Am Mittwoch hat das Bundeskabinett eine erneute Reform des EEG verabschiedet, mit der sich nun der Bundestag befassen muss. Wie jede vorherige der unter Kanzlerin Merkel verabschiedeten Novellen, würde auch diese eine massive Verschlechterung des Ausbaus der erneuerbaren Energien mit sich bringen. Das lässt sich beispielsweise daran erkennen, dass das Kabinett vorschlägt, nun auch Ausschreibungen für Photovoltaik-Dachanlagen über 500 Kilowatt einzuführen. Damit würde auch der Ausbau dieses bisher noch einigermaßen gut laufenden und wichtigen Segments der größeren Dachanlagen massiv einbrechen und den vielen engagierten bürgerlich-kommunalen Investoren die Grundlage entziehen. Die selbstlobenden Worte von Wirtschaftsminister Altmaier, diese EEG-Novelle sei ein „klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz und mehr Erneuerbare“, kann man nur als unverantwortliche Täuschung der Öffentlichkeit bezeichnen. (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2020/09/20200923-altmaier-eeg-novelle-2021-klares-zukunftssignal-fuer-mehr-klimaschutz-und-mehr-erneuerbare.html)
Gero Rueter, Journalist bei der Deutschen Welle, hat einen klaren Artikel dazu geschrieben, warum das in der EEG-Novelle vorgesehene Ziel von 65 Prozent Ökostrom bis 2030 nicht in der Lage ist, das Klimaschutzziel von 1,5 Grad Celsius einzuhalten. Darin auch enthalten, eine erste grobe Abschätzung der EWG, die aufzeigt, dass Deutschland aus Gründen des Klimaschutzes vielfach höhere jährliche Ausbauziele benötigt, um in allen Energiesektoren (Strom, Wärme, Verkehr, Industrie) bis 2030 100 Prozent erneuerbare Energien zu erreichen.
(https://www.dw.com/de/eeg-streit-um-klimaschutz-wie-viel-erneuerbare-energien-windkraft-photovoltaik-braucht-deutschland/a-55026398)
Lesen Sie hier den wichtigen Beitrag der Deutschen Welle:
Streit um Klimaschutz:
Wie viel Erneuerbare braucht Deutschland?
Die Erderhitzung stoppen, bis 2050 soll Deutschland klimaneutral sein. Kohle, Öl und Gas müssen ersetzt werden. Dafür wird viel Wind- und Solarstrom gebraucht. Doch am Ausbauplan der Regierung gibt es Kritik. Warum?
Wie viel Solar- und Windstrom braucht Klimaneutralität?
Die Energieversorgung ohne Kohle, Öl und Gas ist machbar, die Technologien sind da: Solarmodule und Windanlagen sollen die Hauptpfeiler der Stromerzeugung werden, der Verkehr rollt mit Elektromotoren, Wärmepumpen heizen mit Strom und mit Strom wird aus Wasser Wasserstoff für die Industrie produziert und auch synthetisches Kerosin für den Flugverkehr lässt sich herstellen.
Forscher sind sich einig: Strom übernimmt in einem klimaneutralen Energiesystem eine sehr zentrale Rolle. Im Vergleich zu heute wird laut Studie von Fraunhofer ISE dafür zwei bis 2,5 Mal mehr Strom in Deutschland gebraucht.
Heute gibt es in Deutschland Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 63 Gigawatt (GW) und Solarmodule auf Dächern und Wiesen mit einer Gesamtleistung von 52 GW. Zusammen mit Biogas (8 GW) und Wasserkraft (3 GW) decken die Anlagen rund die Hälfte des deutschen Strombedarfs.
Für eine komplette klimaneutrale Energieversorgung würde im Vergleich zu heute laut der Studie rund fünfmal mehr Windkraft (295 GW) und neunmal mehr Photovoltaik (450 GW) in Deutschland gebraucht.
Wie schnell zur Klimaneutralität?
Deutschland soll laut Bundesregierung bis spätestens 2050 klimaneutral sein. Zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens reicht der bisher eingeschlagene Regierungskurs jedoch nicht, betont der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), der die Bundesregierung berät.
