Platz für Solarstromerzeugung gibt es oft genug in abgelegenen Gebieten. Steht dort ein landwirtschaftlicher Betrieb, hat dieser auch einen beachtlichen Bedarf an Energie und Strom. Wie gemacht für Erneuerbare und Batteriespeicher, wenn dort nicht typischerweise das Stromnetz so schwach wäre, dass hohe Photovoltaikleistungen oft nicht angeschlossen werden dürfen.
So ist es auch beim Gut Gerkenhof etwa 30 Kilometer südöstlich von Bremen. Dort kümmern sich zehn Mitarbeiter um 180 Rinder, 50 Pferde und ausgedehnte Felder. Eine 30-Kilowatt-Photovoltaikanlage existiert bereits seit 2014. Bei einem Stromverbrauch von 250.000 Kilowattstunden im Jahr ist das wenig. Die Landwirte wollten mehr erneuerbare Energien für sich nutzen, doch der auf 80 Kilowatt ausgelegte Netzanschluss begrenzt die mögliche Anlagenleistung. Mehr lässt sich nur als sogenannte Nulleinspeiser-Anlage errichten, die im Zweifelsfall die Erzeugung abregelt.
Doch auch wenn ein großer Batteriespeicher einen großen Teil der nicht direkt verbrauchten Solarleistung aufnimmt, muss das Energiemanagement aufpassen, dass keine kurzfristigen Einspeisespitzen ins Netz fließen. Zu solch schnellen Spitzen kommt es, wenn etwa die Klimaanlage ausschaltet oder eine Sicherung rausfliegt. Diese Steuerung muss zudem ausfallsicher sein. Die letzte Novelle der Niederspannungsrichtlinie vom April 2019 legt sogar eindeutige Kriterien für solche Nulleinspeiser fest, etwa für die Schaltflanken der Steuerung. Am Ende prüft und entscheidet der Netzbetreiber, ob die für ihn notwendigen Kriterien zum Schutz des Netzes erfüllt sind.
E3/DC und Laudeley Betriebstechnik haben ein Projekt umgesetzt, das zeigt, wie diese Herausforderungen bewältigt werden können. Das hat die Juroren überzeugt, ihnen für das Projekt das Prädikat „pv magazine top business model“ zu verleihen. Laudeley Betriebstechnik konnte mit der Lösung auf dem Gut weitere 140 Kilowatt Photovoltaik installieren, so dass jetzt Module mit insgesamt 170 Kilowatt Leistung Strom erzeugen. Die Batterien haben eine Kapazität von 154 Kilowattstunden. Die Landwirte planen, auch noch eine 30-Kilowatt-Kleinwindanlage dazu zu installieren. Dann wird der Gerkenhof voraussichtlich rund 95 Prozent seines Stromes selbst erzeugen und vor Ort verbrauchen. Der Netzanschluss wird nur noch dazu dienen, in Wintermonaten die Lücken in der Selbstversorgung zu schließen.
highlights und spotlights
Preis für gute Ideen – das sagt die Jury:
E3/DC und Laudeley Betriebstechnik – Nulleinspeiser für den Klimaschutz
In Gebieten mit schwachem Niederspannungsnetz sind oft Dachflächen vorhanden, der Netzanschluss ist jedoch zu teuer. Ein Ausweg sind nulleinspeisende Anlagen. In dem prämierten Projekt, einem landwirtschaftlichen Betrieb mit 180 Kilowatt Photovoltaik, 154 Kilowattstunden Speicher und bald auch einer Kleinwindanlage, haben Technik und Planung den Netzbetreiber überzeugt. Das ist wegweisend für ein wichtiges Marktsegment. Die Jury zeichnet das Projekt von Laudeley Betriebstechnik und E3/DC mit dem Prädikat „pv magazine top business model“ aus.
Die Juroren
Volker Quaschning ist Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Hans Urban, Experte für Photovoltaik, Speichertechnik und E-Mobilität, berät Schletter, Maxsolar und Smart Power. Winfried Wahl leitet das Produktmanagement bei Longi Solar in Deutschland.
Mehr Infos, bisherige Preisträger und alles zur Bewerbung unter: www.pv-magazine.de/highlights
Einsendeschluss für die nächste Runde: 12. Mai 2020
Die Batterien sind mit zehn AC-gekoppelten Wechselrichtern angeschlossen. Die maximale Ausspeiseleistung beträgt 36 Kilowatt, die Dauerleistung 27 Kilowatt. Damit lasse sich der Gutshof versorgen, wenn weder die Sonne scheint noch der Wind weht. Die Anlage soll in Zukunft auch zur Notstromversorgung dienen. Am Netzanschlusspunkt überwacht ein Messwandler den Stromfluss im Sekundentakt und steuert die Anlage, um die Einspeisung ins Netz zu vermeiden. Die Daten werden für den Netzbetreiber dokumentiert, um die Nulleinspeisung nachzuweisen. Zur Sicherheit ist das Regelungssystem redundant ausgelegt.
