Vier von fünf Kohlekraftwerken in der EU sind unrentabel – diese These vertritt der in London ansässige Think Tank Carbon Tracker. Basis ist eine Studie, für die Carbon Tracker mit Hilfe von Daten von Netzbetreibern, EU und Bloomberg die Auslastung aller 542 Kohlekraftwerke in der EU analysiert und ihre Rentabilität hochgerechnet hat. Ergebnis des Autorenteams: 79 Prozent der Anlagen in der EU schreiben rote Zahlen und könnten die Betreiber bis Ende des Jahres insgesamt 6,6 Milliarden Euro kosten. Allein RWE drohen demnach bis Ende 2019 Verluste in Höhe von 975 Millionen Euro. Uniper könnte bis zu 399 Millionen Euro verlieren, STEAG bis zu 103 Millionen Euro und EnBW bis zu 67 Millionen Euro.
Als Grund für die Verluste nennt Carbon Tracker den immer billiger werdenden Strom aus Photovoltaik- und Windenergie-Anlagen sowie das zurzeit billige Gas. Zudem beeinträchtigen laut Studie noch weitere Faktoren die Wirtschaftlichkeit: steigende Brennstoffe und notwendige Investitionen, um die strengeren EU-Luftreinhaltungsstandards ab 2021 erfüllen zu können. „Kohlekraftwerke in der EU verbrennen Geld, weil sie nicht mit immer billiger werdenden erneuerbaren Energien und Gas mithalten können“, sagte Matt Gray von Carbon Tracker. „Und das wird noch schlimmer. Politiker und Investoren sollten sich auf einen Kohleausstieg bis spätestens 2030 einstellen.“ Ohne hohe Subventionen könne die Kohleindustrie diese anhaltende Konkurrenz nicht überstehen.
Vor diesem Hintergrund stellen die Analysten von Carbon Tracker die Zahlung von Kompensationen für die Kraftwerksbetreiber im Rahmen des Kohleausstiegs in Frage – vor allem deren Rechtmäßigkeit. In dem Bericht heißt es: „RWE zum Beispiel fordert für einen Teil seiner Einheiten 1,4 Milliarden US-Dollar pro Gigawatt, was 19 Milliarden Euro entsprechen würde, wenn man das für die Stilllegung seiner Kohlekapazität bis 2038 hochrechnet. Diese Forderung widerspricht unserer Modellierung, die zeigt, dass die deutschen Kohleeinheiten von RWE wertlos sind, wenn sich der Energiekomplex nicht dramatisch verändert.“
Allerdings hat Carbon Tracker auch weiterhin rentable Kohlekraftwerke identifiziert. Dabei handele es sich um Anlagen in Polen, die relativ hohe Subventionen erhalten, um besonders effiziente Kraftwerke in Deutschland und den Niederlanden sowie um Anlagen in Italien, Tschechien und Slowenien, die von hohen Großhandelspreisen für Strom profitieren würden.
Laut Carbon Tracker sollten sich Regierungen und Investoren darauf konzentrieren, den Kohleausstieg so zu planen, dass er Verbrauchern, Investoren, Arbeitnehmern und Kommunen zugute komme. Regierungen könnten demnach zum Beispiel Kredite zur Finanzierung der Schließung von Kohlekraftwerken vergeben, sofern die Versorgungsunternehmen mit dem Geld Erneuerbare-Energien-Anlagen bauen und das Darlehen dann aus dem Verkauf dieses Stroms zurückzahlen. Und Versorger könnten die lokale Belegschaft einstellen, um erneuerbare Energien aufzubauen, und einen Teil der Gewinne dazu verwenden, die Kommunen beim Übergang von der Kohle zu alternativen Energien zu unterstützen.
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Ist den Authoren der Studie in London eingentlich bekannt dass die Deutschen AKW bis Ende 2022 vom Netz gehen werden ?
Trotzdem bleibt die Frage, wozu man die Geldgeber (Verbraucher*Innen, Investor*Innen, Prosument*Innen) motivieren will.
Die Förderung des bisherigen Versorgungskonzeptes, mit Verbrauch der fossilen Ressourcen, nuklearen Kraftwerksrisiken und mit drohenden Klimagefahren, gegen die Widerstände der jüngeren Generationen (FfF, ff., auch ökologisches Parteienspektrum) muß sich gegenüber nachhaltigen Energiequellen behaupten, welche im Aufbau sind und deshalb aus konservativsten Kreisen, noch, als weniger beständig eingeordnet werden. Der Aufbau zusätzlicher Produktion für Kraftwerkskapazitäten lebt jedoch vom Vertrauen in die Zukunft der Technologien und diese (mittel- und teils langfristige) Zukunftsfähigkeit bestätigen die Erneuerbaren Energien täglich stärker. Mit der Ausbauverstärkung in europäischen Nachbarländern wird diese Dynamik weiter gefördert und Vertrauen in den Netzausgleich geschaffen.