Der SRU empfiehlt der Bundesregierung die Planungen zur Einhaltung des Klimaziels am tatsächlich verfügbaren CO2-Budget auszurichten, das noch maximal in die Atmosphäre emittiert werden sollte. Für das 1,5 Grad-Ziel müsste Deutschland laut SRU bei einer linearen CO2-Reduktion bereits bis 2032 klimaneutral sein.
Wissenschaftler, Bürgervereine und Klimaschützer wie Parents for Future fordern aktuell in einem gemeinsamen Brief an die Bundesregierung einen entsprechend schnellen Ausbau von Windkraft und Photovoltaik zur Umsetzung des Pariser Klimaziels. Bis 2030 müsse die Stromversorgung zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umgestellt sein.
Was plant die Bundesregierung?
Gesteuert wird der Ausbau der Erneuerbaren mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Vor 20 Jahren trat es in Kraft. Die damalige rot-grüne Bundesregierung ermöglichte Bürgern mit wenig Aufwand Investitionen in Wind- und Solaranlagen und sorgte so für einen Boom der erneuerbaren Energien. Weltweit wurde das EEG-Gesetz kopiert.
Unter der Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde das EEG mehrfach verändert und der Ausbau der erneuerbaren abgebremst. Durch eine strikte Begrenzung des jährlichen Zubaus, Kürzungen der Vergütungssätze, mehr Bürokratie und einem komplizierten Bewerbungsverfahren für Anlagenbau, wurden Investitionen komplizierter und unattraktiv. Viele Bürger und Unternehmen zogen ihre Planungen zurück. Der jährliche Zubau von Photovoltaik von rund acht GW (2010 bis 2012) brach folglich ein auf rund einen GW (2014 bis 2017) und bei der Windkraft von rund sechs GW (2015 bis 2017) auf zwei GW in 2019.
Mit Gesetzesänderungen beim EEG soll nun der jährliche Zubau von Windkraftanlagen an Land und im Meer wieder ansteigen auf durchschnittlich knapp fünf GW pro Jahr.
Für den Ausbau von Photovoltaik sieht das federführende Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) keine Steigerungen mehr vor. Der Zubau wird in diesem Jahr bei rund fünf GW liegen. Auf ähnlichem Niveau soll der Ausbau in den nächsten Jahren begrenzt werden.
Das BMWi geht in seinen Berechnungen davon aus, dass trotz zunehmender Elektromobilität, zunehmendem Bedarf an Wasserstoff und Strom für Wärmepumpen der Strombedarf in Deutschland bis 2030 insgesamt sogar leicht sinken soll. Unter diesen Annahmen soll der Anteil von Ökostrom im deutschen Strommix bis 2030 auf 65 Prozent steigen.
Wie kommen die Planungen zum EEG an?
Wissenschaftler, Umweltverbände, Klimaschützer, Grüne, Linke, Verbände der erneuerbaren Energien und Stadtwerke üben scharfe Kritik am Gesetzesentwurf zum EEG. Die Annahmen des BMWI zum sinkenden Strombedarf bis 2030 wären falsch. Stattdessen würde mehr Strom für Verkehr, Wärmepumpen und sauberen Wasserstoff gebraucht. Und dieser Mehrbedarf erfordere einen stärkeren Ausbau von erneuerbaren Energien. Auch für das Pariser Klimaschutzziel zur Begrenzung auf möglichst 1,5 Grad müsste der Ausbau wesentlich höher sein.
Zukünftig solle der Ausbau der Erneuerbaren nicht mehr behindert, sondern beschleunigt werden. Erforderlich seien einfache Gesetze mit weniger Bürokratie und starken Anreizen für Investitionen der Bürger vor Ort, heißt es in den Reaktionen von Experten und Verbänden.
Ein sehr großes ungenutztes Potential für die Solarkraft gebe es zum Beispiel auf den Dächern von Gebäuden und Fabriken. Laut einer aktuellen Studie von Energy Brainpool im Auftrag der Elektrizitätswerke Schönau könnten alleine dort in den nächsten 10 Jahren, Module mit einer Gesamtkapazität von bis zu 100 GW Photovoltaik zusätzlich installiert werden. Bislang liegen auf den Dächern rund 40 GW. Mieter und Eigentümer könnten zudem bei einer entsprechenden Gesetzesänderung vom günstigen Solarstrom profitieren und an der Energiewende partizipieren.
In den nächsten Wochen wird der Bundestag über die geplanten Gesetzesänderungen beraten und entscheiden.
