Gleich drei Gutachten zu Ausgestaltung und Wirkung einer CO2-Bepreisung hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) Ende vergangener Woche in Berlin vorgelegt. Das Bundesumweltministerium hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung (IMK) und das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) beauftragt, mögliche CO2-Preisentwicklungen für die Bereiche Verkehr und Wärme zu untersuchen. Im Fokus stand dabei die Frage, wie gut welcher CO2-Preis das Klima schützt und wie er sich auf die unterschiedlichen Einkommensgruppen auswirkt.
Fazit des Ministeriums: „Die Politik kann einen CO2-Preis zum Schutz des Klimas so ausgestalten, dass er sozial verträglich wirkt und kleine und mittlere Einkommen nicht ungerecht belastet.“ Das soll vor allem durch Senkungen bei Stromsteuer und EEG-Umlage sowie eine sogenannte Klimaprämie erreicht werden, die klimafreundliches Verhalten belohnen und zugleich Gering- und Normalverdiener nicht belasten soll – obwohl bei dem von den Wissenschaftlern berechneten Modell bei Kraft- und Brennstoffen der Preis je Tonne CO2 von 35 Euro im Jahr 2020 über 80 Euro im Jahr 2023 auf 180 Euro im Jahr 2030 steigt. Noch im Juli soll sich das Klimakabinett mit dem Thema befassen.
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) fordert eine Änderung des bisherigen Systems der Energiebepreisung in Deutschland. „Die bestehende Lücke zur Erreichung der nationalen Klimaziele kann aus unserer Sicht nur mit marktwirtschaftlichen Ansätzen geschlossen werden. Und was ist marktwirtschaftlicher als der Preis?!“, so VDMA-Präsident Carl-Martin Welcker. Vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) hat der VDMA ein Gutachten zu der Frage erarbeiten lassen, wie eine CO2-Bepreisung ausgestaltet sein muss, damit sie die richtige klimapolitische Wirkung entfaltet und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht schädigt. Demnach müsse das heutige System der Energiebesteuerung aufkommensneutral umgestaltet werden, indem die verschiedenen Energieträger nach ihrem Emissionsgehalt bepreist werden. Dadurch solle ein marktwirtschaftlicher Anreiz gesetzt werden, zukünftig mehr klimafreundliche Energieträger zu verbrauchen.
„Es geht also um eine Steuerung des Verbrauches von Energieträgern. Energieträger mit einem geringeren CO2-Ausstoß sollen bevorzugt genutzt werden. Im Ergebnis wird Strom billiger, Kraftstoffe werden teurer“, so Welcker. Der VDMA geht dabei nicht von einer zusätzlichen Erhöhung der bestehenden Energiesteuersätze aus, sondern von einem neuen, aufkommensneutralen Ansatz. Auf diese Weise werde gesichert, dass weder Verbraucher noch Industrie bevorteilt oder benachteiligt würden. Als Hausnummer nennt der VDMA einen CO2-Preis von 110 Euro pro Tonne. Zudem sehe das Gutachten keine Doppelbelastung der Sektoren vor, die bisher bereits dem Emissionshandelssystem (ETS) unterworfen sind.
Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel schlägt derweil als langfristiges Ziel eine Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf alle Sektoren und Treibhausgase vor. Demnach sollten die bisher nicht im europäischen Emissionshandel erfassten CO2-Emissionen etwa in den Bereichen Verkehr und Gebäude in einem neuen, zusätzlichen Emissionshandelssystem zusammenfasst werden, das von Deutschland und anderen willigen Ländern betrieben wird. Dieses zweite System sollte mittelfristig auf alle EU-Staaten ausgedehnt werden, bevor schließlich das bisherige und das neue Emissionshandelssystem fusionieren. „Dieses dreistufige Verfahren ist ein realistischer Weg, langfristig alle Sektoren und Treibhausgase Europas über den Emissionshandel zu erfassen, weil es eine schrittweise Angleichung der CO2-Vermeidungskosten der verschiedenen Sektoren erlaubt und dadurch einen sprunghaften Anstieg der Zertifikatpreise verhindert. Gleichzeitig berücksichtigt es europarechtliche Einschränkungen“, sagt Gabriel Felbermayr, Präsident des IfW Kiel und Mitautor des Papiers „Für ein duales System der CO2-Bepreisung in Deutschland und Europa“. Aus Sicht des Autorenteams sollten die Erlöse der Versteigerung der CO2-Emissionsrechte dann in Deutschland zur Abschaffung der Stromsteuer und zur Absenkung der EEG-Umlage verwendet werden. Ein Teil der Erlöse sollte zudem für die Auszahlung eines pauschalen Energiegeldes pro Kopf verwendet werden, um die soziale Verträglichkeit des Systems sicherstellen.
Langfristig ist laut IfW Kiel außerdem ein Grenzausgleichssystem nötig, das den CO2-Gehalt der Exporte von der heimischen CO2-Bepreisung ausnimmt, jenen der Importe aber der heimischen CO2-Bepreisung unterwirft. Andernfalls drohe eine Konterkarierung des heimischen Klimaschutzes. Voraussetzung für ein solches Grenzausgleichssystem sei die genaue Feststellung des CO2-Gehaltes von Importen und Exporten. Dies könnte durch einen Mechanismus erreicht werden, der Importeuren und Exporteuren Anreize gibt, den tatsächlichen CO2-Gehalt ihrer Produkte offenzulegen, um dadurch Kosten zu sparen.
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