Einfache, robuste und preisgünstige Massenprodukte für diese Energiewende wären jetzt sinnvoller, als ein „Made in Germany“, das sich zusätzlich zu allen anderen Forderungen, welche gerade im politischen Egozentrismus auftreten, durchschnittliche Einkommen nur ungenügend leisten können. Gemeinsinnorientierung aus der Großindustrie konnte man dazu bisher kaum ausreichend wahrnehmen, deshalb wird die chinesische und asiatische Produktionsentwicklung (mit Ausnahmen im Wechselrichtersegment und teils bei Windkraftanlagen, vielleicht zukünftig auch gerade noch im Speicherungsmarkt mit Akkumulatoren) auch in dieser Angebotslücke stärker werden?
Wow, das ist ja ein Geheimnis, von dem nur SIE wissen.
Im Ernst: Durch den Wegfall von 7 alten Kernkraftwerken bis Ende 2022, die zusammen 9 GW Leistung haben, ändert sich aufs Jahr gesehen sehr wenig. Vergleichen Sie mal den durchschnittlichen Day Ahead Preis von 2012 und 2010: obwohl allein in 2011 8 GW AKW Leistung abgeschaltet wurden (Fukushima), war Strom 2012 billiger als 2010.
In wenigen Stunden eines jeden Jahres macht sich der Unterschied schon bemerkbar, davon profitieren (Pump-) Speicherkraftwerke und Gaskraftwerke – und nicht Kohlekraftwerke.
@ Alex : dass der Strom 2012 billiger war lag im westlichen daran das die Co2-Preise für die Zertifikate und die Kosten für fosillr Rohstoff gefallen waren , und wen sie sich die Dsten zur Strmeruegung von 2012 angwshen hätten dann wüsste sie das es zu einem Anstieg der Strmproduktion von Kohlekraftwerke gekommen war.
Eine wahrlich hochwissenschaftliche Studie!
Der Kohlestrom ist zu teuer! Vielleicht, weil da jemand den „billigen 20-50 Centstrom“ zur Abnahme zwingend vorschreibt? Und die „teuren dreckigen“ KW nur nun deutlich weniger Betriebsstunden haben, aber trotzdem die lfd. Kosten?
Wenn die Kohle-KW nur noch 1000 Std. im Jahr laufen, und die 5 Cent-PV-Erzeugung losgehen soll (bisher ist noch keine dieser Ausschreibungs-kWh erzeugt worden) ist der dreckige Kohlestrom unbezahlbar.
Und die „freie Marktwirtschaft“ hat gesiegt! Selber schuld, dass jemand solche Dreckschleudern gebaut hat!
Jetzt mal ehrlich: Sieht so ein Wechsel der Ernergie-Front in D aus?
Ich hatte da mir mal ein wesentlich fundierteres Vorgehen von der Ernergieargentur gewünscht!
Herr Altmeier, haben Sie da auch wirklich die richtigen Aufgaben verteilt?
Man sollte es nicht glauben, aber es gibt mit einschlägigen Office-Programmen die Möglichkeiten verschiedene Vergleichszenarien der Energiegewinnung abbilden zu können. Zenarien der terminierten Abschaltung der bekannten Energieversorger sollten bekannt sein; ebenso dürfte sich die Entwicklung des zukünftigen Strombedarfes, ähnlich der Wettervorhersage innerhalb eines Bandes, dastellen lassen.
Warum passiert da bisslang nichts Sichtbares? Dilletanten scheinen am Werk zu sein.
Ein Trauerspiel!
Thomas
Peter Rentfort sagt.
Der Kohlestrom ist zu teuer! Vielleicht, weil da jemand den „billigen 20-50 Centstrom“ zur Abnahme zwingend vorschreibt? Und die „teuren dreckigen“ KW nur nun deutlich weniger Betriebsstunden haben, aber trotzdem die lfd. Kosten?
@ Peter Rentfort.
Genau so ist es. Die zwingende Abnahme des 20-50 Centstromes ist der Kernpunkt der mehrheitlich beschlossenen Energiewende.
Sie dürfen ja nicht vergessen, dass der 5 Cent PV Strom zunehmend ist, und der 20-50 Cent Strom immer weniger wird. Wenn wir dann 80 oder mehr Prozent 5 Cent Strom haben , können die 1000 Stunden ruhig etwas mehr kosten, ohne dass dabei die 100% teurer werden müssen.
Die Ergebnisse dieser wirtschaftlichen Verhältnisse lassen sich an der Deutschen Stromerzeugung 2019 deutlich ablesen. Der Anteil der Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohle ist signifikant gesunken und nur zu einem Teil durch Gaskraftwerke ersetzt worden.
Zusätzlich ist der Exportanteil der deutschen Stromerzeugung deutlich gesunken.
Jetzt gilt es diese Situation zu nutzen und den Ausbau der Erneuerbaren massiv zu steigern.
Dies kann aber nur dadurch gelingen, dass endlich die in den letzten Jahren aufgebauten Ausbau-Bremsen für Wind-, Sonnen- und Biomassestromerzeugung weggeräumt werden.
Nur dadurch kann es gelingen, die restlichen 50 % atomarer- und fossiler Stromerzeugung zu ersetzen.