Ein hypothetisches Beispiel zeigt, welchen Einfluss Zuverlässigkeit und Haltbarkeit auf die Kosten einer Photovoltaik-Anlage und von Solarstrom haben: Nehmen wir einmal an, man kauft 50 Module für einen Modulpreis von 300 Euro pro Kilowattpeak. Nach sieben Jahren geht bei einem Teil der Module die Rückseitenfolie kaputt. Sie müssen repariert oder ersetzt werden, was Geld kostet. Wenn man diese Reparaturkosten für schlechte Komponenten im Vorfeld abschätzen und zum Kaufpreis addieren kann, kann man besser einschätzen, auf welche Komponenten man besonders achten muss. Im Durchschnitt über die Fehlerstatistik des TÜV Rheinland sind das für den Fehlerfall „kaputte Rückseitenfolie“ etwa vier Euro pro Kilowattpeak, berechnet nach der CPN-Methode, wie Magnus Herz vom TÜV Rheinland im pv magazine Webinar am 6. November 2019 zeigte.
Roman Giehl vom Initiativpartner Jinko Solar begründete dabei, wie der Photovoltaik-Hersteller seine Komponenten auswählt, damit sie in der Fehlerstatistik besser abschneiden. Aus einer Statistik, die Dachanlagen mit Freiflächenanlagen vergleicht, zieht er den Schluss, dass Rückseitendefekte bei Dachanlagen 2,5 mal häufiger auftreten als in Freilandanlagen. Da dort die Temperaturen höher sind, sei es bei der Verwendung in Dachanlagen besonders wichtig, die richtige Rückseitenfolie zu verwenden.
Bei den Steckverbindern, die nach der TÜV-Rheinland-Analyse sehr stark zu den fehlerbedingten Kosten bei Photovoltaik-Anlagen beitragen, sind laut Olivier Haldi von Stäubli oft Kreuzverbindungen schuld. EPCs und Installationsbetriebe würden immer noch oft mit solchen Verbindungen zwischen Steckverbindern verschiedener Hersteller bauen, obwohl das Thema schon seit einigen Jahren diskutiert wird. Er präsentierte ein Beispiel, wo die Ingenieure des Unternehmens für solche Verbindungen nach fünf Jahren einen Kontaktwiederstand von fast sieben Milliohm gemessen haben. Das ist mehr als das Zehnfache von den Verbindungen zwischen zwei Stäubli-Steckverbindern im gleichen Solarpark.
Hier können Sie das Webinar nachsehen und die Präsentationen herunterladen.
Antworten zu Fragen zur Präsentation von Jinko Solar
Haftet, wenn die Rückseitenfolie bricht, nicht der Hersteller, so dass der Investor kein Risiko hat? Wie ist das allgemein in der Branche, wie ist das bei Ihnen, und was umfasst die Haftung (nur Module oder auch Installation und Ertragsausfall)?
Roman Giehl: Der Hersteller haftet immer im Rahmen seiner Garantiebedingungen. Das heißt, die ersten 5/10/12 Jahre, in Abhängigkeit vom Kaufdatum, gelten verschiedene Garantiezeiträume. Aktuell gelten 12 Jahre Produktgarantie und 25 (beziehungsweise 30 Jahre beim Modell „Swan“) lineare Leistungsgarantie im Rahmen der Produktgarantie. Für die Haftung im Rahmen der Leistungsgarantie (in der Regel 25/30 Jahre) ist der Nachweis des Leistungsverlustes über den zeitlich garantierten Leistungswert hinaus, vom Anspruchssteller zu führen. Ersetzt werden die Module (Ersatz, Reparatur oder Kompensation), in der Regel aber kein Ertragsausfall oder Montagekosten
Sie haben gezeigt, dass Module in Dachanlagen öfter Fehler bei Rückseitenfolien haben, da es dort wärmer wird als in Freiflächenanlagen. Dann wäre es doch vermutlich kosteneffizienter, wenn es unterschiedliche Modultypen für unterschiedliche Anwendungen gäbe. Ist das bei Ihnen so und wenn nicht, warum nicht?
