Nächstes Jahr kommen die Silizium-Perowskit-Zellen aus der ersten Serienproduktion von Oxford PV auf den Markt

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pv magazine: Sie bauen nördlich von Brandenburg eine sehr ambitionierte Photovoltaik-Fertigung auf und wollen etwas produzieren, was es auf dem Markt noch nicht gibt, nämlich Perowskit-Silizium-Tandemzellen. Wie weit sind Sie?

Frank Averdung (Foto): Der Standort ist vorbereitet und wir bauen jetzt das Equipment auf. Wir wollen ja eine komplett integrierte Zelle produzieren. Das heißt, wir kaufen Wafer, produzieren eine Heterojunction-Zelle und darauf setzen wir eine Perowskit-Zelle. Die Heterojunction-Linie ist bereits installiert. Die Tools für die Perowskit-Linie kommen jetzt in der zweiten Jahreshälfte. Wir erwarten, dass dann die Mehrzahl der Tools bis zum Jahresende in der Fabrik steht. Im ersten Quartal des nächsten Jahres machen wir die Prozessintegration und beginnen langsam, die Fabrik hochzufahren. Mitte des Jahres wollen wir dann richtig produzieren.

Wie hoch ist die anvisierte Produktionskapazität und was sind die Investitionskosten?

Wir wollen mit der Linie 125 Megawatt produzieren, voll integriert, also Heterojunction plus Perowskit. Die Investitionssumme inklusive Facility wird so ungefähr in der Größenordnung 50 Millionen Euro sein.

Wer sind die Investoren?

Wir sind ein Venture-Capital-finanziertes Unternehmen und haben einige strategische Investoren. Zu den strategischen Investoren gehört Legal & General, ein großer Versicherungskonzern aus England, gleichzeitig die zehntgrößte Financial Services Company der Welt. Das norwegische Öl- und Gasunternehmen Equinor mit 60 Milliarden Umsatz investiert. Wir haben Goldwind aus China, zweitgrößter Windturbinenhersteller der Welt. Und last but not least Meyer Burger, die ja als unser Technologie- und Equipment-Partner an Bord und ebenfalls investiert sind. Darüber hinaus haben wir natürlich noch eine Vielzahl anderer Investoren. Die Oxford University ist etwa auch noch mit fünf Prozent investiert.

Meyer Burger ist ja bekannt dafür, eine Heterojunction-Zell- und Modulfertigung entwickelt zu haben und plant jetzt selbst eine Produktion in Bitterfeld und Freiberg. Die Heterojunction-Linie bekommen Sie von dort. Auch das Perowskit-Equipment?

Das Perowskit-Equipment kommt auch von Meyer Burger, ja.

Welche Effizienz können Sie mit den Heterojunction-Perowskit-Tandemzellen unter Produktionsbedingungen inzwischen erreichen?

Wir haben ein dreistufiges Konzept. Wir haben Laborzellen, die wir in Oxford herstellen und mit denen wir 2018 einen Weltrekord etabliert haben. Wir haben dann die Pilotlinie, auf die in Brandenburg an der Havel ja seit drei Jahren in Betrieb ist und kleine Volumina produziert. Und wir werden dann Mitte des Jahres eine Zieleffizienz von 27 Prozent in der Produktion auf der neuen Linie haben. Zum Vergleich: die besten kristllinen Zellen liegen bei 25 Prozent.

Kann man aufdröseln, welchen Anteil an der Efizienz die Heterojunctionzellle hat, und welchen Anteil die Perowskitzelle hat?

