Die EEG-Novelle soll eine Lösung für Photovoltaik-Anlagen bringen, deren Förderung nach zwanzig Jahren ausläuft. „Diese Anlagenbetreiber können den in der Anlage erzeugten Strom bis Ende 2027 auch dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen und erhalten hierfür den Marktwert abzüglich der Vermarktungskosten. Hierdurch werden sowohl ein Abbau dieser Anlagen als auch ein ‚wildes Einspeisen‘ verhindert“, heißt es im Entwurf unter dem Punkt „Einstieg in die ‚Post-EEG-Förderung'“. Einige Marktteilnehmer warten eine wie auch immer gestaltete gesetzgeberische Lösung jedoch nicht ab und machen den Anlagenbetreibern eigene Angebote – etwa die Stadtwerke Roth oder Speicherhersteller Sonnen.
Auch die Städtische Werke AG in Kassel hat eine Lösung für Post-EEG-Anlagen entwickelt: Das Unternehmen bietet seinen Kunden ab Januar 2021 ein Kombiprodukt aus klassischem Stromliefervertrag und Vermarktungsvertrag für Photovoltaik-Dachanlagen an. Anlagenbesitzer sollen so die Möglichkeit erhalten, den Weiterbetrieb ihrer Photovoltaik-Dachanlage in zwei Varianten zu realisieren. Zum einen können die Kunden ihren Solarstrom an die Städtischen Werke verkaufen und erhalten dafür eine nicht näher bezifferte Vergütung, welche die Stromrechnung reduziert. Zum anderen können sie eine technische Umrüstung der Anlage hin zu einem optimierten Eigenverbrauch prüfen, wobei wahrscheinlich die Zählerinfrastruktur neu auszugestalten sei. Zudem plant das Unternehmen, den Strom vieler kleinerer Photovoltaik-Dachanlagen zu bündeln, um aus diesem regionalen grünen Strom ein eigenes Stromprodukt anzubieten. So sollen auch Kunden ohne eigene Anlage den Photovoltaik-Strom ihrer Kasseler Nachbarn beziehen können.
Energieversorger Wemag will ebenfalls einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb von Post-EEG-Anlagen ermöglichen. Dem Unternehmen zufolge ist ein Weiterbetrieb „technisch möglich und energiewirtschaftlich unbedingt sinnvoll“. Wirtschaftlich könnte es laut Wemag am attraktivsten sein, die Anlage von einer Volleinspeisung auf ein Eigenverbrauchskonzept umzustellen. „Die Betreiber einer Post-EEG-Anlage müssen nach aktueller Rechtslage die volle EEG-Umlage auf den selbst verbrauchten Strom bezahlen. Dieses Defizit ist aber bekannt und könnte für Kleinanlagen in der Novelle behoben werden“, so Wemag-Projektleiter Björn Böttger.
Nicht selbst verbrauchte und daher eingespeiste Energie, so das Unternehmen weiter, müsse nach Auslaufen der Förderung über einen Direktvermarkter verkauft werden. Diese Art der Vermarktung sei schon seit einigen Jahren als „sonstige Direktvermarktung“ gesetzlich verankert. Gemeinsam mit der Thüga AG bietet Wemag nun für Post-EEG-Anlagen an, den Solarstrom zu übernehmen und mit dem aktuellen Marktwert an der Strombörse zu vergüten. Grundlage für diese Vermarktung sei eine 15-Minuten-Messung der eingespeisten Energie – und damit die Installation eines intelligenten Messsystems, das bislang für kleinere Erzeugungsanlagen unter sieben Kilowatt nicht vorgeschrieben sei. „Hier besteht also ein Widerspruch, der aufgelöst werden muss. Es ist daher entweder eine Ausnahme von der 15-Minuten-Messung für Kleinanlagen notwendig oder eben auch für kleinere Anlagen die Möglichkeit, ein intelligentes Messsystem zu bekommen“, beschreibt Björn Böttger den Korrekturbedarf für die EEG-Novelle. Wenn dieser Widerspruch aufgelöst werde, stehe einer Marktintegration über die Direktvermarktung und einem gesicherten wirtschaftlichen Weiterbetrieb von EEG-Anlagen nichts im Weg.
