Einmal mehr wird die Zukunft der Photovoltaik in Deutschland durch die Verzögerungstaktik der Bundesregierung torpediert, werden einmal mehr die noch existierenden Solarfirmen auf eine harte Belastungsprobe gestellt, einmal mehr leichtfertig zahlreiche Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt. Warum bloß – was hat das für einen Sinn?!
Wird 2020 trotzdem noch ein gutes Jahr? Mit welchen Herausforderungen werden wir noch zu kämpfen haben? Kommt die politische Elite in diesem Land endlich zur Besinnung? Diese Fragen will ich weiter unten beantworten. Zunächst aber zur aktuellen Modulpreisentwicklung.
Wie am Kurvenverlauf unschwer zu erkennen ist, gab es einen leichter Preisverfall über beinahe alle Modultechnologien hinweg, getriggert durch letzte Abverkäufe von Lagerware, die über die Feiertage und den Jahreswechsel bei Herstellern und Händlern liegen geblieben ist. Dieser Trend wird sich zumindest im ersten Halbjahr aber nicht fortsetzen, da es aufgrund der bereits zu Jahresanfang hohen Nachfrage vereinzelt schon wieder zu Engpässen kommt. Besonders beliebte Marken und Leistungsklassen sind wieder nur noch mit langer Lieferzeit verbunden zu beziehen. Hersteller wie Trina Solar, JA Solar oder Jinko Solar nehmen aktuell Bestellungen nur noch für April, Mai oder gar Juni an. Es scheint also für Projektierer und Montagefirmen angebracht zu sein, Vorsorge zu treffen, wenn sie in den kommenden Monaten nicht ohne hochwertige Module dastehen wollen und dann alles nehmen müssen, was gerade verfügbar ist.
Bei den preiswerteren Mainstream-Modulen haben wir bereits seit längerem ein Versorgungsproblem, geschuldet dem konsequenten Umrüsten der Modulproduktionen auf monokristalline Zellen, vorwiegend mit PERC-Technologie. Der Preisanstieg im Index ist hier allerdings im Wesentlichen auf eine Verschiebung der Klassengrenzen zurückzuführen. Die geringste Leistungsklasse für High-Efficiency-Module startet jetzt bei 300 Watt, wobei die meisten im Markt verfügbaren Produkte in dieser Klasse bereits Leistungen zwischen 325 und 340 Watt aufweisen. Kristalline Module mit Leistungen unter 275 Watt fallen hingegen zukünftig in die Klasse „Low Cost“, also Sonderposten und Minderleistungsmodule. Hier gab es im letzten Monat einige großvolumige Posten älterer Lagerware sowie gebrauchter Module aus dem Anlagenrückbau, so dass ein größerer Preissprung nach unten zu verzeichnen war. Dieser Preispunkt ist im Gegensatz zu den anderen jeweils ausschließlich von Spotmarktangeboten geprägt.
Was ist es nun aber, das die Zukunft der Solarbranche zumindest in Deutschland massiv gefährdet?
Natürlich ist es – einmal mehr – die Weigerung der Entscheider in der Großen Koalition aus CDU und SPD, den 52-Gigawatt-Deckel für Photovoltaik im EEG abzuschaffen. Leider ist seit dem Versprechen der Regierungsparteien, welches im Rahmen der Verabschiedung des Klimapakets gegeben wurde, rein gar nichts Substanzielles passiert, außer vielleicht dem Werfen von ein paar Nebelkerzen. Mal ist von der Senkung der Ausschreibungsgrenze die Rede, die als Ausgleich für den Wegfall vorgenommen werden soll, mal von weiteren Einschnitten bei der (Onshore-)Windkraft. Ein Deal zu Lasten der ohnehin schon arg gebeutelten Windbranche ist aber schlichtweg nicht hinnehmbar! Wir brauchen den Mix aus allen bekannten erneuerbaren Energieträgern und die oft gescholtene Dezentralität, um auch in Zukunft eine Versorgungssicherheit zu vertretbaren Kosten zu erreichen.
