Im nächsten Jahr läuft für die ersten Anlagen, insbesondere kleine Photovoltaik-Anlagen, die EEG-Förderung aus. In der Energiebranche wird schon jetzt diskutiert, wie die Erzeugungskapazität weiter wirtschaftlich genutzt werden kann. Nun hat sich auch das Umweltbundesamt mit einer Studie klar in der Debatte positioniert.
In einem Gutachten hat die Behörde untersucht, wie sich Photovoltaik-Anlagen nach dem Auslaufen der EEG-Förderung wirtschaftlich weiterbetreiben lassen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Kosten für die Direktvermarktung des Stroms, beispielsweise für die Sicherstellung der Fernsteuerbarkeit sowie für die viertelstündliche Messung, für kleine Anlagen oberhalb des Marktwertes liegen werden.
Deswegen propagiert das Umweltbundesamt die Rückkehr zu einem zentralistischen, ja gerade altbacken wirkenden Mechanismus: Das Gutachten schlägt eine vereinfachte Abnahmeregelung vor, nach der Betreiber ausgeförderter Photovoltaik-Anlagen bis 100 Kilowatt einen Anspruch auf Durchleitung des Marktwerts hätten.
Die so entstehenden Kosten würden durch die Netzentgelte auf die Stromverbraucher umgelegt werden. Dieses Vorgehen ist nicht nur intransparent, es fehlt auch jedweder Anreiz, die Kosten durch innovative Ansätze entsprechend zu minimieren.
Deswegen, und auch weil die Direktvermarktung von Kleinstanlagen bereits heute wirtschaftlich tragfähig funktioniert, ist eine solche Übergangsregelung unnötig. Sie ist innovationsfeindlich und kurzsichtig, denn sie versucht einen unwirtschaftlichen und komplizierten Status quo zu bewahren, anstatt auf günstige und praktische digitale Möglichkeiten zu setzen. Der Entwurf hätte somit einen gravierenden Einfluss auf die Energiewende und die Rolle von kleinteiliger, dezentraler Erzeugungskapazität.
Doch damit nicht genug. Eine solche Maßnahme würde auch Prosumer-Modellen einen Riegel vorschieben. Außerdem würde damit die netzdienliche Einbindung von flexiblen Verbrauchern wie etwa Heimspeichern und Elektroautos unwirtschaftlich. Am Ende steht die Frage: Soll die dezentrale Energiewende konsequent weiterentwickelt werden, oder ein zentralistisches, starres System bewahrt werden?
Die bestehenden Lösungen werden in dem Gutachten vollständig ignoriert. Für den Strom aus Photovoltaik-Anlagen mit geringer Erzeugungskapazität gibt es schon heute funktionierende wirtschaftliche Direktvermarktungslösungen. Unternehmen wie das virtuelle Kraftwerk von EnBW oder Lumenaza sind in der Lage, die Erzeugung von kleinen Photovoltaik-Anlagen einzubinden und wirtschaftlich attraktive Vermarktungsmöglichkeiten zu eröffnen. Beide Unternehmen können die Direktvermarktung für Anlagen übernehmen, deren Leistung deutlich unter 100 Kilowatt liegt.
Anlagenbetreiber haben ein großes Interesse an diesen innovativen Möglichkeiten – besonders für die Zeit nach der EEG-Förderung. Digitale Ansätze eröffnen neue Optionen wie beispielsweise die Vermarktung des Stroms innerhalb einer Community. Solche Modelle bieten den Betreibern von Kleinstanlagen zwei entscheidende Vorteile: Nicht nur werden die Direktvermarktung und alle relevanten energiewirtschaftlichen Prozesse übernommen, auch können Anlagenbetreiber die klare Herkunft des Stroms für sich nutzen – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
In Deutschland haben Unternehmen wie Sonnen bewiesen, dass kleine Anlagen in die Primärregelenergie einbezogen werden können. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Anlagen sind netzdienlich und können entsprechende Netzengpässe flexibel abfedern, während sie gleichzeitig ihren Besitzern finanzielle Vorteile bieten.
International beweist beispielsweise England, dass mit dem Ende der festen Einspeisevergütung auch innovationsfreundlich umgegangen werden kann. Diese ist dort im März 2019 ausgelaufen und durch eine marktwirtschaftliche Regelung ersetzt worden. Anstatt auf starre und unbewegliche Systeme zu setzen, setzen sich digitale Plattformen durch. Die Erzeugungskapazität besonders von Solaranlagen wird preiswert eingebunden und genutzt. Mehr und mehr Tarife, die den Strom dieser Anlagen nutzen, werden nun angeboten.
