Die Debatten um Wasserstoff als Energieträger der Zukunft reißen nicht ab. Während Forschungsministerin Karliczek die Lösung in grünem Wasserstoff, produziert mit Solarstrom aus der Sahara, sieht, setzt das Wirtschaftsministerium weiterhin auf blauen Wasserstoff aus klimaschädlichem Erdgas.
Dies zeigten die Aussagen von Staatssekretär Bareiß auf dem parlamentarischen Abend über „die industriepolitischen Anforderungen an eine zukunftsorientierte Nationale Strategie Wasserstoff (NSW)“, gemeinsam ausgerichtet vom Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV), dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und der Clean Energy Partnership (CEP) am 25. November in Berlin.
Zum Thema blauer Wasserstoff und Wasserstoff aus erneuerbaren Energien war sich das Podium aus Johann Saathoff (MdB, SPD) Werner Diwald (DWV), Jörg Starr (CEP/Audi), Andreas Rupieper (Linde) und Calum McConnell (ITM) einig: Wasserstoff muss auf erneuerbaren Energien basieren. Er sollte zudem möglichst rasch mit deutschen Wind- und Solaranlagen gespeist werden. Erst nachdem die heimischen Möglichkeiten deutlich in Richtung 100 Prozent erneuerbare Energien entwickelt worden sind, können auch Wasserstoffimporte eine Rolle spielen. Dass es dazu gute Möglichkeiten gibt, zeigte die letzte Woche in Berlin stattgefundene erfolgreiche Konferenz Desertec von DII auf.
Dagegen will sich Thomas Bareiß, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), alle Optionen offen halten und nennt auf dem parlamentarischen Abend explizit auch Wasserstoff auf Basis von importiertem Erdgas mit CO2-Abscheidung und -speicherung. Dabei ist Wasserstoff aus Erdgas auf Grund der hohen Methanemissionen bei Erdgasförderung und -transport höchst klimaschädlich, selbst mit der teuren und unrealistischen Option CCS.
Staatssekretär Bareiß beklagte sogar den Ausstieg aus der Atomkraft, da dieser in Baden-Württemberg angeblich zu 7 Terawattstunden (TWh) Stromimporten aus Frankreich geführt haben soll. Bareiß ignoriert dabei die Realität, dass sich seit dem Merkel’schen Ausstiegsbeschluss der Nettostromimport aus Frankreich von 14 TWh in 2010 auf gut 8 TWh in 2018 deutlich verringert hat und, dass Deutschland im gesamten Stromhandel in 2018 mit allen Nachbarn im Gegenteil mit 46 TWh zuletzt einen sehr hohen Exportüberschuss erzielt hat. Dieser lag vor dem Atomausstiegsbeschluss in 2010 mit 6 TWh noch um 40 TWh geringer. Von zunehmenden Importen durch den Atomausstieg kann also keine Rede sein. (siehe Energy Charts des Fraunhofer ISE)
Solche Aussagen sind höchst bedenklich und besorgniserregend, in ähnlicher Art dienten sie bereits 2009 zur Vorbereitung der Laufzeitverlängerung der Atomkraft unter Kanzlerin Merkel. Der Abgeordnete Bareiß spielte damals als energiepolitischer Sprecher eine wichtige unterstützende Rolle in der CDU-Bundestagsfraktion.
Es ist höchste Wachsamkeit gefragt, denn möglicherweise bereitet das BMWi eine erneute Laufzeitverlängerung vor und Bareiß testet mit solchen Äußerungen die Stimmung dazu aus.
Die gnadenlose Reduzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren, aktuell insbesondere der Windkraft, ist jedenfalls eine klare, unterstützende Maßnahme bei der Vorbereitung einer neuen AKW-Laufzeitverlängerung um vermeintlich fehlende Strommengen zu decken.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Es ist doch eigentlich jetzt schon völlig offensichtlich, dass Altmaier und Komplizen den Kernkraftausstieg in die ferne Zukunft verschieben wollen. Die Windkraft wurde schon plattgemacht, für die PV sind auch weitere Erschwernisse geplant, und das in einem Augenblick, in dem die zweite Hälfte des Kernkraftausstiegs in der Hälfte der Zeit bewältigt werden müsste, die man für die erste Hälfte hatte. Das ginge zwar, wenn man akzeptiert, dass Deutschland seinen Stromexportüberschuss abbaut, was es im übrigen 2019 zum Teil schon getan hat. Zeitweise würde D dann sogar zum Nettostromimporteur. Diese für Exportwütige grauenhafte Vorstellung wird deshalb vorsorglich noch schlecht gemacht, obwohl es eine Zumutung für unsere Nachbarländer darstellt, wie Deutschland seinen dreckigen Kohlestrom immer dann exportiert, wenn Wind und Sonne für ausreichend Strom im Netz sorgen.
