Das Energiewirtschaftliche Institut an der Kölner Universität (EWI) stellt in Frage, ob das gegenwärtige Design des Strommarkts geeignet ist, das derzeit sehr hohe Niveau der Versorgungssicherheit auch künftig zu halten. Denn mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien wächst der Bedarf an regelbarer Leistung. Zugleich gehen jedoch konventionelle Erzeugungskapazitäten vom Netz. In einer Studie für den Verband Zukunft Erdgas haben die EWI-Autoren ermittelt, dass bis 2030 bis zu 45 Gigawatt an zusätzlicher regelbarer Leistung nötig sind, um die gewohnte Systemsicherheit aufrecht zu halten. Geplant sind derzeit aber lediglich sieben Gigawatt. Deshalb müsse diskutiert werden, ob der gegenwärtige „Energy Only“-Markt ausreicht, um Anreize für den nötigen Bau neuer Anlagen zu setzen – oder ob neue Instrumente nötig sind. Eine klare Antwort auf diese Frage geben die EWI-Experten allerdings nicht.
Im aktuellen Marktdesign bildet sich der Preis für Strom jeweils auf Basis der kurzfristigen variablen Kosten der Stromerzeuger („Energy-Only-Markt“). Ist die Erzeugung knapp, sind die Preise kurzfristig sehr hoch. In Knappheitssituationen, in denen alle verfügbaren Kraftwerke im Einsatz sind, können sich Preise oberhalb der Grenzkosten der letzten Erzeugungseinheit einstellen. „Diese Preisspitzen sind grundsätzlich wichtig, damit auch Spitzenlastkraftwerke ihre Kapitalkosten finanzieren können“, sagt EWI-Manager Simon Schulte, der die Studie gemeinsam mit David Schlund und Amelie Sitzmann verfasst hat. „Außerdem können häufig auftretende Preisspitzen Anreiz für Erzeuger sein, in neue Kapazitäten zu investieren.“
Doch genügen diese Preisspitzen, um das nötige Volumen an regelbarer Leistung aufzubauen? Das EWI diskutiert in seiner Studie verschiedene Konzepte, die das gewohnte Maß an Versorgungssicherheit gewährleisten sollen. Sie unterscheiden sich hauptsächlich darin, ob vorgehaltene Kapazitätsmengen außerhalb des Marktes vergütet werden (ähnlich wie die bereits bestehende Kapazitätsreserve), oder ob zusätzlich zur Vergütung am bereits bestehenden Energy-Only-Markt vorgehaltene Kapazitäten leistungsbezogen vergütet werden („Kapazitätsmarkt“).
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die veränderten Rahmenbedingungen, etwa der Kohleausstieg oder der anvisierte Ausbau der erneuerbaren Energien, eine Neubewertung des aktuellen Strommarktdesigns erfordern. Es stelle sich die Frage, ob das bestehende Strommarktdesign ausreicht, oder ob eine leistungsbezogene Vergütung von Kapazität eine sinnvolle Ergänzung darstellen könnte. Um dies zu beantworten, bedürfe es allerdings einer fundamentalen Modellierung und Analyse. „Es ist unklar, ob der Energy-Only-Markt zukünftig ein ökonomisch effizientes und gesellschaftlich akzeptables Versorgungssicherheitsniveau gewährleisten kann. Sprich, ob der Markt allein Anreize für den Ausbau von regelbarer Leitung setzen kann“, sagt Schulte.
Wenig überraschend, dass Kraftwerksbetreiber Uniper dagegen zu dieser Frage eine klare Meinung hat: „Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft und Kohleverstromung werden flexible Gaskraftwerke mehr denn je zum perfekten Partner der Energiewende. Die aktuellen Rahmenbedingungen werden dieser Schlüsselrolle jedoch in keiner Weise gerecht. Die Branche und der Markt allein werden es nicht richten“, erklärt Vorstandsvorsitzender Andreas Schierenbeck.