Das englische Beispiel zeigt, dass Lösungen, die auf marktwirtschaftliche Innovationsprozesse setzen, zu attraktiven und kundenzentrierten Produkten kommen. Gleichzeitig führen genau diese Bestrebungen zu einem Preiswettbewerb, der signifikante Kostendegressionen beinhaltet: Die heute schon wirtschaftlichen Lösungen werden in Zukunft noch preiswerter sein.
Eine Übergangsreglung ist gut gemeint, führt aber am Ziel vorbei. Die bereits existierenden Lösungen sind der Schlüssel für den Erfolg der Energiewende, denn sie sind marktwirtschaftlich, skalierbar und zukunftsorientiert. Daher sollte der eingeschlagene Weg der Direktvermarktung in Kombination mit einer digitalisierten Energiewende unbedingt fortgesetzt werden.
— Der Autor Christian Chudoba besitzt mehr als 15 Jahre Führungserfahrung in strategischer Geschäftsentwicklung, Business Development und Marketing. Er entwickelte eine neue Geschäftsidee basierend auf flexibler Software und trieb sie als Startup in einem Konzern zu einem neuen Geschäftsfeld. In dieser Position betrieb er auch ein strategisches Investment in eine Partner-Firma, die eine Schlüssel-Technologie herstellte. Beim Wachstum des Start-ups arbeitete er mit Bernhard Böhmer zusammen. Basierend auf dieser Erfahrung und seinem Interesse an Nachhaltigkeit, die ohne Verzicht einhergeht, treibt er seit Anfang 2013 die Entwicklung von Lumenaza voran. Christian Chudoba studierte Physik an der Freien Universität Berlin und promovierte an der Humboldt Universität Berlin. Im Anschluss arbeitete er am Massachusetts Institute of Technology (MIT) im Institut für Elektrotechnik. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Ich vermute, dass bei kleinen Anlagen unter 10 kWp der Aufwand mit dem im Artikel vorgeschlagenen Modell unverhältnismäßig hoch ist. Deshalb würde ich mir eher einen Zweirichtungszähler vorstellen können, bei dem ins Netz eingespeister Solarstrom mit dem Börsenstrompreis (ca. 3-4 ct/kWh) vergütet wird. Das sollte einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb der kleinen PV-Anlagen ermöglichen.
Ich würde auf höhere Eigennutzung setzen. Speicher, E-Mobil und Wärmepumpe für Warmwasser, welches auch im Sommer benötigt wird. Für 3-4 Cent bekommt man keine Wärme ins Haus. Selbst ein Heizstab im Pufferspeicher wäre wirtschaftlicher. Und irgendwann wird es auch mal kleine Elektrolyseure für Zuhause geben alla HPS-System. Aber die Dachnutzung/PV-Strom aufzugeben wäre unsinnig.
Eigennutzung hat Vorrang, klar. Und Speicher machen dann auch Sinn. Allerdings kostet ein Speichersystem heute noch ca. 5000 €. Das ist eine recht große Hürde.
Warum sollen 5.000,- Euro eine Hürde sein? Man kann von 20 Jahren Nutzung ausgehen. Zinsen für Kapitalanlagen gibt es auch keine mehr. Wenn es keine Einspeisevergütung oder nur 3-4 Cent gibt, ist die gesparte KWh Strom 27 Cent Wert. Der Speicher zahlt sich also von alleine.
Es ist schon beschämend wie die Fachleute aus dem Ministerium von Herrn Altmeier mit der pV umgehen. Mit viel Aufwand und zum Leidwesen der Allgemeinheit der Stromverbraucher wurde die PV gefördert.
Jetzt, wenn diese aus der Förderung auslaufen haben die hochqualifizierten und wahrscheinlich gut bezahlten Fachleute des Wirtschafts-Ministeriums nur einen Windbeutel vorzuweisen!
Unverantwortlich!
Ich für meinen Teil werde mit meiner kl. Anlage erst in 2030 aus der Förderung herrausfallen.
generell abschalten wäre eine Option! Anlage hat sich ja auch schon bezahlt gemacht.
Installation eines ausreichenden Speichers für die weitestgehende Eingennutzung wäre die andere Option.
Ein System, wie Sonnen, käme erst nach eingehender Prüfung als dritte Option in Frage.
Mensch! Die Politik will die Energiewende gewinnen und will das Lob und den Profit dafür einstreichen.
Die Verantwortlichen täten gut daran, wie Sie denn die einzelnen Anlageninhaber für Ihre Belange aktivieren würden; bitte nicht ungekehrt.
Nachsatz!