Die Wahl 2021 sollte deshalb zur Energiewende- und Kernkraftausstiegswahl gemacht werden. Man riskiert zwar, dass die CDU dann eine Koalition mit den Parteien mit „f“ sucht, die alle Kernkraftbefürworter sind, aber allein diese Aussicht sollte für eine Mehrheit links davon reichen. Die CDU wird an die f-Parteien die Wähler verlieren, die das „Weiter So“ sichern wollen, und nach links, diejenigen, die es auf keinen Fall wollen, und damit den gerechten Denkzettel für ihre Lügenpolitik bekommen. Der goldene Mittelweg ist zwar oft der beste, aber manchmal müsste man sich doch entscheiden: Ein bißchen Energiewende geht genauso wenig wie ein bißchen schwanger. Wer mit seiner Entscheidung zu spät kommt, den bestraft das Leben.
Stellt sich die Frage warum Staatssekretär Bareiß noch immer diese Funktion ausüben darf.
Wahrscheinlich bringt Lobbyarbeit auch persönliche Vorteile.
Ein Schelm der böses denkt!
Wer vom CO2-induzierten Klimawandel überzeugt ist und meint, Deutschland sollte den zugesagten Beitrag leisten, kommt an einer Laufzeitverlängerung der AKWs nicht vorbei. Beim weiteren Betrieb fällt kaum CO2 an, während der Abriss mit hohem CO2-Ausstoss verbunden ist. Darüber hinaus ist das Risiko der AKWs in Deutschland gering im Vergleich zu den Folgen der Klimaerwärmung. Zudem kann radioaktive Strahlung selbst von Laien mit einem Geigerzähler leicht festgestellt werden. was bei den meisten anderen Umweltgiften nicht möglich ist. Besser fürs Klima ist ein zeitnaher Ausstieg aus der Kohle.
Die Kernkraftwerke sind die schlimmste Umweltbedrohung die sich die Menschheit jemals ausdenken konnte (außer den Atom- und Neutronenbomben natürlich). Und kein Mensch hatte jemals das Recht, für andere Menschen zu Entscheiden, solche Risiken und Ewigkeitslasten einzugehen.
Manchen Menschen fehlt jegliche Vorstellungskraft was es bedeuten würde, wenn in Deutschland ein GAU passieren würde. Und je Älter KKW werden desto größer das Risiko. Geben wir lieber vollgas beim Systemumbau.
Es gäbe eine relativ einfache Lösung: Statt Erdgas Wasserstoff durch die Leitungen führen (Anfangs reicht anteiliges Einspeisen) und mit einfachen billigen (bei Massenproduktion) Niedertemperatur-Brennstoffzellen in Strom und Wärme wandeln (50%/50%). Der momentane stark geförderte Irrweg ist, Erdgas im Heizkeller teuren komplexen Hochtemperatur-Brennstoffzellen zuzuführen. Das wird sich nicht durchsetzten können und macht wenig Sinn. Strom kann man auf jeden Fall mittels Wasserstoff speichern. Große Elektrolyseure schaffen bereits 95% Wirkungsgrad, wenn man sich die Wärme zu Nutze macht (el.80%/w15%). Man sollte die halt dort hinstellen, wo die Wärme genutzt werden kann (z.B. Fernwärmezentralen).
Und nun ist es nur noch eine Frage einer genauen wissenschaftlichen Optimierungsberechnung, wieviel Wasserstoff aus Wind und Sonne dafür aus wirtschaftlicher Sichtweise produziert werden sollte. Dem massiven Ausbau von z.B. billiger PV steht nichts mehr im Wege. Wenn Windräder nicht mehr durchsetzbar sind, gibt es mehr als genug Fläche um PV zu installieren.
Mit z.B. Agro-PV ist eine Flächendoppelnutzung möglich, welche die „Tank/Strom oder Teller“ – Diskussion überflüssig macht. Mit Überdachung sämtlicher Großparkplätze und vielen anderen Möglichkeiten ebenso.
So könnte ich noch Seitenweise weitermachen. Auf jeden Fall wird ein 100%-EE-System schwerlich ohne Wasserstoff funktionieren. Momentan wird viel zu viel nur auf Wasserstoffnutzung im Verkehrssektor geschaut. Dabei ist die optimale Nutzungsmöglichkeit im Heizkeller (KWK) gegeben.
