Die Kabinettsvorlage des Bundeswirtschaftsministeriums für die EEG-Novelle ist auf knapp 190 Seite angewachsen. Am Mittwoch beschlossen die Minister den Entwurf, mit dem sich nun Bundestag und Bundesrat befassen werden. Die Forderungen aus der Erneuerbaren-Branche im Vorfeld, wesentliche Nachbesserungen vorzunehmen, verhallten weitgehend ungehört.
So sind weiterhin Ausschreibungen für Photovoltaik-Dachanlagen ab 500 Kilowatt Leistung enthalten. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und sein Staatssekretär Andreas Feicht verteidigten dies und begründeten es mit dem Kostenargument. Es sei eine starke Nachfrage in diesem Segment zu erwarten und dies müsse gestemmt werden können. Für die Auktionen bei Dachanlagen sind in dem EEG-Entwurf für 2021 und 2022 jeweils Volumina von 250 Megawatt vorgesehen. Aus Sicht des Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) viel zu wenig, da in diesem Segment allein im vergangenen Jahr Anlagen mit mehr als einem Gigawatt Leistung zugebaut wurden. Zudem ist mit der Ausschreibungspflicht einem Verbot des Eigenverbrauchs des Solarstroms verbunden.
Eine aktuelle Branchenumfrage des BSW-Solar ergab, dass 97 Prozent der Photovoltaik-Unternehmen mit einem Rückgang der Nachfrage nach Dachanlagen zu rechnen. „Vier von fünf Solarunternehmern erwarten, dass die Nachfrage nach Solardächern bei einer derartigen Verschlechterung der Rahmenbedingungen sogar stark einbrechen wird“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Verbands. Kritisch sieht der BSW-Solar auch die Pläne, eine Pflicht zum Einbau von Smart Metern für alle Anlagen ab einem Kilowatt Leistung einzuführen. Bisher liegt die Grenze bei sieben Kilowatt Leistung.
Das Bundesumweltministerium hat nach der Kabinettsvorlage die Einführung einer bundesweiten Photovoltaik-Pflicht auf Neubauten gefordert. Sie ist nicht im Entwurf enthalten und Altmaier lavierte auf Nachfrage um eine eindeutige Antwort. Es gebe unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema innerhalb der Koalition. Auch wolle er zunächst abwarten, wie die EU-Vorgaben für den Zubau ausfallen würden mit Blick auf die verschärften Klimaziele. Auch der BSW-Solar habe sich gegen eine solche Pflicht ausgesprochen, ergänzte Feicht.
Eine leichte Verbesserung im Gesetzentwurf ist für Photovoltaik-Freiflächenanlagen vorgesehen. So soll die zulässige Flächenkulisse vergrößert werden. 200 Meter entlang von Straßen und Schienenwegen sind erlaubt – bisher sind es nur 110 Meter. Auch die maximale Größe der Freiflächenanlagen in den Ausschreibungen soll auf 20 Megawatt verdoppelt werden. Das geplante jährliche Ausschreibungsvolumen liegt 2021 für diese Anlagen bei 1,9 Gigawatt und sinkt ab 2022 auf 1,7 Gigawatt.
Außerhalb der EEG-Förderung unterstellt das Klimaschutzprogramm 2030 nur einen „moderaten Zubau“ bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Falls dieser doch stärker ausfallen solle, wolle die Bundesregierung „bis spätestens 2027 einen Vorschlag für einen Umstieg von der finanziellen Förderung auf einen marktgetriebenen Ausbau und damit für eine Begrenzung der Förderkosten vor“.
Beim Photovoltaik-Mieterstrom sind im Entwurf einige Verbesserungen vorgesehen, die seit langem gefordert werden, um den Markt endlich in Schwung zu bringen und im Evaluationsbericht gefordert wurden. So wird der Mieterstromzuschlag erhöht und er ist nicht mehr direkt an den anzulegenden Werten für die anderen Photovoltaik-Dachanlagen gekoppelt. Sie liegen zwischen 2,1 und 1,0 Cent pro Kilowattstunde – abhängig von der Größe der Anlagen. Auch Lieferantenmodelle sollen künftig möglich sein.