Hiermit endet der Artikel „Streit um Klimaschutz: Wie viel Erneuerbare braucht Deutschland?“ von Gero Rueter.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
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Ist eine 100%ige Versorgung mit erneuerbaren Energien in allen Sektoren bis spätestens 2030 denn überhaupt machbar? Das fragen sich auch Akteure der Energiewende.
Mit den Regeln der Mathematik auf Punkt und Komma errechnen lässt es sich nicht. Die Zukunft ist in keiner Hinsicht vorherberechenbar. Es können Dinge passieren, die sich niemand auch nur im Traum vorgestellt hat. (Wer hatte mit den mit Corona begründeten Veränderungen gerechnet?) Dem Individuum ist es möglich, im Fall der Gefahr ungeahnte Kräfte zu entfalten. Wäre das auch auf der Ebene des Kollektivs/der Gesellschaft möglich?
Dass es nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich ist, hat Tony Seba („Clean Disruption of Energy and Transportation“- deutsch von MetropolSolar „Saubere Revolution 2030“) dargelegt. Seba war bei der Betrachtung neuer technischer Entwicklungen aufgefallen, dass überlegene Neuerungen sich „disruptiv“, also weitaus schneller als anfänglich vermutet, durchsetzen. Als Beispiele behandelt er u.a. die Ablösung des Pferdes durch das Automobil, die Ablösung der Filmkamera durch die digitale Kamera, die Verbreitung des Smartphones.
Aus der Beobachtung der Energiewende kam er 2014 zu der Erkenntnis, dass es sich auch bei der Ablösung der konventionellen durch die erneuerbaren Energien um einen disruptiven Prozess handelt und dass dieser bis 2030 im Großen und Ganzen abgeschlossen sein wird. – Daher stammt die Parole „100% EE bis spätestens 2030!“.
Für die Akteure der Energiewende kann das natürlich nicht bedeuten, sich zurückzulehnen und voller Zuversicht auf die Disruption zu warten. Die Bundesregierungen bekämpfen – als Beauftragte der alten Energiewirtschaft – seit ca. 2010 die EE massiv. Aufgabe der EE-Akteure wäre es, zu erkennen, dass die Regierungen nicht etwa aus einem mangelhaften Wissen heraus, sondern ganz bewusst, gezielt und strategisch ausgeklügelt so handeln. Ihr Ziel: Ersetzung der Kohle durch Erdgas und Marginalisierung der Bürgerenergie.
Bei der Zurückweisung der hoheitlichen Bremsmanöver und gleichzeitiger autonomer Nutzung der erneuerbaren Energien können sich die EE-Akteure von der Erfahrung ermutigen lassen, dass überlegene Neuerungen ein zuvor nicht vermutetes Durchsetzungsvermögen entfalten. – Warum sind die erneuerbaren Energien überlegen? – Weil sie Klima und Umwelt schützen und mittlerweile obendrein die preisgünstigste Art sind, Strom zu erzeugen.
Preisgünstigste? Ist da die Speicherung mit einberechnet?
In Richtung der disruptivität möchte ich noch anmerken: Solarstrom kann noch so günstig sein, aber wenn der Gesetzgeber es nicht zulässt ihn zu „verkaufen“ dann wird es schwer. Deshalb bin ich ebenfalls für eine stärkere Förderung aller Solaranlagen damit mehr ausgebaut wird
Die langfristige Strategie der Bundesregierung wird immer klarer: Die „Regenerativen“, wie nun schon seit Jahren, ausbremsen und dann 2022, wenn sich dadurch eine reale Stromlücke abzeichnet, den „Ausstieg vom Ausstieg des Ausstieges“ beschließen. Das heißt die noch bestehenden AKW nicht abschalten und gegebenenfalls über Neubauten nachdenken.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand so verblendet ist, noch über Neubau von AKWs nachzudenken – mal abgesehen von allen sachlichen Argumenten dagegen ist es völlig ausgeschlossen, dass sich das realisieren ließe in einem Land, wo gegen jedes Windrad und jeden Strommast geklagt wird. Schließlich müsste auch ein AKW ans Netz angeschlossen werden, dafür braucht es Stromleitungen… 😉 Aber Spaß beiseite, dass das Wirtschaftsministerium stark von der Interessenlage der großen Energieversorger und ihrem Kraftwerkspark geleitet ist, das ist unverkennbar. Ich fürchte das wird sich unter diesem Wirtschaftsminister auch nicht mehr ändern, da kann er Sonntags-Gesinnungsaufsätze schreiben soviel er will. Was er von Montag bis Freitag macht, spricht eine andere Sprache.
