Photovoltaik-Steuer ganz praktisch – Teil 2: Gewinnerzielung versus Liebhaberei

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Bei der steuerlichen Behandlung einer privaten Photovoltaik-Anlage sind vor allem zwei verschiedene Themen zu klären:

  1. Umsatzsteuer: Wähle ich die Kleinunternehmerregelung oder erkläre ich mich umsatzsteuerpflichtig?
  2. Ertragssteuer: Erziele ich mit meiner Photovoltaik-Anlage steuerlich einen Gewinn oder handelt es sich um Liebhaberei?

Das Fallbeispiel

Die Photovoltaik-Anlage, die Frau Frey bestellt hat, wird 7,8 Kilowatt (kW) leisten und einen Batteriespeicher mit 7,5 Kilowattstunden (kWh) haben. Ein Hybrid-Elektroauto besitzt sie bereits und wird dieses in Zukunft vorzugsweise mit dem selbstproduzierten Solarstrom laden.

Die Daten zum Beispiel

Die 7,8 kWp PV-Anlage kostet 10.000 Euro netto plus 1.900 Euro Umsatzsteuer.
Der 7,5 kWh Speicher kostet 8.000 Euro netto plus 1.520 Euro Umsatzsteuer
Inbetriebnahme ist im April 2019, die Einspeisevergütung beträgt dann 11,11 Cent je Kilowattstunde bis Ende 2039
Stromverbrauch im Haushalt: 4.000 kWh
Stromverbrauch für das E-Auto: 2.000 kWh
Gesamtverbrauch pro Jahr: 6.000 kWh
Solarstromerzeugung pro Jahr: 7.000 kWh
59 % Eigenverbrauch: 4.130 kWh*

Einspeisemenge: 2.870 kWh

68 % des gesamten Strombedarfs werden mit der Photovoltaik-Anlage gedeckt (Autarkie): 4.080 kWh

*) Schätzung mit Hilfe des Solarrechners der Verbraucherzentrale NRW unter der Annahme, dass das Elektroauto überwiegend tagsüber geladen werden kann

Die Ertragssteuer

Bei der Umsatzsteuer hatten wir gesehen, dass Judith Frey verschiedene Möglichkeiten hat, unter denen sie wählen kann. Diese wirken sich auch auf die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik-Anlage aus.

Bei der Ertragssteuer gibt es eine solche Wahlmöglichkeit formell nicht. Hier geht es zunächst darum, herauszufinden, ob mit dem Betreiben der Photovoltaik-Anlage eine Gewinnerzielungsabsicht verbunden ist.

Gewinnerzielungsabsicht notwendig

„Gewinnerzielung“ meint hier keine private Einsparung von Strombezugskosten, sondern steuerrechtliche Überschüsse aus der unternehmerischen Tätigkeit. Und „Absicht“ meint hier, ob dieser Gewinn langfristig tatsächlich entsteht. Es geht aus steuerlicher Sicht also nicht darum, ob sich die Anschaffung für Judith Frey privat finanziell lohnt, sondern ganz genau darum, ob es sich im Sinn des Steuerrechts um ein Unternehmen handelt, das Gewinne erzielt.

Anders als bei der Ertragssteuer ist es übrigens ist es aus Sicht der Umsatzsteuer nicht notwendig, dass ein Gewinn entsteht. Die Frage der Umsatzsteuer stellt sich also auch, wenn das Unternehmen nur Verluste erzeugt und ertragssteuerlich für das Finanzamt gar nicht relevant ist. Es kann also sein, dass der Betreiber einer Photovoltaik-Anlage zur Umsatzsteuerpflicht optiert, um sich die Vorsteuer erstatten zu lassen, aber dass er ertragssteuerlich gar kein Unternehmen betreibt.

Wichtig ist hier zu verstehen, dass Umsatzsteuer und Ertragssteuer beim Finanzamt zwei  Abteilungen sind, die getrennt voneinander zu betrachten sind. Viele Missverständnisse entstehen daraus, dass diese gedankliche und praktische Trennung übersehen wird.

Gewinn oder Verlust?

Da eine Photovoltaik-Anlage über viele Jahre betrieben wird, lässt sich diese Frage nicht so einfach und auch nicht schon nach ein oder zwei Jahren beantworten. Dem Finanzamt gegenüber kann man seine Einschätzung deshalb zunächst nicht mit eigenen konkreten Erfahrungswerten nachweisen, sondern nur mit einer Wirtschaftlichkeitsprognose glaubhaft machen.