Man könnte es natürlich aufdröseln, aber es ist nicht wirklich sinnvoll. Es gilt ungefähr diese Faustformel: Sie bekommen in einer Tandemzelle etwa 50 Prozent der Effizienz der unteren Heterojunction-Zelle und 100 Prozent der Effizienz der Perowskit-Zelle. Von der unteren Zelle bekommen Sie nicht mehr, weil sich die Absorptionsspektren überlappen und die obere Zelle einen Teil des Lichts herausfiltert. Das heißt, jede Effizienzsteigerung der unteren Zelle um ein Prozent ergibt in der Tandemzelle dann nur eine Steigerung um 0,5 Prozent. Die Weiterentwicklung der Tandemzelle in die Region jenseits von 30 Prozent wird daher ausschließlich durch die Optimierung der Perowskitzelle getrieben. Wir haben eine interne Roadmap, nach der wir etwa zwischen 0,5 und 1 Prozent zusätzliche Effizienz pro Jahr erreichen.

Die Zertifizierung können sie erst mit dem finalen Produkt machen.  Haben Sie schon untersucht, wie sich Module, die mit Zellen aus Ihrer Pilotlinie gefertigt werden, diesbezüglich verhalten und ob sie die Zertifizierung bekommen würden?

Ja, da sehen wir kein Problem. Das wesentliche Thema bei Perowskitzellen ist ja die Langzeitstabilität. Wir haben schon sehr früh, also direkt, nachdem wir erste Produkte aus der Kleinserie in Brandenburg bekommen haben, diese Zellen genutzt, um dann die Lebensdauertests zu machen. Wir haben dann die klassischen IEC-Tests, die man an Minimodulen durchführen kann, gemacht und mehrfach bestanden.

Wann wird man mit den ersten Produkten auf dem Markt rechnen können?

Zertifizieren dauert natürlich ein paar Monate. Deswegen ist unser Ziel, die volle Linienintegration so früh wie möglich hinzukriegen, dass wir dann mit den Zellen die Zertifizierung treiben können, die dann in der Größenordnung drei bis vier Monate dauert, sodass wir dann Mitte des Jahres am Start sind.

Sie fertigen die Hocheffizienzzellen. Wer wird daraus Module fertigen? Werden Sie die Zellen an mehrere Modulhersteller verkaufen?

Wir beabsichtigen, unsere Tandemzellen gemeinsam mit Modulpartnern in den Markt zu bringen. Mit Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt haben, dass sie erfolgreich in dem Premiumsegment der Dachinstallationen agiert haben. Glücklicherweise gibt es in Europa mehrere solcher Firmen.

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Welche Marktsegmente wollen Sie erreichen?

Die Zielrichtung für die Produktion in den ersten Jahren ist der private Dachanlagenmarkt und dort der Premiumbereich. Also der Bereich, der heute von Playern abgedeckt wird, wie zum Beispiel LG und Sunpower.

Es gibt ja die Diskussion um das Blei, das in den Perowskit-Kristallen enthalten ist. Wie sehen Sie das im Zusammenhang mit dem Premium-Dachmarkt? Ist das nicht ein Problem?

Nein, das denken wir nicht. Es ist Blei drin, es ist aber relativ wenig. Wenn das gesamte Blei eines Panels ausgewaschen und in den Boden eintreten würde, dann entspricht das ungefähr dem Hintergrundbleigehalt, der sowieso im Boden enthalten ist. Module sind auch von der RoHS-Richtlinie ausgenommen, die die Verwendung gefährlicher Substanzen beschränkt. Perspektivisch arbeitet man natürlich daran, Blei zu ersetzen. Das wird aber eher erst in zehn Jahren oder danach möglich sein. Wir glauben nicht, dass das eine Einschränkung für den Dachmarkt sein wird. Auch heute enthalten immer noch in ein großer Teil der Module über das Lot Blei.

Müssen Sie ein eigenes Rücknahmesystem aufbauen oder können die Module in das Standardrecycling gehen?

Das sollte mit dem Standard-Recyclingprogramm möglich sein.

Wie soll die Produktion nach dem ersten Ausbauschritt weiter ausgebaut werden?

Wir haben uns natürlich auch überlegt, ob es sinnvoll ist, den Standort dann noch einmal zu erweitern. Wir haben das perspektivisch zwar vorgesehen und könnten am Standort die Kapazität verdoppeln. Aber damit erreichen Sie ja nicht wirklich Skaleneffekte. Eine gute Kostenposition erreichen Sie nur mit guten Skaleneffekten. Das bedeutet, der nächstgrößere Schritt wäre, in den Gigawattbereich zu gehen. Das planen wir für den Zeitraum 2024.

