Die Corona-Krise stand im Mittelpunkt der pv magazine Virtual Roundtables Europe 2020, die am Dienstag und Mittwoch vergangener Woche zum ersten Mal in virtueller Form stattfanden. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten die diesjährigen Roundtables nicht wie gewohnt während der Intersolar Europe in München stattfinden. Stattdessen konnten Experten und Besucher dieses Mal virtuell an den Roundtables teilnehmen und sich dort mit anderen Teilnehmern aus der ganzen Welt vernetzen. Corona hat auch die Inhalte der Roundtables geprägt, gerade den vierten und letzten unserer Roundtables über Märkte und Stromabnahmeverträge (PPAs) am Mittwoch.
Aufgrund der Covid-19 Pandemie und den daraus resultierenden Lockdowns in fast ganz Europa ist die Stromnachfrage stark zurückgegangen. Mateusz Wronski, Leiter Produktentwicklung, Aurora Energy Research, lieferte Details für bestimmte Länder im Mai. Deutschland steht noch relativ gut da mit einer Abnahme von unter zehn Prozent im Vergleich zu demselben Zeitraum im Mai 2019. Dagegen fiel die Nachfrage in Grossbritannien um ganze 21 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum in 2019.
In diesem Umfeld fallender Nachfrage und damit sinkender Grosshandelspreise wundert es nicht, dass potentielle PPA-Offtaker keine Eile verspüren, um kurze oder längere PPA-Verträge – von nur 5 Jahren bis 15 Jahren Dauer – einzugehen. Trotzdem war der Konsens dieses Roundtables, der auch Vertreter von Baywa re, Smartenergy und Vattenfall als Panelisten inkludierte, dass die Strompreise nicht für lange Zeit so niedrig bleiben werden und dass hinreichende Markttreiber, den europäischen PPA-Markt weiter unterstützen würden. An erster Stelle ist der „European Green Deal“ der neuen EU-Kommission zu nennen, aber auch der Wunsch vieler europäischer Unternehmen und Energieversorger, saubere Energie einzusetzen, treibt den PPA-Markt voran, ob für Solarstrom oder andere erneuerbare Energien.
Wasserstoff ist ein weiterer wichtiger Trend, der in diesem Market Roundtable unter die Lupe genommen wurde. Christian Pho Duc, Geschäftsführer von Smartenergy Projects, berichtete über den neusten Stand, Photovoltaik-Anlagen mit Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff zu verbinden, um damit eine weitere Einnahmequelle für Photovoltaik-Projekte zu schaffen. Smartenergy ist dabei, eine Wasserstoffproduktion auf Basis von Solarstrom als Energiequelle in Portugal aufzubauen und plant im Jahr 2022 grünen Wasserstoff an Kunden auszuliefern. Pho Duc hob die Bedeutung des grünen Wasserstoffs für Photovoltaik-Entwickler hervor: Eine Netzanbindung des Solarparks sei nicht mehr ein „Show Stopper“ für das Projekt, denn grüner Wasserstoff liese sich auch ohne eine Netzanbindung herstellen und biete einen zukunftsträchtigen Absatzmarkt, etwa in Portugal, aber auch in anderen Ländern mit einer Nachfrage nach sauberem Wasserstoff, etwa für die Industrieproduktion. Aber auch mit einer Netzanbindung, biete grüner Wasserstoff eine weitere Einnahmequelle oder ein Fallback-Szenario für das Solarstromprojekt.
Großanlagen waren auch der Fokus im „Asset Management“-Roundtable, das erste von vier Roundtables. Dieser Roundtable konnte drei sehr erfahrene Asset Manager als Panelisten sichern, darunter Jacqueline Huynh, Portfolio Manager Infrastructure Equity bei Allianz Global Investors, Stefan Müller, Vorstand von Enerparc, und Duncan Bott, Partner bei LCF Alliance. Jeder dieser drei verwaltet mehrere Hunderte von Megawatt an Photovoltaik-Anlagen und für alle drei sind Daten entscheidend, um die Performance und den Ertrag dieser Anlagen zu steigern. Auf der einen Seite ist ein gewisses Minimum an Daten erforderlich; andererseits können zu viele Daten sich auch zu einer Datenlawine gestalten, so dass die richtigen Tools und Algorithmen gefragt sind, um zahlreiche Datenströme in handlungsrelevante Daten umzuwandeln, die ganz spezifische Maßnahmen zur Folge haben, etwa das wegen der Verschattung der Module das Gras geschnitten werden muss.
Duncan Bott hat seinen „Sweet Spot“ aufgedeckt, und zwar Anlagen, die – so Duncan – „keiner liebt“, weil sie einen breiten Mix an Kernkomponenten wie Solarmodule vorweisen. Der geografische Fokus dieser Anlagen liegt in Italien, wo alte Anlagen noch üppige Conto Energia-Einspeisetarife in Italien erhalten und natürlich weiterhin von guten Einstrahlungswerten profitieren. Dies sind dann echte Turnaround-Projekte mit alten Anlagen, die oft wenig oder lückenhafte Dokumentation vorweisen und dementsprechend eine breite Due Diligence und aktive O&M-Betreuung nach der Akquise durch LCF benötigen, um aus diesen Bestandsanlagen wieder gute Performer zu machen.