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Ich sehe diesen Widerspruch nicht. Im entsprechenden Gesetz ist eine Einbau eines intelligenten Messsystems ab 7 kW vorgeschrieben. Da die Einbauprflicht aber offiziell noch nicht in Kraft ist (es muss erst die Marktanalyse des entsprechenden Amtes abgewartet werden), gilt dies heute noch gar nicht.
Zweitens kann auch für Anlagen zwischen 1 und 7 kW ein intelligentes Messsystem eingebaut werden. Allerdings muss der Messstellenbetreiber dann nachweisen, dass dies zu keinen Mehrkosten zu vorher führt.
Und das ist der Knackpunkt, welcher ggf. gemeint ist.
Ich würde empfehlen, hier sehr genau zu sein in der Kommunikation, da ansonsten Fehlinformationen zu noch größerer Verunsicherung führen.
Hallo Herr Geckeler,
Die Verpflichtung zur 1/4 h Messung ergibt sich aus dem bisherigen EEG und startet deshalb nicht erst mit der Markterklärung sondern sofort.
Problem 1: Faktisch wird aber die Markterklärung benötigt, denn der 1/4h-Verpflichtung kann nur mir einem intelligenten Messsystem nachgekommen werden. Es gibt hier also eine zeitliche Diskrepanz zwischen Förderende und Markterklärung.
Problem 2: Für Anlagen < 7 kW sieht das Messstellenbetriebsgesetz, welches u.a. den Zugang zu intelligenten Messsystemen regelt, aber nur ab Inbetriebnahme 2018 ein intelligentes Messsystem vor (optionaler Einbaufall mit Preisobergrenze 60€).
Daher stammt die Forderung, hier Klarheit zu schaffen.
Hallo,
alle Lösungen, die eine Viertelstundenmessung und einer Fernsteuerbarkeit erfordern, wie das „Angebot“ der Wemag, sind keine neue Lösung. Das ist die einzige aktuell eeg-rechtlich zulässige Lösung. Die im Rahmen der EEG-Novelle2020 vorgelegte Lösung „Volleinspeisung ohne Viertelstundenmessung und ohne Fernsteuerung“ verbietet quasi die Eigennutzung. Klar kann man von der „klassischen EEG-Vergütung“ (§ 21 b Abs 1 Nr. 1) in die „Sonstige Direktvermarktung“ (§ 21 b Abs. 1 Nr. 4) wechseln, aber das ist für PV-Anlage unter 30 kWp eine wirtschaftlich unsinnige Lösung.
Nur wenn, wie bei Stadtwerke Roth und Stromnetz Berlin (möglicherweise auch Städtische Werke Kassel, aber das geht aus dem Artikel nicht klar hervor) eine Eigennutzung des erzeugten PV-Stroms kombiniert mit Überschusseinspeisung OHNE Viertelstundenmessung und Fernsteuerbarkeit möglich ist, dann kann von einem „neuen Angebot“ an die Betreiber von Ü20-PV-Anlagen gesprochen werden.
Wer mehr zum Thema „Ü20-PV-Anlagen“ und den Möglichkeiten erfahren (und vielleicht auch mit mir diskutieren) möchte, kann das gerne im Rahmen meines Online-Seminars „Ü20-PV-Anlagen“ am 18.09.2020 von 10-12 Uhr zu tun.
Weitere Informationen zum Online-Seminar: http://www.solar-buch.de/ue20pv-200918
Hallo Herr Böttger,
Die Wemag-Lösung ist keine neue Lösung, denn sie folgt den Vorgaben des EEG 2017, dass die Ü20-PV-Anlagen nach dem Ende der geförderten Einspeisevergütung zwingend in die „Sonstige Direktvermarktung“ wechseln müsen.
