Das Bundeswirtschaftsministerium hat am Mittwoch seinen Referentenentwurf für das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ veröffentlicht. Länder und Verbände haben nur knapp 24 Stunden Zeit bekommen, um dazu Stellung zu nehmen. Die Frist läuft am heutigen Tag 17 Uhr aus. Greenpeace Energy hat dennoch ein klares Statement veröffentlicht. „Mehr als ein halbes Jahr nach dem Kompromiss der Kohlekommission hat die Bundesregierung allerdings noch immer keinen Plan für einen gezielten Erneuerbaren-Ausbau in den Regionen, um die Kohleverstromung klimaneutral zu ersetzen“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy. Entsprechende Passagen seien in dem Entwurf nicht enthalten.
Der Ökostromanbieter fordert, dass die Bundesregierung ihre geplanten Finanzhilfen von bis zu 14 Milliarden Euro mit verbindlichen Ausbauprogrammen für Photovoltaik und Windkraft in den betroffenen Regionen verknüpft. Die Hilfen zur Bewältigung des Strukturwandels im Zuge des Kohleausstiegs werden zwischen Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt aufgeteilt. Die Bundesregierung will den Ländern dabei weitgehend überlassen, wie sie die Mittel einsetzen, was Greenpeace Energy sehr kritisch sieht. „Hier darf der Bund nicht nur Blankoschecks verteilen, sondern muss einen Teil der Mittel auch zweckgebunden an die Länder vergeben, um gezielt die Energiewende voranzutreiben“, so Keiffenheim.
Im Frühjahr hatte Greenpeace Energy einen konkreten Maßnahmenkatalog vorgelegt, wie der Ausbau von Photovoltaik und Windkraft in den Kohlerevieren vorangebracht werden kann. „Das im Entwurf formulierte Ziel, zur Mitte des Jahrhunderts ‚weitgehend‘ klimaneutral zu werden, reicht angesichts der immer dramatischeren, schon jetzt spürbaren Folgen der Klimakrise längst nicht mehr aus“, sagte Keiffenheim. Zudem fehlen ihm im Entwurf explizit akzeptanzstiftende Maßnahmen und Ansätze, die Bürger an der Ausgestaltung der Energiewende vor Ort zu beteiligen und damit die Akzeptanz für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zu erhöhen.
BEE fordert endlich Rahmenbedingungen für das 65-Prozent-Ziel bis 2030
Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hält den Referentenentwurf für unzureichend und fordert eine Verbindung des Kohleausstiegs mit dem weiteren Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und Co. „Wir erwarten, dass auch die weiteren gesetzlichen Regelungen zum Kohleausstieg und zum stärkeren Ausbau erneuerbarer Energien nun zeitnah kommen. Nach eineinhalb Jahren Amtszeit der Großen Koalition fehlen noch immer die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das 65-Prozent-Ökostrom-Ziel bis 2030, die auch die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung bereits vor acht Monaten eingefordert hat“, erklärte BEE-Präsidentin Simone Peter.
Aus Sicht des Verbands ist es wichtig, dass die Vergabe der Strukturmittel mit dem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren verbunden wird, um Innovation und Klimaschutz im Land voranzubringen. Auch ein deutlich schnellerer Kohleausstieg als bis zum Jahr 2038 sei machbar. „Die Möglichkeiten dafür sind mit den Erneuerbaren sowie Speichertechnologien gegeben.“ Diese seien zugleich für die Strukturentwicklung der Regionen von großer Bedeutung. Der BEE fordert zudem, dass die über das Strukturförderungsgesetz geförderte Maßnahmen nicht auf die Ausbaukorridore angerechnet werden dürften. Parallel müssten die Ausbaukorridore deutlich nach oben anzupassen und besonders innovative Projekte, wie die Verbindung erneuerbarer Energien mit Speichern oder Power-to-X-Anlagen vorangebracht werden.