Die Abschreibungsdauer einer Photovoltaik-Anlage beträgt 20 Jahre und deshalb ist der sinnvolle Betrachtungszeitraum dafür auch dieser Zeitraum. Für die Prognose sind eine Reihe von Annahmen zu treffen, die sich zum Teil erheblich auf das Ergebnis auswirken, wie zum Beispiel:

  • Wie hoch ist der jährliche Anlagenertrag und wie stabil bleibt die Leistung der Solarmodule?
  • Wie viel Strom wird privat verbraucht und wie viel ins Netz eingespeist?
  • Welche Kosten für Betrieb, Wartung und Reparaturen fallen an?

Ausgaben

Erfahrungen mit vielen Photovoltaik-Anlagen zeigen, dass die Investitionskosten der mit Abstand größte Posten sind. Aber auch Betriebskosten können erheblich sein, wenn im Lauf von 20 Jahren größere Reparaturen notwendig sind wie beim Austausch von Wechselrichtern oder Modulen. Oder wenn eine Reinigung der Anlage erforderlich ist. Hinzu kommen kleinere Kosten wie für Zähler, Abrechnung und Versicherung. Eine Umfrage der Fachhochschule Köln bei Anlagenbetreibern zeigte, dass die Kosten erheblich schwanken und im Mittel bei drei bis fünf Cent je erzeugter Kilowattstunde liegen

Die Investitionskosten für die Anlage werden steuerlich auf 20 Jahre verteilt, der Fachmann nennt das „Abschreibung“. Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Abschreibung teilweise vorzuziehen, um Steuerspareffekte zu erzielen. Auf Details zu diesen Sonderabschreibungen wollen wir hier nicht näher eingehen.

Eine Abschreibung von Batteriespeichern ist übrigens nicht möglich. Selbst wenn umsatzsteuerlich die Vorsteuer gezogen werden kann, wie im ersten Teil beschrieben, gehört ein rein privat genutzter Batteriespeicher laut Finanzverwaltung nicht zum „Unternehmen Photovoltaik-Anlage“ und deshalb können die Kosten nicht steuerlich berücksichtigt werden.

Einnahmen

Einzige Einnahmequelle ist die Einspeisevergütung für Strom der ins Netz fließt. Der Betrag pro Kilowattstunde liegt zwar nach EEG für 21 Kalenderjahre fest, die Summe hängt aber von der erzeugten Strommenge und dem Eigenverbrauch im Haus ab. Beides schwankt von Jahr zu Jahr und nur der Überschuss wird vergütet.

Ertragssteuerlich ist als Einnahme zudem auch der Eigenverbrauch zu bewerten und zu verbuchen. Üblicherweise wird dabei der im Haus selbst verbrauchte Solarstrom mit den sogenannten Selbstkosten bewertet. Das heißt, die für das jeweilige Jahr anzusetzenden Kosten werden durch die erzeugten Kilowattstunden geteilt.

Rechenbeispiel für die Selbstkosten

Jährlicher Abschreibungsbetrag: 10.000 € / 20 Jahre = 500 €
Betriebskosten in einem Beispieljahr: 150 €
erzeugte Kilowattstunden: 7.000 kWh
Selbstkosten = (500 € + 150 €) / 7.000 kWh = 9,3 Cent je kWh

Rechenbeispiel Wirtschaftlichkeitsprognose

Wie sieht nun die steuerliche Wirtschaftlichkeitsprognose für Judith Frey aus? Wir betrachten dabei den Zeitraum, den die Finanzverwaltung als Nutzungszeitraum und steuerliche Abschreibungsdauer festgelegt hat, nämlich 20 Jahre. Dafür rechnen wir mit den durchschnittlichen Zahlen aus den Beispieldaten von Judith Frey. Bei den Betriebskosten nehmen wir konkrete Ereignisse, die im Lauf von 20 Jahren auftreten können.

Beispielrechnung

Einnahmen:
2.870 kWh * 20 Jahre * 0,1111 € = 6.377 € (Einspeisevergütung)
4.130 kWh * 20 Jahre * 0,093 € = 7.682 € (Eigenverbrauch)
Summe: 14.059 €

Ausgaben:
10.000 € (Investitionskosten)
900 € (3 Anlagenchecks nach 5, 10 und 15 Jahren)
300 € (Reinigung nach 10 Jahren)
2.500 € (Reparaturen)
500 € (Sonstiges wie Versicherung, Zählergebühren usw.)
Summe: 14.200 €

In unserem Rechenbeispiel sind im Abschreibungszeitraum von 20 Jahren die Kosten höher als die Einnahmen. Eine Gewinnerzielungsabsicht liegt also nicht vor und die Photovoltaik-Anlage zählt ertragssteuerlich als Liebhaberei. Das hat zur Folge, dass keine zu versteuernden Gewinne anfallen und auch keine Kosten steuerlich geltend gemacht werden können.