Nun sollte man seitens der Politik also mal endlich Vollstrom beim Thema Wasserstoffwirtschaft geben.
Wobei ich auch der Meinung bin, dass es absolut Sinn macht als Brückentechnologie (max. 20 Jahre) flexible günstige Gaskraftwerke zu bauen (500€/KW=>20 Mrd.€/40GW), wobei der Einspeisung von EE-Strom vollen Vorrang zu geben ist und die Gaskraftwerke nur zur Deckung des restlichen Strombedarfs benutzt werden dürfen.
Damit hat sich auch das Problemfeld Dunkelflaute bei Abschaltung der Atom- und Kohlekraftwerke erledigt. So und nun muss der Staat massiv mithelfen. Denn diese Gaskraftwerke sollten nicht von der Industrie, sondern vom Staat finanziert werden, dem auch wieder das Stromnetz einverleibt werden sollte. Denn die Kraftwerke sollen so schnell als möglich in der Nutzung reduziert werden (EE-Vorrang). Betrachtet man diese 20 Mrd. als einmalige Klimainvestition, ist ja nur noch die pure Nutzung zu bezahlen und es nicht mehr tragisch, wenn diese immer schneller zurück geht. Und zwar um so schneller, je mehr EE im System ist. Man kann nun den zeitweisen EE-Überschuss für die Elektrolyse nutzen.
Nun wird aber sicherlich wieder behauptet, dass sich nur eine hohe Dauernutzung der Elektrolyseure wirtschaftlich rechen würde. Aber das ist falsch. Wird ein technisches Gerät nur halber genutzt, hält es auch doppelt solange (vereinfacht dargestellt). Man sollte also eine Vollkostenrechnung in Betriebsstunden machen und mit dieser Kalkulation ins Rennen gehen. Dann wird man sehen, dass sich das besser rechnet als gedacht. Das heutzutage gängige pure ROI (Return on Invest) Denken ist einfach falsch, wenn man langfristige Probleme lösen muss. Kapital lange vorzuhalten, in Zeiten wo das Kapital gar nicht mehr weiß wohin mit all dem Geld, ist doch kein Problem.
Was fehlt, ist einfach ein staatlicher Masterplan, der Richtungsweisend ist und allen Akteuren hilft planvoll zu Kalkulieren und zu Investieren.
Was will der Herr Kümmerle damit sagen? Dass man auf Ausbau von Sonne und Wind verzichten könne, weil es doch die tollen KKW gäbe? Nein, es geht darum, dass unsere Regierung den Aufbau von akzeptablen CO2-freien Kraftwerken (Windräder und Solaranlagen) behindert, damit die alten Seilschaften, die mit der Kernkraft gute Geschäfte gemacht haben (und die Risiken der Endlagerungskosten auf die Allgemeinheit abgewälzt haben!), noch eine Weile weiter Gewinne auf Kosten von uns allen machen können. Ich glaube nicht, dass die GroKo noch lange hält, weil die neue SPD-Spitze doch ein paar Projekte hat, die mit der CDU/CSU nicht zu machen sind (z.B. Mindestlohn, Vermögenssteuer), und allmählich bin ich froh darüber. Mit der unweigerlich folgenden vorgezogenen Neuwahl werden die Karten neu gemischt – hoffentlich richtig. Wir brauchen mal wieder ein paar Jahre linker Politik, so wie Anfang der Siebziger, als die Ostverträge gegen den erbitterten Widerstand der Konservativen einen wichtigen Öffnungsprozess in Gang setzten. Die Ernte durfte ironischerweise Helmut Kohl als „Kanzler der Einheit“ einfahren, aber die Geschichte ist manchmal nicht gerecht. Genauso erbittert kämpfen jetzt Konservative für die alte Energiewelt. Auch diese Blockade muss durchbrochen werden, dann kann man ja sehen, wie es weitergeht.
Wie kommen Sie darauf, die Energiewende als das Ergebnis linker Politik hier zu verkaufen?
Die Energiewende ist das Ergebnis wachsenden ökologischen Bewusstseins und das ist im Kern eher wert-konservativ. Die Grünen waren/sind nur so geschickt sich den Begriff „Ökologie“ als das neue Zugpferd seit den ’80ern einzuheimsen, trotzdem sind die Grünen im Kern deutlich eine linke, also rote Partei und zudem zeitgeist-opportunistisch.