Bei der Degression der Einspeisevergütungen für Photovoltaik-Anlagen sind im Entwurf ebenfalls Änderungen vorgesehen. Sie sollen am neuen Zubauziel ausgerichtet werden. Zudem soll künftig nur noch der Zubau von drei Monaten auf das Jahr hochgerechnet werden, um die Degression zu ermitteln. Bisher waren es sechs Monate. Damit könnten Schwankungen beim Zuschlag deutlich schneller ausgeglichen werden, argumentiert das Bundeswirtschaftsministerium.
Im EEG-Entwurf sind nun auch die Ausbauziele für die verschiedenen Erneuerbaren-Technologien festgeschrieben. Bei der Photovoltaik sollen die derzeit etwa 52 Gigawatt installierte Leistung auf 63 Gigawatt bis 2022, 73 Gigawatt bis 2024, 83 Gigawatt bis 2026, 95 Gigawatt bis 2028 und 100 Gigawatt bis 2030 gesteigert werden.
Nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums werden mit dem EEG-Entwurf auch alle Vorgaben der EU-Erneuerbaren-Richtlinie erfüllt. Eine Untersagung von Eigenverbrauch bei Dachanlagen, die Zuschläge aus Ausschreibungen haben, sieht man keine Probleme. Zudem ist auch keine Anhebung der Grenze für Abgaben und Umlagen auf Eigenverbrauch vorgesehen. Nach der EU-Richtlinie dürfte Eigenverbrauch aus Erneuerbaren-Anlagen bis 30 Kilowatt nicht belastet werden. In Deutschland wird jedoch die anteilige EEG-Umlage bei Anlagen ab 10 Kilowatt fällig. Im EEG-Entwurf ist eine Anhebung der Bagatellgrenze auf Anlagen bis 20 Kilowatt Leistung vorgesehen. Allerdings bleibt die Grenze von höchstens zehn Megawattstunden umlagebefreiten Solarstrom bestehen. Auch zur von Brüssel gewünschten Besserstellung von Energiegemeinschaften ist in dem Papier wenig zu sehen.*
*Anmerkung der Redaktion: Der letzte Absatz ist nachträglich korrigiert worden. Es gab doch eine kleine Verbesserung beim Eigenverbrauch. Danke für den Hinweis an die DGS!
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Wie zu erwarten war. Der jährliche Zubau weit unter den notwendigen Zielen. Kleine Anlagen werden mit Kleinigkeiten wie Smartmeterpflicht weiter erschwert. Zubauverhinderungsvorschriften wie die Umlage auf Eigenverbrauch oder die Zertifizierung Typ B ab 135kW Erzeungsleistung mit kundeneigener Trafostation werden natürlich beibehalten.
Die Zielsetzung bleibt die alte. Das Volumen soll möglichst an große Akteure wie unsere großen Netzbetreiber gehen.
Diese Regierung hat sich längst überlebt und wird hoffentlich bald abgewählt. Wir haben die wichtigsten Jahre im Kampf gegen den Klimawandel an eine rückwärtsgewandte, egoistisch industriepolitisch orientierte Regierung verloren. Es bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens einige Nachbesserungen erfolgen. Erklären kann man das niemandem.
Dass wir massivste Klimaschäden noch abwenden können halte ich persönlich mindestens für äußerst unwahrscheinlich.
Nur als kleines Rechenbeispiel, wie sinnfrei und absurd eine der Regelungen ist:
Eine 1 kWp Solar Anlage erzeugt in Deutschland 1.000 kWh Strom pro Jahr. (Im Bestfall).
Im 20. Jahr dann ggf. nur noch 800 kWh.
Würde der komplette Strom ins Netz eingespeist, wären dies Erlöse von knapp 90 € im ersten Jahr und gut 70 € im 20. Jahr.
Für den Smart Meter zur Messung des Stroms darf der Messstellenbetreiber bis zu 60 € / Jahr verlangen.
