GroKo beschließt weitere massive Hindernisse der Energiewende

Hans-Josef Fell

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Die gestrige Einigung der großen Koalition zum 52 Gigawatt Photovoltaik-Deckel und der 1000 Meter Abstandsregelung der Windenergie bedeutet keinerlei Verbesserung der aktuellen, viel zu schwachen Ausbaudynamik der erneuerbaren Energien. Für die Windkraft wurden weitere massive Verschlechterungen beschlossen, in der Photovoltaik wurde lediglich ein erneuter Kahlschlag verhindert. Der faktische Ausbaustillstand bei Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie spielte überhaupt keine Rolle.

Die Bewertung von Bundesminister Altmaier zu dieser Einigung ist völlig deplatziert und täuscht die Öffentlichkeit über die aktuelle Situation. So sieht Altmaier in der Einigung ein „hervorragendes Ergebnis für die Energiewende und den Klimaschutz“. Sie sei ein „starker Impuls für Konjunktur und Beschäftigung, gerade in diesen schweren Zeiten“.

Was die Solarenergie betrifft, bedeutet die gestrige Einigung der Aufhebung des 52 Gigawatt-Deckels lediglich, dass die Förderung über das EEG für Anlagen einer Investitionsgröße unter 750 Kilowatt weiter läuft wie bisher. Mehrfach wurde der politische Beschluss zur Aufhebung des Deckels unter anderem im Koalitionsvertrag, so wie gestern gefasst – eine Gesetzesänderung hat es bis heute nicht gegeben. Ob es wegen dieser erneuten Ankündigung tatsächlich zu einer gesetzlichen Abschaffung des 52 Gigawatt Deckels kommt, ist weiterhin offen. Ein Datum zur Abschaffung wurde nicht beschlossen.

Sollte es tatsächlich zu der gestern, wie so oft, erneut politisch beschlossenen und angekündigten gesetzlichen Aufhebung des Deckels kommen, so bedeutet dies überhaupt keine Verbesserung der Ausbaudynamik der Photovoltaik. Lediglich eine massive Verschlechterung würde damit verhindert. Weitere notwendige Gesetzesänderungen in der Solarenergie, wie beispielsweise eine Abmilderung der Kostendegression über den atmenden Deckel wurden gestern nicht beschlossen. Die jetzige Gesetzeslage könnte aber schnell die Vergütungssätze unter eine Rentabilitätsschwelle senken, so dass die Aufhebung des Deckels damit ausgehebelt würde.

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Als politische „Gegenleistung“ zur Aufhebung des Photovoltaik-Deckels wurde eine Ausweitung der Abstände der Windkraft von der Wohnbebauung beschlossen. 1000 Meter sollen nun als Regelgrenze wirken, wobei die Bundesländer in einer Länderöffnungsklausel davon abweichen dürfen. Die Erfahrung zeigt, dass Bundesländer kaum dem politischen Druck von Windkraftgegnern standhalten, obwohl diese vor Ort zwar meist in der Minderheit sind, aber lautstark ihre Interessen einfordern. Bezeichnend ist, dass Bayern seine Sonderregelung der 10H-Regelung beibehalten kann. Diese hat bekannterweise zu einem fast völligen Stillstand des Ausbaus der Windenergie in Bayern geführt, dem Land, das wegen seiner Flächengröße das größte Windkraftpotenzial unter allen Bundesländern besitzt.

Die vereinbarte Verkleinerung der Flächen für den Windkraftausbau durch eine größere Abstandsregelung von der Wohnbebauung muss auch im Zusammenhang mit den weiteren Verschlechterungen durch weitere Naturschutzauflagen gesehen werden. Beides wird zusammen mit der Ausschreibungspraxis dazu führen, dass die Windenergie in Deutschland noch weiter unter das heutige, schon viel zu niedrige Niveau einbrechen wird.

Die Einhaltung der von der Bundesregierung ratifizierten und damit völkerrechtlich verpflichtenden Klimaschutzziele von Paris erfordern völlig andere Maßnahmen und Ausbaugeschwindigkeiten der Erneuerbaren. Um das 1,5 Grad Celsius Ziel der Erderwärmung nicht zu überschreiten, ist alleine in Deutschland jährlich ein Ausbau der Solarenergie mit über 10 Gigawatt und ca. 10 Gigawatt Windkraft erforderlich. Auch Bioenergien, Wasserkraft und Geothermie müssten jährlich einige Gigawatt an Zubau dazu liefern. Deutschland ist auch mit den gestrigen Beschlüssen der Großen Koalition weit davon entfernt.

Es ist vollkommen unverständlich, dass Verbände der erneuerbaren Energien, sowie die Opposition im Bundestag diese Beschlüsse der Großen Koalition auch noch begrüßen. Es passt jedoch in das politische Versagen der Verbände und Opposition des letzten Jahrzehnts. Das Muster ist immer das gleiche: Die Regierungskoalition schlägt eine massive Verschlechterung des Ausbaus der erneuerbaren Energien vor und im politischen Prozess erreichen die Verbände der Erneuerbaren winzige Korrekturen. Unter dem Strich werden aber massive Verschlechterungen realisiert. Die minimalen Korrekturen werden dann als Erfolg der Lobbyarbeit begrüßt. Als Ergebnis bleibt der Ausbau der Erneuerbaren und damit der Klimaschutz auf der Strecke.

Wann endlich begreifen die Verbände der erneuerbaren Energien und die Opposition im Bundestag, dass sie fundamental die Regierungspolitik angreifen und bloßstellen müssen und sich nicht nur im Klein-Klein der Regierungsvorgaben von Union und SPD verlieren dürfen?

— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com

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