Auch wieder in Brandenburg an der Havel?

Ich würde Brandenburg an der Havel jetzt nicht ausschließen. Wir planen, Mitte 2022 mit der Planung loszulegen und würden dann die Standortauswahl treffen. Es spricht natürlich einiges für Brandenburg, insbesondere, weil wir hier unsere Ingenieur-Expertise haben und es auch ein Vorteil ist, wenn man in der Nähe seiner ersten Linie expandiert. Aber es kann auch überall woanders sein. Wir denken allerdings, dass es für uns sinnhaftig ist, sie in Europa zu bauen und im ersten Schritt nicht aus Europa rauszugehen.

 

Umfeld in Europa

 

Sie sind bei dem „Solar Manufacturing Accelerator“ von  Solarpower Europe gelistet mit dem Plan, mit 250 Millionen Euro Investitionskosten 2024 die Fertigung auf bis zu 10 Gigawatt zu erweitern. Beantragen Sie in diesem Rahmen auch Unterstützung bei der EU?

Wir würden natürlich gerne Unterstützung von der EU bekommen. Die EU hat ja mit der Europäische Investmentbank ein Werkzeug dazu. Mit ihr arbeiten wir zusammen, was die Darlehensvergabe betrifft. Aber man muss natürlich auch sagen, die EU tut sich schwer, Randbedingungen zu schaffen, die den Randbedingungen, die man in Asien sieht, nahekommen. Das ist ein fundamentales Problem. Dabei wissen wir ja, dass die Photovoltaik der Eckstein der Transformation weg von Kohlendioxid ist. Es ist neben der Windkraft die einzige Energiequelle, die uns in Zukunft hinreichend viel Energie geben kann. Sie ist die Basis für alles das, was heute geplant wird, inklusive der Wasserstoffwirtschaft. Wir wissen, dass in den nächsten dreißig Jahren viele, viele Terrawatt Photovoltaik installiert werden müssen.

Was folgt daraus für Sie?

Es stellt sich die Frage, sollte eine Volkswirtschaft wie die europäische sich davon abkoppeln? Würde man hier nur Module installieren, die man von außerhalb zukauft? Das macht aus ökonomischer Sicht nicht wirklich viel Sinn. Denn warum sollte man diese Wertschöpfung woanders lassen? Das haben die Volkswirtschaften in Asien gut verstanden. Die Photovoltaik ist dort als eine Schlüsseltechnologie ausgesucht worden, weil man weiß, dass sie vermutlich eines der größten Geschäftsfelder der nächsten Jahrzehnte werden wird. Vor diesem Hintergrund wird dort direkt, aber auch quer subventioniert. Das ist natürlich ein Problem für jeden, der unter ganz anderen Rahmenbedingungen etwas aufbauen will.

Wie sieht die Unterstützung in China aus?

Wenn wir jetzt eine Fabrik in Asien aufsetzen würden, dann würden wir zu einer entsprechenden Präfektur gehen und würden dort sagen: Wir wollen eine Fabrik bauen, wir schaffen so und so viele Arbeitsplätze. Dann stellen die uns eine Fabrik hin, geben uns erst mal das Land und das Gebäude, zu einem Null-Mietzins oder einem geringen Mietzins. Dann würden wir mit einem Equipment-Hersteller arbeiten und mit ihm vereinbaren: Hier, schau, wir bauen bald ein paar Gigawatt hin, die erste Linie stellst du mir einfach mal fürs erste Jahr for free hin, die zahle ich dann aus meinen Umsätzen. Und dann gehe ich zum Staat und sage: Pass auf, die ersten zwei Gigawatt, die würde ich doch gerne in einen Solarpark verkaufen, den ihr besitzt, und da brauche ich natürlich auch gute Konditionen, weil ich bin ja am Anfang meines Geschäfts. Und dann sage ich: Und by the way, wenn ihr wollt, dass ich wirklich gut wachse, dann gebt mir ein paar Steuererleichterungen für die nächsten zehn Jahre. Das ist typischerweise das Paket, das Sie dort sehen.