Es blieben also im Mittel 20 € pro Jahr übrig, um Versicherung, Rücklage und Amortisation zu stemmen. Damit amortisiert sich die Anlage in ca. 50-100 Jahren.
Falls der komplette Strom selbst verbraucht würde, stiege die Einsparung auf ca. 300 € im 1. Jahr und 240 € im 20. Jahr. Also im Mittel blieben dann gut 200 € pro Jahr, was eine Amortisation rein rechnerisch in 10 Jahren ermöglichen würde. Da aber noch Versicherung und Rücklage abzuziehen sind, bleiben nur ca. 140 € pro Jahr. Bei unterstellten 2.000 € für die 1 kWp-Anlage dann eine Amortisation (im best-case) von 15-16 Jahren, im Worst case > 50 -100 Jahren.
Zusätzlich wäre zu befürchten, dass all die vielen digitalen Daten ins Nirvana verschwinden werden, wie aus vielen Beispielen des Organisationsversagens der versch. Behörden bekannt.
Kennt Jemand die Absicht hinter der geforderten üppigen Datenerfassung und deren möglichen Benefit?
Wie die ist der Stand der Dinge für Anlagen älter 20 Jahre, Weiterbetreibung, Einspeisevergütung?
Bleibt die lineare Degration der Einspeisevergütung weiterhin erhalten und/oder wird die Höhe der Einspeisevergütung überarbeitet?
Die Preise für PV Anlagen stagnieren und die Vergütung fällt und fällt. Damit wird der Betrieb kleiner Hausdachanlagen (<40kWp) immer unwirtschaftlicher.
Naja…der Strompreis steigt ja zum Glück;-) damit wird der Eigenverbrauch immer lukrativer und dank Wärmepumpe und E-Auto kann man auch immer mehr selsbt verbrauchen… Im Grundsatz sehe ich sogar leichte Steigerungen in der Rendite…
Hallo in die Runde,
es ist erstaunlich, dass eine Regierung die von sich selbst sagt die Umwelt und das Klima schützen zu wollen, ausgerechnet die wirtschaftlichste und vor allem auch die sicherste Stromerzeugung unterdrückt mit massiven Restriktionen und bürokratischen – na ja – fast schon Unsinn. Das PV und Co wirtschaftlich ist, muss man gar nicht erklären. Das PV und Co auch sicher ist (Stichwort „Atomkraft“), muss man auch nicht erklären.
Keine Ahnung, warum sich diese genialen Dinge (PV, WKA usw.) so schlecht entwickeln, bzw. warum die so massiv unterdrückt werden. Wie weiter oben von Rudi Maas schon geschrieben; „Erklären kann man das niemandem“.
Kopfschütteln. Traurig, einfach nur traurig.
LG, Jürgen B. aus Hunteburg
Vermeitlich fehlende Fläche für Freilandanlagen werden das Thema nicht lösen!
Hat Jemand an die erforderlichen Rettungswege entlang der Gleis-Trassen oder auch Autobahnen gedacht?
Hallo in die Runde,
eine mögliche Antwort nach dem „Warum?“ könnte sein, daß unsere Volksvertreter, nach der Abwahl, Beratungsposten bei Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreiber-Gesellschaften bekommen. Schließlich haben sie es sich „verdient“ und können ihre geringen Alterseinkommen damit aufbessern. Ist halt blöd wenn es im Alter nicht reicht.
Und die 100 bis 120 Tausend Arbeitsplätze, die im Moment noch in der deutschen Solarbranche ihr Dasein fristen – nun, die sind erst einmal zweitrangig. Diese heutigen mittelständischen Arbeitsplätze werden umgeschult zu Flugtaxis-Monteuren. Werden wir in Zukunft brauchen – garantiert!
Man könnte darüber lachen wenn es nicht so traurig wäre. Aber hey – jede Gesellschaft kriegt die Regierung die es verdient.
Liegt nur an uns – dem „Volk“.
In diesem Sinne
Bleibt gesund!