Wenn es Deutschland ernst meint mit Energiewende und Klimaschutz, muss die Photovoltaik bis 2050 nach Auffassung des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne) auf 1000 Gigawatt ausgebaut werden. „Für die Klimaziele, eine höhere Resilienz und eine langfristig günstige Versorgung müssen die erneuerbaren Energien sowieso ausgebaut werden. Ein schneller Umstieg ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch geboten. Statt unfassbar teurer Ausstiegsdebatten braucht es endlich Einstiegstaten“, sagt Geschäftsführer Robert Busch mit Blick auf das verabschiedete Positionspapier des Verbands.
Nach Vorstellung des bne wird zunächst die Energiewende im Stromsektor in „nicht allzu ferner Zeit“ abgeschlossen sein. Dann gehe es darum, über Sektorkopplung auch den Wärme- und Verkehrsbereich zu dekarbonisieren. Dazu würde große Mengen zusätzlichen Stroms aus Photovoltaik und Windkraft gebraucht. Der Verband geht von einem Endenergieverbrauch von 1600 Terawattstunden 2050 aus.
„Angenommen die Windkraft sowohl auf See wie an Land und die Bioenergie wird weiterhin in zu geringem Tempo ausgebaut, so können diese bei rund 666 Terawattstunden im Jahr 2050 etwa vierzig Prozent des Bedarfs decken. Etwa 1.000 Terawattstunden verbleiben demnach für die Photovoltaik“, heißt es in dem Papier. Dazu seien eine installierte Photovoltaik-Leistung bis zur Mitte des Jahrhunderts notwendig.
Der Verband setzt bei der Realisierung auf einen Mix verschiedener Photovoltaik-Anwendungen. Zugleich betont er, dass es mehr Kurz- und Langzeitspeicher im Zuge des Ausbaus der Photovoltaik bedarf, um die Lastspitzen im Netz abzufangen und auch die zeitversetzte Nutzung des Solarstroms – gerade im Winterhalbjahr – ermöglichen. 500 Terawattstunden Solarstrom sollen nach Vorstellung des bne von Anlagen auf und an Gebäuden erzeugt und dort direkt verbraucht oder gespeichert werden. Die restliche Menge soll aus Freiflächenanlagen stammen, die im Großspeichern gekoppelt werden. „Mittelfristig kann die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien auch direkt in Elektrolyseuren zu Wasserstoff umgewandelt werden, insbesondere dann, wenn diese über den klassischen Verbrauch hinausgeht“, heißt es in dem Positionspapier.
Der bne geht auch auf die möglichen Akzeptanzprobleme ein, die durch einen massiven Ausbau von Freiflächenanlagen entstehen könnte. Rund 5000 Quadratkilometer Flächen würden für die 500 Gigawatt Solarparks gebraucht. Doch die Lösung liege auf der Hand, da Deutschland aktuell rund 24.000 Quadratkilometer für den Anbau von Energiepflanzen nutzt. Knapp 10.000 Quadratkilometer werden dem bne zufolge für Weizen und Raps genutzt, aus denen Biokraftstoffe hergestellt werden. Auf der restlichen Fläche für Mais für die Biogaserzeugung angebaut. Wenn man diese Fläche mit Photovoltaik statt Energiepflanzen belegen würde, könnte das 30-fache an Energie erzeugt werden, so der Verband. Gleichzeitig würden die Flächen hinsichtlich der Artenvielfalt und Biodiversität aufgewertet. „Das künftige Energiesystem würde damit eher weniger als mehr Flächen beanspruchen als heute und die Biodiversität auf den genutzten Flächen deutlich und langfristig zuverlässig erhöhen. Es ist wirtschaftlich dem bisherigen fossilen System überlegen und verbessert durch Flexibilität auf der Erzeugungs- und Verbrauchsseite die Versorgungssicherheit“, schreibt der Verband.