bne: Kohleausstieg als Chance
Mit dem Kohleausstieg hat Deutschland die Chance, Strukturwandel und Klimaschutz in Einklang zu bringen, erklärte Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne). Zwar enthalte eine Anlage des Entwurfs sehr gute Ansätze zur energiewirtschaftlichen Weiternutzung der Braunkohlegebiete für die Erzeugung von erneuerbarem Strom, doch im vorgeschlagenen Gesetzestext fänden sich diese Impulse leider kaum wieder. Dabei lieferten diese Gebiete beste Voraussetzungen für die Nutzung von erneuerbaren Energien: Netzanschlüsse sind vorhanden, große Flächen stehen zur energiewirtschaftlichen Nutzung zur Verfügung und es gibt Fachkräfte vor Ort. „In Zeiten, in denen der Ausbau klimafreundlicher erneuerbarer Energien immer mehr von der Verfügbarkeit von Flächen abhängt, müssen die Braunkohlereviere Teil der Lösung werden. Der Bau neuer regenerativer Erzeugungsanlagen in den Revieren ist Garant für einen erfolgreichen Strukturwandel in den Kohleregionen“, so Busch. Allerdings sei das Strukturstärkungsgesetz nur ein Baustein. Die Bundesregierung müsse zeitnah auch einen wirksamen CO2-Preis für die Sektoren Wärme und Verkehr einführen sowie ein marktliches Konzept schaffen, dass Investitionen in Erneuerbaren-Anlagen jenseits des EEGs anreizt.
BDEW: Anreize für Bau CO2-armer Kraftwerke ab 2023 erforderlich
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wiederum verlangt von der Bundesregierung, „zügig konkrete Schritte“ einzuleiten. Dabei geht es zum einen um die notwendigen Vorschläge, wie die Politik den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 65 Prozent erhöhen wolle. „Für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit über 2023 hinaus brauchen wir dringend Anreize für den Zubau an gesicherter Leistung in Form CO2-armer Kraftwerke“, so der BDEW-Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer. Für die Klimaziele seien zudem konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Kraft-Wärme-Kopplungs-Technologie notwendig. „Die Bundesregierung hat bei diesen Fragen schon viel zu viel Zeit verloren – sie muss endlich Tempo machen“, so Kapferer weiter.
Ideen für die Nachnutzung der Kohlereviere mit Photovoltaik und Windkraft im Gigawattmaßstab
Die Kernforderungen im Maßnahmenkatalog, den Greenpeace Energy mit der Anwältin Roda Verheyen entwickelt hat, ist, dass die Strukturhilfen für die Bundesländer an die Gegenleistung geknüpft sind, dass diese die Voraussetzungen für die Nutzung der ehemaligen Braunkohletagebaue für erneuerbare Energien schaffen. Daneben sollte eine Änderung des Bergbaurechtes auf den Weg gebracht werden, dass derzeit eine schnelle Nachnutzung der Abbauflächen für Photovoltaik und Windkraft noch verhindert. Zudem sollte es eine Einbeziehung der Bevölkerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien geben.
Dies sieht auch ein Konzept vor, was Greenpeace Energy RWE für die Nachnutzung der Flächen unterbreitet hat. Es sieht dem Bau von rund acht Gigawatt an Windkraft und Photovoltaik mit Bürgerbeteiligung vor. Auch für die Lausitzer Tagebaue gibt es ein ähnliches Konzept, an dem unter anderem Vattenfall, Baywa re, Solarpraxis und Wattner arbeiten. Dort steht bisher der Bau von förderfreien Photovoltaik- und Windparks im Gigawattmaßstab im Fokus, weniger die Bürgerbeteiligung.
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In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, dass die Grundstücke der Tagebaue und angrenzenden Bereichen, die sich im Wesentlichen in der Hand der Tagebaubetreiber befinden, an die Kommunen zurückgegeben werden. Nur dann kann eine Blockade der Tagebaubetreiber verhindert und eine Nachfolgenutzung der Flächen im Sinne der Energiewende erfolgen.
Das wird aber teuer, denn heute sind die Grundstücke doch viel mehr wert als ehedem, wo die darunter lagernde Braunkohle sie durch die Abbaudrohung stark entwertet hat?
24 Stunden-Frist!
haben wir hier wirklich die kompetenten Akteuere am Werk.
Eine alte Regel besagt, dass jede Entscheidung doch bitte einen Tag nochmals überdacht werden sollte.
Wie muß ich mir das jetzt vorstellen: Ein zuständiger Mitarbeiter des Ministeriums stellt nach Rückkehr von seinem Sommerurlaub, sonengebräunt, fest, dass da doch ein paar Termine einzuhalten wären und setzt eine Frist von 1 Tag Bedenkzeit fest?
Wie kommen die Beteiligten damit zurecht?
gehts noch!
Das ist Methode, damit die versteckten Fouls nicht gleich auffallen.
War bei EEG Änderungen in der Vergangenheit öfter so. Möglichst noch während Fußball, Welt oder Europameisterschaften, mit abendlichen live Übertragungen.
Was daraus wird, merkt man erst hinterher.
Siehe hier.
https://www.pv-magazine.de/2018/06/14/ist-dem-wortlaut-des-eeg-noch-zu-trauen/