Um auf ein wichtiges und vermutlich weiter verbreitetes Problem aufmerksam zu machen, hat sich der Verursacher in diesem Fall ausnahmsweise selbst bei uns gemeldet. Im vergangenen Jahr bekam der Projektentwickler eine Reklamation für eine Freiflächenanlage mit rund zehn Megawatt Nennleistung, die er im Jahr 2015 in England errichtet hatte. Nach knapp drei Jahren im Betrieb nahm der Betreiber dann die verzinkten Stahlpfosten unter die Lupe. Dabei bemerkte er, dass die Pfosten unterirdisch eine starke Korrosion aufwiesen. Die Zinkschickt hatte sich komplett aufgelöst und der Stahl war schon stark von Rost angegriffen.
Der Betreiber bemängelte dies beim Projektierer, der Projektierer zog daraufhin den Gutachter Ernst-Günter Ache von Ache Engineering zu Rate. Dieser stellte fest, dass neben den Gestellpfosten auch Kupfer-Erder für Potenzialausgleich und Überspannungsschutz der Anlage im Boden vergraben waren. „Kupfer hat aber auch die Eigenschaft, dass es als sehr edles Metall in der Nähe anderer, unedler Metalle dazu führt, dass sich die weniger edlen Metalle auflösen“, sagt Ache. Zwischen dem Kupfer-Erder und dem Zinkpfosten fungiere der leitfähige Boden wie ein Elektrolyt. „Damit hat man praktisch eine riesige Batterie gebaut, die einen kontinuierlichen Stromfluss und Ionenstrom vom verzinkten Stahlpfosten zum Kupfer-Erder bewirkt.“ Und genau wie bei einer Batterie habe sich die Anode (hier der Pfosten) zugunsten der Kathode (hier der Erder) zersetzt. Die Verzinkung ist elektrochemisch gesehen unedler als Kupfer und zersetzt sich aus diesem Grund im geschilderten Fall. Sobald das Zink abgetragen ist, wird der Stahl selbst angegriffen.
pv magazine Quality Roundtable auf der Intersolar Europe:
Haben Sie Fragen an Gutachter Ernst-Günter Ache und zu dem Konzept? Er wird das Thema in der Postersession des Quality Roundtable am 16. Mai (ICM Conference Center, Raum 5) auf der diesjährigen Intersolar Europe (2. Tag) vorstellen.
Die Postersession beginnt bereits um 13:30, eine Stunde vor den Sessions zu Qualitätsfragen bei Modulen, Kabeln und Wechselrichtern. Beispielfälle für die Diskussion in den sessions finden Sie hier, hier und hier.
„Solche oder ähnliche Anlagen-Designs gibt es relativ häufig“, sagt der Gutachter. Er selbst betreue bereits zwei weitere Fälle. Vor allem in Ländern wie England und Japan sei dieses Problem verbreitet, weil dort Normen zum Einsatz von Kupfer-Erdungen führen, in die auch die Photovoltaikanlagen eingebunden sind. Aus Sicht von Ache ist es dringend notwendig, in der Photovoltaikbranche ein Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen. Er geht davon aus, dass die ersten Modultische in den kommenden Jahren aufgrund dieses Problems statisch instabil werden und es zu umfangreichen Schäden kommen wird. „Bei normalen Bodenwerten in Mitteleuropa sind die Zinkschichten von feuerverzinkten Stahlpfosten nach zehn bis 15 Jahren weg. Danach werden die Stahlpfosten angegriffen und dann wird es früher oder später zu Sturmschäden kommen“, sagt Ache.
Problemlösung mit Opfer-Anoden
Für den Fall des Solarparks in England haben die beteiligten Parteien eine Lösung gewählt, die schon in anderen Branchen zum Einsatz kommt, zum Beispiel beim Bau von Pipelines oder zum Schutz von Spundwänden in Schiffshäfen. Um die weitere Zersetzung der Stahlpfosten zu stoppen, hat der Projektierer sogenannte Opfer-Anoden in den Boden nahe der Modultische eingebracht. Diese bestehen aus einem unedleren Material, in diesem Fall aus einer Kombination aus Zink und Magnesium. „Damit drehen wir die Stromflussrichtung beziehungsweise das Potenzial der Elektronegativität um“, sagt Ache. Dadurch werden die Gestellpfosten von einer Anode zu einer Kathode und lösen sich nicht mehr auf. Stattdessen zersetzen sich nun die neuen Opfer-Anoden. Entscheidend ist allerdings, diese Maßnahmen rechtzeitig zu ergreifen. Denn die Korrosion kann auf diese Weise zwar gestoppt, aber nicht rückgängig gemacht werden.
Um eine aktive Korrosion schon in der Planung zu vermeiden, sollten Entwickler Kupfer als Erdungsmaterial vermeiden, sagt Ache. Das sei ohnehin auch relativ teuer. Im Idealfall würde für Pfosten und Erder das gleiche Material verwendet. Also zum Beispiel verzinkter Stahl. „Dann kann dieses Problem nicht auftreten.“ Manchmal sei das aber aus regulatorischen Gründen nicht möglich. Und es könnten auch andere Metalle in der Erde sein, zum Beispiel Bahngleise oder Wasserrohre, die das Gestell ebenfalls beeinflussen. Bei besonders hohen Bodenleitfähigkeiten könnten zum Teil sogar die Betonfundamente angegriffen werden. In solchen Fällen kann es eventuell sinnvoll sein, von Anfang an einen kathodischen Korrosionsschutz mit einzuplanen, sagt Ache. Das koste zwar ein bisschen mehr, garantiere aber auch, dass über die Lebenszeit der Anlage kein Schaden mehr auftritt.
Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Kurzversion eines Artikels im aktuellen Print-Heft (pv magazine Deutschland Mai 2019). Dort erfahren Sie mehr Details zum Fall, zur Funktionsweise des sogenannten „kathodischen Korrosionsschutzes“ und auch zu den ungefähren Kosten, die ein solches Schutzsystem mit sich bringt.
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