Aktuell steuern wir aber auf eine sehr gefährliche Situation zu. Der 52-Gigawatt-Deckel hat weiterhin Bestand, die Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen ist aber glücklicherweise hoch, die Auftragslage der Installationsfirmen allerorts sehr gut. Das bedeutet aber, dass die gesetzlich festgeschriebene Obergrenze für die im EEG vergütungsfähige Photovoltaik-Leistung in Deutschland bald erreicht ist – vereinzelt wird sogar schon das zweite Quartal dafür prognostiziert. Gleichzeitig ist die Modulverfügbarkeit zunehmend schlecht, außerdem reichen die freien Handwerkerkapazitäten kaum aus, um alle beauftragten Projekte zeitnah abzuarbeiten. Ich sprach den Fachkräftemangel in der Solarbranche ja bereits in einem früheren Kommentar an. Nach Erhebungen der Handwerkervermittlungsplattform www.installion.eu nehmen viele Installationsbetriebe schon gar keine Aufträge mehr an für das erste Halbjahr 2020.
Wir befinden uns also wieder einmal in einer Situation mit sehr geringer Planungssicherheit. Denn auf welcher Basis sollte sich ein Investor denn entscheiden, solange nicht klar ist, ob die neu errichtete Photovoltaik-Anlage noch eine garantierte Einspeisevergütung bekommen wird, sofern sie aus den genannten Gründen frühestens in der zweiten Jahreshälfte installiert und ans Netz angeschlossen werden kann? Immer noch werden viele mittlere Photovoltaik-Anlagen von 100 bis 750 Kilowatt in Deutschland als reine EEG-Anlagen geplant und gebaut. Dieses Anlagensegment dürfte durch die Untätigkeit der Regierung quasi schon tot sein oder zumindest kurz davor! Dadurch dürften auch viele Betriebe, die sich diesem Segment verschrieben haben und seit dem großen Kahlschlag nach 2012 langsam wieder auf die Beine gekommen sind, von massiven Zukunftsängsten geplagt sein.
Wenn also die positive Entwicklung der Solarenergiebranche nicht wieder einen jähen Dämpfer bekommen soll, müssen die politischen Weichen umgehend gestellt und Rechtssicherheit geschaffen werden. Wir können nicht bis auf unbestimmte Zeit auf eine EEG-Novelle warten, welche bisher terminlich noch nicht einmal angekündigt wurde. Wir brauchen ein schnelleres, nicht ein langsameres Ausbautempo, wenn wir die Klimaziele nicht meilenweit verfehlen wollen. Wir brauchen sowohl eine starke Solar- als auch eine starke Windkraftbranche, die immer mehr Menschen einen sicheren Arbeitsplatz bieten kann. Was wir hingegen überhaupt nicht brauchen können, ist eine Obergrenze für Photovoltaik im deutschen EEG. In diesem Sinne – einmal mehr – der dringende Aufruf: Der Deckel muss weg!
Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im Januar 2020 inklusive der Veränderungen zum Vormonat (Stand 20.01.2020):
— Der Autor Martin Schachinger ist studierter Elektroingenieur und seit über 20 Jahren im Bereich Photovoltaik und regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die international bekannte Online-Handelsplattform pvXchange.com, über die Großhändler, Installateure und Servicefirmen neben Standardkomponenten auch Solarmodule und –wechselrichter beziehen können, welche nicht mehr hergestellt werden, aber für die Instandsetzung defekter Photovoltaik-Anlagen dringend benötigt werden. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Aktuell wird ja eine Senkung der EEG Umlage in der Politik diskutiert. Was für den Verbraucher sicherlich gut ist würde den privaten PV Ausbau jedoch zusätzlich Bremsen, da Anlagen aktuell nicht durch die EEG Einspeisung sondern durch die Ersparnis bei Eigenbezug rentabel sind.