Ähnlich argumentiert Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Erdgas: „Die Erneuerbaren sind unerlässlich für die grüne Energiezukunft. Und Gas ist unerlässlich für die sichere Energieversorgung, wenn Sonne und Wind nicht zur Verfügung stehen. Um den dringend benötigten Zubau von Gaskraftwerken anzureizen, muss Versorgungssicherheit einen Wert erhalten. Es ist an der Zeit, dass dieser auch beziffert wird. Wir müssen jetzt über Rahmenbedingungen für Investitionen in neue Kraftwerke sprechen, damit bis 2030 die zusätzlich benötigten Gaskraftwerke am Netz sind.“
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Dass die gleiche Versorgungssicherheit mit KWK-Kraftwerken erreicht wird, die wir außerdem dringend brauchen, um die Wärmewende zu schaffen, wird geflissentlich ignoriert, denn die werden eher nicht von den alten Kraftwerksriesen betrieben, sondern von den lokalen Verteilnetzbetreibern.
Ich höre schon die Euro in den die Geldbeuteln der Netzbetreiber klingeln, die sich das Geschäft nicht entgehen lassen wollen. JCW ist zuzustimmen. Solange wir so tun, als ob Deutschland eine Kupferplatte wäre und Strom liese sich verlustfrei einach so hin und her schieben, wird das nichts mit einem stabilen, sicheren Stromnetz. Das Strommarktdesign ist überholungsbedürftig. Meine Idee: Versorgungssicherheit mit viel mehr regional verteilen KWK-Anlagen, die sowohl Strom als auch Wärme/Kälte produzieren und die immer mit einem Nah-Fern-Wärme-Kälte-Netz verbunden sein müssen, um jedwede Abwärme mit zu verwerten. Anschlusszwang für Endverbraucher ans Wärme-Kältenetz, damit private Brennstellen entfallen. In Dänemark gilt letzteres seit der Ölkrise 1973 und das hat Folgen.
Und um es richtig stabil zu machen: Erzeugung von volatilem Erneuerbaren Strom und den Verbrauch von Strom im Endkundensegment bitte entkoppeln durch px2. x2p wären dann die KWK-Kraftwerke oder andere Systeme, die gut regelbar sind. Dann könnte Energie auch als E-Gas, E-Fuel oder e-Wärme im Land verteilt werden und wir sparen uns den Bau von neuen Stromtrassen die keiner haben will. Energienetze sind nicht separat zu planen, sondern Strom-Gas-Wärme gehören in eine Netzplanung. Wird das schon gemacht?
Was wollen Sie, Frau/Herr JCW, damit sagen?
Dass einzelne kleinere Städte (z.B. im Ruhrgebiet) jeder ein eigenes Nahwärmenetz in redundanter Form betreiben sollen?
Weil dies preiswerter und sicherer ist? Und jede Stadt ein eigenes Stadtwerk gründen soll mit Strom-und Wärmeerzeugung?
Da werden sich die ortsansässigen Betriebe sicher freuen.
Wer sich mit Strom/Stromnetzen beschäftigt stösst ohne jede Vorbildung in diesem Bereich sofort auf die Kernprobleme: Speicherung und/oder Transport von Strom. Wenn man jetzt unterstellt das jedes in Deutschland einigermaßen geeignete Dach mit einer an dem Selbstverbrauch bemessenen PV-Anlage incl Speicher bestückt würde hätte man oa Problematik zwar nicht komplett gelöst wäre aber einen großen Schritt weiter.
Und warum passiert das nicht? Ganz einfach: weil damit kein Gewinn eingefahren kann!!
Nicht nur kein Gewinn. Es gäbe Kosten, die irgendwer bezahlen muss.
Oder wer will eine Inselanlage betreiben, und Vorsorge treffen für ein paar Tage Bedarf an Strom und ggf. Wärme?
Da muss Infrastruktur vorgehalten und erhalten werden, und dies gibt es nicht umsonst.
@Peter, gehen Sie bitte mal ein paar Minuten ins Fitnessstudio, um sich abzureagieren.
Andreas hat doch nur, aus meiner Sicht einen ernst gemeinten und sinnvollen Beitrag angebracht.
Hätten Sie andere Vorschläge zur Beherrschung der herrauf kommenden Götterdämmerung?
Habe ich mich aufgeregt oder Andreas eher unterstützt??
Und sicher habe ich einen Vorschlag: Bei in 2019 rd. 42 Mio.t CO2-Steinkohleemissionen und 116 Mio.t aus Braunkohle (lt.Agora) mit Blick auf die globale Entwicklung einen schrittweisen und wie abgesprochenen Weg beschreiten. Und nicht ständig so reden, als ob wir durch chaotisches und überstürztes deutsches Soforthandeln irgendetwas beim Klima bewirken könnten. Außer unsere Gesellschaft massiv zu schädigen zum Wohle einiger weniger, aber laut Rufender.