Die Kosten für die Stromerzeugung aus großen Photovoltaik-Anlagen werden nach bne-Kalkulationen bei etwa 25 Euro pro Megawattstunde liegen – kombiniert mit Batteriespeichern bei 30 bis 40 Euro pro Megawattstunde. Gleichzeitig werde es erhebliche Kostensenkungen bei Elektrolyseuren zur Herstellung von grünem Wasserstoff geben. Dessen Erzeugungskosten könnten daher bis 2030 auf etwa 1,25 Euro pro Kilogramm sinken und damit mit fossil erzeugtem Wasserstoff konkurrieren. Auch eine Studie von Solarpower Europe und der finnischen Universität LUT zeigte jüngst, dass es wirtschaftlich attraktiver ist, die Energiewende voranzutreiben, als an der bisherigen Energiepolitik festzuhalten. Dabei zentrales Element: Der massive Ausbau der Photovoltaik, die bis 2050 einen Anteil von 60 Prozent haben wird.
„Verbraucher, Handel und Industrie wollen grüne Energie. Eine neue Energiewirtschaft will Wind und Sonne als Treibstoff dieser Energiewende. Nur die Politik will scheinbar nicht. Für die aktuelle Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren wäre die Bezeichnung Zeitlupe noch untertrieben“, erklärt bne-Geschäftsführer Robert Busch. Einen Photovoltaik-Ausbau von derzeit gut 50 auf 1000 Gigawatt in 30 Jahren sei möglich. Der Verband verweist auf die Erweiterung des deutschen Eisenbahnnetzes. Dieses war zwischen 1840 und 1970 von 480 auf 18.300 Kilometer erweitert worden. „Dies ist doppelt so schnell, verglichen mit dem Plan, die Kapazität der Photovoltaik von heute 52 Gigawatt auf 1000 Gigawatt bis zum Jahr 2050 zu steigern.“
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Sehr gute Forderung des BNE, die ich voll unterstütze. Die angedeuteten Ausbaupfade von Bio- und Windenergie halte ich aber für nicht möglich. Die Fortschreibung der Ausbauzahlen ist sehr unwahrscheinlich. Warum nicht noch mehr Photovoltaik? Speichern muss man sowieso alle Energie, die erneuerbar erzeugt wird – dann bitte die preiswerteste und effizenteste Energieform.
warum so konservativ? warum nicht 1.000 GW bis 2030?
Das entspräche einem Zubau von 100 GW/Jahr für die nächsten 10 Jahre.
(siehe auch Solarstrategie, http://www.metropolsolar.de)
Aus China erfährt man derweil, dass die zwei Branchenführer GCL System Integration und Tongwei bis 2023 für eine Investition von 5 Mrd EUR neue Fabriken bauen, mit einem geplanten Jahresausstoß von 90 GW .
https://www.pv-magazine.de/2020/03/30/gcl-si-und-tongwei-planen-neue-photovoltaik-fabriken-mit-insgesamt-90-gigawatt-kapazitaet-in-china/
Es wäre doch mal ein Zeichen und eine besondere Vision der deutschen Politik, der Bevölkerung und der hiesigen Wirtschaft anzukündigen, nicht nur neue Staatsschulden in Höhe von insgesamt rund 156 Milliarden Euro aufzunehmen um den wirtschaftlichen Schaden der Corona-Pandemie zu begrenzen, sondern dass weitere 5 Mrd EUR an Geldern zur Verfügung stehen um langfristig Beschäftigung in der PV-Branche zu schaffen. Das wäre ein wirklich zielgerichtetes Konjunkturprogramm um die Energiewende entscheidend voran zu bringen.
DI.Josef Plank,Weiz,Österreich
Die Aussendung ist grundsätzlich sehr zu bergrüssen.Inhaltlich fehlt mir aber der Hinweis auf die begrenzte Ackflächenverfügbarkeit in Europa.Die Coronakrise zeigt uns deutlich unsere Abhängigkeit in fundamentalen Dingen.Die PV Nutzung auf Agrarflächen darf nur als Doppelnutzung ,Agrarproduktion und PV Nutzung genehmigt werden.Wer glaubt,wir werden weiterhin unsere Tiere mit Futter aus Amerika füttern,hat diese Krise noch nicht verstanden.
