Die Ausgestaltung des von der EU-Kommission angekündigten „Green Deal“ ruft viele Akteure der europäischen Solarindustrie auf den Plan – aus Unzufriedenheit. Erst im Januar hatte das Fraunhofer ISE gemeinsam mit Solarpower Europe, Eurec, 17 nationalen Photovoltaik-Verbänden und zehn weiteren Forschungsinstituten einen Brief an Mitglieder der EU-Kommission geschickt. Darin drängten die Autoren auf Strategien für einen Wiederaufbau der Solarindustrie in Europa. Jetzt haben mehr als 90 Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die der gesamten Wertschöpfungskette der europäischen Solarbranche angehören, das Bündnis „Solar Europe Now“ gegründet. Gemeinsam fordern sie, dass der Photovoltaik-Sektor im „Green Deal“ der EU mehr Anerkennung und stärkere Berücksichtigung findet.
Das Bündnis weist darauf hin, dass alle von der EU im Kontext der Klimaziele für 2050 entwickelten Energieszenarien der Photovoltaik eine Schlüsselrolle zuweisen. Anders sei das in der Kommunikation der europäischen Kommission zum „Green Deal“, also dem Fahrplan für die EU-Behörden zur Förderung der Energiewende in den kommenden Jahren. Dort werde zwar grundsätzlich den erneuerbaren Energien eine entscheidende Rolle beim Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Dekarbonisierung Europas zuerkannt. „Die Solarenergie hingegen bleibt konkret unerwähnt, ganz im Gegensatz zur Offshore-Windenergie, die als ein wichtiger Motor erachtet wird“, so das Fraunhofer ISE, das „Solar Europe Now“ ebenfalls angehört. Zudem fehle es an Unterstützung für Forschung und Entwicklung. Das könne die weitere Entwicklung des Sektors behindern, die industrielle Souveränität der EU bei strategischen Technologien zum Stillstand bringen und eine erfolgreiche Umsetzung der Dekarbonisierung auf dem gesamten europäischen Kontinent einschränken.
„Solar Europe Now“ weist auf das immense Potenzial hin, das die Entwicklung einer starken Solarindustrie für Europa bedeuten könne – für die Deckung des Strombedarfs ebenso wie für wirtschaftliches Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Mitglieder des Bündnisses fordern die europäischen Institutionen daher auf, den strategischen Wert der Photovoltaik bei den kommenden Klima-, Forschungs- und Innovationsinitiativen sowie nachhaltigen Finanzinitiativen stärker zu berücksichtigen. Der Ausbau der Solarenergie sei unabdingbar, um das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen zu können.
„Ein dynamischer Photovoltaik-Markt ist die Grundlage für die Wiederbelebung der europäischen Solarproduktionsindustrie und die Schaffung von mehr als 100.000 Arbeitsplätzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, sagt Roch Drozdowski-Strehl. Der Chef des Photovoltaik-Forschungsinstituts „Institut Photovoltaïque de l’Île de France“ (IPVF) ist Gründer von „Solar Europe Now“. Aus seiner Sicht ist es unerlässlich, einen politischen und finanziellen Rahmen zu entwickeln, um die europäische Photovoltaik-Produktionskapazität wiederzubeleben. Der europäische „Green Deal“ eröffne die Möglichkeit, „nachhaltige und arbeitsplatzschaffende Aktivitäten in den Bereichen emissionsarmer Technologien auszuweiten und so den Beschäftigungsrückgang im Sektor der fossilen Brennstoffe sowie in CO2-intensiven Prozessen auszugleichen.“
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Die PV-Bremse der EU ist nur mit gesetzlicher Autonomie regenerativer Energieversorgung zu lösen. Solange fossile mit regenerativen Energien in europäischen Netzen miteinander vermischt werden, ist die Macht des Kartells der Atom-, Kohle-, Erdöl- und Erdgaswirtschaft nicht zu brechen.
Autonomie 100 % regenerative Energieversorgung muss gesetzgeberisches Ziel sein, um in direkter Konkurrenz mit nuklear/fossiler Energieversorgung die Klimakatastrophe verhindern zu können.
Der folgende Gesetzentwurf unterscheidet sich vom ursprünglichen erfolgreichen EEG durch Verzicht auf staatliche Förderung und Einbeziehung vollständiger Sektorkopplung regenerativer Energien.
