Agora Energiewende: Erheblich stärkerer Ausbau von Photovoltaik und Offshore-Windkraft bis 2030 notwendig

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Deutschland will bis 2030 einen Anteil von 65 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Dieses Ziel droht die Bundesregierung allerdings deutlich zu verfehlen, wie die am Donnerstag veröffentlichte Studie von Agora Energiewende zeigt. Ohne entschlossene Gegenmaßnahmen, die wieder mehr Windparks an Land ermöglichen, werde Deutschland nur einen Anteil von 55 Prozent bis 2030 erreichen. Ein erheblich stärkerer Ausbau von Photovoltaik und Offshore-Windkraft könnten die drohende Ökostromlücke nur zum Teil schließen, zumal wenn die Nachfrage durch zusätzlichen Strombedarf der Industrie weiter ansteige.

Dem Think Tank zufolge muss das Ziel für die Windparks in Nord- und Ostsee gegenüber den bisherigen Planungen von 20 auf mindestens 25 Gigawatt Leistung angehoben werden. Außerdem müsste der jährliche Photovoltaik-Zubau auf zehn Gigawatt mehr als verdoppelt werden oder aber der Ausbau der Windenergie an Land wieder auf sein langjähriges Niveau von 4 Gigawatt ansteigen, um das Ziel von 65 Prozent bis 2030 noch zu erreichen. Andernfalls drohten überdies höhere Großhandelspreise für Strom und Deutschland werden verstärkt auf Stromimporte angewiesen sein. Es ist auch mit einem Anstieg der CO2-Emissionen um 5 bis 20 Millionen Tonnen jährlich zu rechnen, wie es in der Studie „Die Ökostromlücke, ihre Effekte und wie sie gestopft werden kann“ von Agora Energiewende weiter heißt.

Insgesamt sind fünf Szenarien untersucht worden, bei denen der Zubau von Photovoltaik, Offshore- und Onshore-Windkraft variiert. Dafür hat Agora Energiewende die Auswirkungen auf CO2-Emissionen und Börsenstrompreise berechnet, wobei zwei unterschiedliche Wetterjahre zugrunde gelegt wurden. Im Trendszenario werden ab 2023 eine Verdopplung der Windkraft an Land gegenüber dem aktuellen Zubau auf zwei Gigawatt angenommen, für die Windkraft auf See das Erreichen der bisher angesetzten 20 Gigawatt bis 2030 und für die Photovoltaik eine neu installierte Leistung von vier Gigawatt im Jahr. Mit diesem Szenario würde Deutschland bei 55 Prozent Erneuerbaren-Anteil im Jahr 2030 landen, wenn der Bruttostromverbrauch dann bei 600 Terawattstunden liegen würde. Der Börsenstrompreis beträgt im Trendszenario von Agora Energiewende zwischen 59,1 und 63,5 Euro pro Megawattstunde und liegt damit deutlich höher als 2019 mit 37,7 Euro pro Megawattstunde. Die Menge der deutschen Stromexporte würde per Saldo von 35,1 Terawattstunden im Jahr 2019 auf 6,7 Terawattstunden im Jahr 2030 sinken.

„Die Krise der Windkraft geht jetzt ins dritte Jahr. Das macht es bereits jetzt zu einer echten Herausforderung, die Erneuerbare-Energien-Ziele für 2030 zu erreichen. Damit stehen auch die Strompreise und die Klimaschutzziele unter Druck“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Um das zu ändern, müssen Bundesregierung und Bundesländer jetzt rasche und entschlossene Maßnahmen für den Ausbau der erneuerbaren Energien ergreifen.“ Dazu zählten ausreichend Flächen für den Bau von Windrädern, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, eine Solaroffensive und eine ambitionierte Planung für den Ausbau der Offshore-Windenergie. „Je länger die Politik bei der Energiewende zaudert, desto größer wird die Ökostromlücke und desto fataler werden die Folgen“, befürchtet Graichen.

Wie die 65 Prozent dann doch erreicht werden können zeigen die Studienautoren in zwei Ausbauszenarien, in denen sie ebenfalls einen Stromverbrauch von 600 Terawattstunden im Jahr annehmen.

Im Szenario „Fokus Solar“ wird die Windausbaukrise durch einen beschleunigten Photovoltaik-Zubau ausgeglichen: Die neu installierte Leistung müsste dafür bis 2023 auf jährlich 10 Gigawatt ansteigen und dann bis 2030 auf diesem Wert bleiben. Parallel sollten bis 2030 auch 25 Gigawatt Offshore-Windkraft installiert sein, 5 Gigawatt mehr als bislang geplant. Die Windkraft an Land würde sich leicht erholen und ab 2023 wieder bei zwei Gigawatt im Jahr liegen.

Im Szenario „Fokus Wind“ erholt sich der Windkraftausbau an Land noch stärker: Bis 2022 steigt er zunächst auf 3,5 Gigawatt und bis 2030 dann auf 5,1 Gigawatt jährlich an. Die Photovoltaik würde hingegen bei konstant vier Gigawatt neu installierter Leistung pro Jahr liegen. Für Offshore-Windkraft wird ebenfalls der Anstieg auf 25 Gigawatt angenommen.

In diesen beiden Szenarien hat Agora Energiewende um um 3 bis 10 Euro pro Megawattstunde niedrigere Börsenstrompreise ermittelt. Je nach Wetterjahr werden jeweils zwischen 8 und 18 Millionen Tonnen CO2 weniger im Stromsystem ausgestoßen. Diese könnten sogar noch höher ausfallen, wenn man berücksichtigt, dass weniger Strom als im Trendszenario importiert werden muss.

In zwei weiteren Szenarien hat Agora Energiewende ermittelt, wie sich das 65-Prozent-Ziel bei einem auf 650 Terawattstunden gestiegenen Bruttostromverbrauch erreichen lässt. Im Szenario „Sektorkopplung: Fokus Solar“ wird ein Photovoltaik-Zubau von jährlich 10 Gigawatt ab 2023 angenommen. Der Ausbau der Windenergie an Land steigt bis 2022 zunächst auf 3,5 Gigawatt jährlich, um bis 2030 weiter auf 5,1 Gigawatt pro Jahr zu wachsen. Der Ausbau der Windenergie auf See wird bei 25 Gigawatt bis 2030 angenommen.

Im Szenario „Sektorkopplung: Fokus Wind“ vervierfacht sich der Zubau von Windkraftanlagen an Land bis 2023 zunächst auf 3,5 Gigawatt jährlich und steigt bis 2030 auf 6,3 Gigawatt. Der Zubau von neuen Photovoltaik-Anlagen müsste bereits von 2022 an bei sechs Gigawatt jährlich liegen. Die Offshore-Windkraft müsste bis 2030 auf 28 Gigawatt ausgebaut werden, um das 65 Prozent-Ziel zu erreichen.

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