EU-Kartellamt erlaubt Eon die Übernahme der RWE-Tochter Innogy

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Eon musste lange warten, bis es grünes Licht aus Brüssel erhielt. Am Dienstag schließlich genehmigte die EU-Kartellbehörde die Übernahme der RWE-Tochter Innogy durch Eon. „Heute beginnt die Zukunft der neuen Eon. Mit der Integration von innogy schaffen wir ein Unternehmen, das die Kunden voll und ganz in den Mittelpunkt stellen wird“, erklärte Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen nach der Entscheidung in Brüssel. Zuvor hatte der Energiekonzern allerdings Zugeständnisse an die EU-Kommission gemacht. Diese seien mit der Abgabe einzelner Geschäfte oder Geschäftsteile verbunden, darunter das Strom- und Gaskundengeschäft von Innogy in der Tschechischen Republik sowie die Veräußerungen im ungarischen Stromkundengeschäft von Eon. In Deutschland sagte der Energiekonzern zu, dass es sein Heizstromkundengeschäft sowie den Bau und Betrieb einzelner Autobahn-Ladestationen für Elektrofahrzeuge abgeben werde.

Mit der Integration von Innogy will Eon zu einem Unternehmen werden, in dem intelligente Netze und Kundenlösungen im Mittelpunkt stehen. Das Erneuerbaren-Geschäft – sowohl von Eon als auch von Innogy – geht im Gegenzug an RWE, dass sich künftig auf dieses Geschäftsfeld konzentrieren will. Sein Angebot für diesen weitreichenden Tausch der Unternehmensteile und Geschäftsfelder hatte Eon bereits im März 2018 dem Konkurrenten RWE unterbreitet. Im Januar dieses Jahres meldeten beide Konzerne die Transaktion bei den EU-Kartellbehörden an. Während RWE schnell die Genehmigung erhielt, musste Eon lange zittern und Brüssel leitete ein vertieftes Prüfverfahren ein.

Die Konkurrenz zeigt sich ob der Genehmigung wenig begeistert und hält die Zugeständnisse von Eon für unzureichend, um eine künftige Marktmacht des Energiekonzerns zu verhindern. „Der Zusammenschluss der zwei mit Abstand größten deutschen Energiekonzerne ist eine weitere Zäsur für den deutschen Energiemarkt. Wettbewerb und Innovation werden auf der Strecke bleiben – Verbraucher und der Industriestandort Deutschland insgesamt die Zeche zahlen müssen“, erklärte Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft der Lichtblick SE. „Eine solche Machtkonzentration hat es im deutschen Energiemarkt noch nie gegeben.“ Lücking nannte die Auflagen der EU-Kartellbehörden „geradezu lächerlich“. So habe Eon gerade einmal 266.000 Heizstromkunden, insgesamt aber 14 Millionen Strom- und Gaskunden und betreibe 34 Ladesäulen an deutschen Autobahnen.

Eon war bereits fest im Vorfeld von einer Zusage aus Brüssel im September ausgegangen und hatte die Übernahme bereits weitreichend vorbereitet. So war auf der Hauptsammlung im Mai beschlossen worden, den Aufsichtsrat auf 20 Mitglieder zu vergrößern. Neben Vertretern von Eon und Innogy werde dort dann auch RWE vertreten sein, dass im Zuge der Transaktion mit einer Beteiligung von 16,7 Prozent zum größten Anteilseigner der „neuen“ Eon wird. RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz solle als Vertreter zur gerichtlichen Bestellung vorgeschlagen werden, hieß es am Dienstag.

Die Vorstandsmitglieder von Eon sollen auch das neue Unternehmen künftig führen. Johannes Teyssen bleibe Vorsitzender des Gremiums, dem auch weiterhin Leonhard Birnbaum, Thomas König, Marc Spieker und Karsten Wildberger als Mitglieder angehören. Die Positionen unterhalb des Vorstands werde dagegen nahezu hälftig aus Personal von Eon und Innogy besetzt werden. Dazu waren im Juni bereits die Weichen gestellt worden. Doch auch neue Gesichter kommen dazu. So soll die bisherige VKU-Hauptgeschäftsführerin Katharina Reiche ab Januar 2020 die Leitung des deutschen Netzgeschäfts übernehmen, der größten und wichtigsten operativen Einheit der „neuen“ Eon. Hauptsitz des integrierten Konzerns werde Essen bleiben, von wo aus das Netz- und Kundenlösungsgeschäft in 14 Ländern gesteuert werden solle.

