Gestern hat das Bundesverfassungsgericht einer Klage von Vattenfall Recht gegeben, wonach die Bundesregierung keine ausreichenden Schadensersatzregelungen für den Atomausstieg im Jahre 2011 geschaffen hat. Auch die spätere Gesetzgebung zum Schadensersatz aus dem Jahre 2016 ist verfassungswidrig und schlampig aufgrund vieler Verfahrensfehler. Deswegen werden wir alle als Steuerzahler milliardenschwere Schadensersatzzahlungen leisten müssen. Und das Ende der Schadensersatzforderungen ist noch längst nicht in Sicht, wie die anhängige 5 Milliarden Euro schwere Klage von Vattenfall vor dem internationalen Schiedsgericht der Weltbank (ICSID) in Washington zeigt. (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/vattenfall-klage-atomausstieg-103.html)
Der atompolitische Irrweg unter Kanzlerin Merkel ist eine nun seit einem Jahrzehnt dauernde Geschichte von Pleiten und Pannen zum massiven Schaden der Steuerzahler und der Umwelt.
Zunächst hatte die Regierung unter Kanzlerin Merkel gegen große gesellschaftliche Proteste den rot-grünen Atomausstieg mit einer Laufzeitverlängerung im September 2010 abgeschafft. Damals hatten wir Grünen im federführenden Umweltausschuss heftig vor dieser gravierenden Fehlentscheidung gewarnt. Als Obmann der Grünen im Umweltausschuss kritisierte ich, dass damit der schwer errungene rot-grüne Atomausstieg leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. Unter Rot-Grün gelang es bereits im Jahre 2000 in zähen Verhandlungen mit der Atomwirtschaft, einen Atomkonsens auszuhandeln, in welchem die Atomkonzerne sich verpflichteten, keinen Schadensersatz zu fordern. Genau dieser Erfolg wurde mit der Laufzeitverlängerung von 2010 über Bord geworfen.
Allen unseren Argumenten zum Trotz wurde die Laufzeitverlängerung 2010 durch den Bundestag gepeitscht. Mir ist es eine bleibende Erinnerung, wie der damalige Fraktionsvorsitzende der Union, Peter Altmaier, im Umweltausschuss anwesend war, keine inhaltliche Debatte zuließ und nur darauf drang, die Laufzeitverlängerung durchzubringen. Es war das einzige Mal in meiner 15-jährigen Zeit im Bundestag, bei dem ich erlebte, dass ein Fraktionsvorsitzender extra an einer Ausschusssitzung teilnahm, um ein Gesetzesprojekt durchzupeitschen.
Doch dann ereignete sich im März 2011 der furchtbare Super-GAU von Fukushima. Immerhin erkannte Kanzlerin Merkel ihre dramatische Fehlleistung der Laufzeitverlängerung und setzte gegen große Widerstände in den eigenen Reihen den schwarz-gelben Atomausstieg durch, wieder überhastetet und mit hoher Geschwindigkeit. Im Umweltausschuss kritisierten wir Grünen, dass das Gesetz schlampig gemacht sei und Milliardenklagen als Schadensersatzforderung der Atomkonzerne zu befürchten seien. Wie immer wurden unsere Bedenken einfach vom Tisch gefegt. Dabei hatte auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages klare Bedenken gegen die Art des schwarz-gelben Atomausstieges geäußert und vor möglichen Schadensersatzklagen der betroffenen Atomkonzerne gewarnt. (https://www.bundestag.de/resource/blob/413920/6d1e438bed30ba976121b641bfa0aed8/WD-3-115-11-pdf-data.pdf)
Nichts von der Kritik der Opposition und der nicht nur vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags vorgetragenen Bedenken wurde von der Regierungskoalition aufgegriffen, sondern sie zogen den Gesetzgebungsprozess schlecht, schlampig und knallhart durch.
Heute, 10 Jahre später bekommen wir über das Bundesverfassungsgericht als Steuerzahler die Quittung für die in allen Belangen schlampige und verfehlte Atompolitik unter Kanzlerin Merkel.
Und dieser katastrophale Politikstil dauert bis heute an. Die seit 2005 und bis heute andauernde verheerende Politik gegen die erneuerbaren Energien hat dazu geführt, dass die Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Energien massiv eingebrochen ist. Die jetzt dem Bundestag vom Bundeskabinett vorgelegte EEG-Novelle würde, bei entsprechender Verabschiedung im Bundestag, einen weiteren Einbruch des Ausbaus der erneuerbaren bedeuten. Und nun gibt es die immer stärker vernehmbare Debatte in Deutschland, dass wegen des „leider“ zu langsamen Ausbaus der erneuerbaren Energien und der Nichterreichung der Klimaziele eine erneute Laufzeitverlängerung der letzten noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke doch „eine sinnvolle Option“ sei.
Der Atompolitische Irrweg von Kanzlerin Merkel hat bis heute kein Ende gefunden und das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil dazu sein höchstrichterliches Attest dazu erteilt.
