Das Fass wollte keiner mehr aufmachen: Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Eckpunkte des Klimapakets verabschiedet – einstimmig und ohne größere Debatte. Die massive Kritik aus Wissenschaft und Wirtschaft, aus der Fridays-for-Future-Bewegung, aus Kirchen und Gewerkschaften hat Union und SPD nicht dazu bewegen können, das vereinbarte Maßnahmenbündel noch einmal aufzuschnüren.
Bis das Klimapaket in Kraft tritt, muss die Bundesregierung jedoch noch einige Hürden nehmen. So braucht sie für manche Gesetzesänderungen die Zustimmung des Bundesrates – also auch Stimmen aus den Ländern, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind. Die Grünen haben die Klimapolitik der Bundesregierung in den letzten Tagen immer wieder massiv als unzureichend kritisiert. Dazu kommt, dass in dem Paket viele Punkte noch ungeklärt sind. Offen ist zum Beispiel, mit welcher Summe der Kauf klimafreundlicher Elektroautos gefördert werden soll.
Eine von der Deutschen Energie-Agentur (Dena) mit Unterstützung der Energie- und Infrastrukturkanzlei Becker Büttner Held (BBH) erarbeiteten Analyse des Klimapakets zeigt, dass viele der Maßnahmen mit komplexen legislativen Verfahren verbunden sind und umfangreiche politische Abstimmungen erfordern. „Die Tragweite des Klimapakets ist groß – größer, als in der bisherigen Debatte wahrgenommen wird“, sagt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung. „Das zeigt sich umso deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, wie die politischen Beschlüsse in verbindliche legislative Vorgaben zu übersetzen sind. Um diese gesetzgeberische Herausforderung zu meistern, braucht es Konzentration und Verhandlungsbereitschaft auf allen Ebenen – in Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, in Parteien und Verbänden, in Ländern und Kommunen.“
Manche Punkte lassen sich laut Dena-Analyse verhältnismäßig leicht umsetzen, etwa die Verbesserung der Energieberatung im Gebäudebereich, die CO2-bezogene Reform der Kfz-Steuer oder die Streichung des Ausbaudeckels für Photovoltaik. Komplex werde es dagegen nicht nur bei großen neuen Vorhaben wie der Einführung der CO2-Bepreisung, dem Ausstieg aus der Kohleverstromung oder der Entwicklung strombasierter Kraftstoffe. Selbst eine seit langem bekannte und von vielen unterstützte Maßnahme wie die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung sei sowohl juristisch als auch in der Abstimmung anspruchsvoll.
Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) setzt nun auf den Bundestag: „Nachdem das Bundeskabinett nicht in der Lage war, sich auf derartige Klimaschutzmaßnahmen zu verständigen, sind die Mitglieder des Bundestages ab jetzt noch stärker gefordert: Sie müssen sich für eine effektive Klimaschutzpolitik einsetzen, mit der Deutschland die 2030-Klimaschutzziele erreicht und die den Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig für die Zukunft macht“, erklärt bne-Geschäftsführer Robert Busch mit Blick auf die geplante Debatte im Bundestag am Donnerstag zum „Klimaschutzprogramm 2030“. „Statt einer Ausweitung des ohnehin undurchdringlichen Wildwuchses von Förderungen und Anreizen brauchen Bürger und Unternehmer ein klares, verlässliches Preissignal für CO2. Wichtige Stellschraube einer effektiven Klimaschutzpolitik ist daher vor allem die Einführung eines CO2-Preises von 35 bis 45 Euro je Tonne CO2 bis spätestens 2021, kombiniert mit einem ambitionierten Preispfad.“
„Die Bundesregierung muss das Klimapaket in den nächsten Wochen konkretisieren und ein präzisiertes Eckpunktepapier vorlegen, das dann auch dem Anspruch der Zielerfüllung gerecht wird“, fordert Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). „Für schnelle und spürbare Erfolge bei der CO2-Einsparung ist vor allem der dynamische Ausbau der Erneuerbaren Energien erforderlich. Sie gehören ins Zentrum jeder Klimaschutzstrategie.“ Das aktuell vorliegende Klimapaket sorge nicht dafür, dass der Ausbau über alle Technologien wieder an Fahrt gewinnt. Die Erneuerbaren würden bei der Windenergie an Land sogar eingegrenzt; Innovationen durch die Beibehaltung der Förderung fossiler Heizungstechnologien regelrecht aufgehalten und fehlende ordnungsrechtliche Vorgaben in der Gebäudeeffizienz ließen Investitionen weiter in einem Rinnsal verkümmern.
