Galapagosinseln mit Solar-Pflanzenölhybrid auf dem Weg zu 100% Erneuerbaren Energien

Hans-Josef Fell

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In der Kategorie Outstanding Projects gewann die Siemens AG auf der gerade beendeten Intersolar Messe in München einen The smarter E AWARD 2019 für sein 100 % Erneuerbare Energien Hybridkraftwerk auf der Galapágos-Insel Isabela. Das Galápagos-Archipel gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und steht aufgrund seiner einzigartigen Flora und Fauna als Insel der Evolution unter strengem Schutz. Gleichzeitig erfordert die Abgeschiedenheit im Pazifik eine äußerst zuverlässige Stromversorgung.

Nach einem schweren Schiffsunglück eines Tankers, während dieser die Dieselgeneratoren für die Energieversorgung der Inseln betankte, und dem dadurch verursachten Tod von über 10.000 Galápagos-Meeresechsen und anderen maritimen Spezies startete die Ecuadorianische Regierung schon im Jahr 2007 die Initiative „Zero Fossil Fuel For Galápagos Islands“. Die deutsche Entwicklungshilfe erstellte hierzu mit Hilfe von Experten eine Studie, wie die vier bewohnten Inseln des Galápagos Archipels vollständig auf Erneuerbare Energien umgestellt werden können. Beruhend auf den weltweit ersten dieselfreien Off-grid-Anlagen auf abgelegenen Berghütten in den Alpen, sieht das Konzept für Galápagos einen Mix aus Photovoltaik-, Windenergie, für die Regelenergie, Batterien und mit reinem Pflanzenölen betriebene Motoren vor.

Die an der Konzepterstellung beteiligten Vereinigten Werkstätten für Pflanzenöltechnologie (VWP) installierten und betreuten unter der Projektleitung der GIZ von 2010 bis 2015 auf der kleinsten Galápagos Insel Floreana das erste fossil freie Hybridkraftwerk als Pilotprojekt für die weiteren Inseln. Zwischen verschiedenen Pflanzenölen entschied man sich für Jatrophaöl. Dieses wird von einer Genossenschaft mit 3000 Kleinfarmern in der semi-ariden ecuadorianischen Küstenregion von Manabi mit Hilfe einer dezentralen Kaltpress-Ölmühle hergestellt und nach Galápagos verschifft. Als nicht essbares Öl vermeidet Jatrophaöl den Tank-Teller-Konflikt. In Manabi wächst Jatropha in über 12.000 km langen Hecken (Living Fence) auf landwirtschaftlich nicht genutzter Fläche als Schutz gegen Erosion und zur Eigentumsbegrenzung kleinbäuerlicher Felder. Das Einkommen aus der Heckenbewirtschaftung im Frühjahr wird i.d.R. zur Bezahlung des Schulgeldes benutzt. Das Floreana Pilot Projekt wurde von der Alliance For Rural Electrification (ARE) als „Bestes Internationales Off-Grid Projekt 2017“ ausgezeichnet.

Für das ca. 20-mal größere Nachfolgeprojekt auf der größten Galápagos-Insel Isabela hat die Siemens AG nun einen Smarter E AWARD 2019 gewonnen. In der Kategorie „Outstanding Project“ würdigte die Jury das Unternehmen, 1000 km vom Festland entfernt ein intelligentes hybrides Energiesystem geschaffen zu haben, das mit Photovoltaik-Energie und nachhaltig angebautem Jatropha-Biokraftstoff die Insel mit 100% erneuerbarem Strom versorgen kann. Zur Auszeichnung gehört auch die vollständige Digitalisierung der komplexen dezentralen Anlagensteuerung bei gleichzeitiger Fernüberwachung. Das Hybridkraftwerk besteht aus 1 MW Photovoltaik, einer 330 kWh Lithium-Ionen-Batterie und fünf Flex Fuel Scania Motoren a 325 kWel. An sonnigen Tagen wird Isabela tagsüber allein von Photovoltaik-Energie versorgt, ganz ohne Generatoren. Aufgrund des schnell ansteigenden Stromverbrauchs auf Isabela, beschäftigen sich die Projektpartner bereits mit einer Erweiterung der Anlage.

Bei seinem Ecuador-Besuch im Februar 2019 ließ sich auch Bundespräsident Steinmeier auf Galápagos das Hybridkraftwerk erklären. Seine Fragen beantwortete Dr. Gruber (VWP), der als Experte für Biokraftstoffe und Lieferant der Flex Fuel Motorentechnologie am Projekt beteiligt ist. Dabei kam vor allem die weltweit einzigartige Sonderstellung der Galápagos Inseln zur Sprache. So ist das Galápagos Archipel von allen negativen Nebenerscheinungen unserer Zivilisation, wie Klimawandel, Anstieg des Meeresspiegels, Artensterben, Ölunfälle, Plastikverschmutzung etc. betroffen. Gleichzeitig bemüht sich die internationale Staatengemeinschaft, durch innovative Technik und Forschung zu einer Lösung der Probleme beizutragen.

Für Dr. Gruber (VWP) sind die Galápagos Inseln daher ein Labor im Pazifik und Präzedenzfall, bei dem sich zeigen wird, ob es dem Menschen gelingt, seinen Lebensstil in den geschlossenen Stoff- und Energie/CO2 Kreislauf der Erde zurückzuführen, oder ob er zum Irrläufer der Evolution wird. Für eine fossilfreie Zukunft der Galapagos Inseln bedeutet dies z.B., dass sich ein internationaler Großkonzern wie Siemens AG mit dezentralen Energielösungen beschäftigt und ein nationales Erdölministerium zusammen mit einer Großbank (KFW) über die Produktion nachhaltiger Biokraftstoffe aus der Landwirtschaft nachdenkt. Die Evolution auf den Galápagos Inseln setzt sich also fort, und zwar als Brennglas für Probleme und Problemlösungen einerseits und den Aufbau neuer Denkstrukturen andererseits, die nötig sind, um die komplexen Aufgabenstellungen zur Erhaltung unseres Planeten unterhalb des 1.5° Ziels von Paris zu bewältigen.

Dr. Georg Gruber hat seine umfangreichen Erfahrungen mit der Pflanzenöltechnik auch in die kürzlich veröffentlichte globale 100% Erneuerbare Energien Studie der EWG zusammen mit der LUT University einfließen lassen (S. 234-38). Seine Potentialanalysen sind ermutigend. Er erfasste die semi-ariden Flächen der Welt, wo wegen Trockenheit fast keine Landwirtschaft möglich ist. Mit einem Anbau von Jatropha, wie in Manabi, nachhaltig und mit Kleinbauern realisiert, lassen sich Pflanzenölmengen erzeugen, in der Größenordnung des weltweiten Flugbenzinbedarfs. Gleichzeitig werden Wüstenausbreitungen zurückgedrängt, große Landstriche wiederbegrünt, Kohlenstoffsenken geschaffen und die dortige Armut bekämpft.

— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com

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