Und in Europa ist das nicht so?

Nein. Und wenn man jetzt in Europa glaubt, dass man das nach der reinen Lehre  einfach so akzeptieren sollte und da nicht mithalten muss, dann ist das ein Fehler. Wir sehen ja bei den Wettbewerbern, die in Asien sind, dass die das Skalenthema extrem ernstnehmen. Jede Woche steht bei Ihnen im Magazin, dass wieder ein Hersteller 10 Gigawatt hier und ein anderer Hersteller 10 Gigawatt dort angekündigt hat. Die Chinesen haben sehr klar erkannt, dass es ein Skalengeschäft ist. Und sie haben auch erkannt, dass sie sich vorbereiten müssen auf den Moment, wo die Effizienzsteigerung beim kristallinen Silizium nicht weitergeht.

Was hat das mit dem Ende der Effizienzsteigerung bei kristallinen Siliziummodulen zu tun?

Die theoretische Effizienz von kristallinem Silizium ist 29 Prozent. Die beste Siliziumzelle, die jemals auf diesem Planeten hergestellt ist, hat 26,7 Prozent und ist eine Laborzelle von Kaneka in Japan. Die besten Zellen, die Sie heute kaufen können, liegen ungefähr bei 25 Prozent. Diese Zellen sind relativ aufwändig, typischerweise IBC-Zellen. Man geht in der Industrie davon aus, dass die Grenze, bis zu der eine Produktion von Siliziumzellen sinnvoll ist, irgendwo zwischen 25 und 26 Prozent liegt. Sie nähern sich sukzessive an das theoretische Limit und dadurch wird jeder Fortschritt immer schwieriger. Die letzten Zehntel Wirkungsgrad, die Sie am Ende noch rausquetschen wollen, haben überproportional hohe Kosten. Die klassische Photovoltaik-Industrie, die auf kristallinem Silizium basiert, wird sich daher total ändern.

Inwiefern?

In zwei oder drei Jahren werden alle Zellhersteller Effizienzen in der Größenordnung zwischen 25 und 26 Prozent anbieten können. Dann fallen die Differenzierungsmerkmale weg. Die Industrie wird dann im Wesentlichen über den Preis in den Wettbewerb treten und die Unternehmen werden versuchen, die Kosten über Skaleneffekte zu reduzieren. Darauf bereiten sich die Chinesen jetzt vor und kündigen 10 Gigawatt, 20 Gigawatt und so weiter an. Sie wollen damit in Größenordnungen kommen, in denen kein anderer mit ihnen mehr in den Wettbewerb treten kann. Interessanterweise funktioniert das natürlich nur, wenn es keinen disruptiven Fortschritt gibt. Und da kommen wir jetzt ins Spiel. Über die Tandemzelle, die zu wettbewerbsfähigen Kosten hergestellt werden kann, sind wir in der Lage, Effizienzen zu liefern, die konventionelles Silizium noch nie gezeigt hat und die auf einmal diese Betrachtungsweise, die ich eben geschildert habe, völlig sinnlos machen. Dann findet ein Paradigmenwechsel statt und es geht in der Industrie weiter mit Effizienzsteigerungen, mit denen insgesamt auch Systemkosten gesenkt werden.

Sie haben sehr plastisch geschildert, wie neue Produktionen in China unterstützt werden. Könnte und sollte es die EU ähnlich machen? Oder sind es eher die Landräte, die das machen könnten?