Wenn der Strom beim Verbraucher durch die EEG-Umlage immer teurer wird, weil immer mehr Anlagen aufgebaut werden und bei Leuten mit niedrigem Einkommen zum Luxusgut verkommt, wird das nicht mehr vermittelbar werden. Es sollte mal ein Anreiz sein, um sich eine PV-Anlage aufs Dach zu packen. Aus dem Anreiz ist aber leider ein handfestes Geschäftsmodell und Verkaufsargument geworden und in die völlig falsche Richtung mutiert. Anstatt auf den Amortisationsquatsch zu bauen, der zum Kaufgrund Nr.1 wurde, muß die Strategie geändert werden hin zu „wenn ich eine PV-Anlage installiere, spare ich richtig Geld“. Wenn man es von dieser Seite sieht, dann braucht man keine EEG-Umlage mehr. So wie es jetzt ist, bezahlt eben die Allgemeinheit dafür, das ich mir eine PV-Anlage aufs Dach ballern kann, selber keinem E-Versorger was zahlen muß und das auch noch über Marktwert verkaufe. Jetzt wo PVs so günstig geworden sind, brauchts für die keine Vergütung mehr. Bei Windrädern siehts natürlich anders aus, da die ja nun mal nicht fürn Appel und Ei zu haben sind.
Lieber Oli,
das ist doch – mit Verlaub – Quatsch! Eine private PV-Anlage sollte immer (auch) einspeisen, weil nur dann das ganze Dach genutzt wird. Man kann heute auf einem durchschnittlichen EFH bei geeigneter Ausrichtung und Sonnenexposition über 10000kWh (10MWh) im Jahr produzieren, mehr als das doppelte des normalen Haushaltsstromverbrauchs darin – ganz abgesehen davon, dass Produktion und Verbrauch selten zusammenfallen: Ohne Batteriespeicher nur in 30% der Fälle. 85% des erzeugbaren Stroms könnte nicht genutzt werden, wenn man ihn nicht einspeisen dürfte. Mit Batteriespeicher wären es immer noch so um die 60%. Die Schlussfolgerung muss also lauten: Auf Eigenverbrach kann man verzichten – alle privaten PV-Anlagen sollten zu 100% ins Netz einspeisen. Damit ist sichergestellt, dass ihr Strom auch zu 100% genutzt wird, und dass die verfügbare Dachfläche zu 100% belegt wird. Alles andere führt bestenfalls zur Verkomplizierung, ohne dass dadurch ein technischer Vorteil erwüchse, für viele Lösungen resultieren aber sogar Nachteile in Form von zusätzlichen Zählern, unwirtschaftlichen Batteriespeichern oder nicht vollständig belegten Dächern.
Strom ist bei uns kein Luxusgut. Er ist allerdings wertvoll und sollte nicht verschwendet werden, weil seine Produktion mit Umweltverbrauch verbunden ist. Insofern MUSS sich sein Wert auch im Preis wiederspiegeln. Soweit sind wir noch eine freiheitlich verfasste Gesellschaft, dass es vom Einkommen abhängt, wieviel Stromverschwendung man sich leisten kann. Alles bedacht, ist das auch gut so. Anders hätten wir eine Planwirtschaft, und wo das endet, mussten bspw. die DDR-Deutschen als lebende Versuchskaninchen 40 Jahre lang (mit den nachfolgenden Anpassungsproblemen noch länger) schmerzlich erfahren.
Wo bleibt die Lobbyarbeit des BSW?Ein zahnloser Verband ohne Kraft und Durchsetzungswillen?
Ich kann hier Herrn Martin Schachinger zu seinem Schreiben nur beipflichten und gegenüber der Regierung nur den Kopf schütteln.
Was haben wir nur für Dilettanten an unserer Regierunsspitze sitzen die unsere Steuergelder verschwenden aber den Klimaschutz nicht voranbringen und von einer Debatte in die andere sich verstricken.
Dilettanten sind das nicht. Sie haben nur andere Ziele, die sie höchst professionell vor uns verbergen. In Sonntagsreden blenden sie uns und hintenrum tun sie alles, um im Sinne ihrer Auftraggeber, nämlich der etablierten alten Energiewirtschaft, die Energiewende so lang wie möglich hinauszuzögern. Nur ein Regierungswechsel mit grüner Führung wird diese Blockade aufheben können.
