Im Juli 2019 verbreitete das „Bündnis Bürgerenergien“ (BBEn) das Positionspapier „LNG stoppen! – Öffentliche Gelder besser für Erneuerbare und Speicherausbau!“ Es ist derzeit von über 100 Organisationen, Unternehmen und Vereinigungen unterzeichnet. Der Vorstand des BBEn fragte nun den Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), ob auch er das Anliegen des Positionspapiers unterstützen will und erhielt zur Antwort: der BEE hat zu dieser Thematik „keine Position“.
Das ist ja nun bemerkenswert! Erdgas ist aufgrund der Vorkettenemissionen unverbrannten Methans klimaschädlicher als Kohle. Die Bundesregierung blendet dies aus und propagiert das Erdgas als „Brückentechnologie“, die der Versorgung durch die Erneuerbaren vorgeschaltet werden müsse. Mit der Folge, dass ein riesiges Wachstumspotential für Photovoltaik, Windkraft & Co. verlorengeht und der Erdgasindustrie zufällt.
Und hierzu hat der Dachverband der Erneuerbaren „keine Position“? Also hallo! Trägt dieser Verband seinen Namen zurecht, wenn er das den erneuerbaren Energien zustehende Geschäftsfeld einfach der fossilen Konkurrenz überlässt?
Das „keine Position“ ist in Wahrheit natürlich nichts anderes als die Verschleierung einer sehr wohl existierenden Position. Denn wer den Aufbau einer neuen für Jahrzehnte konzipierten fossilen Struktur nicht zu verhindern versucht, der befürwortet ihn. Der BEE scheut sich nur, dies offen zu bekennen. An der „Handelsblatt Jahrestagung Gas 2019“ wirkt er mit. Schon deren Einladungstext macht mit der unzutreffenden, aber affirmativen Behauptung: „Ohne Gas wird die Energiewende nicht gelingen“ klar, wohin die Reise geht und kündigt unter anderem das Thema „Renaissance der Gaskraftwerke nach dem Aus für die Kohle“ an.
Kann man sich auf dieses Verhalten des BEE einen Vers machen?
Ein Blick auf die Vergangenheit zeigt, dass seit etwa 2010 die Bundesregierungen ihre vornehmste energiepolitische Aufgabe darin gesehen haben, die erneuerbaren Energien auszubremsen, wie es angesichts der Stimmungslage in der Bevölkerung, die in ihrer großen Mehrheit die Energiewende stets befürwortete, irgend machbar war. Hierzu wurden hinterhältige, für den Laien schwer erkennbare Methoden erfunden. Welch ein Dschungel aus absurden, bösartigen, bürokratistischen Fußangeln und Widerhaken im Lauf der Jahre kreiert und immer undurchdringlicher gemacht wurde, haben Volker Quaschning und seine Studenten in einer hoch verdienstvollen Studie angefangen offenzulegen.
Wie konnte es zu der abscheulichen Deformation des EEG kommen? Diese fand doch nicht im luftleeren Raum statt. Es gab Verbände und Organisationen, die zu den Regierungsvorhaben Stellung nehmen konnten?
Ja, Stellungnahmen gab es, doch, kurz gesagt: sie waren Ausdruck von Unterwürfigkeit. Die Organisationen und führenden Firmen der Erneuerbaren suchten ihr Heil in einem botmäßigen Verhältnis zur Regierung. Für neu vorgesehene Verschlechterungen bedankten sie sich noch und brachten allenfalls vorsichtige „Anmerkungen“ oder „Anregungen“ ein.
Statt von den Regierungen eine Kursänderung zu verlangen, verwandten sie eine unglaubliche Kraft und Mühe darauf, die Hinder- und Hemmnisse irgendwie zu überwinden, trotz aller Widrigkeiten doch noch Erneuerbare-Projekte zu realisieren und somit ihre Nische zu erhalten. In dieser Kuschel-Tradition mit der Regierung steht auch der BEE und möchte daher keinen Konflikt in Sachen LNG.
Kleinmut ist tödlich
Diese kleinmütige Verhaltensweise hat auch in früheren Jahren schon nicht gerade Hochachtung induziert – heute entpuppt sie sich als im wahrsten Sinn des Wortes brandgefährlich: Die Klimaerhitzung schreitet schneller voran als gedacht, die einzige Chance liegt im Tempo der Energiewende. Sich weiterhin durch Hemmnisse aufhalten zu lassen, wäre tödlich.
