Im Sommer hatte das Bundeswirtschaftsministerium die Gewinner des „Ideenwettbewerbs Reallabore der Energiewende“ ausgewählt. Am Montag übergab Minister Peter Altmaier (CDU) an das Konsortium „Smart Quart“ den ersten Förderbescheid. Das Konsortium, an dem neun Unternehmen beteiligt sind und das von Innogy geführt wird, will ab Januar 2020 starten. Ziel des Projektes ist es, in den Städten Essen und Bedburg in Nordrhein-Westfalen sowie Kaisersesch in Rheinland-Pfalz Quartiere zu errichten, bei denen weitgehend auf den Einsatz fossiler Energieträger verzichtet wird. Dazu sollen einzelne Stadtquartiere in sich und miteinander vernetzt werden. Es gehe um die Schaffung eines systemischen Verbunds, bei dem sich die unterschiedlich strukturierten Quartiere nachhaltig und wirtschaftlich ergänzen sowie untereinander Energie austauschen.
Im Quartier Bedburg werde auf eine „grüne“ lokale Quartiersenergie, die Wärmeenergie und Haushaltsstrom umfasst, gesetzt, teilte Innogy am Montag mit. Die Energie werde von einer neuen Windkraftanlage vor Ort produziert, die im Zuge einer Erweiterung des örtlichen Windparks entstehen wird. Zudem wird das neue Quartier mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet sowie zentralen und dezentralen Wärmepumpen.
In der ländlichen Verbandsgemeinde Kaisersesch stehe dagegen der Aufbau eines wasserstoffbasierten Microgrids im Mittelpunkt. Es umfasse die gesamte Wertschöpfungskette von der Erzeugung, Umwandlung, Speicherung, Verteilung sowie Nutzung regenerativer Energie durch den Endverbraucher in den Sektoren Wärme, Strom, Mobilität und Industrie, hieß es von Innogy. Damit sollen die erneuerbare Energien in das Energiesystem integriert werden.
Im Literaturquartier in Essen wiederum sei ein neues Quartier bestehend aus Wohngebiet, Kleingewerbe, Büro- und Hotelgebäude geplant, in dem durch eine Photovoltaik und eine Hybrid-Photovoltaik-Anlage die Energie erzeugt und vor Ort verbraucht wird. Ladesäulen sowie E-Car- und Bike-Sharing-Angebote, der Ausgleich von Verbrauch und Erzeugung durch einen zentralen Quartiersspeicher und ein digitales Quartiers-Energie-Management ergänzen das dortige Konzept.
Bei den „Reallaboren der Energiewende“ stehen Innovationsprojekte im Industriemaßstab im Fokus. „‘Smart Quart‘ zeigt beispielhaft, wie die Energiewende vom Stromsektor auch auf andere Sektoren übertragen werden kann“, erklärte Altmaier bei der Übergabe des Förderbescheids. Neben intelligenten Quartierslösungen ist Wasserstoff ein Schwerpunkttema des neuen Förderprogramms, für das jährlich mehr als 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wird.
Innogy will nach eigenen Angaben mehr als 19 Millionen Euro in „Smart Quart“ investieren.Mit den Pilotprojekten sollen drei für Deutschland typische Räume – von ländlichen Regionen bis hin zu sehr verdichteten städtischen Gegenden – abgedeckt werden. Damit seien die Konzepte auf andere Quartiere übertragbar. Die Bewohner werden dem Konzern zufolge an der Umsetzung von „Smart Quart“ beteiligt. Neben Innogy gehören auch GridX, Hydrogenious LOHC Technologies, die OFB Projektentwicklung GmbH, die RWTH Aachen Universität, die Städte Essen und Bedburg sowie die Verbandsgemeinde Kaisersesch und Viessmann Werke direkt an dem Konsortium beteiligt sein. Assoziierte Partner seien RWE Power, Siemens und die H2 Mobility Deutschland.
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Hört sich im Prinzip gut an, aber „smart“ deutet leider auch immer auf „aushorchen“ und „überwachen“ hin. Sind in dem Projekt unabhängige Datenspezialisten involviert, die diesen Sachverhalt aus Bürgersicht beleuchten und für ein Höchstmaß an Datensparsamkeit und Datensicherheit sorgen? Sprich, wer hat das Sagen über die Daten? Kann der Bürger frei entscheiden, welche Daten er mitteilen möchte? Und werden die Bürger überhaupt umfangreich darüber aufgeklärt, was man mit ihren Daten potenziell machen kann?
Solange Wärme- und Stromerzeuger und Speicher als Quartierslösung zentral arbeiten, müssten nicht mehr individuelle Daten anfallen als bisher bei Strom- und Nahwärmenutzung. Datentechnisch ist das weniger problematisch, als wenn jeder einzelne einen Batteriespeicher in seinem Keller in ein virtuelles Kraftwerk einbindet. Bei Sharing-Angeboten werden natürlich reichlich individuelle Daten erhoben, und dass Daten prinzipiell nicht sicher sind, selbst wenn ihr Besitzer beste Absichten hat, wissen wir ja. Richtig schlimm würde es, wenn man diese Mobilitätsdaten dann noch mit individuellen Verbrauchsdaten im Haus verknüpfen kann, weshalb es wünschenswert wäre, dass eben letztere nicht erhoben werden – was es nicht gibt, kann auch nicht gestohlen werden. Und es ist ja keineswegs gesagt, dass die Leistungen günstiger werden, wenn man mehr individuelle Daten erhebt, denn die Datenerhebung und -auswertung kostet auch Geld und hat trotzdem wenig prognostischen Wert.
Man muss immer dran denken: Die Industrie will Umsatz machen, nicht sparen, und um dieses Ziel zu erreichen beschwätzt sie auch gerne die Politik, irgendetwas sei dringend erforderlich und deshalb müssten die und die Schutzregeln aufgeweicht werden. Und die meisten Politiker und Journalisten lassen sich so leicht ins Bockshorn jagen…