Der Sachverhalt und die Frage: Der Betreiber einer sehr kleinen Photovoltaik-Anlage mit nur 600 Watt hat dem Finanzamt gegenüber erklärt, dass diese Anlage steuerlich nur Verluste bringen wird (überschlägig 700 Euro Verlust bei 1000 Euro Investition, gerechnet über 20 Jahre). Das Finanzamt verlangt von ihm trotzdem jährliche Gewinnermittlungen und die Abgabe von Steuererklärungen für die Photovoltaik-Anlage. Begründet wird das damit, dass das Finanzamt behauptet, es sei dazu verpflichtet erst im Nachhinein und möglicherweise erst nach mehreren Jahren die Liebhaberei festzustellen. Stimmt das oder kann das Finanzamt auch von Anfang an Liebhaberei feststellen und auf Steuererklärungen in der Sache verzichten, wenn der Fall so offensichtlich ist?
Es geht hier um die Frage, ob ertragssteuerlich ein Gewerbebetrieb vorliegt. Eine zwingende Voraussetzung dafür ist die Gewinnerzielungsabsicht. Bei Photovoltaik-Anlagen bedeutet das beispielsweise, dass im Lauf von 20 Jahren alle Investitions- und Betriebskosten durch Einnahmen wieder gedeckt sein müssen. Dabei zählt zu den Einnahmen auch die Privatentnahme.
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Wenn es so ist, wie der Betreiber schreibt, dass hier eindeutig die Gewinnerzielungsabsicht fehlt, liegt kein Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Einkommensteuergesetz vor. Weil dies von Anfang an so ist, dürfen die Verluste bei der Einkommensteuer-Veranlagung nicht berücksichtigt werden. Salopp gesagt: Das Finanzamt darf aus eigenem Interesse die sich hier in den Steuererklärungen ergebenden Verluste gar nicht anerkennen.
Wenn also ein Gewerbebetrieb im ertragssteuerlichen Sinn gar nicht vorliegt, ist das Finanzamt auch nicht berechtigt, bezüglich der Photovoltaik-Anlage eine Gewinnermittlung oder eine Einkommensteuererklärung für mehrere Jahre zu fordern.
Das Finanzamt ist natürlich berechtigt und verpflichtet, den Sachverhalt zu prüfen. Allerdings geht dies nicht über mehrere Jahre. Hierzu kann es beispielsweise auch keine Dienstanweisung geben, denn eine solche Dienstanweisung würde gegen das Gesetz verstoßen.
Das Finanzamt darf bei Vorliegen einer Liebhaberei, also einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht, keine Steuererklärungen mehr fordern. Wenn es das trotzdem tut, könnte es sogar sein, dass sich das Finanzamt bezüglich der anfallenden Steuerberatungskosten schadenersatzpflichtig machen würde.
Sollte das Finanzamt also immer noch darauf bestehen, dass entgegen den obigen Ausführungen Gewinnermittlungen und Steuererklärungen zu erstellen und abzugeben seien, dann kann der Steuerpflichtige auch das Finanzamt um Hilfe beim Ausfüllen der Erklärungen bitten. Hierzu ist das Finanzamt ebenfalls nach der Abgabenordnung verpflichtet. Vielleicht hilft das, den Eifer beim Anfordern von Steuererklärungen zu bremsen.
Die Antwort kommt von Thomas Seltmann, mit freundlicher Unterstützung des Steuerexperten Johann-Erwin Graf (Steuerseminare Graf, Freudenberg)
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Danke, Thomas Seltmann! Ein sehr guter und treffender Artikel!
Liebhaberei gehört in den Bereich der privaten Lebensführung – da hat das Finanzamt nichts zu suchen.
Übrigens: wenn das Finanzamt (z. B. bei einem Pferdehof) Liebhaberei unterstellt, dann muss derjenige, der trotzdem eine Gewinnerzielungsabsicht behauptet, gegenüber dem Finanzamt den Beweis führen, dass trotz z. B. Anfangsverlusten ein Totalgewinn möglich und plausibel ist. Soweit ich gelesen habe liegt im umgekehrten Fall – also wenn das Finanzamt Liebhaberei bestreitet – die Beweislast beim Finanzamt. Bei vielen kleinen PV-Anlagen mit Eigenverbrauch auf Privathäusern sind aber die Stromgestehungskosten höher als die Einspeisevergütung – insbesondere, wenn die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen wird. Dann wird der Anscheinsbeweis einer Totalgewinnprognose den Finanzbeamten schwer fallen…
Oder auch:
„Einen Anscheinsbeweis für Gewinnerzielungsabsicht [Anm.: = gegen Liebhaberei] kann das Finanzamt entkräften, einen solchen gegen Gewinnerzielungsabsicht [Anm.: = für Liebhaberei] hingegen der Steuerpflichtige.“ Quelle: https://www.haufe.de/finance/finance-office-professional/liebhaberei-143-beweislast-und-beweis-des-ersten-anscheins_idesk_PI11525_HI1636103.html
Wie ist das also nun, wenn der PV-Betreiber eine Gewinnerzielungsabsicht bestreitet und keinen Totalgewinn prognostiziert?