Lucie Garreau-iles, Technical Regional Manager, EMEA, Dupont Photovoltaic Solutions, und Jan Napiorkowski, Global Head of Clean Energy, Ariel Re, konnten ihre Perspektive beitragen, im Falle von Dupont die eines Technologie-Anbieters und im Fall von Ariel Re die eines Versicherungsunternehmens. Sowohl Garreau-iles als auch Napiorkowski haben langjährige Erfahrung mit Photovoltaik-Anlagen in diversen Ländern der Welt. Garreau-iles stellte klar, dass die betriebliche Umgebung in der Anlage Probleme verursachen können, die so nicht zwingend auftreten, wenn beispielsweise Module abmontiert werden und anschließend in einer ganz anderen (und oft nicht so rauhen) Umgebung untersucht werden. Napiorkowski unterstrich den Wert passender Solarversicherungspolicen, wie etwa Performance Ratio oder Produktionsversicherungen, die als Mindestabdeckung für Investoren und andere Projektbeteiligte dienen können.
Die letzten beiden Roundtables der pv magazine Virtual Roundtables Europe 2020 hatten ihren Fokus auf Qualität und Nachhaltigkeit, schon lange wichtige Themen beim Fachverlag pv magazine. So startete pv magazine seine Roundtables vor über fünf Jahren mit dem Qualitätsthema im Mittelpunkt. Statt dieses Thema auf abstrakte Weise zu behandeln, wurde konkrete Fälle vorgestellt und heftig diskutiert, um so spezifischen Problemen wie Hotspots im Detail zu erörtern und dabei auch die Verantwortung des Herstellers und anderen Parteien unter die Lupe zu nehmen. Im Quality Roundtable vergangene Woche standen konkrete Fallbeispiele wieder im Vordergrund. Oder es wurde über ganz konkrete Herausforderungen wie Light Induced Degradation (LID) diskutiert. Monsoon Wang, Product Director, Longi Solar, zeigte einen möglichen Lösungsweg über Gallium-dopierte monokrystalline Wafer. Ein weiterer Höhepunkt dieses Roundtables bildete die ausführliche Diskussion über Qualitätsprobleme bei Floating Photovoltaik-Anlagen und wie die ganz besonderen Umweltherausforderungen dieses sich rasch entwickelten Marktsegments am besten addressiert werden können.
Der Sustainability Roundtable machte die Vorteile so einer virtuellen Veranstaltung deutlich. Von den elf Referenten und Panelisten dieser Runde nahmen drei von einer Zeitzone teil, die neun Stunden hinter mitteleuropäischer Zeit lag. Dies waren Sheila Davis, Executive Director der Silicon Valley Toxics Coalition, Nancy Gillis, CEO, Green Electronics Council/EPEAT, und Dustin Mulvany, Professor an der San Jose State University, die sich alle aus Kalifornien in den USA dazuschalteten. Alle drei sind seit langer Zeit Verfechter von Nachhaltigkeitsstandards in der Elektronikbranche und der Photovoltaikbranche. Der Konsens, der sich in diesem Roundtable entwickelte, war, dass die globale Photovoltaik-Branche auch nachhaltige Produkte liefern muss, um wirklich als nachhaltig zu gelten. Internationale Standards und das richtige Produktlabeling sind zwei wichtige Schritte in diese Richtung.
UP-Kampagne
Ob qualitativ hoch-performante Solarmodule, europäische PPAs, aus Photovoltaik generierter grüner Wasserstoff, oder Nachhaltigkeitsstandards und Labels für Photovoltaik-Produkte, alles sind sehr dynamische Bereiche unserer Branche mit einer großen Zukunft und noch viel Raum für Innovation und weitere Fallbeispiele, die diskutiert werden können und über die wir unser Wissen erweitern können. Ebenfalls ermutigend ist die Tatsache, dass diese Roundtables auch mitten in einer globalen Pandemie stattfinden konnten, und so eine Plattform bieten konnten, über die Marktteilnehmer die neusten Entwicklungen miteinander erörtern konnten und sich zudem mit anderen Experten vernetzen konnten.
Virtuelle Veranstaltungen sind für sich genommen ein sehr dynamischer und recht neuer Technologiemarkt und mit fast 2000 registrierten Teilnehmern zeigen diese pv magazine Roundtables, dass diese Technologie die nötige Reife und Skalierbarkeit erreicht hat. Gerade die Photovoltaik-Branche wächst und wächst weltweit und Pierre Verlinden, Gründer und Geschäftsführer von Amrock, stellte im Sustainability Roundtable klar, dass gewaltige 70 bis 80 Terawatt an Photovoltaik bis 2050 benötigt werden, um die COP21-Klimaziele von Paris zu erreichen und den Klimawandel in Grenzen zu halten. Und diese Menge an Photovoltaik wird noch sehr viele Marktteilnehmer in unseren Markt bringen, die sich miteinander vernetzen wollen und von einander lernen wollen, ob virtuell oder ganz klassisch von Person zu Person.
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Guten Tag,
ist es möglich die Roundtables auch im Nachgang online anzusehen?
Freundliche Grüße,
Markus Arnold