Zu sehen ist aber auch, dass Einnahmen und Ausgaben ähnlich hoch sind. Abweichungen von den Annahmen können also auch zu einer anderen Einschätzung führen. Kauft man beispielsweise zu einem günstigeren Preis, ergibt sich steuerlich ein Gewinn.

Kalkuliert Judith Frey andererseits mit etwas sinkenden Erträgen ihrer Anlage oder steigendem Eigenverbrauch, sinkt die Summe der Einnahmen. Der steuerliche Verlust nimmt dann zu.

Wichtig bei alldem: Es handelt sich um eine rein steuerrechtliche Betrachtung der Frage ob Gewinn oder Verlust. Der finanzielle Nutzen für Judith Frey ist natürlich deutlich größer, denn sie spart beim Strombezug nicht nur die steuerlich angesetzten 9,3 Cent, sondern mehr als 20 Cent. Außerdem wird die Photovoltaik-Anlage sehr wahrscheinlich weit länger Strom produzieren als die steuerlich betrachteten 20 Jahre.

Quo vadis Ertragssteuer

Für die Praxis bedeutet das: Steuerliche Wirtschaftlichkeitsprognosen für solche Photovoltaik-Anlagen können eine Gewinnerzielungsabsicht zeigen oder Liebhaberei,  je nach getroffener Annahmen und ohne dass diese Annahmen unplausibel sein müssen. Judith Frey kann also zwar formal nicht entscheiden, ob sie ihre Anlage ertragssteuerlich beim Finanzamt anmelden muss oder nicht, aber sie kann durch eine plausible Gestaltung der Wirtschaftlichkeitsprognose die Antwort auf diese Frage beeinflussen.

Auch die Entscheidung zur Umsatzsteuer beeinflusst das Ergebnis. Wählt Judith Frey die Kleinunternehmerregelung, wirken alle gezahlten Mehrwertsteuerbeträge bei Kauf und Betrieb als Ausgaben und verschlechtern das steuerliche Ergebnis.

Steuersprechstunde

Das nächste Seminar mit Steuersprechstunde von Thomas Seltmann zusammen mit einem Steuerberater findet am 11. Oktober in Nürnberg statt. Nähere Informationen finden Sie hier.

Zusammenfassung

Wir haben im ersten Teil gesehen, dass Judith Frey bei der Umsatzsteuer wählen kann zwischen Kleinunternehmerreglung oder Steuerpflicht und das diese Entscheidung für sie zu unterschiedlichen finanziellen Ergebnissen führt.

Bei der Ertragssteuer dagegen ist objektiv mit Hilfe einer Prognose zu ermitteln, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Nur dann ist die Photovoltaik-Anlage ertragssteuerlich relevant und muss bei der Einkommensteuer erklärt und versteuert werden. Bei den dann anfallenden Gewinnen handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Verluste, die sich in einzelnen Jahren ergeben, können steuermindernd von anderen Einkünften abgezogen werden.

Da Umsatzsteuer und Ertragssteuer getrennt voneinander zu betrachten sind, wären vier Fälle denkbar:

  • Umsatzsteuerpflicht und Ertragssteuer
  • Umsatzsteuerpflicht und keine Ertragssteuer
  • keine Umsatzsteuerpflicht, aber Ertragssteuer
  • keine Umsatzsteuerpflicht und keine Ertragssteuer

In der Praxis relevant sind meistens die Fälle keine Umsatzsteuerpflicht und keine Ertragssteuer („Photovoltaik ohne Finanzamt“) sowie Umsatzsteuerpflicht und Ertragssteuer (als Steuersparmodell mit Sonderabschreibungen). Auch der Fall Umsatzsteuerpflicht und keine Ertragssteuer dürfte in der Praxis immer häufiger vorkommen und wegen der Vorsteuererstattung für Photovoltaikanlagen mit Batteriespeicher vorteilhaft sein.

Mit dem zweiten Teil zur Ertragssteuer ist unser Fallbeispiel zunächst abgeschlossen. Bleibt der Hinweis, dass wir in diesem kurzen Überblick natürlich nicht alle Haken und Ösen des Steuerrechts durchleuchten konnten und im Einzelfall immer der Rat eines Steuerberaters zu empfehlen ist, um eine rechtssichere Auskunft für die eigene Situation zu erhalten. (Thomas Seltmann)

Der Autor Thomas Seltmann ist unabhängiger Experte für Photovoltaik und Autor des Ratgebers „Photovoltaik – Solarstrom vom Dach“ der Stiftung Warentest. Er arbeitet als Referent Photovoltaik bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Mit der steuerlichen Behandlung von Photovoltaik-Anlagen beschäftigt er sich seit über 20 Jahren.

 

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