Kerstin Andreae ist jetzt vom Vorstand des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zur neuen Vorsitzenden der Hauptgeschäftsführung gewählt worden. Sie tritt ihren neuen Job am 1. November 2019 an. Die 1968 im Schwarzwald geborene Andreae ist derzeit wirtschaftspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90 /Die Grünen. Im Parlament sitzt sie seit 2002. Andreae folgt Stefan Kapferer, der neuer Vorstandschef des Übertragungsnetzbetreibers 50 Hertz wird. Unter seiner Führung hat sich der BDEW verstärkt mit Zukunftsthemen wie dem Ausbau der erneuerbaren Energien oder Power-to-Gas profiliert.
„Gemeinsam mit den Unternehmen möchte ich daran arbeiten, dass die Branche die ökonomischen Chancen nutzen kann, die sich aus dem schrittweisen ökologischen Umbau der Wirtschaft ergeben“, erklärt Andreae. „Wir wollen die Energiewende zum Erfolg führen und die Chancen der Digitalisierung nutzen.“ Gleichzeitig müsse die Versorgungssicherheit jederzeit gewährleistet sein. Für diese Ziele brauche die Energiewirtschaft sachgerechte, marktorientierte Lösungen und politisch stabile Rahmenbedingungen.
„Andreae genießt hohe Anerkennung in Politik und Wirtschaft. Sie steht für eine entschlossene, effiziente Energie- und Klimapolitik, basierend auf einer sowohl ökonomisch als auch ökologisch erfolgreichen Wirtschaft. Damit passt sie hervorragend zum BDEW“, sagt die Verbandspräsidentin Marie-Luise Wolff.
Weniger begeistert von der Personalie zeigt sich der gemeinnützige Verein Lobbycontrol, der sich für mehr Transparenz, demokratische Kontrolle und klare Schranken der Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit einsetzt. „Der nahtlose Wechsel der Grünen-Politikerin Andreae zum Energielobbyverband BDEW ist enttäuschend – gerade, weil die Grünen sich für mehr Distanz zwischen Politik und Wirtschaft einsetzen“, sagte eine Sprecherin von Lobbycontrol der „Rheinischen Post“. Bundestagsabgeordnete sollten ihr Mandat „nicht als Sprungbrett für Lobbykarrieren nutzen“.
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Die Kritik müsste mir Lobbycontrol aber noch besser erklären. Den umgekehrten Wechsel fände ich höchst problematisch. Wobei das dann weniger Lobbyisten sind als gleich Angestellte von Unternehmen, die Einfluss auf die Politik nehmen möchten. Aber aus der Politik in einen Lobbyverband? Das ist doch nur der Neid. Dass ein Abgeordneter in vorauseilendem Gehorsam schon mal Entscheidungen im Sinne eines möglichen zukünftigen Arbeitgebers macht, um sich bei dem zu empfehlen, ist natürlich denkbar. Aber da muss man doch froh sein, wenn der die Politik besser früher als später verlässt.
Es sollte dabei bleiben, dass ein Lobbyverband und seine Vertreter danach bewertet werden, was sie, außer zum eigenen Nutzen, auch im Sinne des Allgemeinwohls bezwecken, und in wie weit sie eine sachliche Diskussion befördern. Bei Politikern ist Fachkompetenz leider oft nicht so ausgeprägt – da zählt mehr die Machtkompetenz, aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Frau Andreae scheint ja durchaus auch fachliches Ansehen zu genießen. Die Realos bei den Grünen haben zwar den Nachteil, dass sie zwischen allen Stühlen sitzen – nicht stramm links, aber trotzdem grün, damit machen sie sich in den Betonkopflagern sowohl links als auch rechts verdächtig, aber die deutsche Politik hatte es lange als Erfolgsmodell, dass gerade die vernünftige Mitte sich durchsetzte – Folge einer schmerzlichen 1000jährigen Erfahrung, für die man nur 12 Jahre brauchte. Wollen wir hoffen, dass diese Erfahrung noch eine Weile nachwirkt.
Unter der früheren Geschäftsführerin Hildegard Müller, zuvor für die CDU als Staatsministerin im Bundeskanzleramt aktiv, hat der BDEW den Niedergang der EE in D massiv befeuert. Ihre Parteifreunde Rösler, Röttgen, Altmaier und SPD-Gabriel als Wirtschafts- und Umweltminister, (wer erinnert sich nicht?), erfüllten brav auch die Wünsche des BDEW zum Stopp des Ausbaus der EE. Kerstin Andreae kann als Grüne in Ihrer neuen Funktion den Widerstand des BDEW gegenüber den EE brechen. Hoffentlich…