Warum kommt es bei der Herstellung multikristalliner Siliziumblöcke zu metallischen Verunreinigungen? Dieser Frage ist ein Team von Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB, Wacker Chemie und AlzChem im Forschungsprojekt SYNERGIE nachgegangen. Mithilfe eines numerischen Simulationsmodells konnten die Experten Verunreinigungen sowie deren Quellen identifizieren. Zudem haben sie Erkenntnisse über die Mechanismen gewonnen, wie die verschiedenen Metallatome während des Herstellungsprozesses in den Kristall eindringen. Die Ergebnisse aus dem Projekt erlauben direkte Vorhersagen, inwieweit sich die Reinheit der in der Produktion eingesetzten Hilfsstoffe Schmelztiegel, Tiegelbeschichtung und Silizium-Rohstoff auf die elektrische Qualität der Silizium-Wafer auswirkt.
Für die Herstellung von Silizium-Kristallen wird zunächst Rohsilizium in einem Quarzguttiegel geschmolzen und anschließend kontrolliert abgekühlt. Bei der folgenden Erstarrung der Schmelze bildet sich ein Siliziumkristall mit definierten elektrischen Eigenschaften. Der Quarzguttiegel ist auf der Innenseite mit Siliziumnitrid beschichtet. Diese Beschichtung, basierend auf hochreinem Siliziumnitridpulver, dient unter anderem als Trennschicht und verhindert ein Anhaften des Siliziums am Quarzguttiegel, was beim Erstarren zu Rissen im Siliziumkristall führen würde.
Die Forscher haben herausgefunden, dass das System aus Quarzguttiegel und Beschichtung die größte Quelle für metallische Verunreinigungen bei der Produktion der Siliziumkristalle ist. Während der Kristallisation werden kontinuierlich Metallatome in das flüssige und feste Silizium eingetragen. Im Siliziumkristall lagern sie sich an Fehlern an und verschlechtern die Qualität des Kristallmaterials. So sinkt beispielsweise bei den später daraus hergestellten Solarzellen der Wirkungsgrad. Die Randbereiche der Siliziumkristalle können sogar derart stark kontaminiert sein, dass diese abgeschnitten werden müssen und sich nicht weiterverwerten lassen.
Um nun genauer erkennen zu können, welche Metalle ausgehend von welcher Quelle in welcher Konzentration in den Siliziumkristall vorliegen, entwickelten die Wissenschaftler am Fraunhofer IISB eine spezielle Versuchsanordnung. Hierbei werden Siliziumwürfel auf eine Unterlage aus verschiedenen Tiegel- und Beschichtungsmaterialien gestellt und gezielt für eine bestimmte Zeit einer hohen Temperatur ausgesetzt. Die Temperatur liegt dabei knapp unterhalb des Silizium-Schmelzpunktes von 1412 Grad Celsius. Eine anschließende chemische Analyse offenbart, welche Metalle bei der Prozedur in den Siliziumkristall eingedrungen sind.
Die Untersuchungen ergaben, dass bei weitem nicht alle Metalle, die in den Unterlagen in hohen Konzentrationen vorkommen, auch später im Siliziumkristall nachweisbar sind. Mit Eisen, Chrom und Kobalt konnten diejenigen Metalle identifiziert werden, die im Siliziumkristall in ausreichend hoher Konzentration vorliegen und somit hauptverantwortlich für den Performance-Verlust von Solarzellen sind.
Höhere Reinheit der Hilfsstoffe reduziert Metallkontamination
Parallel zu den experimentellen Untersuchungen haben die Fraunhofer-Forscher ein numerisches Simulationsmodell für die Berechnung der Verteilung der Fremdmetalle im Siliziumkristall entwickelt. Das Modell berücksichtigt den Kontaminationsgrad von Tiegel, Siliziumnitrid-Beschichtung und Silizium-Rohstoff sowie die relevanten Parameter für die Prozessführung. Die Resultate zeigen deutlich, dass eine erhöhte Reinheit aller Hilfsstoffe die Metallkontamination in den Silizium-Kristallen signifikant reduziert – was Kristallqualität und damit auch die Strom-Ausbeute enorm steigern würde. Allerdings stehen vor allem die Quarzguttiegel nicht in beliebiger Qualität zur Verfügung. Ein für die industrielle Produktion praktikabler Weg wären Barriereschichten zwischen Tiegel und Siliziumnitrid-Beschichtung, welche den Austrag von Metallen aus dem Tiegel blockieren könnten.
Mit den Erkenntnissen aus dem SYNERGIE-Projekt können Hersteller von Halbleitermaterialien beurteilen, welche Materialqualität aus dem Einsatz bestimmter Hilfsstoffqualitäten resultiert – und worauf sie den Fokus legen müssen, um möglichst effektiv und kostengünstig Verbesserungen zu erzielen. Die neu gewonnenen Einsichten sind dabei generell auf Herstellungsprozesse für Halbleitermaterialien anwendbar, bei denen Schmelztiegel zum Einsatz kommen.
Das Verbundprojekt SYNERGIE – „Synergetische Weiterentwicklung von Zulieferprodukten zur Reduktion der Herstellungskosten und Steigerung der Materialqualität von kristallinen Siliziumblöcken in der Photovoltaik“ – wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.
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