Zudem ist Ihre Aussage „Die Betreiber einer Post-EEG-Anlage müssen nach aktueller Rechtslage die volle EEG-Umlage auf den selbst verbrauchten Strom bezahlen. […]“ falsch:
Nach dem Ende der geförderten Einspeisevergütung (20 Jahre plus Inbetriebnahmejahr) fällt auf den eigenverbrauchten EE-Strom „nur“ eine auf 40% reduzierte EEG-Umlage an.
Steht alles im EEG 2017:
§ 61 Abs. 1 – EEG-Umlage für Letztverbraucher und Eigenversorger
§ 61a Abs. 1 Nr. 4 – Entfallen der EEG-Umlage für PV bis 10 kWp und bis 10 MWh für eine gewisse Zeit
§ 61b Abs. 1 – Verringerung der EEG-Umlage bei Anlagen
Gemäß EU-Energie-Richtlinie sollte die EEG-Umlage für EE-Strom aus Anlagen mit einer Nennleistung von bis zu 30 kW nicht anfallen, aber dazu lese ich in den derzeit vorliegenden Vorchlägen zur EEG-Novellierung…
… nichts.
Viele Grüße.
Hallo Herr Dürschner,
den Rechtsrahmen den Sie beschreiben, ist insgesamt sehr richtig. Sie Suggerieren allerdings etwas falsches: Im EEG 2017 war/ist die sonstige DV die einzige Alternative für ausgeförderte Anlagen. Unabhängig von den Einspeisekonzepten (Voll-/Überschusseinspeiser) war im EEG 2017 die Forderung einer 1/4h Messung vorgeschrieben. Eine Abweichung von dieser Pflicht war bisher nicht möglich (Insofern war auch ein Angebot, wie jenes der SW Roth, nicht zulässig; Angebote, wie jenes von Sonnen, sagen nichts zum Thema Messkonzept – für 9,90 p.M. wird das wohl aber einkalkuliert sein; die SW Kassel beschreiben explizit den Bedarf an iMS, welches sich der Kunde selbst anschaffen soll).
Vor diesem Hintergrund war die Installation eines iMS nach dem EEG 2017 unumgänglich! Nun werden Sie auch leicht den Widerspruch sehen, welchen wir explizit aufgeführt haben – sehen Sie hierzu meinen Kommentar vom 08.09.! Unsere Forderung war daher explizit, diesen Widerspruch mit der EEG Novelle aufzulösen. Das Thema Fernsteuerbarkeit gab es bis zu diesem Zeitpunkt für ausgeförderte Anlagen auch nicht – insofern geben Sie unser Angebot hier falsch wieder.
Mir ist daher nicht klar, warum Sie das Angebot der WEMAG so schlecht darstellen – es entspricht dem Rechtsrahmen des EEG 2017 und unser Beitrag zeigt die Defizite, insbs. für Anlagen < 7 kW auf.
Das unsere Einschätzung hier ganz richtig war, zeigt ja auch der Referentenentwurf der EEG Novelle in einigen Punkten. So ist nunmehr eine vorübergehende Ausnahme von der 1/4h Messung formuliert – wie von uns gefordert.
Das Thema Fernsteuerbarkeit ist für ausgeförderte Anlagen neu. Hier wird entscheidend sein, ob es eine de-minimis Regelung für Anlagen bspw. < 30kW geben wird. Zudem wird essentiell sein, ob in der sonst. DV auch bei Überschusseinspeisern auf ein iMS vorübergehend verzichtet werden kann – hier sehe ich gute Chancen.
Der wirtschaftliche Weiterbetrieb von Altanlagen wird nach unserer Einschätzung v.a. durch den privilegierten Eigenverbrauch ermöglicht. Die WEMAG wird hier keine Anforderungen an den AB stellen, welche nicht zwingend rechtlich notwendig sind – das wird aber anderen Anbietern auch nicht anders möglich sein, trotz anders lautender PR.
Ich freue mich über den weiteren Austausch – melden Sie sich doch gerne direkt bei mir.
VG