Wann endlich begreifen die Menschen in Deutschland, wie schlecht, schlampig und mit falschen Zielvorstellungen im Energiesektor die vergangenen Regierungen aus CDU/CSU, FDP bzw. SPD unter Kanzlerin Merkel gearbeitet haben und weiterhin arbeiten.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
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Die größte Schlamperei der gegenwärtigen Regierungskoalition ist, dass sie ihre Verantwortung für langzeitige Zwischenlager hochradioaktiven Mülls aus Atomkraftwerken nicht wahrnimmt.
Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass in absehbarer Zeit ein überwachungsloses Endlager gefunden wird, dass künftige Generationen ausreichend vor radioaktiver Umweltverseuchung schützt.
Regt sich noch jemand über weitere Milliarden, Billionen, Trillionen oder was noch auf? Herr Scholz sagt doch, wir haben genug. Anscheinend ist das so, der Michel zahlt alles und hält den Schnabel. Franzosen, Spanier, Italiener hätten den Leuten in Berlin wegen „Energiewende“ schon längst die Hölle heiß gemacht.
Es war von Anfang an klar, daß es der größte Fehler seit 45 war, völlig einwandfreie AKWs stillzulegen. Das war ein rein politischer Beschluß zum Wählerfang und jenseits aller Verantwortung für dieses Land.
Und ein „sicheres“, unterirdisches Endlager für strahlendes Material wird es nie geben, jedenfalls nicht in diesem unseren kleinen Land. Die Landesregierung, die dem zustimmen würde, beginge politischen Selbstmord.
Das Ganze ist ein böses Spiel mit den gutgläubigen Bürgern. Es wurde zwar beschlossen ab 2023 keinen Atomstrom in Deutschland mehr zu produzieren, es wurde aber nicht verboten Atomstrom in Deutschland zu verbrauchen. So kam es, dass diese Natur- und menschliche Gesundheit zerstörenden transeuropäischen Übertragungsnetze geplant wurden. In diesen Leitungen gibt es keine Grenze, der Strom fließt immer dahin, wo der geringste Widerstand ist, wo also Strom fehlt. Ist nun künftig in Deutschland wegen Sonne- und Windmangel zu wenig Strom im Netz, dann fließt z.B. tschechischer Atomstrom zur sicheren Deckung der Last automatisch nach Deutschland, zu diesem Zweck sind 2 Atomkraftwerke in Tschechien geplant, ebenso beabsichtigt man in Polen 6 Atomkraftwerke zu bauen, auch diese Kraftwerke werden Deutschland mit versorgen, dieses Vorgehen ist ganz im Sinne der französischen Politik denn auch dort setzt man künftig auf CO2 freie Atomenergie.
Einmal überlegen irgendwoher muss der Strom in Deutschland kommen, wenn es nur noch Wind und PV-Strom gibt, diese Einspeisung ist fluktuierend, d. h. manchmal gibt es sie und manchmal nicht. Hätte man es nun mit dem Atomausstieg ernst gemeint dann hätte man sich nach der fluktuierenden Einspeisung richten müssen, dazu ist eine Erweiterung des Übertragungsnetzes hinderlich, denn eine solche Versorgungsplanung mit Wind- und PV-Strom dreht das vorhandene System um 180°, eingespeist wird nicht mehr zentral sondern dezentral, nicht auf der obersten Spannungsebene sondern auf den unteren Spannungsebenen, warum soll dieser Strom auf die oberste Spannungsebene hochtransformiert werden, wenn er doch auf den unteren Spannungsebenen gebraucht wird.
Eine Stromergänzung wären für die Überbrückungszeit bis die Digitalisierung und Stromspeicher beim Systemwechsel aufholen Gaskraftwerke. Zusammen mit Wind- und PV-Anlagen und vielleicht noch einem Speicher zum Glätten der Stromspitzen könnten diese ein Kombikraftwerk bilden. Diese Gestaltung einer gesicherten Leistung würde auch die hohen Redispatchkosten und der Reservekraftwerke einsparen.
Umso mehr Gas nun eingespart wird, weil viel Wind weht und Sonne scheint umso wirtschaftlicher wäre das Kombikraftwerk, das Gaskraftwerk dient dabei hauptsächlich dazu, dass immer eine gesicherte Leistung vorhanden ist und das benötigt Deutschland, denn immerhin ist es die Industrie die 75% des deutschen Strombedarfs ausmacht, die aber pünktlich ihren Bedarf im Voraus gedeckt wissen möchte , ansonsten ist es verständlich, dass sie den Transfer mit dem Atomstrom über diesen geplanten Übertragungsnetzausbau befürwortet. Die Frage die sich stellt ist: wie teuer ist eine kWh eines solchen Kombikraftwerks ist der Preis wettbewerbsfähig mit anderer Stromerzeugung. Es sind nun vor allem die Grünen die diese Stromtrassen vorantreiben, was soll man davon halten?
Solange Autonmie regenerativer Energieversorgung verhindert wird und die Verpflichtung zur Einspeisung in das europäische Graustromnetz erhalten bleibt, sind die Bedenken von @Kühnel nicht von der Hand zu weisen.
Das Graustromnetz verhindert die Abwehr der Klimakatastrope mit 100 % regenerativer Energieversorgung.