Wir brauchen Rahmenbedingungen durch die EU, weil diese letztendlich alle lokalen Förderungen bestimmt. Wir partizipieren am Programm für regionale Wirtschaftsförderung, dem sogenannten GRW-Programm, das in unserem Fall das Land Brandenburg ausführt. Die Programme sind komplett reguliert von der EU. Da hat das Land Brandenburg keine Flexibilität, zum Beispiel Fördersätze zu ändern oder uns sonst was Gutes zu tun. Auf der regionalen Ebene sind auch Maßnahmen wichtig, die auf der Zeitleiste eine Rolle spielen. Also zum Beispiel sehen wir, dass sowohl das Land, aber auch die Stadt sehr hilfreich sind, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und dafür zu sorgen, dass wir die Zeitleisten einhalten können.

Könnte die EU den Regionen mehr Freiheiten geben, eventuell über den Green Deal?

Das ist letztendlich meine Hoffnung. Die EU möchte natürlich nicht, dass innerhalb der EU verschiedene Regionen miteinander in Förderwettbewerb treten. Kommst du nach Brandenburg, kriegst du 30 Prozent, kommst du nach Sachsen-Anhalt, kriegst du 40, gehst du nach Sachsen, kriegst du 50. Das will man natürlich nicht. Das bedeutet, alle diese Rahmenbedingungen werden von der EU gesetzt und festgegossen. Aber letztendlich reden wir hier über eine Kombination von Klimapolitik und Industriepolitik. Denn wir müssen ja sehen, die Klimaziele sind das über allem stehende Ziel, das wir schnell erreichen müssen. Industriepolitisch muss man sich die Frage stellen, was man als Volkswirtschaft tun will, um die Wertschöpfung, die durch Fertigung entsteht, in dieser Volkswirtschaft zu halten.

Das macht man noch nicht?

Nach der alten Betrachtungsweise macht man das an geschaffenen Arbeitsplätzen fest. Das hat ja auch eine gewisse Logik, und damit sind wir ja auch in den letzten Jahrzehnten gut gefahren. Aber diese Logik verändert sich. Denn die Automatisierung schreitet fort, nicht nur im Fertigungsbereich, wie wir ihn dann haben, sondern in allen Bereichen. Selbst wenn ich eine vollautomatisierte Fabrik hinstellen würde, würde ich für die Volkswirtschaft einen unglaublichen Wert generieren, denn die Gewinne, die ich damit erziele, die sind besteuerbar, die fließen wieder ins Gemeinwesen zurück, obwohl ich da unter Umständen nur den Pförtner beschäftige. Die heutigen Förderprogramme würden null Förderung geben. Das ist aus meiner Sicht nicht zielführend, denn damit findet die Wertschöpfung nicht bei uns statt, sondern woanders. Die Zahl der Arbeitsplätze kann daher nicht mehr die Kerngröße sein, sondern die Kerngrößte müsste sein: Was ist der Wert, der kreiert wird? Und dann die Frage für die Volkswirtschaften: Wie kann ich diese Wertschöpfung besteuern?

Der Bau der Maschinen schafft ja auch Arbeit.

Selbstverständlich. Es gibt einen Trickle-Down-Effekt. Aber das wird ja in den heutigen Programmen nicht berücksichtigt. Bei einer Investitionssumme von 50 Millionen ist bei den zehn bis zwanzig Prozent Zuschüssen über das GRW-Programm Voraussetzung, dass man 67 bis 100 Arbeitsplätze schaffen muss. Da zählen nur die Arbeitsplätze, die ich direkt in meinem Unternehmen schaffe, und nicht Arbeitsplätze, die unter Umständen entweder im Zulieferbereich geschaffen werden oder auch erhalten werden.

Sehen Sie diesbezüglich Bewegung bei der EU?

Bewegung sehe ich nicht, aber Hoffnung habe ich natürlich.

Ist es eine Grundvoraussetzung, dass sich diese EU-Richtlinien ändern, damit Sie die spätere Gigawattproduktion in Europa aufbauen?