Die Erneuerbaren brauchen freie Bahn, um schnellstens die Dominanz in der Energiewelt zu erreichen. Erdgas wird noch eine Auslaufphase haben, darf aber keine neuen Investitionen mehr erhalten! Der Erdgasverbrauch muss von Jahr zu Jahr sinken. Investitionen dürfen nur noch in die Versorgung durch erneuerbare Energien fließen!
Ein US-Präsident Donald Trump sieht das natürlich anders: „LNG is being sold all over Europe and all over the world. And we have more of it than anybody else. I'm not gonna lose that wealth on dreams.“ [LNG wird in ganz Europa und in der ganzen Welt verkauft. Und wir haben mehr davon als jeder andere. Ich werde diesen Reichtum nicht für Träumereien preisgeben.] Er will auch die Wälder Alaskas abbrennen und diesem von einem geisteskranken Todestanz Erfassten sind wir zu Willen, damit wir im Gegenzug zum LNG-Kauf unsere Autos nach Amerika exportieren dürfen? Und der BEE ist behilflich beim Ausrollen des roten Teppichs? Also hallo!
Anmerkung der Redaktion: Eine Replik von BEE-Präsidentin Simone Peter haben wir ebenfalls heute veröffentlicht. Sie trägt den Titel: Worauf es ankommt: Erneuerbare in allen Sektoren
— Der Autor Christfried Lenz war unter anderem tätig als Organist, Musikwissenschaftler und Rundfunkautor. Politisiert in der 68er Studentenbewegung, wurde „Verbindung von Hand- und Kopfarbeit“ – also möglichst unmittelbare Umsetzung von Erkenntnissen in die Praxis – zu einer Leitlinie seines Wirkens. So versorgt er sich in seinem Haus in der Altmark (Sachsen-Anhalt) seit 2013 zu 100 Prozent mit dem Strom seiner PV-Inselanlage. Nach erfolgreicher Beendigung des Kampfes der BI „Kein CO2-Endlager Altmark“ engagiert er sich ganz für den Ausbau der Erneuerbaren in der Region. Als Mitglied des Gründungsvorstands der aus der BI hervorgegangenen BürgerEnergieAltmark eG, wirkte er mit an der Realisierung einer 750 Kilowatt-Freiflächenanlage in Salzwedel. Lenz kommentiert das energiepolitische Geschehen in verschiedenen Medien und mobilisiert zu praktischen Aktionen für die Energiewende. —
Die Blogbeiträge und Kommentare aufwww.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Im Juni ist der Erdgasverbrauch im Stromsektor aber erheblich gestiegen. Und was war der Grund dafür? 1. Ein starker Anstieg der Erneuerbaren-Produktion und 2. ein geringfügiger Anstieg bei den Preisen für CO2-Zertifikate. Das zweite machte den Kohlekraftwerken Schwierigkeiten, wirtschaftlich zu arbeiten. Das Erste bedeutete, dass die Schwankungen der Differenz von Stromerzeugung aus Erneuerbaren und Strombedarf größer geworden waren, was durch Erdgaskraftwerke besser ausgeglichen werden kann, als durch Kohlekraftwerke. Am Ende wurde in Deutschland deutlich weniger Strom erzeugt und entsprechend weniger Überschuss exportiert. Noch deutlicher sank die CO2-Emission, weil viel Kohlestrom wegfiel, aber weniger Gasstrom als Ersatz benötigt wurde.
Eine gute Entwicklung, und die wird hoffentlich noch weitergehen. Keine Frage: Gasimport, ob jetzt von Putin oder Trump, macht abhängig. Die politische Erpressbarkeit wird aber geringer, wenn man mehr als einen Lieferanten hat.
Ich stimme den Autor Christfried Lenz zu! In neue LNG-Terminals für Fracking-Gas zu investieren ist angesichts der Klimaproblematik schizophren!
Dafür schäme ich mich als indirektes Mitglied vom BEEn, denn ich bin in mehreren Organisationen Mitglied, die den BEEn tragen!
Ich habe mich bisher gedanklich geweigert, Mitglied im LEE Bayern zu werden. Ich habe dieser Simone Peter nie getraut, Sie eist ja eine GRÜNE!