Wir haben hier nur die Wahl zwischen Doppelglas-Modulen und Glas-Folien-Modulen. Wie bereits in der Präsentation angesprochen, ist ein Glas-Glas-Modul nicht automatisch langlebiger und stabiler als ein Glas-Folien-Modul. Daher haben wir uns in Kooperation mit Dupont für Tedlar als Hauptbestandteil unserer Rückseitenfolien (immer ein 3-Lagen-Verbund) entschieden. Und die Tatsache, dass nach den betrachteten Zeiträumen von vier und mehr Jahren nur bei 0,04 Prozent der Rückseitenfolien Defekte auftreten spricht für die Richtigkeit unserer Entscheidung und gibt dem Betreiber maximale Sicherheit. Glas-Defekte liegen bei 35 Prozent nach mehr als vier Jahren Einsatzdauer und immer noch bei 2 Prozent im gesamten betrachteten Bereich.
Sie haben bifaziale Glas-Glas- und Glas-Folien-Module im Angebot. Wann empfehlen Sie, die Glas-Glas-Module zu verwenden?
Generell sind beide Modultypen sehr widerstandsfähig (30 Jahre Leistungsgarantie für beide), das Glas-Folien-Modul verfügt aber über einen Rahmen und hat zehn Kilogramm weniger Gewicht. Das Glas-Glas-Modul wird nicht (!) mit EVA verarbeitet, damit wird ein wesentlicher Risikofaktor eliminiert. Speziell in abrasiven Bedingungen (Wüsten, Hinterland) ist immer ein Doppelglas-Modul zu empfehlen, da die Glas-Rückseite gegen abrasive Einwirkungen widerstandsfähiger ist.
Wie können Sie die Qualität von Einbettfolien bewerten, nicht nur von EVA-, sondern auch von alternativen POE-Folien?
Alle in Frage kommenden Polymere durchlaufen – auch im Modultest – Kombitests aus Temperaturwechselprüfung, Feuchte-Wärme-Prüfung, UV A- und UV B-Tests in Kombination mit mechanisch-dynamischen Tests, wie Cross-Link-Vernetzungsgrad-Tests vor und nach der Belastung zum Beispiel mit UV-Licht. Außerdem gibt es auch Vergilbungstests sowie Messungen der Abzugskraft für die Einbettungsfolien oder die Glas-Verkapselung und nach der Alterung im Labor auch spektroskopische Untersuchungen wie IR-Spektroskopie, um Oxydation zu beurteilen. Die Materialien werden also gealtert und die Werte vor und nach der Alterung werden geprüft und verglichen – auch in Zusammenarbeit mit DuPont – und die Materialien auf ihre Stabilität getestet.
Wie können wir feststellen, ob unsere Module licht- und temperaturinduzierte Degradation (LeTid) haben?
LeTiD ist zu allererst am Leistungs- und Ertragsverlust feststellbar. Wobei im Gegensatz zu PID sowohl Strom- als auch Spannungswerte abfallen. Das heißt, eine genauere Überprüfung der Module (auch mit Elektrolumineszenz-Messungen) geben Klarheit.
Antworten zu Fragen zur Präsentation vom TÜV Rheinland
Sie haben die CPN-Methode am Beispiel von potenzialinduzierter Degradation (PID) erläutert. Danach entstehen durch PID Zusatzkosten von rund 6 Euro pro Kilowattpeak. Wie viele Anlagen haben durchschnittlich PID?
Magnus Herz: Im Rahmen der vorgestellten Solar Bankability-Studie wurde bei etwa acht Prozent der in Europa erfassten Anlagen im mittleren und großen Leistungssegment PID detektiert. Eine andere Studie der IEA-PVPS Task13 Gruppe kommt auf circa zehn Prozent betroffene Anlagen.
Tritt auch bei neueren Modulen noch PID auf, oder sind die heutigen Module in Europa inzwischen „PID-frei“? In Ihrer Fehlerstatistik – von wann ist das jüngste Modul, das PID hat?