„Man hat hier Photovoltaik zugebaut, um Kosten einzusparen, nicht um Strom zu verkaufen“, so E3/DC-Geschäftsführer Andreas Piepenbrink. „Ein Novum bei Gewerbeanlagen dieser Größenordnung ist die hochschnelle, modulare und sichere Regelung mit einem entsprechenden Messkonzept.“ Mit diesem Anlagenkonzept ist es gelungen, den Netzbetreiber EWE zu überzeugen. Zum Heizen nutzt der Hof übrigens Holz aus dem eigenen Wald, so dass die Autarkie auch diesen Sektor umfasst.
Theoretisch hätte es Alternativen zu dem Nulleinspeiser-Konzept gegeben. Für 67.000 Euro hätte der Netzanschluss ausgebaut werden können. Für 250.000 Euro hätte der Hof einen Trafo kaufen können, um sich direkt an die Mittelspannung anzuschließen. Wollte man den Strom tatsächlich einspeisen und vermarkten, wäre außerdem eine Fernwirktechnik für 6.000 bis 10.000 Euro nötig, bei einer Vergütung von etwa acht Cent pro Kilowattstunde. Eine unsinnig anmutende Investition, wenn man den Netzanschluss kaum benötigt. Allerdings verzichten die Landwirte auch darauf, eventuelle Überschüsse im Sommer einzuspeisen und regeln die Photovoltaikanlage ab.
Die Unternehmen denken sowieso weiter. Die Nulleinspeisung und der Verzicht auf die Einspeisevergütung seien ökonomisch akzeptabel, schreiben sie. Bei 800 Hektar Gelände müssen die Mitarbeiter größere Strecken zurücklegen und nutzen dazu Fahrzeuge. Diese sollen elektrifiziert werden, so dass der Stromverbrauch weiter steigt. Elektroautos als Lasten sind steuerbar, was dem Anlagenkonzept entgegenkommt.
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Ok.
Ich bin gespannt.
Ich habe bei 9500kwh Verbrauch, eine 25kw Haus-Netzleistung (2x2x5 und 1×5. Also 10,10,5kw) Mit demnächst 17kwp Solar Leistung mit zunächst 15 kWh Speicher. Auch 0 Einspeisung.
Die Anlage hier im Beitrag, scheint mir für 250000kwh Verbrauch unterdimensioniert.
Ganz habe ich das nicht verstanden, warum nicht wenigstens bis zu 80kW eingespeist werden, was der bestehende Netzanschluss ja hergäbe. Geht da nur ganz oder gar nicht?
Dass sich ein Trafo zum Anschluss an das Mittelspannungsnetz nicht rentieren soll, verstehe ich auch nicht: Es gibt doch haufenweise PV-Anlagen, die das benötigen. Da muss es doch rentabel sein. Sicher: Die Jahresarbeitszahl einer PV-Anlage ist mit 1000h nicht hoch, aber auch nicht ganz niedrig. Wahrscheinlich zeigt sich hier das grundsätzliche Problem der Eigenversorgung: Die selbsterzeugten kWh sind zwar preiswert, aber die notwendigen Investitionen für die Bereitstellung des Reststroms aus dem Netz bleiben in ihrer Höhe unverändert, nur genutzt werden sie für sehr viel weniger Strom, der damit sehr teuer wird. Schade, dass deshalb der nicht einspeisbare Strom im Sommer einfach abgeregelt wird. Um das zu verhindern, wäre es sinnvoller, Stromproduktion und Stromverbrauch organisatorisch zu trennen, den PV-Strom zu 100% einzuspeisen, wie so viele andere mit ansehnlicher Rendite, und seinen Strombedarf aus dem Netz zu decken, wie ebenso alle anderen, zu vielleicht nicht ganz so günstigen, aber kalkulierbaren Preisen. Rendite+Stromkosten ergibt dann einen netten Vorteil, und aller produzierte Strom wird auch verwertet. Im Endeffekt haben dann alle (Verbraucher, Stromnetz, Umwelt) gewonnen. Bei dem Modell hier gewinnt die Umwelt weniger (weil im Sommer unabhängig von einem möglichen Bedarf im Netz abgeregelt wird), das Netz gar nichts (im Gegenteil, es muss einen volatileren Bedarf bedienen), und der Verbraucher hat hohe Investitionen, deren Rentabilität zumindest zweifelhaft ist. Dieses Gefühl der Autarkie muss sehr wertvoll sein, dass man es sich so viel kosten lässt.
Werte Redaktion,
welche Trafostation kostet 250.000€?
Super!
Da waren offensichtlich recht weitsichtige Leute am Werk.
Glückwunsch.