Mit der Übernahme von Innogy hofft Eon auf Synergieeffekte, die das eigene Geschäft voranbringen. Teyssen bestätigte das Ziel, ab 2020 jährlich 600 bis 800 Millionen Euro an Synergien zu erreichen. Ein Teil davon ergeben sich aus dem Arbeitsplatz-Abbau. Maximal sollen 5000 Stellen, also weniger als sieben Prozent, abgebaut werden. Die Umsetzung solle sozialverträglich erfolgen, wie Teyssen bekräftigte. Mit den Gewerkschaften sei dazu bereits ein Eckpunktepapier vereinbart worden.

Bereits bis zum Ende der kommenden Woche will Eon sein Übernahmeangebot aus dem vergangenen Jahr vollziehen. In den vergangenen Monaten habe der Energiekonzern bereits 90 Prozent der Aktien der RWE-Tochter erworben. Nun soll ein Anteil von weiteren gut 9,4 Prozent hinzukommen. Zeitnah solle dann noch ein umwandlungsrechtlichen Squeeze-out-Verfahren erfolgen, um auch die restlichen Anteile an Innogy zu erwerben. „Voraussichtlich bereits morgen wird innogy zu Eon gehören“, kündigte Teyssen am Dienstag an. Das Ziel sei weiterhin, die zügige und vollständige Integration.

Bis Ende September will Eon nach eigenem Bekunden sein Erneuerbaren-Geschäft an RWE übergeben. Die Erneuerbaren-Sparte von Innogy solle „so schnell wie möglich im nächsten Jahr“ an RWE übertragen werden, wie es weiter hieß. Ebenfalls noch in diesem Monat wolle Eon die Minderheitsbeteiligungen an den AKWs Grundremmingen und Emsland an RWE abgeben, während das Gasspeichergeschäft und die Beteiligung am Energieunternehmen Kelag von Innogy auch erst im kommenden Jahr an RWE gehen werden. Eon erhält im Zuge des weitreichenden Tausches noch einen finanziellen Ausgleich in Höhe von 1,5 Milliarden Euro von RWE. Wann dieser gezahlt wird, blieb zunächst offen.

Kritik von bne und Eurosolar

Auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und die Vereinigung Eurosolar sehen die Genehmigung der Transaktion kritisch. „Ein Unternehmen dieser Größenordnung, das gleichzeitig Vertrieb und Netzbetrieb bündelt, ist eine Gefahr für den Wettbewerb im Energiemarkt. Diese Fusion bedroht die Energiewende als Ganzes, denn sie gefährdet klimafreundliche Energiewende-Lösungen von Wettbewerbern“, erklärte bne-Geschäftsführer Robert Busch. Nun räche sich, dass nach der Liberalisierung der Energiemärkte das Unbundling nur unzureichend vollzogen worden sei. Dies müsse für künftige Gesetzesvorhaben und Regulierungen wieder stärker in den Fokus rücken. „Gelingt dies, besteht die Hoffnung, dass die Fusion ein großes professionell geführtes Netz hervorbringt, das Maßstab für effizienten Netzbetrieb sein kann. Sollte die Regulierung jedoch schwächeln, entwickelt sich im schlechtesten Fall ein übermächtiges Unternehmen, das den Markt dominiert und so Wettbewerb verhindert“, so Busch weiter.

Bei Eurosolar sieht man ebenso die RWE-Seite kritisch. „Mithilfe eines riesigen Kraftwerkparks kann RWE künftig die Preisbildung im Strommarkt beeinflussen oder EEG-Ausschreibungen nach Belieben steuern“, heißt es dort. Eine dezentrale Marktordnung mit vielen kleinen Stromproduzenten stehe den Profit- und Wachstumszielen der Energiekonzerne im Weg. Mit dem Deal wollten RWE und Eon ihre alten, zentralen Markt- und Machtstrukturen absichern. „Statt sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, positionieren sich die Großen gemeinsam gegen die Kleinen und gegen die Energiewende. Nach der vertikalen Integration der Märkte erfolgt jetzt die horizontale Aufteilung. Mit dezentraler Energiewende hat das nichts zu tun“, so Axel Berg, Vorsitzender der deutschen Sektion bei Eurosolar.

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel ist nachträglich am 17.9.2019, 16:30 Uhr, mit den Statements des bne und von Eurosolar ergänzt worden.

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