Ich würde das Junktim so nicht stellen. Ich bin schon ambitioniert genug und sage: Ich möchte es auf jeden Fall hinkriegen. Ich brauche aber halt irgendwo das Geld her. Das Geld kann als Eigenkapital kommen, also sprich Investoren bringen das Geld mit. Dann sind wir nicht auf Darlehen und auch nicht auf Zuschüsse angewiesen. Idealerweise würde man versuchen, ein dreistufiges Finanzierungsmodell zu haben, das aus Eigenkapital, aus Zuschüssen und aus Darlehen besteht. Es wäre ja schon viel erreicht, wenn die Darlehen, die man zum Beispiel über europäische Investitionsbank bekommen könnte, zu zinsgünstigen Konditionen zu bekommen wären, was heute nicht zwangsweise der Fall ist. Meine Aussage ist immer die: Ich brauche keine Subventionen, ich brauche wettbewerbsfähige Kapitalkosten. Das kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Das sind eben die Rahmenbedingungen, die wir gerne in diese Richtung bewegen würden.

 

Der Wettbewerb

 

Wir haben schon viel über Heterojunction-Zellen und Module berichtet, also die untere Zelle in Ihrer Tandemzelle. Eine der Herausforderungen sind immer noch die Kosten. In China tut sich in dieser Hinsicht viel. Können Sie sich vorstellen, dort das Equipment zu kaufen?

Das ist nicht ausgeschlossen. Auch im Equipmentbereich sieht man Skaleneffekte mit Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Lieferkette, wo wir in Europa unter Umständen ins Hintertreffen geraten. Grundsätzlich ist einer unserer Vorteile, dass wir exakt den gleichen Formfaktor haben wie jede andere kristalline Siliziumzelle, und daher die Equipment-Plattformen nicht besonders für uns gebaut werden. Wir werden daher auch in Zukunft von der Entwicklung und den Skaleneffekten auf der Equipmentseite profitieren. Das ist ein großer Unterschied zu dem, was man in der Vergangenheit auf der Dünnfilmseite gesehen hat. Und das war einer der Gründe, warum zum Beispiel CIGS nicht wirklich kostenwettbewerbsfähig geworden ist.

Wie schätzen Sie den Wettbewerb in Asien oder China ein? Auch dort arbeiten viele Unternehmen und Institute an Perowskiten?

Selbstverständlich wäre es naiv zu glauben, dass andere Leute nicht an Perowskiten arbeiten. Zwischen 10.000 und 20.000 Wissenschaftler arbeiten rund um den Globus an diesem Thema. Wir sehen aber keinen direkten Wettbewerber, der auch an Tandemzellen auf der Basis von kristallinen Siliziumzellen arbeitet. Diejenigen, die wir sehen, arbeiten an monolithischen Perowskitzellen.

Wie wollen Sie sicherstellen, dass Sie den Technologievorsprung, den Sie dann haben, halten können?

Das ist natürlich genau die große Herausforderung, die wir haben. Wir sind der kommerzielle Begründer dieser Technologie. Losgetreten wurde das mit den wissenschaftlichen Veröffentlichungen unseres Co-Founders Professor Henry Snaith um das Jahr 2012. Er war nicht der Erste, der an Perowskiten gearbeitet hat. Aber er hat realisiert, dass es eine Möglichkeit gibt, Festköper-Perowskite zu machen. Diese Patente liegen in unserer Firma. Wir haben inzwischen ein sehr starkes Patentportfolio mit über 300 Patenten. Auf der Intellectual-Property-Seite sind wir sehr gut abgesichert. Aber wir wissen natürlich auch, dass das alleine nicht gut genug ist. Wir wollen daher sicherstellen, dass wir der First Mover in der Kommerzialisierung sind. Und wir wollen natürlich auch vermeiden, dass unser Wissen beliebig proliferiert. Deswegen arbeiten mit wenigen, sehr selektierten Partnern zusammen. Damit wollen wir unseren Vorteil so lange wie möglich nutzen zu können, sodass wir selbst dann in die Skalengröße kommen, dass wir im Wettbewerb gegenüber jedem anderen bestehen können, egal, ob er unsere Patente nutzt oder verletzt.

Das Gespräch führten Sandra Enkhardt und Michael Fuhs

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