Für gut 18.000 Photovoltaik-Anlagen läuft Ende dieses Jahres die EEG-Förderung aus. Bis Ende 2025 kommen weitere 176 600 Anlagen dazu. Viele von ihnen sind technisch noch hervorragend in Schuss. Nicht desto trotz droht ihnen das Aus – aus rechtlichen Gründen. Bis zu einem Gigawatt Photovoltaik-Leistung könnte bis 2025 verloren gehen. Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) hat deshalb im vergangenen Januar eine Petition gestartet, die die Bundesregierung auffordert, den regulatorischen Rahmen so anzupassen, dass die Anlagen wirtschaftlich weiterbetrieben werden können. Insgesamt 122.358 Bürger haben die Petition unterzeichnet. Jetzt haben SFV und unterstützende Solar- und Umweltinitiativen das Dokument dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium übergeben – angesichts der Corona-Pandemie nicht persönlich, sondern digital per Zoom-Konferenz.
„Uns war wichtig, dass die Vereine, mit denen wir die Petition gestemmt haben, die Möglichkeit bekommen, an der Übergabe teilzunehmen. Ohne sie hätten wir es kaum geschafft, unser Klimaschutz-Anliegen zum Weiterbetrieb von funktionstüchtigen Solarstromanlagen zu verbreiten“, erklärt Susanne Jung, Geschäftsführerin des Solarenergie-Förderverein Deutschland. Zu den Unterstützen zählen unter anderem Bund der Energieverbraucher, Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, Bündnis Bürgerenergie, Sonnenkraft Freising, DGS München Oberbayern und S4F Rosenheim. Insgesamt stehen mehr als siebzig Verbände, Initiativen und Aktionsgruppen hinter den Forderungen.
Hohe Kosten für geringe Strommenge
Die Betreiber der aus der EEG-Förderung fallenden Anlagen stehen vor der Frage: Was künftig tun mit dem erzeugten Strom? Nahe liegend ist der Eigenverbrauch. Dafür müssen sie jedoch nach derzeitiger Rechtslage ihren Zähler umrüsten. Das verursacht Kosten. Zudem werden für jede selbst verbrauchte Kilowattstunde vierzig Prozent der EEG-Umlage fällig.
Noch viel schwerer wiegt allerdings, dass es nach derzeitiger Rechtslage wohl keine Möglichkeit geben wird, Strom los zu werden, den die Betreiber nicht selbst verbrauchen können. Nach §21b des EEG müssen sie dafür einen Direktvermarkter finden. Für die Dienstleister dürfte dieses Kundensegment jedoch uninteressant sein, weil die Direktvermarktung mit Kosten verbunden ist, die den Ertrag aus den in der Regel sehr kleinen Anlagen übersteigen. Den Strom gratis ins Netz abzugeben ist auch keine Option – wildes Einspeisen ist illegal.
„Die Situation kann dramatischer nicht sein: Von einem Tag auf den anderen werden die bestehenden technischen und wirtschaftlichen Grundlagen für den Betrieb älterer Solaranlagen wegfallen. Der Weiterbetrieb steht vor dem Aus. Und das, obwohl die Betreiber allesamt bereit sind, Teil der klimafreundlichen, zukunftstauglichen Energieversorgung zu sein“, erklärt Jung. Kostenintensive Umbauten, neue Zählerkonzepte und Vermarktungsverpflichtungen für Reststrom zu Minimalpreisen seien keine belastbaren Weiterbetriebsoptionen.
Das Umweltbundesamt schlägt deshalb vor, den eingespeisten Strom mit dem so genannten Marktwert zu vergüten, ohne dass ein Dienstleister eingeschaltet werden muss. Der Marktwert bewegt sich derzeit zwischen 3,5 bis 4,5 Cent pro Kilowattstunde. Die Anlagenbetreiber könnten so ohne großen Aufwand ihren Strom loswerden, den sie nicht selbst verbrauchen – und erhielten dafür auch noch etwas Geld. Der SFV begrüßt den Vorschlag des Umweltbundesamtes, hält den Marktwert aber für zu gering, um einen Anreiz für den Weiterbetrieb zu setzen. Stattdessen plädiert der Verband für eine Vergütung von 7 bis 7,5 Cent pro Kilowattstunde.
Diese Forderung findet sich auch in der Petition wieder – allerdings ohne einen konkreten Betrag. Dort heißt es, für netzeingespeisten Strom mindestens den Börsenstrompreis auszuzahlen und zusätzlich den langfristigen Wert des Solarstroms für das Netz, die Umwelt sowie die Gesellschaft bei der Festlegung der Einspeisevergütung angemessen zu berücksichtigen.