Weiters fehlt mir in der Aussendung der laute Aufschrei der Branche der Erneuerbaren Energiesysteme wegen des Ölpreisverfalls.Ich bin ziemlich sicher ,dass der show down nicht nur der Corona Wirtschaftskrise geschuldet ist.Es hat ja auch schon vor Beginn der Corona Krise starke Abwärtstendenzen gegeben.Ich denke,dass die Ölminister der Golfstaaten das Rechnen trotz des Gigantomanismus noch nicht verlernt haben.Die wiederholten PV Ausschreibungsergebnisse mit weniger als 2 c/kWh PV Stromkosten in der Golfregion lassen nur mehr einen Ölpreis unter 30$/Barrel zu.Die Folgen dieser niedrigen Ölpreise konterkarieren alle Klimaschutzprojekte auf extreme Weise.Ich erinnere mich an die 90 er Jahre des vorigen Jahrhunderts,wo ebenfalls der Ölpreis auf das 20$ Niveau gesunken ist und die Wettbewerbssituation für die erneuerbaren Energiesysteme dramatisch verschlechtert hat.
Die europäische Politik und alle Industrieländer sind gemeinsam gefordert,einen neuerlichen show down der Erneuerbaren Energiesysteme durch eine rasche,wirksame CO2 Bepreisung auf allen Sektoren schrittweise aber nachhaltig einzuführen.
Es ist in Europa genug Fläche für Freiflächen PV vorhanden.
In Osteuropa liegen zur Zeit noch Millionen Hektar Brach.Alleine in Russland 20 Millionen Hektar
und oft sind es nicht die schlechtesten Böden. 12 Millionen sollen dort jetzt in Bewirtschaftung genommen werden.
Seit Jahrzehnten haben wir in Europa Überschüsse Landwirtschaftlicher Erzeugnisse . Immer mehr Betriebe müssen deswegen aufgeben. Viele von Ihnen würden gerne Flächen für Freiflächen PV zur Verfügung stellen.
In einigen Ländern werden sogar Strafen fällig wenn Flächen zu lange Brach liegen.Die Bewirtschaftung lohnt sich jedoch kaum. Die Erzeugerpreise sind einfach zu gering.
Wir haben einen Weltmarkt. Deshalb sind auch in vielen Entwicklungsländern die Preise schlecht was verbreitet Landflucht verursacht vielfach auch durch Billigexporte aus Europa.
Die 500 GW zu installierende Leistung bedeuten 500 000 Hektar.
Das sind ca. 2 % der Landwirtschaftlichen Nutzflächen in D.
Wir haben dann also immer noch 98 % der Flächen zum satt werden. Der Selbstversorgungsgrad über einen breiten Wahrenkorb liegt in Deutschland um 100 %
Bei vielen Lebensnotwendigen Arzeneimitteln haben wir 0 % Selbstversorgung.
Ein bisschen weniger Fleisch essen und schon passt das.
Warum also Module teuer aufständern? So gibt es keine Wirtschaftlichkeit.
Und jetzt kommt das Wichtigste :
Für die Transformation brauchen wir so viel und so schnell wie möglich große Mengen Erneuerbaren günstigen Strom. Das kann Freiflächen PV .
Ein schneller Einstieg in die H2 Wirtschaft kann dadurch gelingen und in Sonnenreichere Gegenden exportiert werden.
Herr Plank, ich stimme ihnen zu was Agro-PV anbelangt. Statt 100% Flächennutzung hat man 160% (80%Agro+80%PV). Es ist also locker möglich, sämtlichen Strom per PV in Europa herzustellen. Ob man das dann macht ist etwas anderes, denn wenn wir es aus dem Ausland billiger geliefert bekommen, können wir es ruhig teilweise einkaufen. Der Vorteil gegenüber Öl ist die Unerpressbarkeit und somit Unabhängigkeit vom Ausland, da wir bei zu hohen Preisen einfach selber produzieren können.
Öl hat keine Chance gegen PV, denn wenn die Preise für Öl zu niedrig werden und nicht mehr auf Dauer die Kosten decken, wird die Ölförderung ein Ende finden. Ausserdem muss dabei noch bedacht werden, es sind die Preise je KWh nach Umwandlungsprozessen zu berücksichtigen. Öl muss erst noch teuer in Raffinerien zu was Nutzbaren umgewandelt werden. Und es zählt auch noch der Wirkungsgrad der Nutzungsanlagen mit. Dazu kommt dann noch der Aufpreis wegen CO2-Abgaben.