Auch bei größeren Anlagen, ab 5 kWpeak, wird ein Anreiz zur weiteren Stromeinspeisung von Nöten sein.
Eine wirtschaftlich Basis hierfür wäre nach meiner Einschätzung durchaus ein Umwidmung als abgeschwächter Baustein der Regelenergie als Schwarmsystem, wie es offensichtlich Sonnen angefangen hat.
Eine zus. Installation eines Speichers in entsprechender Größe zu jeder Einheit oder als zentrale Einheit wäre natürlich erforderlich.
Ich würde mir wünschen, wenn entsprechende Konzepte vom Ministerium schnellstens vorgezeichnet werden, anstatt mit Windbeuteln bisherige Investoren der Energiewende in die Ecke drängen zu wollen.
Lumenaza ist ein Unternehmen, das Geld verdienen will mit der „Cloudbasierten Vernetzung von Stromverbrauchern“. Die wollen das Geld verdienen, das das UBA als Wirtschaftlichkeitstöter gebrandmarkt hat. UBA und Lumenaza sind also direkte Gegner. Mit Sätzen, für die es keine Begründung gibt, versucht der Herr Chudoba seine Geschäftsidee zu retten. Beispiele:
„[Die vom UBA vorgeschlagenene Übergangsregelung] versucht einen unwirtschaftlichen und komplizierten Status quo zu bewahren, anstatt auf günstige und praktische digitale Möglichkeiten zu setzen.“
Das Gegenteil ist richtig. UBA ist günstig und praktisch, Lumenaza kompliziert und unwirtschaftlich.
„Eine solche Maßnahme [gemeint ist UBA-Vorschlag] würde auch Prosumer-Modellen einen Riegel vorschieben.“
Überhaupt nicht. UBA ließe den Eigenverbrauch weiter zu, wenn das denn, trotz zusätzlichem Zähler, wirtschaftlich ist.
„Soll die dezentrale Energiewende konsequent weiterentwickelt werden, oder ein zentralistisches, starres System bewahrt werden?“
Starr ist die Bindung an wenige Lieferanten oder Abnehmer bei der Direktvermarktung. Flexibel ist die Abgabe ins Netz zum Nutzen derer, die den Strom gerade brauchen können, bzw. der Bezug aus dem Netz von dem, der ihn gerade bereitstellen kann. Das Wort „zentralistisch“ (statt zentral) illustriert den Versuch, das Konzept des Netzes für alle polemisch zu desavouieren. Richtig wäre es, das Netz als solidarische Einrichtung zum Nutzen aller zu charakterisieren. Das liefe aber den Geschäftsinteressen von Lumenaza entgegen.
Die Liste könnte fortgesetzt werden.
Lieber JCW,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Lassen Sie mich auf einige Aspekte näher eingehen.
Wir sehen uns als Partner des UBA, nicht als wie von Ihnen formuliert „direkter Gegner“. In der Sache haben wir aber aufgrund unserer Erfahrung eine andere Position als die Autoren des in der vom UBA in Auftrag gegebenen Studie. Diese haben wir in unserem Beitrag dargelegt.
In Ihrer Kritik zielen Sie darauf ab, uns als Gegner der flexiblen Einspeisung ins Netz zu positionieren. Das Gegenteil ist richtig. Alle unsere Bestrebungen und Innovationen zielen seit Gründung unseres Unternehmens darauf ab, die unterschiedlichen Anwendungen der dezentralen Erzeugung und Speicherung netzdienlich zu integrieren. Für uns gilt der Grundsatz: Je mehr flexible Nutzungsmöglichkeiten, desto besser. Dadurch wird die dezentrale Energiewende in ihrer Vielfalt gestärkt. Wir weisen deshalb bestimmt darauf hin, dass eine starre Regelung diese flexiblen Nutzungsmöglichkeiten verhindert.
Als Unternehmer glauben wir daran, dass marktwirtschaftliche Innovationen kundenfreundliche und kosteneffiziente Lösungen fördern. Der Markt für Elektroautos ist ein gutes Beispiel, wo Unternehmer Innovationen initiiert haben, die zu einem starken Preisverfall der Autos und einem hohen Gewinn an Kundennutzen geführt haben.
Abschließend sei gesagt, dass die Kosten für die Nutzung des Netzes sowieso entstehen, aber aktuell über die Netzentgelte auf alle umgelegt werden. Wie Sie sicherlich wissen, bekommt der Netzbetreiber auf das eingesetzte Kapital eine garantierte Rendite. Anreize für Innovationen oder kundenzentrierte Lösungen sind nicht vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Chudoba