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Sind die Wartungskosten für diese Anlagen so hoch daß die von den vorgeschlagenen 3,5 bis 4,5 cent pro Kilowattstunden nicht gedeckt werden können?
Ja. Haben Sie mal versucht, einen heute noch funktionsfähigen Computer aufzutreiben, auf dem Windows 3.1 oder Win 95 / Win 98 oder ähnliches läuft, damit Sie über Software aus den 90er und RS232 Schnittstelle einen nach 20 Jahren ausgefallenen Wechselrichter ersetzen und dafür den ausgetauschten Wechselrichter parametrieren können (einstellen der damals vereinbarten Norm zur Netzüberwachung, cos phi = 1 etc.)? (Warum heutige Wechselrichter nicht zu allen Modulen der 90er passen ist ein anderes Thema.) Geht alles. Ist aber aufwändig, wenn Sie vorschriftsmäßig arbeiten.
Viel schlimmer ist jedoch, dass derzeit gesetzlich ungeklärt ist, wie eine nach den damals geltenden Normen der 90er Jahre errichtete Anlage in den Bilanzkreis eines Stromhändlers integriert werden „darf“. Nicht mal eine Pflicht zur Definition eines Standard-Lastprofils hat der Gesetzgeber festgelegt.
@ Chris
Das Problem ist der Marktwert. Der liegt nicht immer bei 3,5 oder 4 Cent, sondern manchmal auch im negativen Bereich.
keilenANALYTICS
Den Fotovoltaikausbau entfesseln – die Bürger- (und Unternehmer-)energie zu einer tragenden Säule der Energieversorgung machen
„Vom Ziel her denken“ erfordert in der Energie-, der Wirtschafts- und der Umweltpolitik, die politische Entscheidung für ein 100% dekarbonisiertes Energiesystem konsequent zu verfolgen. Für Fossilenergien gibt es keinen Platz mehr. Vielmehr braucht die Gesellschaft jede erneuerbare Kilowattstunde. Kostengünstige Kilowattstunden aus ausgeförderten Solaranlagen nicht zu nutzen wäre energiepolitisch unverantwortlich. Insoweit ist der Vorschlag des Umweltbundesamtes (UBA Climate Change 10/2020), ausgeförderten, in das Netz eingespeisten (Überschuss-)Solarstrom mit dem Marktwert zu vergüten, der richtige Weg. Der Vorschlag des UBA ist eine unbürokratische, kostenminimale und damit bürgerfreundliche Lösung. Der Anlagenbetreiber nutzt seinen Strom selbst, Überschussstrom wird dem Netz auf Basis „Marktwert“zur Verfügung gestellt. D.h. dem Markt wird von den PV-Anlagenbetreibern ein „subventionsfreier“ kostengünstiger emissionsfreier Strom zur Verfügung gestellt, der für die Höhe der EEG-Umlage keine Relevanz mehr hat. Mit dieser Lösung ist für dieses EE-Segment das Ziel des EEG, die Erneuerbaren in die Wettbewerbsfähigkeit zu führen, erreicht.
Als Problemlösung nicht geeignet sind die Vorschläge der BNetzA (Analyse 2020/ Marktintegration ausgeförderter und neuer Prosumer-Anlagen). Diese Vorschläge sind lebensfremd. Von der BNetzA wird der Bürgerenergie, aber auch den Unternehmen, die selbst in Erneuerbare Anlagen für den Eigen- bzw. Direktverbrauch investieren, hier nur eine Zahlerrolle zugeordnet. Insoweit werden diese Vorschläge bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen mit eigenen PV-Anlagen keine Akzeptanz finden.
Ähnlich lebensfremd und in die falsche Richtung führend sind die Ausführungen der BNetzA im Bericht „Regelungen zu Stromspeichern im deutschen Strommarkt (Stand März 2020)“. Auch hier soll der Speichereinsatz „hinter dem Zähler“ zu Lasten der Bürger und Unternehmen wirtschaftlich unattraktiv gemacht und damit eliminiert werden.
Für die Decarbonisierung des Energiesystems braucht es „unendlich viel“ erneuerbaren Strom. Bundesminister Peter Altmaier geht davon aus, dass in Deutschland nicht genug erneuerbarer Strom möglich ist, um das Energiesystem zu 100% zu dekarbonisieren. Im Umkehrschluss heißt das: Es kommt auf die Realisierung jeder wirtschaftlich sinnvoll erzeugbaren Kilowattstunde an.
Wenn Deutschland zu 100% decarbonisiert sein will, braucht es ca. 1.700 Milliarden kWh Strom, und zwar aus Erneuerbaren. Das ist ca. 3x soviel wie der heutige gesamte Stromverbrauch.
