die erste Ausschreibungsrunde überzeichnet war. Das zeigt, dass es einen echten Wettbewerb unter den Bietern gab. Mit dem heutigen Gebotszuschlag ist es amtlich: Noch in diesem Jahr gehen wie geplant Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 4 Gigawatt vom Netz.“
Der Grünen-Energieexperte und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Oliver Krischer monierte dagegen die hohen Kosten. „Als Grüne freuen wir uns natürlich, dass jetzt die ersten Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Das hätte man aber auch deutlich billiger haben können“, sagte Krischer. Die meisten der nun bezuschlagten Kraftwerke wäre zeitnah allein aus dem Markt verschwunden. „Durch die niedrigen Strompreise und die geringe Nachfrage nach Kohlestrom schreiben viele Kohlekraftwerke rote Zahlen.“ Mit den Ausschreibungen für die Stilllegung könnten die Betreiber ihre bereits abgeschriebenen Kraftwerke nochmals zu Geld machen.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) spricht mit Blick auf die Stilllegung der ersten Steinkohlekraftwerke von einem „energiepolitischen Meilenstein auf dem Weg zu einem klimaneutralen Energieversorgungssystem“. Die Überzeichnung zeige, dass das System funktioniere. „Sehr kritisch sehen wir weiterhin, dass es grundsätzlich möglich bleibt, Kraftwerke per Ordnungsrecht entschädigungsfrei stillzulegen. Auch die Streichung der Ausschreibungsrunde für 2027 als Grundlage für die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission sehen wir sehr kritisch“, erklärte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. Die Politik müsse für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende „parallel zum Ausstieg aus der Kohleverstromung den Einstieg in den Bau von notwendigen Ersatzkapazitäten“ ermöglichen. Dafür müsse inbesondere der Ausbau der Erneuerbaren sowie Gas-KWK-Ersatzanlagen unbedingt beschleunigt werden. Auch der entschlossene Einstieg in eine Wasserstoffwirtschaft müsse forciert werden. „Die bisher verabschiedeten Regelungen reichen dafür nicht aus, hier muss dringend nachgesteuert werden“, so Andreae weiter.
Auch Greenpeace kommentierte die Ausschreibungsergebnisse. „„Die Stilllegung Moorburgs ist das Mahnmal einer Ära irrationaler energiepolitischer Entscheidungen in Deutschland, die bis heute die erdrückenden Fakten der Klimakrise ignoriert. Erst der auf Druck der Klimabewegung beschlossene Kohleausstieg setzt diesem Kurs ein Ende“, sagte Energieexperte Andree Böhling. Einer der elf Zuschläge ging an das Steinkohlekraftwerk Moorburg. Zugleich forderte Greenpeace einen schnelleren Ausstieg aus der Kohle. „. Niemanden ist zu erklären, warum ein vergleichsweise junges Steinkohlekraftwerk vom Netz geht, während die schmutzigsten Braunkohlekraftwerke noch viele Jahre weiterlaufen dürfen. Der Ausstieg aus der Kohle muss schneller kommen, und er darf keine Blankoschecks für Kohlekonzerne auf Kosten der Steuerzahler ausstellen.“
Greenpeace Energy hält dagegen das gewählte Prozedere für fragwürdig. „Offensichtlich ist der Druck unter den Betreibern ist groß, weil ihre Kohlemeiler bereits unrentabel sind oder es bald werden“, sagt Sönke Tangermann. „Der Staat vergoldet den Betreibern also die Abschaltung von Kraftwerken, die sich wirtschaftlich ohnehin nicht mehr richtig rechnen.“
Der Grünen-Energieexperte und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Oliver Krischer monierte dagegen die hohen Kosten. „Als Grüne freuen wir uns natürlich, dass jetzt die ersten Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Das hätte man aber auch deutlich billiger haben können“, sagte Krischer. Die meisten der nun bezuschlagten Kraftwerke wäre zeitnah allein aus dem Markt verschwunden. „Durch die niedrigen Strompreise und die geringe Nachfrage nach Kohlestrom schreiben viele Kohlekraftwerke rote Zahlen.“ Mit den Ausschreibungen für die Stilllegung könnten die Betreiber ihre bereits abgeschriebenen Kraftwerke nochmals zu Geld machen.
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