Manches an den Grünen mag einem nicht gefallen, aber das wird man mal für ein paar Jahre in Kauf nehmen müssen, damit ein paar Weichen gestellt werden, die dann auch nicht mehr zurückgestellt werden können.
Das Problem ist ja, das schon seit längerer Zeit PV-Anlagen nur noch nach der Prämisse (Hauptsache hoher Eigenverbrauch) gebaut werden, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Bei dieser Auslegung ist der Jahresertrag der PV nur ungefähr so hoch wie der Jahresverbrauch an Strom insgesamt im Gebäude. Dadurch werden brauchbare Dachflächen vergeudet, die aber, wenn wir die Energiewende schaffen wollen unbedingt immer komplett mit PV-Modulen vollgemacht werden sollten. In einer Studie von der HTW Berlin wird aufgezeigt wie wenig brauchbare Dachfläche in einer Großstadt am Ende zur Verfügung steht und das die daraus erzeugbare Energie nicht mal annähernd den Stromverbrauch der Stadt deckt . Also immer schön alle brauchbaren Dachflächen ausnutzen. Das muss aber dem Investor, der ja schließlich auch das Risiko trägt und die Arbeit mit Finanzamt usw. hat bezahlt werden. Oder?
Ich kann nicht verstehen, warum man den großen Konzernen eine gute Rendite zubilligt, und den kleinen Stromerzeuger nicht!! Wenn man dann noch überlegt welche Folgekosten die konventionelle Energieerzeugung noch nach sich ziehen wird, dann kommt der Strom aus PV am Ende dem Verbraucher günstiger. Natürlich wäre der PV-Strom aus großen Freiflächenanlagen wesentlich günstiger zu erzeugen, aber wir brauchen alle geeigneten Flächen um genügend Energie für Industrie, Verkehr, Wärme usw. zu erzeugen. Dass die Energiewende und dadurch der Klimaschutz nicht ohne ein Umdenken zu erreichen sind, das sollte man der Bevölkerung unbedingt mal beibringen. Energieeinsparung muss auch in den Vordergrund rücken, mit einem weiter so bei der Verschwendung von Ressourcen kann das nicht funktionieren. Im Moment zumindest, haben wir keine Alternative zu PV und Wind. Weshalb auch die Subvention dieser Energieerzeugung unbedingt wichtig ist. Nur sollten die Gesetzt und die Bürokratie vereinfacht werden.
„Ich kann nicht verstehen, warum man den großen Konzernen eine gute Rendite zubilligt, und den kleinen Stromerzeugern nicht!!“
Ein guter, sehr wichtiger Satz. Die traurige Wahrheit ist: Von Links wird es den Kleinanlagenbetreibern nicht gegönnt, weil dort jeder Gewinn als unmoralisch angesehen wird – wirtschaftlicher Sachverstand war dort noch nie eine Kernkompetenz, – und von Rechts fürchten die Alten Dinos die saubere und effiziente Konkurrenz. Die kleinen verantwortungsbewußten Unternehmer dazwischen werden zerrieben. Und die Sensations-Presse a-la BILD und Konsorten macht bei dieser Neiddebatte natürlich munter mit, das bringt Auflage und Klicks. Ich geb’s ja zu: 2011 habe auch ich mir meine PV-Anlage nicht zuletzt deshalb aufs Dach gemacht, weil ich nicht nur EEG-Umlage zahlen, sondern auch etwas verdienen wollte – eine Lösung, für die man natürlich ein Eigenheim benötigt. Wer das nicht hat, kann sich aber mit entsprechenden Beträgen (so knapp 10.000 Euro) an Energieerzeugungsgenossenschaften beteiligen – eine empfehlenswerte Investition.
Die Kölner, die haben das richtige Motto: „Man muss auch gönnen können“
Hallo,
danke für Ihren Beitrag, welcher eine Einschätzung über die Zukunft der Photovoltaik-Branche und somit der Herstellung von Solaranlagen wie Balkonkraftwerk, Solar Carport oder Solarfasse gibt.