Warum nur wollen die Finanzämter unbedingt die PV-Verluste steuerlich anerkennen? Soll dies eine indirekte PV-Förderung durch den Staat (in Form von Steuererleichterungen) sein?
Danke für den Haufe-Link. Darin findet sich der Satz:
„Die Feststellungslast für eine Gewinnerzielungsabsicht trägt derjenige, der dann bestimmte Rechtsfolgen ableitet. Das ist (…) das Finanzamt, wenn es Gewinne besteuern will.“
Wenn das Finanzamt also der Liebhaberei-Prognose des Steuerpflichtigen widerspricht, muss es sachlich begründen, inwiefern die Prognose des Steuerpflichtigen falsch ist. Es genügt nicht, einfach zu sagen, ich Finanzamt glaube dir nicht.
Ebenso wie der Steuerpflichtige bei Widerspruch eine sachliche Begründung, Fakten, Zahlen, liefern muss, muss das auch das Finanzamt. Sonst kann der Widerspruch (hier des Finanzamts) keinen Bestand haben.
Ansonsten steht im Artikel schon alles für die Praxis Wichtige drin, insbesondere in den letzten drei Absätzen.
So lange man den Strom nicht verkauft, liegt doch schon gar kein Gewerbebetrieb vor? Welche geldwerten Vorteile sind denn zu versteuern und welche nicht und warum?
Wie hoch der Vorteil ist, lässt sich auf 20 Jahre im voraus nicht sicher sagen. Dass das Finanzamt da ab und zu draufschauen will, wäre sogar nachvollziehbar. Aber es sollte doch auch eine Grenze geben, unterhalb derer wegen Geringfügigkeit nichts zu versteuern ist?
Naja so ganz pauschal kann man das nicht sagen, da eine Gewinnermittlung ggf. notwendig ist um die Umsatzsteuer abgleichen zu können. Ist der Anlagenbetreiber nämlich kein Kleinunternehmer, sondern nutzt die Regelbesteuerung, dann ist er trotz Liebhaberei noch umsatzsteuerpflichtig. Durch Verkauf bzw. die Eigennutzung des Stroms wird nämlich Umsatz generiert und dieser ist die Voraussetzung für die Veranlagung bei der Umsatzsteuer. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist bei der Umsatzsteuer nicht von Bedeutung, lediglich eine Umsatzerzielungsabsicht. Diese liegt beim Verkauf des Stroms an den Netzbetreiber immer vor.
Hallo zusammen,
mir ist niemand bekannt der bei einer mini PV oder auch Balkonanlage genannt eine Einspeisevergütung geltend macht. Das ist ja gerade nicht der Sinn bei den Micro Anlagen. Es geht lediglich darum etwas Strom einzusparen . Für mich ist das dasselbe wenn ich selber Tomaten planze und die nicht kaufe. Dann muss ich auch keine Mehrwertsteuer auf meine selber angebauten Tomaten bezahlen.
Mfg
Chris
mein Netzbetreiber sagt, dass er keinen kostenlosen Strom annehmen darf, gesetzlich vorgeschrieben. Dadurch würde ich automatisch Unternehmer werden und einen 2 Richtungszähler installieren müssen, deren Kosten ich zu tragen habe. Ich habe auch kein Interesse daran, mich mit dem Finanzamt auseinanderzusetzen, ob ich eine Gewinnerzielungsabsicht habe.
Ich brauche den Solarstrom hauptsächlich im Winter. Im Sommer wird er zwangsläufig eingespeist. Weiß jemand, wie ich die Einspeisung verhindern kann? Das wäre die beste Lösung, weil dann keine Einnahmen entstehen können.
Weiß jemand, welches Gesetz das ist, das die kostenlose Weitergabe an den Netzbetreiber verhindert und seit wann dieses Gesetz gilt?