Die inzwischen installierten Qualitätssicherungsmaßnahmen reduzieren die Auftrittswahrscheinlichkeit auf ein Minimum. Seit 2015 wurde in Deutschland vom TÜV Rheinland keine Neuanlage mit PID erfasst. Jedoch findet man PID nach wie vor in neuen Märkten, bei einem veränderten Komponentenmix und neueren Technologien, beispielsweise bifazialen Modulen. Dieser Tatsache Rechnung tragend werden zurzeit auf internationaler Ebene weitere Qualifizierungstest an fabrikneuen Photovoltaik-Modulen diskutiert, die immer PID-Tests mit einbeziehen.
Sie haben gezeigt, wie man mit der CPN-Methode zu statistischen Aussagen über die Kosten verschiedener Fehlerfälle kommt. Zu welchem Zweck kann man selbst die CPN-Methode einsetzen?
Die CPN-Methode dient neben der monetären Risikoabschätzung der Photovoltaik-Projekte, vor allem der Entscheidungshilfe bei auftretenden Problemen im laufenden Betrieb. Es lassen sich damit Gegenmaßnahmen wirtschaftlich begründen und deren Kosten dem Nutzen gegenüberstellen.
Ab wieviel Kilowattpeak ist es sinnvoll, eine professionelle Analyse wie die CPN-Methode einzusetzen?
Das Analyseverfahren erfolgt zurzeit noch semi-automatisch und erfordert einen gewissen Mindestaufwand, so dass es sich für Kleinanlagen in den meisten Fällen finanziell nicht lohnen würde. Zukünftig ließe sich die CPN-Methode in Monitoring-Plattformen als zusätzliche Leistung mit anbieten, um vollautomatische Entscheidungshilfen auch den Betreibern von Kleinanlagen bereitzustellen.
Antworten zu Fragen zur Präsentation von Stäubli
Wie viele Steckverbindungen sind fehlerhaft, weil die Kontakt verschmutzt oder zum Beispiel Sandkörner in den Steckverbindern sind?
Olivier Haldi: Studien von TÜV Rheinland oder auch die Ergebnisse im Rahmen des von der EU mitfinanzierten Solar Bankability-Projekts zeigen auf, dass rund 30 Prozent der technischen Fehler in Photovoltaik-Systemen durch Kabel und Steckverbinder maßgeblich verursacht werden. Die Dunkelziffer liegt hier aber mit Sicherheit noch wesentlich höher. Die Ursachen für diese hohe Fehlerzahl sind einerseits in der mangelhaften Qualität einzelner Komponenten, aber auch in der inkorrekten Handhabung beziehungsweise Installation zu finden. Unter anderem können die Steckverbinder beziehungsweise die Kontaktelemente auch verschmutzt werden, wenn bis zum Zusammenstecken auf der Anlage keine Staubschutzkappen verwendet werden. Derartige Verschmutzungen sehen wir immer mal wieder, vor allem fällt es aber den Firmen für Betrieb und Wartung auf. Noch kritischer als Staub und Sand ist aber eindringende Feuchtigkeit, da sie auch zu Korrosion führen kann.
Ist die Verwendung von Kontaktfluids bei der Montage der Kontakte sinnvoll?
Die Steckverbinder und im speziellen deren Kontaktelemente wurden so designt, dass eine optimale Stromübertragung mit möglichst geringem Kontaktwiderstand über die gesamte Lebensdauer des Produkts gewährleistet wird. Schmiermittel oder Kontaktfluide sind nicht notwendig, um eine sichere und zuverlässige Stromübertragung zu gewähren. Im Gegenteil, Zusatzstoffe können sich negativ auf die Leistung des Steckverbinders auswirken.
Sie haben gezeigt, dass in einem Fehlerfall der Kontaktwiderstand von 0,5 Milliohm auf fast 7 Milliohm angestiegen ist. Ab welchem Kontaktwiderstand wird es gefährlich?