Wenn Windkraft und Biogas zu teuer oder unerwünscht sind, kann das problemlos durch PV inkl. Speicherung mittels H2 ersetzt werden. Dei beste aller Lösungen längerfristig wäre sehr viel PV mit einer „echten Wasserstoffwirtschaft“, wo statt Strom H2 über das Erdgasnetz verteilt wird. Im Gegensatz zu einem komplexen Stromnetz ist ein H2-Gasnetz weniger anfällig gegen Cyberangriffe und viel günstiger. Falls das mal Militärs für sich entdecken wird es auch da vorwärtsgehen.
Sehr geehrter Herr Scherer
Aufständerung ist im Moment nicht wirtschaftlich darstellbar. Förderung wäre nötig.
Vieleicht macht das Aufständern irgendwann Sinn.
Im Augenblick jedenfalls nicht.
Erträge je Hektar und Jahr:
Energiemais = ca .25 000 Kwh
Freiflächen PV = ca . 1 000 000 Kwh
80 % Agro plus 80 % PV sind somit nicht 160 % Ertrag
@Dirk Jensen,
Herr Scherer hatte bei dem Agro-Teil sicherlich nicht Energiemais im Blick – wäre auch ziemlich unpraktisch, mit den großen Maschinen, die beim Energiemais-Anbau benutzt werden.
@ Jürgen Freier
Sehr geehrter Herr Freier,nennen sie mir eine Acker Kultur die den Solarminderertrag und die Metall-
Konstruktion bezahlt.
Vieleicht ist es bei Sonderkulturen Gartenbau möglich.
Bei ganz normalen Kulturen Getreide,Raps, Grünland usw. ist alleine der Aufwand um die Pfosten herum zu fahren im Verhältnis zum Ertrag zu groß.
Ich habe den Eindruck das Agrarerträge Maßlos überschätzt werden.
Die Diskrepanz zwischen Felderträgen und dem Freiflächen Solarertrag derart groß
das der Mehraufwand bei Agro PV nicht zu Rechtfertigen ist.
Es macht keinen Sinn hier aufzuständern wenn anderswo Flächen Brach liegen.
Ich bin für eine schnelle bezahlbare Energiewende.
Es gibt keinen Minderertrag zu bezahlen. Der ist nur rechnerisch in Bezug auf die Ackerfläche da, weil die Fläche nicht gänzlich belegt wird, sondern größere Abstände eingehalten werden, um genug Sonnnlicht für die Pflanzen durch zu lassen. Es bleiben also nur die Mehrkosten für die höhere Aufständerung. Die sollte sich durch die Pflanzung erwirtschaften lassen. Macht natürlich nur Sinn, wenn schon alle anderen Brachflächen ausgenutzt sind. Aber es geht ja um die Endstufe des 100%-EE-Systems.
Es gibt übrigens auch Varianten ohne Flächenverbrauch, aber mit geringerem Solarertrag. Senkrechte Installationen mit bifacialen Modulen und Ost-Westausrichtung, um nicht allen Strom zur gleichen Zeit zu produzieren.
Herr Jensen hat natürlich recht, wenn er meint, wir sollten die Flächen von Energiemais besser für PV nutzen, wegen des wesentlich höheren Flächenertrags. Ich gehe aber noch einen Schritt weiter. Diese Ackerflächen kann man wieder für Nahrungsmittel nutzen, wenn man Agro-PV betreibt. Die Prozente beziehen sich auf die Ergebnisse einer Studie aus Testaufbauten. 80% PV-Ertrag durch geringere Flächennutzung und 80% Agroertrag durch weniger Sonnenlicht. Das schöne an der Sache ist die Doppelnutzung von wertvoller Ackerfläche. Damit entfallen die Argumente, wir hätten gar nicht genug Flächen um selber im Land 100%-EE-Bedarf abzudecken. Wobei ich der Meinung bin, wir sollten durchaus auch bei anderen Ländern einkaufen gehen, wenn die es günstiger liefern können. Z.B. Griechenland und Spanien könnten doch Einnahmen von uns gebrauchen und unsere Target2-Salden würden sich für uns verbessern.
Übrigens kann es auch sein, dass in sehr sonnigen heißen Ländern die Beschattung durch PV zu besseren Erträgen bei den Pflanzen führt. Also ich kann der Agro-PV-Idee viel abgewinnen.