Gesetz für autonome Selbstversorgung mit regenerativen Energien (Entwurf)
§ 1 Zweck des Gesetzes:
Dezentrale lokale und regionale Energieversorgung mit 100 % regenerativen Energien bei physikalischer Trennung regenerativer von nuklear/fossilen Energien
§ 2 Anwendungsbereich:
Das Gesetz regelt Errichtung, Betrieb, und Nutzung autonomer Anlagen zur Gewinnung und Speicherung regenerativer Energien aus Sonnenstrahlung, Wind, Biogasanlagen, Erdwärme und Gezeiten.
§ 3 Begriffsbestimmungen:
regenerative Energie:
Energie, deren Ursprung zeitnahe Sonnenstrahlung, Erdwärme und Gezeiten sind
nuklear/fossile Energie:
Energie aus Kernspaltung, Kernfusion, Erdgas, Erdöl, Kohle und Torf
Energieautonomie:
von internationalen und nationalen Verbundnetzen unabhängige dezentrale
Energieversorgung aus regenerativen Quellen
Gebrauchsenergien:
Arbeitsenergie für Haushalt, Landwirtschaft, gewerblichen und industriellen Bedarf
aus unterschiedlichen Sektoren, wie Wärmeenergie, Elektroenergie, chemische
Energie, kinetische Energie, Lichtenergie
Energiekooperativen:
Energieerzeuger- und Verbrauchergemeinschaften regenerativer Energien
Bürgerenergie:
100 % regenerative Energie, deren Austausch untereinander keiner Zwischenhändler
bedarf
§ 4 Allgemeine Vorschriften:
(1) Für autonome Energiekooperativen gelten keine Mengen- und Zuwachsbeschränkungen
regenerativer Energien.
(2) Ausschreibungsverfahren entfallen für Anlagen autonomer regenerativer
Energieversorgung.
(3) Autonom erzeugte Arbeitsenergien aus regenerativen Quellen unterliegen keiner Steuer-
und Abgabenpflicht.
(4) Die Umsatzsteuerpflicht ist mit Besteuerung der Investitionskosten und in Anspruch
genommenen Dienstleistungen abgegolten.
(5) Technische Neuerungen zur Rationalisierung und Beschleunigung der Nutzung
regenerativer
Energiequellen dürfen nicht durch Patente blockiert werden. Kostenlose Nachnutzung von
Technologien zur Rationalisierung von Energieumwandlung und -speicherung müssen
gewährleistet sein, um zu verhindern, dass sie von Patenten blockiert werden.
(6) Für Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Gewinnung und Nutzung regenerativer
Energien gelten die allgemeinen technischen Sicherheits- und Qualitätsstandards.
§ 5 autonome Netze mit 100 % regenerativen Energien:
(1) Energiekooperativen haben das Recht in ihrem Bereich vorhandene Netze zu kaufen oder
zu pachten.
(2) Vorbesitzer sind verpflichtet, Teilbereiche ihrer Verteilnetze an Kooperativen zu verkaufen
oder zu verpachten, sofern sie damit von Anteilen nuklear/fossiler Energien bereinigt
werden.
§ 6 Handel und Preisbildung:
(1) Die Mitglieder einer autonomen Kooperative handeln die Erzeugungs- und
Verbraucherpreise untereinander auf der Basis erbrachter individueller Einzelleistungen
aus.
(2) Städte und Kommunen müssen in vierteljährlichen Zeitabständen Register ihrer
Energiekooperativen und deren aktuelle Durchschnittserzeuger- und Verbraucherpreise
veröffentlichen.
(3) Mit Information über Wachstum und Vorteile bürgerbeteiligter Versorgung mit
regenerativen Energien ist ihre Verbreitung zu fördern.
§ 7 Vernetzung von Kooperativen:
Vernetzung von Kooperativen erfordert Netzsynchronisation der Stromnetze und
Beibehaltung zeitlich ausgeglichene Gesamtbilanz von Erzeugung und Verbrauch.
§ 8 Kennzeichnungspflicht kommerzieller öffentlicher Energiequellen:
Kommerzielle öffentliche Energiequellen wie beispielsweise Ladesäulen für
Elektroantriebe von Fahrzeugen und Schiffen, die Anteile von Atomenergie und
Strom aus fossilen Energieträgern enthalten, sind mit der Aufschrift zu
kennzeichnen: „Diese Energiequelle ist nicht klimaneutral!“
§ 9 Geltungsbereich:
Bestehende Verträge zur Einspeisung von Elektroenergie aus Windkraft- und PV-
Anlagen in das öffentliche Verbundnetz werden von diesem Gesetz nicht berührt.
Dieter Brendahl
Lindenplatz 27
03042 Cottbus
Mail: D.Brendahl@t-online.de