Leider wird genau das, Nachdenken über Laufzeitverlängerungen und Neubauten von Kernkraftwerken, sehr intensiv getan und auch medial vorbereitet, wo Moormann und Wendland zur Zeit durch die einschlägigen Blätter wie „Welt“ und „FAZ“ durchgereicht und von den unbedarfteren dann unkritisch zitiert werden. Die Kronzeugen sind gerne demokratisch nicht legitimierte, selbsternannte Experten, die auch mit Professorentiteln beeindrucken können, z.T. auf Lehrstühlen für Physik. Dass solche Leute denken können, ist unbestritten, aber jedenfalls in meinem Physikstudium in den 80ern in Heidelberg wurde von den älteren Professoren noch sehr unkritisch über die Nutzung der Kernspaltung gelehrt und die Kernfusion, die seit 70 Jahren eine technische Nutzbarkeit in spätestens 50 Jahren verspricht, geradezu euphorisch herbeigesehnt. Insgesamt ist in der Gemeinschaft der Physiker die friedliche Nutzung der Kernkräfte weniger umstritten als in der Gesamtbevölkerung, weil man es stärker aus technischer Warte als aus gesellschaftlicher sieht. Technisch sind Lösungen, die schwerere Reaktorunfälle unmöglich machen, durchaus denkbar. Aber der Mensch und die Gesellschaft, die er bildet, sind keineswegs so hochentwickelt, dass er verantwortlich mit den für zehntausende Jahre strahlenden Hinterlassenschaften umgehen könnte. Eine technische Lösung, die die Sicherheit für die gesamte Zeitspanne garantieren könnte, gibt es bis heute nicht, was bedeutet, dass man ständig darauf aufpassen und regelmäßig umpacken muss, um die Menschheit und den ganzen Planeten vor den Folgen unkontrollierter Freisetzungen zu schützen. Aber die gesellschaftliche Unreife des realen Menschen zu beurteilen, da sind Physiker keineswegs besser als jeder andere Mensch. Wenn im „Mutterland der Demokratie“ jemand wie Trump gewählt werden kann, oder in einem „Land der Dichter und Denker“ jemand wie Hitler, dann sollte das doch Warnung genug sein, wie unreif die Menschheit immer noch ist.
Es ist schön hier über die Energiewende in diesem Magazin zu lesen. Die hier reinschauen wissen dass die Energiewende nicht stattfindet. Aber die große Öffentlichkeit weiß das nicht. Gestern wurde erstmals im Heute-journal bei einem Beitrag über friday for future Altmaier kritisiert, dass er die Energiewende gegen die Wand fährt. Da es nur um Wählerstimmen geht und um nichts anderes, das ist der Kernpunkt. Nur da kann man die Regierung packen und das geht nur über Öffentlichkeitsarbeit, vor allem über Fernsehbeiträge, da mit dem Normalo die Augen geöffnet werden und er sein Kreuz bei der Wahl woanders macht.
Ernst sagt:
Da es nur um Wählerstimmen geht und um nichts anderes, das ist der Kernpunkt. Nur da kann man die Regierung packen und das geht nur über Öffentlichkeitsarbeit, vor allem über Fernsehbeiträge, da mit dem Normalo die Augen geöffnet werden und er sein Kreuz bei der Wahl woanders macht.
@ Ernst.
Ich fürchte nur, dass bei so einem komplexen Thema wie der Energieversorgung, das Kreuz an anderer Stelle auf Dauer auch auch nicht an dem vorbei führt, was uns Herr Altmaier gebetsmühlenartig erzählt. Nämlich Energie muss zuverlässig, und bezahlbar bleiben. Dahinter kann man die gesamte Energiewende zu seinen Gunsten gestalten.
Man sieht doch gerade bei Corona, wie Politiker quer durch die Parteien, froh sind die Virologen als Alibi an ihrer Seite zu haben.
Kein neues AKW Revival als Wahlkampfthema 2021?
Aber nach der Wahl haben leider die meisten Politiker sowieso einen vorhersehbaren Black-Out.
Was tun?