Die Verschlechterung des Kontaktwiderstands verhält sich zeitlich nicht linear. Generell kann die Aussage getroffen werden, dass ein erhöhter Kontaktwiderstand zu erhöhter Temperatur führt und umgekehrt. Nebst dem, dass diese negative Entwicklung massiven Einfluss auf die Produktleistung hat, können sich daraus auch kritische Effekte auf die Isolation (Isolationswiderstand) der Steckverbinder ergeben. Dabei sind höhere Milliohm-Werte immer ein Indiz dafür, dass der Kontaktwiderstand beziehungsweise die Temperaturen gestiegen sind und weiter steigen werden. Es wurde ein unumkehrbarer Prozess gestartet. Wie schnell das dann aber zu einem Ausfall führt und wie stark die Isolation beschädigt wird, ist individuell von einer Vielzahl von verschiedener Faktoren abhängig. Daher kann man generell nicht sagen, welche Werte gefährlich sind. Wichtig ist aber, dass man immer auch den Isolationswiderstand überprüft.
Im Webinar haben Sie gesagt, dass auch mit Crimpen auf der Baustelle gute Verbindungen hergestellt werden können, wenn das Personal geschult ist. Was ist ihre Erfahrung – wenn gecrimpt wird, sind die Verbindungen dann gut (sprich: wurden von geschultem Personal gecrimpt)?
Eine manuelle Crimpung kann genauso sicher sein wie eine maschinell gefertigte, wenn es sich erstens um qualifiziertes Fachpersonal handelt und zweitens durch den Hersteller zertifizierte Werkzeuge eingesetzt werden. In jedem Fall sind stets die Herstelleranweisungen und die internationalen und lokalen Installationsnormen einzuhalten.
Wie wird „MC4-kompatibel“ interpretiert?
Es ist grundsätzlich anzumerken, dass es keine DC-Steckverbinder für Photovoltaik auf dem Markt gibt, welche „kompatibel“ mit Drittherstellern sind. Mechanisch mögen gewisse Produkte steckbar mit einem Gegenstecker sein, was aber nicht deren langfristige elektrotechnische Funktionen gewährleistet. Die unzähligen Kreuzverbau-Fehlerfälle wurden in einer Vielzahl von Studien – unter anderem von TÜV Rheinland und Berner Fachhochschule – festgehalten, aber auch in der Praxis treten immer wieder Fälle an die Öffentlichkeit wie zuletzt Tesla-Walmart, welche die Inkompatibilität von verschiedenen Steckverbindern bestätigen.
Die Anforderungen an DC-Steckverbinder sind sehr anspruchsvoll und einzigartig; mindestens 25 Jahre Lebensdauer, hohe Stromflüsse, starke klimatische Schwankungen und äußere Einwirkungen. Um diese Anforderungen möglichst gut zu erfüllen, haben die Hersteller von Steckverbindern ganz unterschiedliche Herangehensweisen bei der Produktentwicklung und -herstellung gewählt, wie unterschiedliche Dimensionen der Kontakt- und Isolationselemente, Kontakttechnologien, (Roh-)Materialen und Hilfsmittel, Fertigungsprozesse und -Technologien oder Qualitätssicherung. Daher ist es naheliegend, dass eine Kompatibilität unterschiedlicher Hersteller unter diesen Voraussetzungen nicht gewährleistet werden kann.
Aus diesem Grund kann auch Stäubli eine Kompatibilität der eigenen Produkte mit Fremdprodukten nicht bestätigen, auch wenn diese von Dritten als „MC4 kompatibel“ angepriesen werden. Es ist auch wichtig zu bemerken, dass der Steckverbinder jeweils nur für seinen dafür vorgesehenen Steckpartner zertifiziert (TÜV Rheinland, UL) ist und somit kann ein Kreuzverbau keine Zertifizierung gemäß Produkt-Norm erlangen. Durch die IEC-Installationsnormen wird dieser Sachverhalt auch untermauert („Steckpartner müssen von demselben Hersteller sein“). In gewissen Ländern ist dieser Aspekt sogar regulatorisch geregelt, etwa durch das Verbot von Kreuzverbau.
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