Offshore kann mit ca. 45 GW ca. 200 Mrd. kWh liefern (Windeurope, 2020: Our energy, our Future). Onshore schafft es auf 100 GW, bei künftig hoffentlich höherer Akzeptanz vielleicht auf bis zu 200 GW. Das wären 200 bis maximal 400 Mrd. kWh. Die sonstigen Erneuerbaren Wasserkraft, Bioenergie, Geothermie, Sonstige liefern bis zu 100 Mrd. kWh. Im Grundsatz sind das 500 bis maximal 700 TWh insgesamt. D.h. für eine 100%ige Decarbonisierung fehlen 1000 Mrd. kWh, bei fehlender Akzeptanz von onshore-Wind bis 1200 Mrd. kWh.
Für die Freunde der Solarenergie gibt es hierzu eine schon etwas ältere „frohe Botschaft“ aus dem Karlsruher Institut für Technologie KIT. In ihrer umfangreichen Dissertation „Technical and economic potential für PV-systems on buildings, 2018“ hat Karoline Fath nämlich allein auf Dächern und an Fassaden von Gebäuden ein wirtschaftliches Potenzial für eine solare Stromerzeugung von 1.158 bis 2.482 Mrd. kWh qualifiziert belegt. Das ist deutlich mehr als frühere Potenzialschätzungen aufgezeigt haben. Das heißt: Die Sonne in Verbindung mit Speicherung kann die Stromlücke bezüglich einer 100%-Decarbonisierung füllen, wenn wir es wollen.
Die Lösung sind die Gestaltung der „Dächer und Fassaden als Kraftwerk“. Hierzu brauchen wir eine bauteilintegrierte, architektonisch ansprechende kostengünstige Fotovoltaik BIPV. Photovoltaik hat ein Riesenpotenzial, ist damit eine Chance für Unternehmen und Arbeitsplätze. Hier muss die Energie- und Klimaschutzpolitik künftig einen Schwerpunkt setzen, die Produktion von PV im Rahmen des Green Deal wieder nach Europa zurückholen.
Danke an den Solarenergie-Förderverein Deutschland SFV, dass er sich kompetent für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft engagiert.
Ich finde eine Vergütung von 3,5 – 4,5 cent für diese Anlagen absolut fair und damit sollten alle die jetzt rausfallen zufrieden sein.
Die Anlagen wurden 20 Jahre lang sehr gut vergütet und haben alle sicher eine hohe positive Rendite eingefahren.
Wer heute eine neue Anlage auf sein Dach baut, bekommt für 20 Jahre nur noch 9,x Cent / KWh.
Eine positive Rendite ergibt sich hier nur noch, wenn auch alles was die Anbieter immer propagieren passt (Strompreis steigt ständig, die Technik hält 20 Jahre durch etc.)
Noch dazu, dass man für eigen verbrauchten Strom Umsatzsteuer bezahlen muss und die Anlagen auf 70% Leistung gedrosselt werden müssen.
Wir haben also heute eine sehr knappe Förderung welche im Vergleich zu den Förderungen von vor 20 Jahren extrem abgesenkt wurde. Die Anlagen selbst sind aber nicht um den gleichen Faktor billiger geworden.
Sie müssen die 3,5 – 4,5 Cent ins richtige Licht rücken.
Der Vorschlag lautet „Marktwert“. Der ist nicht fix, sondern variiert bis hin zu „Negativ“
Das ist doch der Taschenspielertrick mit dem die EE seit 2010 der EEG Neuordnung diskreditiert werden.
Bis an die EXX, — die Strombörse, sprich Goßhandel — gibt es nur Verlierer, weil die EE dort zusätzlich vermarktet werden müssen, und die Preise deshalb sinken. Der Gewinn findet ab der Börse statt, weil die Händler, sprich Versorger billig Strom kaufen, und mit dem Handel und Vertrieb lukrative Geschäfte machen. Physikalisch sind die EE natürlich noch dabei, aber leider nicht mehr..“monetär“.. . Die müssen ihren grünen Namen an der Börse abgeben, und bleiben auf dem variierenden Marktpreis, bis hin zu negativ sitzen. Grün werden die erst wieder, in den Tarifen, wenn die Versorger mit einem prozentualen Anteil Werbung machen. Da sind die EE aber monetär nicht mehr dabei.
Möglicherweise konnte ich dem einen oder anderen den Unterschied zwischen Marktpreis, und Verbrauchertarif deutlich machen.
Hier haben wir das Thema schon ausführlich diskutiert:
https://www.pv-magazine.de/2020/04/30/sfv-gutachten-vier-voraussetzungen-fuer-einen-wirtschaftlichen-weiterbetrieb-von-photovoltaik-anlagen-nach-auslaufen-der-eeg-foerderung/