„Mit dem Klimapäckchen wird die Regierung niemals die Klimaziele erreichen“, prophezeit Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Wir haben aber keine Zeit mehr, um auf eine mut- und planlose Regierung zu warten.“ Bis spätestens zur Weltklimakonferenz COP25, die im Dezember in Chile stattfindet, müsse die Regierung wirksame Gesetze und Maßnahmen beschließen. „Sonst hat Sie ihre Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz vollends verspielt. Die Uhr tickt. Handelt“, fordert Weiger.
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„Offen ist zum Beispiel, mit welcher Summe der Kauf klimafreundlicher Elektroautos gefördert werden soll.“
Welche Elektroautos wären das? Die mit Wasserstoffantrieb / Brennstoffzelle sind ja leider noch kaum existent? Die mit Lithium-Batterie werden über das normale Stromnetz geladen, was mit ca. 60 g CO2 /km in den Footprint eingeht. Die Batterie ist eine echte CO2-Schleuder, die schon bei ihrer Produktion 120-140 kg CO2 Emission pro kWh-Speicherkapazität verursacht. In Summe kommt ein Elektroauto schon durch die Batterieherstellung auf 6-7 Tonnen CO2! In den ersten 200.000 km seines Betriebes unterscheidet sich ein Elektroauto deshalb nur unwesentlich von einem dicken SUV.
Der Vorteil bei Elektroautos: Man kann sie stand heute! mit umweltfreundlichen Strom laden (zum einen ist jede geförderte Ladesäule verpflichtet Ökostrom anzubieten, zum anderen hat jeder Hausbesitzer die Möglichkeit seine eigene Erzeugungsanlage zu bauen)
Wasserstoff wird stand heute zu fast 100% aus Erdgas gewonnen. Falls das mal nicht mehr so sein sollte, braucht es vier mal soviel Strom wie das Batterieauto.
Die Edelmetalle für die Brennstoffzelle sind nach der kurzen Nutzung (ca. 70.000km) für immer verloren.
Der Lithium-Akku kann nach der Nutzung (500-000km) fast komplett recycelt werden.
Und jeder der meint, es kommt nur auf den CO2-Ausstoß an sollte sich mal nacheinander mit laufenden Motor in einer geschlossenen Garage in ein Verbrenner-SUV setzen und dann in ein E-Auto. Wobei in anderer Reihenfolge, sonst schafft man beide Tests nicht…
Ad Futureman:
Natürlich kann (und sollte wenn möglich) man E-Autos mit umweltfreundlichem Strom laden. Die Krux ist leider dass man dadurch diesen Anteil an sauberem Strom dem Netz entzieht: selbiger Strom würde ansonsten, da Vorrangpflicht von Ökostrom besteht anderweitig schon verbraucht: im Stromnetz würde dann dieser im E-Auto verbrauchte Strommenge durch fossilen erzeugten Strom ersetzen müssen!
Das zeigt sehr deutlich dass wir sehr viel mehr Ökostrom benötigen als heute verfügbar: an dieser Schraube muss gedreht werden ansonsten ist das nur ‚Pille-Palle‘.
Extrem falsch gerechnet!
Bei 10 Euro Aufschlag pro einer Tonne CO2 für den „Klimaschutz“ erhöht sich der Spritpreis nicht um 3 Cent/l nach Expertenmeinung, sondern lediglich um 1,72 Cent/l Benzin. Und bei 25 Euro Aufschlag pro Tonne ist nicht eine Steigerung von 7,5 Cent/l zu verzeichnen, sondern um 5,8 Cent pro Liter Benzin. Da haben sich die Experten ganz schön verrechnet! Denn es gilt: 1 l Benzin erzeugt rund 2,32 kg CO2 laut Stöchiometrie der Chemie (siehe Wikipedia oder Chemielehrbuch). Wenn nun 1 t = 1000 kg mit 10 Euro zusätzlich besteuert werden, dann ergibt sich pro Liter Benzin 1000 Cent: [1000 kg: (2,32*0,74 kg/l)]= 1000 Cent: 582,48 l≈ 1,72 Cent! Und bei 25 Euro pro Tonne Aufschlag muss man 1,72 Cent*2,5 ≈ 4,29 Cent rechnen und veranschlagen, und nicht 7,5 Cent! Der Fehler beträgt hier immerhin rund 75 Prozent! Wir haben es nur noch mit hochkarätigen Experten in Deutschland zu tun!
Anmerkung: 0,74 kg/l=0,74 kg/dm³ stellt die Dichte ς (sprich Roh) von Benzin dar!
Siegfried Marquardt, Königs Wusterhausen