Die Auskunft Ihres Netzbetreibers ist nicht richtig. Es gibt kein Verbot für den Netzbetreiber Strom kostenlos anzunehmen. Sie können dem Netzbetreiber gegenüber erklären, dass Sie auf eine Vergütung verzichten. Bei anderen Netzbetreibern ist das üblich und wird praktiziert. Empfehlen Sie Ihrem Netzbetreibern bei Kollegen zu fragen, wie sie das praktisch lösen. Es wäre schade auf das Erzeugen und Einspeisen des Stroms zu verzichten, da er dem Umwelt- und Klimaschutz dient und konventionellen Strom verdrängt. Der Photovoltaikanlage ist es egal, ob sie Strom erzeugt oder nicht…
Lieber Thomas Seltmann,
zunächst vielen Dank für Ihren sehr guten Artikel zum Thema.
Leider habe ich von meinem Finanzamt eine ähnlich lautende Auskunft trotz negativer Total Gewinn Prognose über 20 Jahre (- EUR 900 ohne Inflation, – EUR 1.800 mit Inflation) erhalten:
„In Ihrem Schreiben vom xx.xx.xx teilen Sie mit, dass der Betreib Ihrer PV Anlage zu einer steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei führen würde. (…) Für den Fall, dass sich Ihre Prognose erfüllt, teile ich Ihre Ansicht. (…) Damit Ihre Prognose(n) hinsichtlich der Erfüllung überprüft werden kann / können, bitte ich vorerst für die ersten fünf Jahre seit Inbetriebnahme die Einnahmen und Ausgaben pro Jahr zu erklären (sog. Einnahme-Überschussrechnung).
Bis zu einer abschließenden rechtlichen Würdigung werden die Bescheide nach §165 AO hinsichtlich der ungeklärten Frage der Liebhaberei vorläufig erlassen werden. Im Rahmen der Abgabe der jeweiligen Steuererklärung können Sie (…) darauf hinweisen, dass eine entsprechende Verlustberücksichtigung vorläufig nicht erfolgen soll. Sollte sich ein Totalgewinn ergeben, können die Verluste aufgrund ihrer Vorläufigkeit noch nachträglich berücksichtigt werden, (…)“
Ich soll also „zunächst“(!) für fünf Jahre nachweisen, dass meine Anlage auch wirklich keinen Gewinn erzielt ….! Ach ja, und trotz Steuererklärungs-Aufwand auf die Verlustberücksichtigung „zunächst“ verzichten.
Hierzu würde mich Ihre Fachmeinung interessieren.
Hallo, die Fachmeinung ist bereits in den letzten beiden Absätzen des Textes enthalten. Konfrontieren Sie das Finanzamt mit der Rechtslage und erklären Sie dem Finanzamt, dass es sich schadensersatzpflichtig macht bezüglich der aufgrund der Forderung des Finanzamts anfallenden Steuerberatungskosten. Auf die Reaktion des Finanzamtes bin ich gespannt…
Hallo Herr Seltmann,
ein sehr interessanter Artikel.
Mich würde interessieren, wie ob das Finanzamt im Falle einer Anerkennung der Liebhaberei zuvor anerkannte Verluste in vorherigen Steuerbescheiden zurückfordern kann.
Unsere PV-Anlage ging 2017 an den Start. In dem Jahr habe u.a ich auch 20% Sonderabschreibung geltend gemacht und insgesamt einen Verlust erzielt, den das FA auch anerkannt hat.
Aktuell liegt mir der Einkommensteuerbescheid für 2018 vor, und ich erwäge, durch Vorlage einer Kalkulation über 20 Jahre darzulegen, dass kein Gewinn erzielt werden kann (ca. 15,5 TEUR Ausgaben ggü. ca. 13 TEUR Einnahmen).
Muss ich damit rechnen, dass das FA den Bescheid von 2017, in dem es ja einen Verlust anerkannt hatte, korrigiert?
Ein Dankeschön im Voraus und viele Grüße
Sehr geehrter Herr Seltmann,
wir haben seit einem Jahr eine PV-Anlage mit 7,26 kWp. Durch die ungünstige Nord/west Ausrichtung konnten wir die Anlage vom Finazamt als Liebhaberei einstufen lassen. (das wollten wir auch so)
Wir haben in diesem Jahr 2000kWh eingespeist und erhielten von Netzbetreiber zirka 200€. Natürlich ohne MWSt, da wir nicht unternehmerisch tätig sind.
Meine Frage ist:
Kann ich die Handwerkerleistung -Lohnkosten, die bei der Instalation der PV-Anlage angefallen sind, bei dem Lohnsteuerjahresausgleich geltend machen?
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Lutz
Bin jetzt kein Experte oder so, aber kann das Finanzamt einen nicht sagen, dass alle Kosten nur zu einem Anteil von (100 % abzgl. Eigenverbrauchsquote) berechnet werden? Beim Speicher sogar 0 % der Kosten, da der Hausakku ja nur zum Eigenverbrauch dient…